430 Deutsch
Refine
Document Type
- Part of a Book (7)
- Article (2)
- Book (2)
Language
- German (11)
Has Fulltext
- yes (11)
Keywords
- Einwanderer (11) (remove)
Publicationstate
Reviewstate
- (Verlags)-Lektorat (2)
- Verlags-Lektorat (1)
Publisher
- De Gruyter (5)
- Narr (2)
- Universitätsverlag Göttingen (1)
- de Gruyter (1)
Zeitnah zur großen Fluchtmigration von 2015 hat das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (1DS) gleich zu Beginn des Jahres 2016 das Projekt „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchdingen“ gestartet, um den Migrations-und Integrationsprozess der Geflüchteten von Anfang an dokumentieren und analysieren zu können. In Bezug auf die gegenwärtige Situation der Fluchtmigranten und -migrantinnen sind dabei insbesondere zwei Etappen von großer Bedeutung, die wir in unserem Projekt genauer fokussieren. Für die Integration und Partizipation der Migranten und Migrantinnen spielen zunächst ausreichende Deutschkenntnisse eine große Rolle, die in den mehrmonatigen Integrationskursen vermittelt werden. Hierzu hat das IDS in Kooperation mit dem Goethe-Institut eine zweistufige Sprachstandserhebung (in der Folge IDS-Goethe-Studie) in den allgemeinen Integrationskursen durchgeführt, die die Sprachbiographien, Sozialdaten und die Sprachlernfortschritte der Geflüchteten analysiert, und deren Ergebnisse im vorliegenden Aufsatz präsentiert werden.
Daneben werden im IDS-Projekt u.a. die vielfältigen beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit gesprächs- und interaktionsanalytisch untersucht, die für die Geflüchteten oftmals als Einstieg ins Arbeitsleben und somit als eine wichtige Integrationsetappe fungieren (vgl. Cindark; Hünlich 2017, Cindark; Deppermann 2018, Cindark 2018, 2019).
Um der zunehmenden „diversification of diversity“, die die sozialen Verhältnisse vor allem in vielen westlichen Großstädten kennzeichnet, gerecht zu werden, wird seit einiger Zeit der Begriff „Superdiversität“ verwendet. In diesem Zusammenhang haben sich sozialwissenschaftliche Untersuchungen vornehmlich mit unterschiedlichen Migrationsmustem bzw. -praktiken befasst, wobei verschiedene soziale Dimensionen im Mittelpunkt stehen. Die sprachliche Diversität als Merkmal dieses Phänomens wurde bis jetzt aber relativ wenig beachtet. Allerdings bieten so genannte „home language surveys“ in bestimmten deutschen Städten Einblicke in die Komplexität der sprachlichen Zusammensetzung einzelner urbaner Gesellschaften. Weder auf nationaler Ebene noch für die Bundeshauptstadt Berlin aber liegen amtliche Statistiken über die Sprachkenntnisse von Migranten in Deutschland vor.
In Wien und in London dagegen wurden anhand groß angelegter Erhebungen umfassende Daten über die in der österreichischen bzw. britischen Hauptstadt verwendeten Familiensprachen gesammelt und im Falle Londons sogar kartografisch dargestellt. Doch auch solche umfangreichen und ausführlichen Untersuchungen vermitteln nur einen Teilaspekt der sprachlichen Superdiversität: Schließlich geht es um mehr als Zahlen. In diesem Beitrag wird also zuerst ein kritischer Blick auf den gegenwärtigen Stand der Datenlage im Bereich der Sprachkenntnisse von Migranten in Deutschland geworfen. Anschließend wird vorgeschlagen, dass diese quantitative, demografische Perspektive durch einen qualitativen, biografischen Ansatz ergänzt werden kann. Im Sinne von Busch (2010) wird dabei exemplarisch das Spracherleben von zwei Bewohnern eines Berliner Mietshauses untersucht. Diese Analyse einzelner „SprachGeschichten“ ist somit auch eine Antwort auf den Aufruf von Gogolin (2010), die „sprachliche Textur von Migrationsgesellschaften“ näher zu untersuchen.
Die Beitragenden des Bandes untersuchen, wie sich unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen in vorwiegend asymmetrischen Sprachkontaktsituationen unterschiedliche mischsprachliche Verhältnisse wie Code-Switching, Code-Mixing und Code-Oszillationen herausbilden und in situierter Kommunikation, in literarischen Verarbeitungen und in Zeugnissen metasprachlicher Reflexion zeigen.
Allen Beiträgen liegt die gemeinsame Fragestellung nach den polykulturellen und/oder mehrsprachigen Selbstverständnissen zu Grunde. Diese manifestieren sich nicht nur in diskursiven Formen des Neben- und Miteinanders von Sprachen, sondern auch im hybriden Ineinander, mithin in eigenständigen Codes aus eigenem Recht heraus. Urbane, migrationsbedingte Sprachkonstellationen stehen im Vordergrund. Fallstudien exemplifizieren den deutsch-türkischen, deutsch-sizilianischen und deutsch-russischen, aber auch den deutsch-amerikanischen und englisch-französischen Sprachkontakt.
Die Autorinnen und Autoren des Bandes, die aus verschiedenen Ländern stammen und zum Teil über eigene Migrationserfahrungen verfügen, forschen seit Jahren auf dem Gebiet gesellschaftlicher Mehr- und Anderssprachigkeit. Methodologisch sind die meisten soziolinguistisch und gesprächsanalytisch ausgerichtet. So ist eine lebensnahe wissenschaftliche Reflexion aktueller Probleme von Vielsprachigkeit entstanden, die die Durchlässigkeit und interaktive Verfasstheit von sprachlichen und kulturellen Grenzen aufzeigt.
Dieser Beitrag befasst sich mit der kommunikativen Praxis zwischen Aussiedlern und Ansässigen. Aus soziologisch-interaktionistischer Perspektive wird gefragt, wie migrationsbedingte Differenzen in dieser kommunikativen Praxis zur Geltung kommen. Nach Ausführungen zum Konzept der Differenzorientierung werden zunächst kommunikative Strategien des Umgehens mit aussiedlerspezifischem Differenzbewusstsein vorgestellt. Anhand eines institutionellen und eines öffentlichmedialen Kommunikationsereignisses werden dann – mittels verstehenstheoretischer Analysekonzepte – kontextspezifische Praktiken des Relevantmachens von Differenzidentität aufgezeigt. Eine überblicksartige Darstellung kommunikativer Realisierungsweisen von Differenzorientierung schließt den Beitrag ab.
Das Deutsch der Migranten
(2012)