430 Deutsch
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Das Werk versteht sich als eine Darstellung der wichtigsten syntaktischen, prosodischen, semantischen und pragmatischen Eigenschaften kausaler und konditionaler Konnektoren des gesprochenen Deutsch.
Die Untersuchung formuliert notwendige theoretische Grundlagen und zeigt die komplexe Interaktion mehrerer Faktoren, die sich auf die Interpretation einer Äußerung auswirken. Empirische Daten belegen, dass die kontextuelle und pragmatische Interpretation der untersuchten Relationen stark mit ihren syntaktischen und prosodischen Mustern korreliert. Jedoch handelt es sich nicht um eine Eins-zu-eins-Beziehung, denn gleiche Lesarten können von kausalen und konditionalen Relationen unterschiedlich markiert sein. Anhand der Ergebnisse wird das Verhältnis zwischen Konditionalität und Kausalität diskutiert.
Im vorliegenden Artikel wird ein Überblick über das von der DFG geförderte Projekt Zugänge zu multimodalen Korpora gesprochener Sprache – Vernetzung und zielgruppenspezifische Ausdifferenzierung (ZuMult) gegeben. Dabei wird zunächst auf die Sprachdaten und auf die technische Basis der Applikationen eingegangen, die dem Projekt zugrunde liegen. Im Anschluss werden die weiteren Beiträge in diesem Themenheft von KorDaF kurz vorgestellt. Übergeordnetes Thema von ZuMult ist die Verbesserung der Zugänglichkeit von digitalen mündlichen Sprachdaten für verschiedene Anwendungen und Zielgruppen, wobei der Fokus dieses Themenhefts auf Applikationen und Anwender:innen aus der Fremdsprachendidaktik und der DaF-/DaZ-Forschung und -Lehre liegt. Die einzelnen Beiträge beleuchten zentrale methodische und/oder technische Aspekte dieses Themas und beschreiben die Architektur und verschiedene prototypische Anwendungen, die das Projekt entwickelt hat.
ZuRecht steht für Zugang zur Recherche in Transkripten. Es handelt sich um eine prototypische Implementierung einer webbasierten grafischen Benutzeroberfläche, welche Zugriff auf Transkripte gesprochener Sprache aus dem Archiv für Gesprochenes Deutsch (AGD) des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) bietet. Der Zugriff erfolgt über die neue, im Projekt „ZuMult“ entwickelte Schnittstelle zur Suche in mündlichen Korpora. ZuRecht dient einerseits der Demonstration der Möglichkeiten der neuen Schnittstelle, indem es komplexe Suchanfragen mit der speziell für die Korpusrecherche entwickelten Anfragesprache CQP auf Transkriptionen gesprochener Sprache erlaubt. Andererseits kommt ZuRecht als Erweiterung der Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD) zum Einsatz und eröffnet den DGD-Nutzer:innen viele neue Forschungsmöglichkeiten, insbesondere auf den Gebieten der Gesprächsanalyse und der DaF/DaZ-bezogenen Forschung. Im Beitrag werden die Funktionalitäten von ZuRecht ausführlich vorgestellt und ihre Einsatzmöglichkeiten in den genannten Disziplinen exemplarisch vorgeführt.
Auch Linguist*innen, die gesprochene Sprache untersuchen, kommen schon seit längerem nicht mehr ohne digitale Infrastrukturen aus. Seit Beginn der Gesprochene-Sprache-Forschung werden Gespräche aufgezeichnet und anschließend transkribiert, da die flüchtigen, innerhalb von Bruchteilen von Sekunden stattfindenden Feinheiten des Gesprochenen paradoxerweise nur durch Verschriftung im Detail untersucht werden können. Diese Detailuntersuchungen beschränkten sich im vergangenen Jahrhundert meist auf wenige Einzelbelege für ein untersuchtes Phänomen. Das heißt, die Forschenden hatten den unmittelbaren Überblick über ihre Datenkollektionen und benötigten keine elaborierten digitalen Methoden zu deren Aufbereitung, Annotation und Analyse. Dies hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten stark geändert: Es wurden vermehrt gezielt große Datenmengen gesammelt, in Datenbanken organisiert und der Forschungsgemeinschaft zur Nutzung zur Verfügung gestellt. An erster Stelle muss hier das Forschungs- und Lehrkorpus gesprochenes Deutsch (FOLK) genannt werden (vgl. Schmidt 2014). Dieses wird seit 2008 am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) aufgebaut und ist heute das größte Referenzkorpus für das gesprochene Deutsch.
