Angewandte Linguistik
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Der Beitrag untersucht korpuspragmatisch am Beispiel der Präpositionalphrasen mit gegen Varianten der Gegenwehr in der Zeit des Nationalsozialismus. Im Vordergrund stehen Flugblätter, Programmschriften und Zeitungsartikel, die unter den Bedingungen von Verfolgung, Exil oder Desertation kollaborativ verfasst wurden. Eine Spur zu diesen Dokumenten, die die Heterogenität und die Konfliktlinien des Widerstands auf Textebene widerspiegeln, legt die Korpusauswertung mithilfe der soziopragmatischen Annotationen aus dem Paderborner HetWik-Projekt. Methodisch werden gegen-Phrasen anhand ihrer Füllerprofile und Kollokatoren einzelnen Handlungsmustern zugeordnet. Im Ergebnis zeigt sich der Solidarisierungseffekt von situativ verfestigten Kollokationen sowie eine (selbst)kritische Reflexion von NS-Feindschaften.
Wörter - Argumente - Diskurse. Was die Öffentlichkeit bewegt und was die Linguistik dazu sagen kann
(1999)
Der Beitrag versucht, eine der Möglichkeiten auszuloten, die Interessen der Öffentlichkeit und der Sprachwissenschaft in Verbindung zu bringen. Im Bereich gesellschaftlich relevanter Diskussionen besteht diese Möglichkeit darin, über besonders prominente Einzelwörter hinaus solche Diskussionen als „Diskurs" aufzufassen und diesen mit verschiedenen sprachwissenschaftlichen Methoden zu analysieren. Diskurs wird dabei als Menge aller Äußerungen zu einem gleichen Thema aufgefaßt, die für die Forschung in reflektiert zusammengestellten Textkorpora zugänglich zu machen sind. Am Beispiel des Migrationsdiskurses wird veranschaulicht, wie eine korpusbasierte, empirische Diskurslinguistik begründete Aussagen über die Verwendung von Wörtern machen kann, die die Öffentlichkeit im doppelten Sinne „bewegen", wie die argumentative Funktion öffentlicher Sprachthematisierungen systematisch zu erfassen ist und wie über die Wortschatzanalyse hinaus argumentative Muster öffentlicher Diskurse in ihrem Stellenwert für ein öffentliches
Themenfeld beschrieben werden können. Abschließend werden die bisherige öffentliche Resonanz auf entsprechende linguistische Forschungsergebnisse erörtert sowie die Chancen eines Forschungsansatzes, der einerseits öffentlich interessierende Themen aufgreift und andererseits diese methodisch reflektiert begleitet und analysiert. Insgesamt scheinen hier wie in anderen linguistischen Teilbereichen die Weichen für eine stärker öffentlichkeitsrelevante Linguistik bereits gestellt. Damit beginnt die germanistische Linguistik, aus der „selbstverschuldeten öffentlichen Unmündigkeit" der Germanistik auszubrechen und ihr Themenfeld in der Öffentlichkeit nicht mehr anderen zu überlassen, die weniger seriös arbeiten bzw. deren Kompetenzen andere sind.
Zwischen den Erwartungen und besonderen Bedürfnissen der Auslandsgermanistik und dem, was die germanistische Linguistik zu bieten hat, gibt es auf verschiedenen Gebieten noch erhebliche Diskrepanzen – so lautet die durchaus als Provokation gemeinte Ausgangsthese. Im Bereich Wortschatz und Wörterbücher fehlt es, verglichen mit der anglo-amerikanischen Wörterbuchszene, an umfassenden, korpusbasierten, gegebenenfalls auch elektronisch zugänglichen Wörterbüchern mit durchdachter Mikrostruktur, präzisen und verständlichen grammatischen und semantischen Angaben und reichhaltigem, den heutigen Sprachgebrauch widerspiegelndem Beispielmaterial. An grammatische Handbücher sind folgende Forderungen zu stellen: Konzentration auf relevante, d.h. typische, hochfrequente und kontrastiv-typologisch bedeutsame Erscheinungen, Zuverlässigkeit und Präzision der Angaben durch expliziten Bezug auf eine Textbasis sowie vor allem Verständlichkeit für die Zielgruppe. Weitere Desiderate beziehen sich u.a. auf die zeitgemäße Präsentation des faktischen Sprachgebrauchs und der deutschen Dialekte, speziell auf das Deutsche zugeschnittene Arbeiten zum Spracherwerb und zur Sprachverarbeitung.
Vorwort
(2022)
Vorwort
(1999)
Der vorliegende Beitrag untersucht aus interaktionslinguistischer Perspektive, wie Prinzipien deliberativer Demokratie in den Schlichtungsgesprächen zu Stuttgart 21 umgesetzt wurden. Wir konzentrieren uns dabei auf Interventionen, in denen der Schlichter Heiner Geißler die Wahrung von Verständlichkeit und Interessen der Bürger/-innen anmahnt, sowie Verletzungen der Wahrheitsnorm sanktioniert. Wir zeigen, wie Bürger/-innen sowie Normen und Werte rhetorisch als Ressource für das Einhalten von Verfahrensregeln genutzt werden, aber auch den Interessen des Schlichters selbst dienen. Dabei werden die Verfahrenswerte nicht immer einheitlich priorisiert. Die zugrunde liegende politische Diskussion wird zu Gunsten der Durchsetzung des Konstrukts ‚Faktenschlichtung‘ ausgeklammert.
Verstanden werden. Vom doppelten Interesse an theoriebasierter, praxisgerichteter Textberatung
(2006)
Was ist Textberatung? Wer berät wen? Wie und zu welchem Nutzen soll das geschehen, und was hat Sprachwissenschaft damit zu tun? - Dieser Beitrag führt von der Umwelt über Funktionen bis zu Strukturen einer sprachlich und methodisch reflektierten Beratung von Akteuren der Textproduktion. Einleitend umreißt er die Textberatung als einen kunterbunten Markt mit beliebigem Angebot (Teil 1). Dabei existieren für andere Beratungsfelder professionelle Konzepte der Beratungstätigkeit (2), und zum Beratungsgegenstand hätte die (Angewandte) Linguistik als primär zuständige Wissenschaftsdisziplin spannende Fragen und ein paar bedenkenswerte Antworten beizutragen (3). Am Beispiel eines didaktisch und medienlinguistisch verankerten Redaktionscoachings (4) wird das doppelte Interesse an theoriebasierter, praxisgerichteter Textberatung deutlich: Mit solcher Textberatung gut beraten sind Sprachpraxis und Sprachwissenschaft zugleich - wenn die Wissenschaft als beratende Instanz auch auf der fachdisziplinären Metaebene gewandt genug ist (5). Wissenschaftspolitisch wache und am Wissenstransfer interessierte Sprachwissenschaft ist gefragt.
Transnationale Germanistik
(2003)