Sprachgeschichte
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Die Tagung Kommunikative Praktiken im Nationalsozialismus im virtuellen Paderborn hatte zum Ziel, die unterschiedlichen Perspektiven der geschichts- und sprachwissenschaftlichen NS-Forschung unter dem Dach der Praxeologie zusammenzubringen und so zu koordinieren, dass möglichst viele Anknüpfungspunkte für ein gemeinsames Verständnis der Hervorbringung von ns-spezifischen Deutungsrahmen entstehen (vgl. allgemein als Forschungsüberblick dazu Scholl 2019). Dabei haben sich Unterschiede in der Definition und Reichweite von kommunikativen Praktiken gezeigt, mehr noch aber wurden konvergierende Verständnisse freigelegt. Diese richten sich vor allem auf die kommunikative Bearbeitung zentraler Diskursgegenstände wie Gemeinschaft, Arbeit oder Freiheit durch sprachliche o. a. Verfahren, die situiert und unter konkreten historischen Bedingungen aus einem bestimmten Akteurskreis heraus entstehen.
Der Beitrag untersucht Bedeutungszuschreibungen an den 30. Januar 1933 während des Nationalsozialismus. Ausgehend von der Beobachtung des hohen historisch-symbolischen Gehalts, der diesem Datum auch heute noch anhaftet, wird anhand von charakteristischen Belegstellen gezeigt, mit welchen Aufladungen die Ereignisse dieses Tages während der NS-Zeit versehen wurden, sowohl von Seiten wichtiger Instanzen des NS-Regimes, aber auch durch die Ko-Konstitution und teils strategisch-funktionale Aneignung dieser Deutungsmuster durch einzelne Mitglieder der integrierten Gesellschaft. Im Zentrum steht nicht so sehr eine spezifische kommunikative Praktik, sondern die Beobachtung, dass ein zentrales Referenzdatum des Nationalsozialismus, der 30. Januar 1933 als ›Tag der Machtergreifung‹, in unterschiedlichen kommunikativen Praktiken zur Anwendung kam bzw. dass die ›historische‹ Bedeutung dieses Datums in unterschiedlichen kommunikativen Praktiken konstituiert wurde.
Die nationalsozialistische Gesellschaft war geprägt von vielgestaltigen kommunikativen Praktiken des sozialen und auch gewaltvollen Ein- und Ausschlusses. Gleichzeitig bildeten sich durch Widerstandshandlungen vielfältige Gegendiskurse heraus. Der Sammelband nimmt konkrete Beispiele kommunikativer Praktiken während des Nationalsozialismus in den Blick und fragt speziell danach, inwiefern diese themen-, textsorten- und akteursspezifisch gebunden waren.
Unserdeutsch (Rabaul Creole German) entstand um 1900 an einer katholischen Missionsstation in Vunapope auf der Insel New Britain im Bismarck-Archipel. Seine dominante Substratsprache ist Tok Pisin, das melanesische Pidgin-Englisch, seine Superstratsprache Deutsch. Der Aufsatz versucht das sprachliche Superstrat von Unserdeutsch näher zu bestimmen, d. h. die Frage zu beantworten, welches Deutsch von den Missionaren in Vunapope um 1900, am Ort und zum Zeitpunkt der Entstehung von Unserdeutsch, gesprochen wurde. Zu diesem Zweck werden die als Superstrattransfer aus dem Deutschen erklärbaren, regional markierten linguistischen Strukturmerkmale in Unserdeutsch untersucht und im geschlossenen Sprachgebiet sprachgeografisch lokalisiert. Ergänzt wird diese linguistische Evidenz durch extra- und metalinguistische Evidenz aus einschlägigen, zeitgenössischen Quellen. Die Ergebnisse deuten auf ein vorwiegend nordwestdeutsch-westfälisch geprägtes, insgesamt jedoch heterogenes, standardnahes sprachliches Superstrat hin und widerlegen somit frühere diesbezügliche Aussagen in der einschlägigen Fachliteratur. Und sie zeigen zugleich auch, dass die Analyse von kolonialen und sonstigen Auswanderervarietäten, besonders von solchen, die – wie Unserdeutsch – im Laufe ihrer späteren Geschichte den Kontakt zum sprachlichen Mutterland vollständig verloren haben, zur Rekonstruktion historischer Mündlichkeit wertvolle Daten liefern kann.