Spontan kreierte Okkasionalismen sind rekurrenter Bestandteil verbaler Interaktionen. Vor dem Hintergrund, dass die Bedeutung von Okkasionalismen nicht konventionalisiert und damit potenziell unbekannt ist, untersucht der vorliegende Beitrag aus gesprächsanalytischer Perspektive die Frage, unter welchen Bedingungen die Bedeutung okkasioneller Ausdrücke in Folgeäußerungen selbstinitiiert oder fremdinitiiert erklärt wird und wann dies nicht der Fall ist. Es zeigt sich, dass die überwältigende Mehrheit der 1.068 analysierten Okkasionalismen aus verschiedenen Gründen kein Verstehensproblem darstellt. Wird die Bedeutung eines Okkasionalismus dennoch selbstinitiiert erklärt, dient dies oft anderen Zwecken als der Verstehenssicherung. Wird dagegen die Bedeutung eines nicht problemlos erschließbaren Okkasionalismus nicht unmittelbar selbstinitiiert erläutert, dient der ‚rätselhafte‘ Ausdruck als interaktive Ressource dazu, Rezipient/-innen neugierig zu machen, Nachfragen zu elizitieren und damit Folgeäußerungen zu lizenzieren.
Dieser Beitrag analysiert, wie sich Verbosität als Widerstandsphänomen sprachlich-interaktional manifestiert. Widerstand gilt in der psychodynamischen Therapie als Schutzfunktion der Patienten vor Veränderung, die den Fortschritt der Therapie hemmt, ist aus therapeutischer Sicht jedoch ein wertvoller Indikator für dahinterliegende, bedeutungsvolle Erfahrungen der Patienten. Gegenstand der Analyse sind drei Fallbeispiele aufgezeichneter ambulanter, psychodynamischer Therapiesitzungen. Die folgenden Merkmale von Verbosität sind Ergebnisse der Untersuchung: a) eine Themenverschiebung zu Beginn der jeweiligen Erzählung; b) Erzählgegenstand sind dritte, nicht anwesende Personen und/oder alltägliche Begebenheiten; c) Emotionen werden wenig oder gar nicht thematisiert; d) die Erzählungen weisen einen hohen Detailliertheitsgrad auf. Therapeuten behandeln die Erzählungen nur implizit als verbos durch eine zunächst abwartende Haltung, wenig bis keine Nachfragen sowie die Thematisierung von Emotionen und der Bedeutung des Gesagten für die Patienten selbst. Außerdem lenken sie das Gespräch auf die Patienten bzw. auf das vorherige Gesprächsthema oder übertragen die erzählte Geschichte auf die aktuelle Gesprächssituation.
Korpora gesprochener Sprache
(2022)
Korpora gesprochener Sprache bestehen aus Audio- oder Videoaufnahmen sprachlicher Produktionen, die über eine Transkription einer linguistischen Analyse zugänglich gemacht werden. Sie kommen zur Untersuchung unterschiedlichster sprachwissenschaftlicher Fragestellungen unter anderem in der Gesprächsforschung, der Dialektologie und der Phonetik zum Einsatz. Dieser Beitrag diskutiert die wichtigsten Eigenschaften von Korpora gesprochener Sprache und stellt einige Vertreter der verschiedenen Kategorien vor.
Schriftlich-Mündlich
(1990)
FAIR-Prinzipien und Qualitätskriterien für Transkriptionsdaten. Empfehlungen und offene Fragen
(2022)
Dieser Beitrag behandelt die mittlerweile als Bestandteil guter wissenschaftlicher Praxis anerkannten FAIR-Prinzipien in Bezug auf die Transkription und Annotation gesprochener Sprache und multimodaler Interaktion. Forschungsdaten - und somit Transkriptionsdaten - sollen heute Findable, Accessible, Interoperable und Reusable sein. Der Beitrag versucht dementsprechend, empirische Methoden im Prozess der Digitalisierung und generische Prinzipien des digitalen Forschungsdatenmanagements zusammenzubringen, um für diesen Kontext einem operationalisierten Begriff der „FAIRness“ näher zu kommen und möglichst konkrete Empfehlungen aufzustellen. Der Beitrag sollte aber gleichzeitig zur Diskussion anregen, denn konkrete Anforderungen in Bezug auf das Forschungsdatenmanagement und die Datenqualität müssen auch im Rahmen der FAIR-Prinzipien von den Fachgemeinschaften selbst herausgearbeitet werden.