430 Deutsch
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- Ergon Verl. (1)
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In sprachpragmatischen und Argumentationstheorien wird Aufrichtigkeit als normative Kommunikationsbedingung veranschlagt, deren Erfülltheit jedoch nur sehr begrenzt verhandelbar sei. Im Gegensatz dazu wird in diesem Beitrag anhand eines Gesprächsbeispiels untersucht, welche Relevanz Gesprächsteilnehmer Aufrichtigkeit beimessen, mit welchen Argumenten sie Aufrichtigkeit verhandeln und welche Funktionen die Argumente und Relevanzsetzungen im Hinblick auf den Gesprächszweck und die Handlungsorientierungen der Interaktanten haben. Die gesprächsanalytischen Resultate deuten darauf hin, daß zwischen erfahrungsbezogenen und strikt mentalistischen Kriterien für Aufrichtigkeit zu unterscheiden ist und daß der interpretativen Haltung des Rezipienten eine theoretisch bislang unterschätzte Rolle für die Beurteilung und Kommunikationsrelevanz der Aufrichtigkeit eines Kommunikators zukommt. Die empirische Untersuchung zeigt, daß die Thematisierung von Aufrichtigkeit eine mächtige rhetorische Ressource der Gesprächssteuerung darstellt. Ihre rhetorische Wirksamkeit beruht nicht darauf, daß Aufrichtigkeit eine faktisch konstitutive Kommunikationsbedingung ist, sondern verdankt sich der Tatsache, daß Aufrichtigkeit ein zentraler Wert einer alltagsweltlich dominanten mentalistischen Kommunikationsideologie ist, die sich in den normativen Bestimmungen von sprachpragmatischen und Argumentationstheorien reflektiert.
Authentizitätsrhetorik
(2000)
Authentizität hat bislang wissenschaftlich eine prominente Rolle als zentraler Kritik- und Zielbegriff normativer Subjekttheorien gespielt. Authentizität wird jedoch schon in der Alltagspraxis zur Beurteilung von Personen benutzt. Eine wesentliche Form ist dabei die Unterscheidung von „echten“ und „unechten“ Mitgliedern sozialer Kategorien, durch welche ein Verhältnis von Identität und Alte- rität innerhalb von Kategorien geschaffen wird. Die rhetorische Konstruktion solcher Unterscheidungen wird im Folgenden anhand von Medienerzeugnissen einer jugendlichen Subkultur analysiert. Authentizität wird also weder essentialistisch als Eigenschaft des Subjekts behandelt noch normativ als forscherseitiges Kriterium veranschlagt, sondern es wird rekonstruiert, wie sie zum Gegenstand kommunikativer Verhandlung wird. Dabei interessiert,
• mit welchen sprachlich-rhetorischen Strategien Alltagsakteure Authentizitätskriterien konstruieren und anwenden,
• welche Systematiken und Dilemmata der Zuschreibung von Authentizität sich mit unterschiedlichen Authentizitätskriterien verbinden,
• welche sozialen Funktionen die Ab- und Zuerkennung von Authentizität hat.