Dialektologie / Sprachgeografie
Refine
Document Type
- Part of a Book (4)
- Article (3)
- Book (1)
- Conference Proceeding (1)
Keywords
- Niederdeutsch (6)
- Dialektologie (5)
- Syntax (4)
- tun (4)
- Periphrase (3)
- Sprachvariante (3)
- Deutsch (2)
- Typologie (2)
- Verb (2)
- typology (2)
Publicationstate
- Zweitveröffentlichung (7)
- Postprint (2)
- Veröffentlichungsversion (1)
Reviewstate
- Peer-Review (6)
- (Verlags)-Lektorat (2)
Publisher
- Steiner (2)
- Aschendorff (1)
- Franz Steiner (1)
- Gesellschaft für Sprache und Sprachen (GeSuS) e.V. (1)
- North-West University (1)
- Olms (1)
- Springer (1)
- Stauffenburg (1)
Besides English, Afrikaans is considered “the [Germanic] language which deviates grammatically the farthest from the others” (Harbert 2007: 17). But how exactly do we measure “grammatical deviation”, and how deviant is Afrikaans really if we compare it not just to other standard languages but also to non-standard varieties? The present contribution aims to address those questions combining functional-typological and dialectometric perspectives. We first select data for 28 Germanic varieties showing vastly different speaker numbers, grades of standardisation and amounts of language contact. Based on 48 (micro)typological variables from syntax, morphology and phonology, we perform cluster analysis and multidimensional scaling and present ways of visualizing and interpreting the results. Inter alia, the analyses show a major divide between Continental West Germanic and North Germanic (as might be expected) and they also identify a number of outliers, including English and pidgin and creole languages such as Russenorsk or Rabaul Creole German. Afrikaans appears to cluster with the other West Germanic languages rather than the outliers. Within West Germanic, however, it does indeed emerge as rather deviant and, according to our metric, it is, for example, typologically closer to other high-contact varieties such as Yiddish than it is to Dutch.
Dieser Beitrag skizziert einen paradoxen Wandelprozess, den wir „Denaturierung" nennen: Ursprünglich natürlichsprachige, orale, ersterworbene Varietäten werden durch sprachplanerische Maßnahmen zu literalen, nicht ersterworbenen Systemen. Wir diskutieren zunächst die Grundlagen dieses Prozesses: Die Literalisierung von Sprachsystemen und Gesellschaften bringt orale Non-Standard-Varietäten in funktionale Konkurrenzsituationen mit Standardvarietäten. Der Wunsch nach Bewahrung und (Re-)Vitalisierung dieser Varietäten erzwingt - um ihre funktionale Leistungsfähigkeit auszubauen - Standardisierungsprozesse der betroffenen Varietäten, wodurch in ihren Systemen Elemente auftreten, die nicht durch L1-Erwerb weitergegeben werden (können). Paradoxerweise soll also das Verschwinden natürlicher Sprachen (der muttersprachlich erworbenen Dialekte), die sich definitorisch gerade durch die funktionale Distanz zur Standardsprache auszeichnen, durch Eingriffe unterbunden werden, die ihrem Status als natürliche Sprachen entgegenwirken. Wir postulieren, dass diese Denaturierung eine Konsequenz der Faktoren Attrition und Standardisierung ist. Dazu illustrieren und kontrastieren wir den Verlauf dieses Prozesses anhand von drei germanischen Varietäten: Während das Bairische noch am Anfang einer möglichen Denaturierung steht, kann das sowohl von starker Attrition als auch gezielter Standardisierung betroffene Niederdeutsche in dieser Hinsicht bereits als fortgeschritten angesehen werden. Im modernen Färöischen, wo bei bewahrter hoher mündlicher Variation eine stark historisierende, unifizierende Schriftvarietät installiert wurde, fällt die Denaturierung mangels Attrition dagegen nur schwach aus.
In diesem Artikel wird der Tempus-Modus-Gebrauch in indirekter Redewiedergabe im Niederdeutschen im Vergleich mit dem Hochdeutschen, Englischen und Norwegischen untersucht. Die hochdeutsche Standardsprache verfügt über eine voll ausgebaute Indikativ-Konjunktiv-Unterscheidung, wobei eine der Funktionen des Konjunktivs in der Markierung indirekter Rede besteht. Viele andere germanische Sprachen, hier vertreten durch das Englische und Norwegische, kennen keine vergleichbare Konjunktivkategorie (mehr). Indirekte Rede steht dort im Indikativ, wobei häufig das Phänomen der Tempusverschiebung zu beobachten ist. Das nördliche Niederdeutsche kennt ebenfalls keine distinkten Konjunktivformen, womit sich die Frage stellt, ob auch die Redewiedergabe wie in den anderen konjunktivlosen Sprachen funktioniert. Der vorliegende Beitrag geht dieser Frage im Rahmen einer empirischen Untersuchung nach. Als Datengrundlage dienen nordniederdeutsche Radionachrichten. Es zeigt sich, dass die Verteilung von Präsens und Präteritum in den niederdeutschen Radiodaten weiter ausfällt als in den konjunktivlosen Vergleichssprachen: Das Präsens tritt, wie im Hochdeutschen, auch dort auf, wo im Englischen und Norwegischen mit einer Verschiebung zum Präteritum zu rechnen wäre. Und für das Präteritum ergibt sich eine reportiv-konjunktivische Verwendung, die keine Entsprechung im Englischen oder Norwegischen hat.
