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Die Untersuchung von Positionierungsaktivitäten zur diskursiven Herstellung sozialer Identität blickt auf eine lange Tradition zurück und wird innerhalb der Sprachwissenschaft hauptsächlich in der gesprächsanalytischen Erzählforschung angewendet. Im Rahmen eines sozialkonstruktivistischen Ansatzes geht die Positionierungstheorie von einer dynamischen Konstitution von Identität aus.
Bisher fehlte es noch an einer systematischen Betrachtung von interaktiven Positionierungsaktivitäten, die sich mit der Realisierung und Aushandlung von Positionierungen in Alltagsgesprächen befasst. Hier setzt diese Arbeit an: Im Rahmen eines interaktionslinguistischen Ansatzes werden Positionierungspraktiken systematisch in vorwiegend nicht-narrativen Kontexten betrachtet. Auf der Grundlage empirischer Analysen liefert die Untersuchung neue Einblicke in die interaktive Konstitution von Identität, ihre sequenziellen Regelhaftigkeiten, Erwartungsstrukturen sowie in das Verhältnis von Selbst- und Fremdpositionierung.
Narrativer Entwurf einer positiven Selbstkategorie in unterschiedlichen Sozial- und Sprachwelten
(2019)
Dieser Beitrag entstand im Rahmen meiner biografie- und interaktionsanalytischen Studie zu sozialen und sprachlichen Erfahrungen junger „RückkehrerInnen“, d.h. junger Frauen und Männer türkischer Herkunft, die in Deutschland oder Österreich aufwuchsen, und als Jugendliche bzw. junge Erwachsene in die Türkei migrierten. Arda, der Informant, den ich im Folgenden vorstellen werde, beschreibt unterschiedliche Sozialwelten in Deutschland und in der Türkei. Dabei räumt er der Beschreibung von zwei grundsätzlich unterschiedlichen Lebenswelten, die seine Kindheit in Deutschland prägen, großen Raum ein: zum einen der Lebenswelt des Türkenviertels in Kreuzberg, wo er geboren ist und bis zur Einschulung lebte, und zum anderen der deutschen Lebenswelt, in die seine Familie später umgezogen ist und in der er die Grundschule besucht und absolviert hat. Nach der Übersiedlung in die Türkei erlebt Arda eine moderne türkische Lebenswelt, an die er sich anpassen muss. In seinem neuen Leben erfährt er den schmerzlichen Verlust der deutschen Alltagssprache. Zur Beschreibung verwendet er komplexe Verfahren ethnischer und sozialer Kategorisierung und negativer bzw. positiver Selbstpositionierungen zu den verschiedenen Welten. Ziel meiner Analysen ist es nach einem Überblick über die soziolinguistische Forschung zu sozialer Kategorisierung, die Kategorisierungsprozesse und deren charakteristische Eigenschaften und Handlungsweisen, die Arda verwendet, zu rekonstruieren und die sprachlichen Mittel und Verfahren zu beschreiben, die zur Positionierung und zur Selbst- und Fremdkategorisierung verwendet werden.
In diesem Artikel wird aus einer konservationsanalytischer Perspektive untersucht, wie in der letzten Stunde der psychoanalytischen Behandlung »Amalie« die Aufgabe des Abschiednehmens interaktiv thematisiert und ausgehandelt wird. Anhand von drei zentralen Interaktionssequenzen wird rekonstruiert, wie die Patientin den Abschied systematisch de-thematisiert. Sie benutzt unterschiedliche Verfahren der Selbstpositioniernng und der Fremdpositionierung des Therapeuten zur Legitimierung ihrer Verweigerung der Bearbeitung und zur Negierung der Relevanz des Abschieds. Darüber hinaus löst sie die Aufgabe des Abschieds, indem sie ihn symbolisch aufhebt durch die Behauptung einer mentalen Verschmelzung mit dem Therapeuten, die den bevorstehenden Verlust der Realbeziehung irrelevant mache.
Der Beitrag schlägt das Konzept der 'Positionierung' als Instrument zur empirischen Erforschung narrativer Identitäten auf der Basis von autobiographischen Erzählungen vor. Es wird dafür argumentiert, dass die Perspektive der Positionierung einen materialgestützten und materialadäquaten Zugang zu Prozessen der Identitätskonstitution in mündlichen Stegreiferzählungen bietet, da es die identitätsrelevanten darstellerischen wie performativen Handlungen von Erzählern zu rekonstruieren erlaubt. Dabei wird zwischen verschiedenen Ebenen und Bezügen unterschieden: Selbst- und Fremdpositionierungen, Positionierungen dargestellter Figuren innerhalb der Erzählzeit und von Erzähler und Zuhörern in der erzählten Zeit sowie die Relation zwischen erzählenden und erzähltem Ich. Diese Differenzierungen erlauben nicht nur eine detaillierte Rekonstruktion unterschiedlicher Facetten und Verfahren der Herstellung narrativer Identität, sie eröffnen auch psychologisch und soziologisch aufschlussreiche Einblicke in die Relationen zwischen Identitätsentwürfen auf den verschiedenen Ebenen.
Das Interview ist nach wie vor das beliebteste sozialwissenschaftliche Verfahren des Datengewinns. Ökonomie der Erhebung, Vergleichbarkeit und die Möglichkeit, Einsicht in Praxisbereiche und historisch-biografische Dimensionen zu erhalten, die der direkten Beobachtung kaum zugänglich sind, machen seine Attraktivität aus. Zugleich mehren sich Kritiken, die seine Leistungsfähigkeit problematisieren, indem sie auf die begrenzte Reichweite der Explikationsfähigkeiten der Befragten, die Reaktivität der Erhebung oder die Differenz zwischen Handeln und dem Bericht über Handeln verweisen. Im Beitrag wird zwischen Ansätzen, die das Interview als Text, und solchen, die es als Interaktion verstehen, unterschieden. Nach dem Text-Verständnis werden Interviews unter inhaltlichen Gesichtspunkten analysiert und als Zugang zu einer vorgängigen sozialen oder psychischen Wirklichkeit angesehen. Das Interaktions-Verständnis versteht Interviews dagegen als situierte Praxis, in welcher im Hier und Jetzt von InterviewerInnen und Befragten gemeinsam soziale Sinnstrukturen hergestellt werden. Anhand ubiquitärer Phänomene der Interviewinteraktion – Fragen, Antworten und die Selbstpositionierung von InterviewerInnen und Befragten – werden Praktiken des interaktiv-performativen Handelns im Interview dargestellt. Ihre Relevanz für die Interviewkonstitution und ihre Erkenntnispotenziale für die Interviewauswertung werden aufgezeigt. Es wird dafür plädiert, die interaktive Konstitutionsweise von Interviews empirisch zu erforschen und methodisch konsequent zu berücksichtigen.