320 Politik
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Ist von empörenden Vergleichen die Rede, denken wir zuerst an Nazi- und Holocaust-Vergleiche. Diese Vergleiche und die Reaktionen darauf unterliegen sprachlichen Mustern und verfolgen politische Strategien, deren typisierende Analyse – anhand von Beispielen aus dem deutschen und nicht-deutschen Raum – im Zentrum des Aufsatzes steht. Das Frageinteresse zielt darüber hinaus auf eine Geschichte des empörenden Vergleichens in der historischen Langzeitperspektive. Empörende Vergleiche können formal als Gleichsetzungen, Komparationen oder als hierarchisierende Unterscheidungen auftreten. Ihre Hauptfunktionen sind das Diffamieren politischer Gegner, das Erheischen von Anerkennung, vor allem als Opfer erlittenen Unrechts, sowie die provozierende Verletzung von Sprachnormen zwecks Ausweitung der Grenzen des Sagbaren.
Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen politischer Argumentation und politischem System in der Schweiz. Vor allem mit Verweisen auf Ergebnisse aus den Sozialwissenschaften wird zunächst plausibilisiert, dass es ein anhaltendes internationales Interesse an direkter Demokratie gibt und dass die (halb)direkte Demokratie in der Schweiz insgesamt gut funktioniert. Anschließend argumentiert der Beitrag dafür, dass die politische Kommunikation und im Besonderen die politische Argumentation in der Schweiz nicht nur von der (halb)direkten Demokratie geprägt sind, sondern auch zu deren Funktionieren beitragen. Zu diesem Zweck werden vorrangig Ergebnisse verschiedener Studien aus dem SNF-Forschungsprojekt „Politisches Argumentieren in der Schweiz“ (2018–2021) aufeinander bezogen. Zusammengenommen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die politische Kommunikation und Argumentation für die erfolgreiche Existenz direktdemokratischer Instrumente eine nicht zu unterschätzende Bedeutung haben.
Kommunikation zwischen Regierenden und Regierten ist eine notwendige Bedingung für repräsentative Demokratien. Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, wofür Parteien und Kandidaten stehen. Gleichzeitig müssen diese über Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung informiert sein. Kurzum: ohne Kommunikation funktioniert repräsentative Demokratie nicht. Politik und politische Kommunikation sind für die allermeisten von uns aber nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar erfahrbar – hier spielen die Medien als „Fenster zur Welt“ eine zentrale Rolle. In aller Kürze werden wir uns der Bedeutung der medialen Veränderung (Radio, Fernsehen, Internet, soziale Medien) für die politische Kommunikation nähern. Hierum geht es in einem ersten Teil meines Beitrags. Daran anschließend, im zweiten Teil: Streit! Die politische Auseinandersetzung als Herzstück der Demokratie und besondere Form der Kommunikation. Hart in der Sache, anständig im Ton um die beste politische Lösung ringen – so der Idealfall. Doch wo findet diese Auseinandersetzung statt? Im dritten Teil des Beitrags wird das Konzept der Öffentlichkeit genauer beleuchtet. Vor wenigen Jahrzehnten unterhielt man sich über dieselbe Sendung, die man am Abend davor gesehen hatte – das „rituelle Zusammensein der Nation“. Heute leben wir in geteilten und getrennten Öffentlichkeiten. Filterbubbles, Echokammern. Welche Auswirkungen lassen sich daraus für die demokratische Debatte und die politische Kommunikation ableiten? Im vierten Abschnitt widmet sich der Beitrag großen Fragen, ohne abschließende Antworten zu liefern: Braucht es Regulierung? Kann Kommunikation überhaupt reguliert werden? Und von wem?
