Sprachreport. 27 (2011)
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Wenn man einen Blick in die traditionellen Grammatiken wirft, so wird man feststellen, dass die Struktur der deutschen Sprache hier eher isoliert beschrieben wird, das heißt, dass sich die Beschreibung grammatischer Phänomene auf das Deutsche konzentriert. Hierbei handelt es sich sicherlich um fundierte Analysen der deutschen Sprachstruktur, die wichtige Einblicke und Erkenntnisse liefern. Allerdings hat diese einzelsprachlich orientierte Betrachtungsweise einen entscheidenden Nachteil – die Besonderheiten einer Sprache können so gar nicht erfasst werden, da sich die spezifischen Charakteristika natürlich erst im Vergleich mit anderen Sprachen zeigen. Mit anderen Worten: Wenn nur das Deutsche betrachtet wird, lassen sich gar keine Aussagen darüber treffen, was nun charakteristisch für diese Sprache ist. Ebenso wenig lassen sich Gemeinsamkeiten mit anderen Sprachen herausstellen. Phänomene, die nicht nur auf eine Sprache beschränkt sind, sind aber wiederum von Bedeutung für die linguistische Theoriebildung.
Die beachtlichen Unterschiede zwischen den Dialekten des Deutschen stehen in Zusammenhang mit der territorialen Zersplitterung des deutschsprachigen Gebiets bis ins 19. Jahrhundert. In gewisser Weise spiegelt die dialektale Vielfalt das dezentrale, plurizentrische Herrschaftsmodell wider, das für das vornationale Heilige Römische Reich charakteristisch ist, bei dem sich kein dauerhaftes Machtzentrum mit sprachlicher Modellwirkung, wie bspw. Paris in Frankreich, herausbilden konnte.