Angewandte Linguistik
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Wörter - Argumente - Diskurse. Was die Öffentlichkeit bewegt und was die Linguistik dazu sagen kann
(1999)
Der Beitrag versucht, eine der Möglichkeiten auszuloten, die Interessen der Öffentlichkeit und der Sprachwissenschaft in Verbindung zu bringen. Im Bereich gesellschaftlich relevanter Diskussionen besteht diese Möglichkeit darin, über besonders prominente Einzelwörter hinaus solche Diskussionen als „Diskurs" aufzufassen und diesen mit verschiedenen sprachwissenschaftlichen Methoden zu analysieren. Diskurs wird dabei als Menge aller Äußerungen zu einem gleichen Thema aufgefaßt, die für die Forschung in reflektiert zusammengestellten Textkorpora zugänglich zu machen sind. Am Beispiel des Migrationsdiskurses wird veranschaulicht, wie eine korpusbasierte, empirische Diskurslinguistik begründete Aussagen über die Verwendung von Wörtern machen kann, die die Öffentlichkeit im doppelten Sinne „bewegen", wie die argumentative Funktion öffentlicher Sprachthematisierungen systematisch zu erfassen ist und wie über die Wortschatzanalyse hinaus argumentative Muster öffentlicher Diskurse in ihrem Stellenwert für ein öffentliches
Themenfeld beschrieben werden können. Abschließend werden die bisherige öffentliche Resonanz auf entsprechende linguistische Forschungsergebnisse erörtert sowie die Chancen eines Forschungsansatzes, der einerseits öffentlich interessierende Themen aufgreift und andererseits diese methodisch reflektiert begleitet und analysiert. Insgesamt scheinen hier wie in anderen linguistischen Teilbereichen die Weichen für eine stärker öffentlichkeitsrelevante Linguistik bereits gestellt. Damit beginnt die germanistische Linguistik, aus der „selbstverschuldeten öffentlichen Unmündigkeit" der Germanistik auszubrechen und ihr Themenfeld in der Öffentlichkeit nicht mehr anderen zu überlassen, die weniger seriös arbeiten bzw. deren Kompetenzen andere sind.
This paper presents a compositional annotation scheme to capture the clusivity properties of personal pronouns in context, that is their ability to construct and manage in-groups and out-groups by including/excluding the audience and/or non-speech act participants in reference to groups that also include the speaker. We apply and test our schema on pronoun instances in speeches taken from the German parliament. The speeches cover a time period from 2017-2021 and comprise manual annotations for 3,126 sentences. We achieve high inter-annotator agreement for our new schema, with a Cohen’s κ in the range of 89.7-93.2 and a percentage agreement of > 96%. Our exploratory analysis of in/exclusive pronoun use in the parliamentary setting provides some face validity for our new schema. Finally, we present baseline experiments for automatically predicting clusivity in political debates, with promising results for many referential constellations, yielding an overall 84.9% micro F1 for all pronouns.
Zwischen den Erwartungen und besonderen Bedürfnissen der Auslandsgermanistik und dem, was die germanistische Linguistik zu bieten hat, gibt es auf verschiedenen Gebieten noch erhebliche Diskrepanzen – so lautet die durchaus als Provokation gemeinte Ausgangsthese. Im Bereich Wortschatz und Wörterbücher fehlt es, verglichen mit der anglo-amerikanischen Wörterbuchszene, an umfassenden, korpusbasierten, gegebenenfalls auch elektronisch zugänglichen Wörterbüchern mit durchdachter Mikrostruktur, präzisen und verständlichen grammatischen und semantischen Angaben und reichhaltigem, den heutigen Sprachgebrauch widerspiegelndem Beispielmaterial. An grammatische Handbücher sind folgende Forderungen zu stellen: Konzentration auf relevante, d.h. typische, hochfrequente und kontrastiv-typologisch bedeutsame Erscheinungen, Zuverlässigkeit und Präzision der Angaben durch expliziten Bezug auf eine Textbasis sowie vor allem Verständlichkeit für die Zielgruppe. Weitere Desiderate beziehen sich u.a. auf die zeitgemäße Präsentation des faktischen Sprachgebrauchs und der deutschen Dialekte, speziell auf das Deutsche zugeschnittene Arbeiten zum Spracherwerb und zur Sprachverarbeitung.
Sprachanfragen als authentische Primärdaten bergen Erkenntnispotenziale für eine große Bandbreite linguistischer und transferwissenschaftlicher Forschungsfragen und Methoden. Der Beitrag skizziert diese Potenziale und legt dabei den Fokus auf wissenschaftskommunikative Prozesse im Austausch linguistischer Laien und Experten. Anhand erster Ergebnisse einer empirischen korpusgestützten Untersuchung von ca. 50.000 Sprachanfragen wird skizziert, welche Erkenntnisse aus diesen Daten für die Vermittlung von Sprachwissen in einer zunehmend digitalisierten und vernetzten Gesellschaft gewonnen werden können.
Vorwort
(2022)
Der vorliegende Beitrag untersucht aus interaktionslinguistischer Perspektive, wie Prinzipien deliberativer Demokratie in den Schlichtungsgesprächen zu Stuttgart 21 umgesetzt wurden. Wir konzentrieren uns dabei auf Interventionen, in denen der Schlichter Heiner Geißler die Wahrung von Verständlichkeit und Interessen der Bürger/-innen anmahnt, sowie Verletzungen der Wahrheitsnorm sanktioniert. Wir zeigen, wie Bürger/-innen sowie Normen und Werte rhetorisch als Ressource für das Einhalten von Verfahrensregeln genutzt werden, aber auch den Interessen des Schlichters selbst dienen. Dabei werden die Verfahrenswerte nicht immer einheitlich priorisiert. Die zugrunde liegende politische Diskussion wird zu Gunsten der Durchsetzung des Konstrukts ‚Faktenschlichtung‘ ausgeklammert.
Based on conference reports and minutes, archive material and official documents, the article seeks to explore the way in which the promotion of women’s sports and of women in leadership positions became an important part of the sport policy of two major organizations involved in European sport cooperation: the Council of Europe and the European Sport Conference. During first and modest discussions in the 1960s and 1970s it constituted a rather paternalistic project. Also, it was based on the assumption of an essential difference between men and women concerning the need for participation in sport. This only changed since the beginning of the 1980s when women took the course in their own hands, challenged the underlying assumptions and created new networks of cooperation.