Im Jahre 1999 unterzeichneten Bildungsminister aus 29 europäischen Staaten die sogenannte Bologna-Erklärung. Mit diesem Dokument wurde vereinbart, bis 2010 einen gemeinsamen Europäischen Hochschulraum zu schaffen. Trotz der rechtlichen Unverbindlichkeit der Erklärung erfolgten in den jeweiligen Unterzeichnerstaaten eine Vielzahl von entsprechenden Reformen. Dabei bestehen teilweise erhebliche Unterschiede im Umfang des zu beobachtenden innerstaatlichen Wandels. Das Ziel dieser Arbeit ist es, Erklärungsfaktoren für die Varianz dieses innerstaatlichen Wandels zu finden. Diese Untersuchung greift auf bestehende theoretische Arbeiten aus angrenzenden politikwissenschaftlichen Gebieten zurück, da zum Untersuchungsgegenstand Hochschulpolitik bis dato nur wenige systematisch-vergleichende und theoretisch-fundierte Arbeiten vorliegen. Der hier verwendete grundlegende Analyserahmen stammt aus der Europäisierungsforschung. Diese befasst sich mit den innerstaatlichen Auswirkungen von Integrationsprozessen auf europäischer Ebene. Zentrale Annahme ist dabei, dass lediglich eine Diskrepanz (misfit) zwischen europäischer und innerstaatlicher Ebene einen Effekt auf nationale Strukturen haben kann. Solch ein misfit kann entweder zu innerstaatlicher Ressourcenumverteilung oder aber Sozialisationsprozessen führen. Beides resultiert in innerstaatlichem Wandel. Ob es tatsächlich zu derartigen Prozessen kommt und damit auch ein innerstaatlicher Wandel zu beobachten ist hängt von bestimmten innerstaatlichen Faktoren (mediating factors) ab, die den Anpassungsdruck, welcher durch den misfit hervorgerufen wird, filtern. Dazu gehören die Anzahl von Vetopunkten im politischen System eines Landes, der Einfluss der zuständigen Ministerialbürokratie, die politische Kultur eines Landes und das Vorhandensein von norm entrepreneurs bzw. change agents. Außerdem werden zwei Kontrollvariablen auf Basis theoretischer Annahmen aus dem Bereich der vergleichenden policy-Forschung erhoben: der Grad der Wissensbasierung der Ökonomie sowie der globale Integrationsgrad des jeweiligen Landes. Für den Hypothesentest wird auf eine relativ neue Methode zurückgegriffen: die Multi-Value Qualitative Comparative Analysis (MVQCA). Durch die Aussortierung logisch überflüssiger Variablen wird dabei gewährleistet, dass eine hohe Anzahl von Variablen auf Basis relativ weniger Fälle zu untersuchen ist. Untersucht werden sieben Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU), die einen hohen misfit in Bezug auf die Vorgaben der Bologna-Erklärung aufweisen. Schwerpunkt der Analyse bilden die Vorgabe einer zweistufigen Studienstruktur und der output der unterschiedlichen politischen Systeme. Insbesondere zwei Faktoren können dabei den unterschiedlichen Entwicklungsstand des Bologna-Prozesses im Falle eines hohen misfit tatsächlich erklären: die Anzahl der Vetopunkte in einem politischen System sowie der Einfluss der hochschulpolitischen Ministerialbürokratie auf den politischen Entscheidungsprozess. Diese Studie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der hochschulpolitischen Anpassungsprozesse in Europa. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass der verwendete Analyseansatz eine geeignete Grundlage für weitere Forschungsvorhaben darstellt. Gerade in Verbindung mit makro-qualitativen Methoden wie MVQCA.
Politiker und Parteien sehen sich heutzutage oft mit dem Vorwurf konfrontiert, sie heben sich kaum mehr voneinander ab, seien gar „austauschbar“. Umso größer scheint das Bedürfnis nach Abgrenzung. Diese wird kommunikativ hergestellt und ist am besten von den diskursiven Zusammenhängen und Akteurskonstellationen her, in denen sie sich aktualisiert, nachzuvollziehen.
Das Vorgehen in dieser Arbeit gliedert sich im Wesentlichen in drei Schritte: Zunächst wird eine Theorieskizze der Abgrenzung als Sprechhandlung entworfen. Hierbei geht es vor allem darum, verschiedene Lesarten zu erschließen und die Abgrenzung in einem Panorama verwandter Konzepte wie etwa Ausgrenzung, Distinktion und Distanzierung zu verorten (Teil 1). Daraufhin wird die Plenardebatte als Textsorte erschlossen und in ihren kommunikativen Spezifika erfasst, wobei besonders die Stichworte Inszeniertheit, Mehrfachadressierung und die Frage nach dem Verhältnis zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit in den Blickpunkt rücken (Teil 2). Sodann wird mithilfe der pragma-semiotischen Textarbeit als Methode ganz konkret sprachliches Datenmaterial aus Plenardebatten analysiert und interpretativ ausgewertet (Teile 3 und 4). Dabei kommen auch korpuslinguistische Verfahren zum Einsatz, die jedoch letztlich im Dienste einer qualitativ orientierten Analyse stehen.
Die Analyse berücksichtigt sowohl explizite als auch implizite Formen sprachlicher Abgrenzung. Sie zeigt unter anderem, dass politische Abgrenzungshandlungen keineswegs parteispezifisch sind, sondern von allen Parteien und Akteuren mehr oder weniger konstant praktiziert werden. Dabei wird Abgrenzung hauptsächlich als Selbstpositionierung realisiert; bisweilen finden sich aber durchaus auch Fremdpositionierungen – etwa als Aufforderungen an andere Akteure, sich gegenüber Dritten abzugrenzen. Auf der Ebene der sprachlichen Formen lässt sich schließlich durch eine Art experimentelle Annäherung mit korpuslinguistischen Verfahren eine Reihe von Mehrworteinheiten ausmachen, die als Indikatoren für implizite Abgrenzung gelten können.