Textlinguistik / Schriftsprache
Refine
Document Type
- Article (2)
Has Fulltext
- yes (2)
Keywords
- Buchstabe (2) (remove)
Publicationstate
Reviewstate
- Peer-Review (2)
Publisher
- Erich Schmidt (1)
- de Gruyter (1)
The question of whether a letter is a grapheme or not is a perennial issue in writing research. The answer depends on which criteria are used to differentiate between letters and graphemes and, ultimately,how the unit ‘grapheme’ is defined. This problem is particularly relevant to complex graphemes, i.e. sequences of letters that behave like a single grapheme in certain respects. Typical for German is the ‹ch›. This paper argues for a scalar concept of graphemes, which compares the grapheme status of each of the units under investigation. For this purpose, new criteria for the identification of complex graphemes are used, which originate from handwriting analysis. There, it is shown that complex graphemes are connected with each other disproportionately often and also have deviating letter forms disproportionately often.
Dieser Beitrag stellt einen Versuch dar, ein graphematisches Prinzip auf Handschriften anzuwenden und argumentiert, dass die Betrachtung von Handschriften unterstützende Evidenzen für graphematische Theorien liefern kann. Exemplarisch wird dazu die graphematische Längenhierarchie ausgewählt. Die Längenhierarchie ist ein gut beschriebenes Phänomen in der deutschen Schriftsprache. Bislang wurde sie jedoch nur für Druckschriften aufgestellt. Der vorliegende Artikel untersucht die Möglichkeit, eine Längenhierarchie für Handschriften aufzustellen und stützt sich dabei besonders auf die Schulausgangsschriften. Insbesondere werden Unterschriften betrachtet, die als eine Extremform der Handschriftlichkeit interpretiert werden. Ich gehe davon aus, dass nichts so häufig handgeschrieben wird wie die eigene Unterschrift und dass deshalb dort Prinzipien eines „ökonomischen Schreibens“ am deutlichsten auftreten werden, d.h. dass die Schreibungen, die besonders wichtig für das Lesen sind auch besonders deutlich geschrieben werden und die rezeptiv vernachlässigbaren Strukturen weniger deutlich. Hierzu wird die Alltagsbeobachtung analysiert, dass in Unterschriften oft die langen Buchstaben besonders deutlich und die kompakten Buchstaben eher undeutlich produziert werden, sie werden nivelliert. Es zeigt sich, dass die Häufigkeiten der Nivellierungen jedes Buchstabens auf eine skalare Verteilung der Buchstaben hindeuten. Damit wird die Idee einer Längenhierarchie und einer graphematischen Silbe als Leseerleichterung gestützt.