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Die Erforschung von Sprache im öffentlichen Raum (Linguistic Landscapes, LL) hat sich in den vergangen 20 Jahren als Teilgebiet der Soziolinguistik, der Semiotik und anderer Disziplinen fest etabliert. Der vorliegende Band gibt einen Überblick zu zentralen Ansätzen der LL-Forschung mit einem Bezug zur deutschen Sprache. Die Beiträge stellen aktuelle Studien aus dem deutschsprachigen Raum, zu Deutsch als Minderheitensprache sowie aus Ländern mit einer ausgeprägten DaF-Tradition vor. Sie thematisieren sprachstrukturelle und soziolinguistische ebenso wie didaktische, methodische und technologische Aspekte. Damit trägt der Band zu einer Systematisierung der deutschsprachigen LL-Forschung bei, gibt Impulse für internationale Diskussionen und benennt wichtige Desiderata.
Dieser Beitrag beschreibt Varietäten des Deutschen, die in exterritorialen deutschen Gemeinschaften gesprochen werden. Viele dieser Gruppen gehen auf Wanderbewegungen im Mittelalter oder in der frühen Neuzeit zurück und haben spezifische Varietäten entwickelt, die durch Dialektmischung und Sprachkontakt mit den Umgebungssprachen gekennzeichnet sind. Eine weitere Gruppe sind sogenannte „Grenzminderheiten“, exterritoriale Gemeinschaften, die nach dem Ersten Weltkrieg entstanden sind und an deutschsprachige Länder angrenzen. Der Artikel gibt zunächst einen historischen Überblick über die verschiedenen deutschsprachigen Minderheiten. Anschließend werden die unterschiedlichen soziolinguistischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Sprachgemeinschaften angesprochen und anhand von Beispielen von Gemeinschaften mit unterschiedlichem soziolinguistischem und sprachlichem Hintergrund illustriert.
Das vorliegende Buch bildet den Abschluss einer Handbuchserie zu Sprachminderheitenkonstellationen unter Beteiligung des Deutschen. Ihren Anfang nahm die Serie 1996 mit einem Band zur Situation der Sprachminderheiten in Mitteleuropa (Hinderling/Eichinger 1996b). Dieser Band, der noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs konzipiert worden war, war bald vergriffen. Es folgten weitere Bände zu anderen Regionen der Welt, die sich von der Struktur her an dem Mitteleuropa-Band orientierten: zunächst die Länder Mittel- und Osteuropas (Eichinger/Plewnia/Riehl 2008), sodann die deutschen Sprachminderheiten in Übersee (Plewnia/Riehl 2018). Das Handbuch des Deutschen in West-und Mitteleuropa (Beyer/Plewnia 2019) war der erste Band einer vollständigen Neufassung des Handbuchs von 1996, wo über die Dichotomie von Mehrheit und Minderheit hinaus auch weitere Ausprägungen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit berücksichtigt wurden.
Eurolinguistik am Beispiel des Atlas Linguarum Europae. Methodologische Ansätze und Perspektiven
(2003)
Die heutige Ausdehnung des zentralen (geschlossenen) germanophonen Sprachraums in der Mitte Europas ist das Ergebnis mehrerer Jahrhunderte Besiedlungs- und Expansionsgeschichte germanischer Stämme, die im Frühmittelalter Territorien einnahmen und dort auch ihre Sprache etablierten (Roelcke 2009: 17 f.). So kamen etwa die Alemannen im 9. Jahrhundert bis ins Wallis, die Siedlungen der Baiern erstreckten sich schließlich bis über das ganze heutige Österreich. Mit dem Ende des Mittelalters waren die Sprachgrenzen in Europa dann konsolidiert und haben sich seitdem nur wenig verändert. Indessen hielten Annexionsbewegungen, Staatenbildung und Grenzverschiebungen von Staaten (z. B. im Rahmen des Wiener Kongresses 1814/1815) bis ins 20. Jahrhundert an. Die neuen Grenzziehungen orientierten sich nun überwiegend nicht an sprachlichen Räumen, sondern durchquerten und zerteilten sie vielmehr. Dementsprechend gibt es heute eine Reihe von Staaten, in denen das Deutsche (bzw. bestimmte dem Deutschen zuzuordnende oder eng mit ihm verwandte Varietäten) in Minderheits- und/oder Mehrsprachigkeitsverhältnissen steht, d. h. in Ko-Existenz mit anderen Sprachen in je unterschiedlichen Konstellationen, sei es mit einer anderen (weiteren) Amtssprache, sei es in territorialer Mehrsprachigkeit. Solche Fälle finden sich in mehreren Gebieten am Rande des geschlossenen deutschen Sprachraums, also jenseits der Grenzen der Staaten mit deutscher Mehrheitssprache. Diesen widmet sich das vorliegende Handbuch.
Der Beitrag beschreibt die Grundstruktur des Forschungsprojekts ‚Standardization in Diversity (SDiv). The case of German in Luxembourg 1795–1920‘, das im Zeitraum 2013–2016 vom Fonds National de la Recherche (Luxemburg) und der DFG gefördert wird. Weitere Informationen auf der Internetseite des Projekts unter http://infolux.uni.lu/standardization.
Sprachdrill oder kommunikative Integration: zur Situation der Rußlanddeutschen in der Bundesrepublik
(1993)
Das Sprachverhalten der Rußlanddeutschen und ihre soziolinguistische Situation sind noch nie zum Objekt der wissenschaftlichen Untersuchung geworden. In der Sowjetunion wurden hauptsächlich sprachgeographische Untersuchungen durchgeführt, deren Ziel die Fixierung der noch vorhandenen deutschen Dialekte und die Beschreibung ihrer linguistischen Struktur war. Auf diese Weise entstanden in der Nachkriegszeit dialektologische Beschreibungen der wichtigsten noch erhalten gebliebenen Mundarttypen in der Sowjetunion, eine soziolinguistische Sprachverhaltensanalyse blieb aber aus. Die Dialektsprecher selbst wurden nicht zum unmittelbaren Objekt der Untersuchung: es wurde in einigen Fällen höchstens eine demographische Erhebung in einzelnen Orten durchgeführt, die eine rein statistische Beschreibung der Beziehung zwischen Varietäten, Generationen, dem Bildungsgrad und dem Beruf der Einwohner der betreffenden Siedlung war.