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Thomas Müntzer zählt zu den Persönlichkeiten der deutschen Geschichte, die bislang völlig kontrovers beurteilt wurden. Das demonstriert schon die Auflistung der Bezeichnungen, mit denen Müntzer in der Literatur charakterisiert wurde und wird: Reformator, Theologe, Priester, Prediger, Prophet, Mystiker, Spiritualist, Apokalyptiker, (Sozial-)Revolutionär, Rebell, Bauernführer, Terrorist. In der DDR wurde er als Kämpfer für eine bessere, gerechte, von Ausbeutung freie Gesellschaft verehrt. Er galt als Vertreter eines christlichen Sozialismus. Sein Porträt war seit 1971 auf der 5-Mark- Banknote zu finden. Die religiösen Aspekte seines Wirkens wurden allerdings stark vernachlässigt. Die frühere Bundesrepublik sah in Müntzer eher einen religiösen Sonderling und nahm ihn nur am Rande zur Kenntnis.
Seine theologischen Auffassungen äußerte Müntzer in wenigen, meist recht kurzen, aber äußerst eindringlich formulierten Texten, deren Druck oft mit Problemen verbunden war. Bei den Zeitgenossen wirkte er vor allem über seine Predigten, die allerdings nicht publiziert wurden. Erhalten blieb dagegen ein nicht unbeträchtlicher Teil seines Briefwechsels, der für die Entwicklung seiner Ideen aufschlussreich ist. Im Prager Manifest, einem ungedruckt gebliebenen frühen Text, formulierte Müntzer erstmals in groben Zügen seine zentralen reformatorischen Vorstellungen.