Textlinguistik / Schriftsprache
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Die Textqualität von Social-Media-Texten unterscheidet sich deutlich von der Textqualität traditioneller monologischer Texte, weshalb neue Textqualitätskategorien für Social-Media-Texte benötigt werden. Der Beitrag beschreibt zunächst, wie in einer Studie zwölf Schreibratgeber für Social-Media-Texte auf Belegstellen des Zürcher Textanalyserasters durchsucht wurden und wie darüber hinaus mittels qualitativer Inhaltsanalyse neue Textqualitätskategorien von Social-Media-Texten in den Ratgebern bestimmt und geordnet wurden. In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse dieser Studie aufgeführt, die Belegstellen des Zürcher Rasters und die aus der Studie gewonnenen und geordneten Kategorien einzeln erläutert. Mit den acht neuen Textqualitätskategorien für Social-Media-Texte wurde das Mannheimer Analyseraster angefertigt, das zur Analyse von Social-Media-Texten angewendet werden kann und den letzten Abschnitt des Beitrags bildet.
Das Kommunizieren in Sozialen Medien und der Umgang mit Hypertexten ist im Jahr 2020 kein Randphänomen mehr. Die sprachlichen Besonderheiten internetbasierter Kommunikation und Sozialer Medien sind mittlerweile auch gut erforscht und beschrieben, allerdings werden diese bislang in deutschen Grammatiken, mit Ausnahme von Hoffmann (2014), allenfalls am Rande behandelt. Selbst neuere Ansätze zur Textanalyse, z. B. Ágel (2017), konzentrieren sich auf gestaltstabile, linear organisierte Schrifttexte. Dasselbe gilt für Ansätze, die primär für die Bewertung von Schreibprodukten in Bildungskontexten entwickelt wurden.
Die Sprache in Sozialen Medien zeigt auf allen Ebenen eine hohe Variabilität und wurde daher als eine Mischung verschiedener Register (Tagliamonte/Denis 2008) analysiert, die sowohl informelle als auch formelle Formen umfassen. Im Gegensatz zu herkömmlichen schriftlichen Medien, wie z.B. Zeitungstexten, sind Soziale Medien wie Chat, Twitter, Forumsdiskussionen, Facebook oder Blogs für diverse Autor/innen zugänglich, sind spontaner, und unterliegen weniger den sprachlichen Standards. Ein Teil der in diesen Kommunikationskanälen gefundenen Variabilität wird häufig auf Fehler zurückgeführt, es gibt jedoch viele Phänomene, die eigenen Regeln folgen. In Bezug auf das Kontinuum von konzeptueller/medialer Mündlichkeit/Schriftlichkeit (Koch/Oesterreicher 1985) befinden sich die meisten Social-Media-Beitrage in der Mitte des konzeptuellen Oralitätskontinuums, obwohl deren genaue Position bisher weitgehend unbestimmt ist. Soweit Nicht-Standard-Merkmale untersucht wurden, wurde meist die Orthographie, Morphologie, das Lexikon und die Syntax (z.B. Abkürzungen, Emoticons, Ellipsis) berücksichtigt.
Im Gegensatz dazu wählen wir einen pragmatischen, diskursorientierten Standpunkt: Welche Diskursstrategien wählen Sprecher/innen in Sozialen Medien und wie unterscheiden sich diese von bisher untersuchten Medienformen?
Texte aus Sozialen Medien finden in linguistischen Diskursanalysen bisher noch wenig Berücksichtigung. Viele Diskursanalysen konzentrieren sich auf Zeitungstexte als Untersuchungsgegenstände. Dieser Beitrag unterbreitet einen Vorschlag zur Überwindung dieses Newspaper Bias, um das Programm und das Methodeninventar der Diskurslinguistik am Beispiel der Wikipedia hin zu digitalen Diskursanalysen zu erweitern. Neben den besonderen Eigenschaften digitaler Diskurse wird die Bedeutung digitaler Objekte (v.a. Links) in den Diskursfragmenten der Wikipedia thematisiert. Zuletzt wird ein Analysemodell präsentiert, das einen umfassenden Rahmen für die Untersuchung von digitalen Diskursen bietet.