Eine syntaktische Besonderheit der kontinentalwestgermanischen Sprachen ist die Bildung satzfinaler Verbalkomplexe (" ... dass sie das Buch gelesen haben muss"), für die ein hohes Maß an sprach- bzw. dialektübergreifender und idiolektaler Verbstellungsvariation charakteristisch ist. Der niederdeutsche Verbalkomplex gilt in Überblicksdarstellungen als streng kopffinal, wobei bisher – anders als für niederländische und hochdeutsche (besonders: oberdeutsche) Mundarten – kaum empirische Studien vorliegen. Der Aufsatz präsentiert eine deskriptive Analyse des zweigliedrigen Verbalkomplexes im Märkisch-Brandenburgischen, dem südöstlichsten der niederdeutschen Dialektverbände.
Im Gegensatz zum Standarddeutschen und anderen niederdeutschen Mundarten wie dem Nordniederdeutschen, weist das Brandenburgische selbst bei nur zwei verbalen Elementen in der rechten Satzklammer Variation auf ("dass sie lesen kann/kann lesen"). Anhand von Tonaufnahmen aus dem bisher kaum erschlossenen DDR-Korpus wird folgenden Fragen nachgegangen: Welche Verbstellungsvarianten sind in welchen Syntagmen möglich bzw. werden präferiert? Welche Unterschiede bestehen zwischen Haupt- und Nebensatzkomplexen? Wie verhält sich der brandenburgische Verbalkomplex in Bezug auf nicht-verbale Intervenierer (sog. Verb Projection Raising)? Wie verhalten sich Modal- und andere infinitivregierende Verben unter Perfekteinbettung (d.h. in stddt. Ersatzinfinitivkontexten)?
Am Ende steht eine erste typologische Einordnung des brandenburgischen Verbalkomplexes im Vergleich mit anderen kontinentalwestgermanischen Varietäten, wobei sich areallinguistisch interessante Ähnlichkeiten mit dem südlich angrenzenden Ostmitteldeutschen zeigen.
Die kontinental-westgermanischen Sprachen und Dialekte zeichnen sich durch das Vorkommen von mehrteiligen Verbformen in einem satzfinalen Verbalkomplex (im Folgenden VK) aus. Charakteristisch für diesen VK ist sein hohes Maß an Stellungsvariation, wie sie sich bei drei oder mehr Verben bereits innerhalb des Standarddeutschen zeigt (vgl. Duden 2005, 481-482, § 684). Im vorliegenden Beitrag werden Aspekte des VKs im Ostpommerschen untersucht, jenem ostniederdeutschen Dialekt, der bis 1945 östlich der Oder im heutigen Polen gesprochen wurde. Dies geschieht anhand spontansprachlicher Aufnahmen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts; der Beitrag ist also als eine sprachhistorische Untersuchung zu verstehen.
Wie die meisten westgermanischen Varietäten kennen auch die niederdeutschen Dialekte eine Konstruktion, in der das Verb 'tun' (niederdeutsch meist 'doon') als Hilfsverb fungiert und einen Infinitiv regiert - die sog. 'tun'-Periphrase ('Lesen tut sie gerne', 'Sie tut gerne lesen'). Allerdings weicht die niederdeutsche 'tun'-Periphrase sehr deutlich von den aus anderen Sprachen bekannten Mustern ab: Viele niederdeutsche Dialekte zeigen eine auffällige und erklärungsbedürftige Tendenz, die Periphrase auf Nebensätze mit Verbletztstellung zu beschränken ('dass sie lesen tut'). Zudem unterscheiden sich niederdeutsche Dialekte z.T. erheblich darin, wie weit die Periphrase obligatorisiert ist bzw. welche Faktoren bei der Variation zwischen der Periphrase und der einfachen Form ('dass sie liest') ausschlaggebend sind.
In dieser Monographie werden diese und andere grammatische Eigenschaften der Konstruktion auf der Grundlage von umfangreichen Korpusrecherchen und eigenen Erhebungen herausgearbeitet. Die Befunde werden mit dem Instrumentarium der Grammatiktheorie erklärt und in einen typologischen und diachronen Zusammenhang gestellt.
Just like most varieties of West Germanic, virtually all varieties of German use a construction in which a cognate of the English verb 'do' (standard German 'tun') functions as an auxiliary and selects another verb in the bare infinitive, a construction known as 'do'-periphrasis or 'do'-support. The present paper provides an Optimality Theoretic (OT) analysis of this phenomenon. It builds on a previous analysis by Bader and Schmid (An OT-analysis of 'do'-support in Modern German, 2006) but (i) extends it from root clauses to subordinate clauses and (ii) aims to capture all of the major distributional patterns found across (mostly non-standard) varieties of German. In so doing, the data are used as a testing ground for different models of German clause structure. At first sight, the occurrence of 'do' in subordinate clauses, as found in many varieties, appears to support the standard CP-IP-VP analysis of German. In actual fact, however, the full range of data turn out to challenge, rather than support, this model. Instead, I propose an analysis within the IP-less model by Haider (Deutsche Syntax - generativ. Vorstudien zur Theorie einer projektiven Grammatik, Narr, Tübingen, 1993 et seq.). In sum, the 'do'-support data will be shown to have implications not only for the analysis of clause structure but also for the OT constraints commonly assumed to govern the distribution of 'do', for the theory of non-projecting words (Toivonen in Non-projecting words, Kluwer, Dordrecht, 2003) as well as research on grammaticalization.