430 Deutsch
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Der Beitrag behandelt Schreibvarianten der Gegenwartssprache. Es werden auf der Grundlage von vier Fallgruppen (1. Binnenmajuskel, 2. Kompositaschreibung mit Leerzeichen, 3. Kompositaschreibung mit Bindestrich, 4. genderfokussierende Schreibweisen) zwei Typen von Normvarianz unterschieden – ein politischer und ein unpolitischer. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob unpolitische Ad-hoc-Bildungen auf dem Weg der Konventionalisierung sich von als politisch wahrgenommenen Normvarianten unterscheiden. Zur Beschreibung des Phänomens wird der Begriff der elastischen Norm eingeführt, um divergierende Schreibkonventionen im Spannungsfeld von Faktizitätsherstellung und kodifizierter Setzung zu modellieren. Zur soziolinguistischen Unterscheidung von Schreib- und Leseperspektiven werden die Schreibvarianten als drei unterschiedliche Gesten kategorisiert – als unmarkierte Nullgeste, als markierte Nullgeste und als indexikalisierte Signalgeste.
Seit 1996 ist das Amtliche Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung (einschließlich Amtlichem Wörterverzeichnis) gültig. Es regelt die Orthografie für Behörden und Schulen in Deutschland sowie in den sechs weiteren Mitgliedsländern des Rats für deutsche Rechtschreibung. Für die Wörterbuchverlage bzw. alle Wörterbuchprojekte gilt es, dieses hoch abstrakte Regelwerk einerseits auf alle Einträge in den A–Z-Teilen der Wörterbücher anzuwenden und andererseits ggf. das Regelwerk selbst zu „übersetzen“ und es damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Neographeme wie Genderstern und Doppelpunkt werden zunehmend verwendet, um Personen unabhängig von ihrem Geschlecht einzubeziehen. Der Beitrag beleuchtet diese Sonderzeichen aus semantischer, typographischer und grammatischer Sicht, vergleicht sie mit anderen Typogrammen und diskutiert ihren Morphemstatus. Auch ihre metapragmatische Leistung der sprecherseitigen Verortung kommt in den Blick. In Bezug auf die Rezeption werden aus kognitionslinguistischer Perspektive die Lesbarkeit und die Funktionstüchtigkeit des Sterns betrachtet. Lesenden, die mit der Form vertraut sind, gelingt der Wortzugriff mühelos, und der Genderstern elizitiert inklusive mentale Repräsentationen. Diese Analysen und Befunde sprechen für die grundsätzliche Möglichkeit, Neographeme in die Sprache zu integrieren.
Die Anforderungen an gegenwartssprachliche Wörterbücher beinhalten, bei der Aufbereitung der lexikalischen Informationen in Stichwortartikeln die lemmabezogenen Korrektschreibungen adäquat zu berücksichtigen. Die dazugehörigen Arbeitsgänge in der Redaktion des Digitalen Wörterbuchs der deutschen Sprache (DWDS) reichen von der Ansetzung der Nennformen in allen ggf. zulässigen orthographischen Varianten über die Anlage von Verweisen auf die einschlägige Bezugsnorm bis zur Dokumentation ausgewählter Korpusbelege mit gebrauchsfrequenten Abweichungs- und Falschschreibungen. Als besondere Herausforderungen für die lexikographische Praxis erweisen sich regelmäßig Lücken und Interpretationsspielräume in der amtlichen Regelung sowie die bei Belegrecherchen in den DWDS-Textquellen zutage tretenden Diskrepanzen zwischen orthographischer Norm und Schreibusus.
Das Thema "Konnektoren" stößt in letzter Zeit sowohl in funktionalen als auch in formalen Arbeiten auf großes Interesse. Das Hauptanliegen des vorliegenden Bandes besteht aus dem Bemühen, einen weiten Blickwinkel anzubieten - sowohl hinsichtlich des theoretischen Rahmens, in dem die einzelnen Beiträge entstanden sind, als auch der Auswahl der Schwerpunkte: Er vereint breit angelegte theoretische Beiträge mit solchen, die sich vorwiegend mit einer semantischen Gruppe von Konnektoren auseinandersetzen. Den Schwerpunkt bilden hierbei Kausalkonnektoren. Darüber hinaus widmen sich einzelne Beiträge den Temporalkonnektoren und Adverbkonnektoren aus verschiedenen Perspektiven oder untersuchen Konnektoren sprachvergleichend in unterschiedlichen Kontexten.