Dieser Aufsatz diskutiert die Frage, inwieweit Unserdeutsch sich aus soziohistorischer und sprachstruktureller Perspektive in die Kategorie Kreolsprache einfügt. Als tertium comparationis dienen dabei Merkmale, die in der einschlägigen Literatur prominent als charakteristisch für Kreolsprachen angenommen werden. Es zeigt sich, dass Unserdeutsch trotz einer Reihe atypischer Entstehungsumstände, die auf den ersten Blick eine große strukturelle Nähe zum deutschen Superstrat, damit ein relativ akrolektales Kreol erwarten ließen, verhältnismäßig gut mit dem Muster eines Average Creole, wie es sich etwa aufgrund der Daten des „Atlas of Pidgin and Creole Language Structures“ (Michaelis et al. 2013) abzeichnet, harmoniert. Eine mögliche Erklärung findet diese augenfällige Diskrepanz in der primären Funktion von Unserdeutsch als Identitätsmarker und der linguistischen Struktur seiner Substratsprache Tok Pisin.
Picnick and Sauerkraut: German–English intra-writer variation in script and language (1867–1900)
(2023)
Intra-writer variation is a wide-spread phenomenon that nevertheless has received only limited research attention so far. Different addressees, bi- and multilingualism, or changing life phases are among the factors that contribute to such variation. In a study of diary entries by one writer covering three decades (1867–1900), this chapter investigates patterns of intra-writer variation between German and English (language and script) in nineteenth-century Canada, with a special focus on single word borrowings, person reference and place names. The long-term perspective provides a unique insight into the dynamics of a bilingual writer’s emerging sociolinguistic competence as reflected by the flexible yet structured use of his resources within the social space of a bilingual community.
This paper deals with the lexicographic treatment of the evidently plenty and pervasive scatological vocabulary, that is vocabulary concerning the process and products of bodily excretion (especially feces), in the synchronic Early New High German Dictionary (FWB = Frühneuhochdeutsches Wörterbuch) from a dictionary user’s view. Initially, different cultural concepts of scatology by Norbert Elias, Michail Bachtin and Mary Douglas among others and the term taboo are reflected. Subsequently, selected lexical items such as words with a primary scatological meaning (e. g. drek, kot, scheisse), concealing expressions (euphemisms, periphrases, metaphors, e. g. sitzen, seine notdurft tun, bauernveiel), and certain aspects within the polysemy of the verb scheissen are discussed, the latter on the one hand referring to a physical process with uncontrollable aspects and on the other hand denoting a deliberate action and functionalized as a fighting word during the reformation. Focussing on different positions of lexicographical information within the microstructure of the FWB, the surveillance shows that in a synchronic perspective Early New High German scatological vocabulary is a heterogeneous and complex phenomenon due to speaker, context and respectively semantic and pragmatic purposes
Das Theonym Gott für den christlichen Gott weist im Frühneuhochdeutschen eine Reihe ungewöhnlicher grammatischer Eigenschaften auf, die in diesem Beitrag korpusbasiert untersucht werden. Zum einen hat es sich von seiner appellativischen Herkunft emanzipiert, wie beispielsweise am fehlenden Artikel deutlich wird, zum anderen nutzt es aber das für einen Namen ungewöhnliche es-Flexiv im Genitiv (Pauls, Gottes) und tritt, wie unbelebte Appellative, als Genitivattribut dominant nachgestellt auf (Haus __ Gottes). In der Schreibung bildet sich die Doppelmajuskel <GOtt> heraus, die es bis ins 18. Jh. visuell von der übrigen Lexik abhebt. Damit weist das Theonym im Frühneuhochdeutschen eine Sondergrammatik auf, in abgeschwächter Form besteht sie bis heute fort. Der Beitrag argumentiert dafür, dass es sich um ein Resultat besonderer kommunikativer Relevanz handelt.
This article discusses the situation of the Latgalian language in Latvia today. It first provides an overview of languages in Latvia, followed by a historical and contemporary sketch of the societal position of Latgalian and by an account of current Latgalian language activism. On this basis, the article then applies schemes of language functions and of evaluations of the societal position of minority languages to Latgalian. Given the range of functions that Latgalian fulfils today and the wishes and attempts by activists to expand these functions, the article argues that it is surprising that so little attention is given to Latgalian in mainstream Latvian and international sociolinguistic publications. In this light, the fate of the language is difficult to prognose, but a lot depends on whether the Latvian state will clarify its own unclear perception of policies towards Latgalian and on how much attention it will receive in the future.