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Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit ICH WEIß NICHT und der Frage danach, ob einige der Verwendungen als Diskursmarker bezeichnet werden können oder nicht. Es wird zunächst ein Überblick über die Kriterien gegeben, die in der interaktionalen Linguistik für die Diskursmarkerdefinition diskutiert wurden. Dabei wird versucht, definitorische Kriterien von empirischen Befunden abzugrenzen. Es folgt eine Analyse verschiedener Verwendungen von ICH WEIß NICHT. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Verwendungen als epistemischer und pragmatischer Marker, die sowohl mit prospektiver Orientierung als auch mit retrospektiver Orientierung vorkommen. Abschließend wird der Unterschied zwischen definitorischen und empirischen Kriterien für die Diskursmarkerdefinition systematisiert. Auf dieser Basis argumentieren wir dafür, dass alle Verwendungen von ICH WEIß NICHT, die diskursfunktionale Eigenschaften haben und syntaktisch desintegriert sind, Diskursmarkerverwendungen sind. Einige davon sind prototypischer, während andere Fälle eher marginal sind, da sie einige Merkmale, die die meisten Diskursmarker kennzeichnen, nicht aufweisen.
Der Beitrag plädiert für eine Untersuchung der gesprochenen Sprache als integralem Bestandteil multimodaler Interaktionspraktiken. Das leibliche Handeln bildet die Infrastruktur für die Verwendung von Sprache, es schafft Bedingungen, Möglichkeiten und Motivationen für die Verwendung spezifischer sprachlicher Strukturen; umgekehrt wird es seinerseits durch sprachliches Handeln organisiert. Zunächst werden in dem Beitrag grundlegende Eigenschaften multimodaler Interaktion dargestellt: die Vielfalt der leiblichen Handlungsressourcen und ihre Koordination, Sequenzialität und Simultaneität von Aktivitäten, multimodale Beteiligung an der Interaktion, der Stellenwert von Raum, Objekten, Multiaktivität und Bewegung. Ebenso wird kurz auf die methodischen Grundlagen der Untersuchung eingegangen: Videoaufnahme und multimodale Transkription. An drei sprachlichen Phänomenbereichen wird dann exemplarisch gezeigt, wie sprachliche Praktiken durch ihr Zusammenspiel mit anderen leiblichen Ressourcen der Kommunikation geprägt sind. Im Einzelnen geht es um die Disambiguierung sprachlicher Praktiken durch ihre Koordination mit anderen Ressourcen, die Erweiterung sprachlicher Strukturen, die aufgrund von Rezipientenreaktionen simultan zur Turn-Produktion stattfindet, und die Verwendungen minimaler Referenzformen, die sich auf die multimodale Ko-Orientierung der Beteiligten stützt.
Nach Auffassung der Interaktionalen Linguistik sind Äußerungen 'situiert', das heißt ihre Form ist an ihren Kontext sowie an die Art der mit ihnen ausgeführten Handlung( en) angepasst. Dieser Beitrag überprüft diese These am Beispiel des Einflusses unterschiedlicher Beteiligungsrollen auf die Realisierung konzessiver Konstruktionen in amerikanisch-englischen Rundfunkinterviews unter Zuhilfenahme qualitativer und quantitativer Methoden. Nach einer Beschreibung der Besonderheiten des Genres werden die Auswirkungen der situationalen Identitäten der Interaktantinnen auf die Realisierung der Diskursrelation in Radiointerviews untersucht. Die Ergebnisse beruhen auf der Analyse zweier je zweistündiger Korpora von Rundfunk- und Privatkonversationsdaten. Die konzessiven Konstruktionen wurden auf der Basis dreier Handlungen - BEHAUPTEN, EINRÄUMEN und ENTGEGENHALTEN -
identifiziert. Zum einen zeigten sich dabei (zum Teil erwartbare) Unterschiede in der Länge der Konstruktionselemente, ihrer lexikalischen und prosodischen Gestaltung sowie ihrer argumentativen Aufladung. Zum anderen ergaben sich aber auch Befunde, die bisherige Annahmen ergänzen oder ihnen sogar entgegenstehen, etwa wenn Sprecherinnen mit Hilfe konzessiver Konstruktionen ihre institutionell geregelten Diskursrechte erweitern bzw. -pflichten umgehen.
Interaktionale Semantik
(2020)
Lean syntax: how argument structure is adapted to its interactive, material, and temporal ecology
(2020)
It has often been argued that argument structure in spoken discourse is less complex than in written discourse. This paper argues that lean argument structure, in particular, argument omission, gives evidence of how the production and understanding of linguistic structures is adapted to the interactive, material, and temporal ecology of talk-in-interaction. It is shown how lean argument structure builds on participants' ongoing bodily conduct, joint perceptual salience, joint attention, and their Orientation to expectable next actions within a joint project. The phenomena discusscd in this paper are verb-derived discourse markers and tags, analepsis in responsive actions, and ellipsis in first actions, such as requests and instructions. The study draws from transcripts and audio- and video-recordings of naturally occurring interaction in German from the Research and Teaching Corpus of Spoken German (FOLK).
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit Imperativen, die nicht oder nicht nur für Handlungsaufforderungen, sondern auch für gesprächsorganisatorische Zwecke eingesetzt werden. Einschlägige Vertreter wie guck mal, hör mal, komm oder geh wurden in der Literatur meist als Interjektionen, aber auch als Diskursmarker klassifiziert. Anhand einer explorativen Korpusrecherche wird zunächst ein Überblick über die Häufigkeit und einige distributionelle Eigenschaften gesprächsorganisatorischer Imperative im gesprochenen Deutsch gegeben. Anschließend wird ein bisher nicht empirisch untersuchter Vertreter, warte (mal), anhand einer Kollektion von 190 Belegen im Hinblick auf seine Semantik und Funktion untersucht. In turninitialer und syntaktisch vorangestellter Position wird warte (mal) zur Markierung von Unterbrechungen der Progressivität und von Aktivitätswechseln verwendet, z.B. um Verstehensprobleme zu klären oder Argumente in eine Diskussion einzubringen. Tritt es satzmedial auf, markiert es Selbstreparaturen und Häsi-tationen. Es wird argumentiert, dass die Distribution und Funktionen es nicht rechtfertigen, warte (mal) als Diskursmarker zu bezeichnen.