Dabei zielen alle Beiträge trotz verschiedenartiger Theorieansätze darauf ab, verschiedene Klassen von Konnektoren in einer Weise zu analysieren, die in einer operationalisierbaren Methode etwa im DaF-Bereich angewendet werden.
Das Werk versteht sich als eine Darstellung der wichtigsten syntaktischen, prosodischen, semantischen und pragmatischen Eigenschaften kausaler und konditionaler Konnektoren des gesprochenen Deutsch.
Die Untersuchung formuliert notwendige theoretische Grundlagen und zeigt die komplexe Interaktion mehrerer Faktoren, die sich auf die Interpretation einer Äußerung auswirken. Empirische Daten belegen, dass die kontextuelle und pragmatische Interpretation der untersuchten Relationen stark mit ihren syntaktischen und prosodischen Mustern korreliert. Jedoch handelt es sich nicht um eine Eins-zu-eins-Beziehung, denn gleiche Lesarten können von kausalen und konditionalen Relationen unterschiedlich markiert sein. Anhand der Ergebnisse wird das Verhältnis zwischen Konditionalität und Kausalität diskutiert.
In der vorliegenden Arbeit wird mit ethnografischen, gesprächsanalytischen und gesprächsrhetorischen Methoden der kommunikative Sozialstil der "emanzipatorischen Migranten" untersucht. Ein wesentliches Kennzeichen dieses Milieus von Migranten der zweiten Generation ist, dass seine Akteure offensiv und provokativ mit Rassismen umgehen und sich nicht ethnisch (als "Türken", "Italiener", "Griechen" etc.) definieren. Des Weiteren betrachten sie - neben der dominanten Verwendung des Deutschen als gruppeninterner Kommunikationssprache - (deutschtürkisches) Code-switching und Code-mixing als wichtigen Ausdruck ihrer migrantischen Identität.
Da Potenziale und Konturen von Stilen erst im Kontrast eindeutig hervortreten, werden diese Befunde mit der kommunikativen Praxis einer anderen Sozialwelt von Migranten der zweiten Generation verglichen, derjenigen der "akademischen Europatürken". Hierbei zeigt sich, dass dieses sich ethnisch und als "Elite" der türkischen Migranten definierende Milieu moderat auf Diskriminierungen reagiert und deutsch-türkische Sprachvariation als Ausdruck von "Halbsprachigkeit" ablehnt.
Die Untersuchung präsentiert die multimodale Struktur und Komplexität eines besonderen Kooperationstyps, dem »Pitching«. Das Pitching ist eine Mischform aus Arbeits- und Lehr-Lern-Diskurs, bei der vier Studierende gemeinsam mit zwei Dozenten Filmideen entwickeln. Als empirische Grundlage dient ein Datenkorpus von 72 Stunden Videoaufnahmen, das methodisch mit einer Kombination aus ethnographischer Gesprächsanalyse, ethnomethodologischer Konversationsanalyse und deren Erweiterung um eine multimodale Analyseperspektive untersucht wird. Dabei wird detailliert der komplexe Gesamtzusammenhang von Verbalität, Mimik, Gestik, Körperpositur und anderen körperlichen Ausdruckformen in seiner Bedeutung für die gemeinsame Arbeit ersichtlich. Basierend auf den beiden zentralen Konzepten »Kooperation« und »Handlungsschema« werden die spezifischen Situationsmerkmale des Pitchings und die typischen Aufgaben und Probleme rekonstruiert, die von den Interaktionsbeteiligten durch unterschiedliche Verfahren bearbeitet werden. Aufgrund einer longitudinalen Perspektive gibt die Untersuchung zudem Einblicke in die Professionalisierung der Studierenden im Studienverlauf.
Die Beiträge in der Festschrift für Rainer Wimmer anlässlich seines 65. Geburtstags dokumentieren die Vielschichtigkeit seines sprachwissenschaftlichen Wirkens. Eine große Anzahl der Artikel widmet sich einer seiner zentralen Forschungstätigkeiten, der Sprachkritik. Seine interdisziplinären und anwendungsorientierten Arbeitsfelder sowie seine frühen Arbeiten zu Eigennamen werden durch spezifische Beiträge ebenso gewürdigt, wie in einem Themenblock hervorgehoben wird, dass es »die« Sprache nicht gibt, sondern dass Sprachen nur neben Sprachen, d. h. in einem Miteinander, existieren können.
Auf diese Weise entsteht ein Einblick in die wichtigsten Strömungen und Ansätze der zeitgenössischen interpretativen Semantik, zu deren Entwicklung Rainer Wimmer durch sein Schaffen wesentlich beigetragen hat.