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Politisches Positionieren ist eine elementare sprachliche und soziale Praxis. Wo und wie wir uns und andere in der Gesellschaft verorten, ist eine alltäglich verhandelte Frage. Positionierungen werden dabei sowohl explizit thematisiert und kontrovers diskutiert als auch beiläufig durch sprachliche Praktiken hervorgebracht. Im Zentrum von Positionierungen stehen Aushandlungen sozialer Identität. Doch nicht nur persönliche Identitäten werden durch Positionierungen konstituiert, stabilisiert oder umgedeutet, auch die Gesellschaft ist durch die sprachlichen Positionierungspraktiken ihrer Mitglieder unmittelbar oder mittelbar betroffen.
Die Beiträge des Bandes betrachten diese Schnittstelle zwischen Interaktion und Diskurs aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven und erörtern, wie Positionierungen vollzogen werden, ob bzw. inwiefern sie politisch sind und in welchen wechselseitigen Zusammenhängen sie zu gesellschaftlichen, sozialen und politischen Arrangements und Ordnungen stehen.
Sich beschweren – Kommunikation von Unzufriedenheit in Eingaben an Staats- und Parteiinstanzen
(2022)
Sich in eigener Sache zu beschweren oder einen ausgemachten Missstand anzusprechen, war neben dem Bitten und dem Huldigen die in Eingaben an Behörden und Politiker während des Nationalsozialismus am häufigsten anzutreffende Kommunikationspraktik. Die folgende, ihrem vorläufigen Charakter nach explorative, Analyse nimmt diese in den Blick und konzentriert sich dabei auf häufig anzutreffende Sprachhandlungsmuster, die für die Kommunikationspraktik des Sich-Beschwerens in Beschwerdeschreiben an offizielle Stellen konstitutiv waren. Untersuchungsgrundlage ist ein Korpus von ca. 500 Beschwerdeschreiben, die im Stadtarchiv Mannheim, dem Generallandesarchiv Karlsruhe, dem Landeshauptarchiv Koblenz sowie den »Akten der Partei-Kanzlei« (Microfiche-Edition) erhoben wurden.
Ausgehend von spezifischen historischen Diskursbedingungen und anknüpfend an Ansätze der Positionierungstheorie untersucht der Beitrag sprachliche Praktiken politischer Positionierung von Akteuren der integrierten Gesellschaft während des Nationalsozialismus. Am Beispiel einer Eingabe eines Katholiken sowie eines abgehörten Zellengesprächs zweier Wehrmachtssoldaten wird diskursanalytisch herausgearbeitet, wie verschiedene Identitätsdilemmata sprachlich verhandelt wurden und wie die Akteure dabei auf vorliegende politische Positionierungsangebote zurückgriffen, zugleich aber versuchten, ihre Positionen individuell auszugestalten.