Sprache, Linguistik
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This paper is concerned with relative constructions in non-standard varieties of European languages, which will be analyzed on the basis of three typological parameters (word order, relative element, syntactic role of the relativized item). The validity of claims raised in studies on the areal distribution of relative constructions in Europe will be checked against the results of the analysis, so as to ascertain whether they still hold when non-standard varieties are examined.
Im letzten halben Jahrhundert hat in der formalen Grammatikforschung eine intensive Diskussion über die Natur syntaktischer und lexikalischer Information statt-gefunden. Während die frühe Generative Grammatik der traditionellen Grammatik folgte und konstruktionsspezifische Regeln anerkannte, gibt es seit den achtziger Jahren extreme Formen des Lexikalismus, die die Existenz von Konstruktionen bestreiten. Als Reaktion auf diese Entwicklungen leitete die „Berkeley Construction Grammar“ eine Renaissance der grammatischen Konstruktion ein. Der vorliegende Aufsatz untersucht anhand deutscher Relativsatztypen, ob diese besser rein lexikalisch oder mit Hilfe von Konstruktionen zu analysieren sind. Der Befund ist eindeutig: Die empirischen Daten treiben die rein lexikalische Theorie vor sich her und erweisen sie als unmotiviert und unüberzeugend. Im Gegensatz dazu kann die konstruktionale Theorie mit „intelligenten“ Werkzeugen wie Typen, Untertypen und Vererbung Generalisierungen über deutsche Relativsätze auf allen Ebenen elegant und effizient erfassen. Der Vorschlag Chomskys, Konstruktionen aus der Grammatik zu verbannen, erweist sich somit konzeptuell und empirisch als wissenschaftliche Fehlentscheidung.
Der Beitrag verfolgt zwei Zielsetzungen: eine deskriptive und eine methodologische. Auf der Ebene grammatischer Beschreibung erfolgt eine Analyse der deutschen Relativsatzkonstruktion aus der Gegenüberstellung mit entsprechenden Konstruktionen anderer europäischer Sprachen heraus, insbesondere mit Konstruktionen des Englischen, Französischen, Polnischen und Ungarischen, den Kernkontrastsprachen des Projekts „Grammatik des Deutschen im europäischen Vergleich“. Dabei wird auf die zentralen Projektkonzepte ‘funktionale Domäne’ und ‘Varianzparameter’ rekurriert. Die funktionale Domäne des Relativsatzes wird als Beitrag zu der übergreifenden Funktion nominaler Konstruktionen, nämlich der Referenz, bestimmt und zwar als referentielle Modifikation des begrifflichen Kerns durch einen verankernden Sachverhalt. Von den die Sprachen differenzierenden Parametrisierungen werden drei herausgegriffen und in ihrer Korrelation diskutiert. In methodologischer Hinsicht soll am Beispiel des Relativsatzes gezeigt werden, in welcher Weise typologische Generalisierungen, Kontraste zwischen – in diesem Fall überwiegend nah verwandten bzw. über Sprachkontakte miteinander verbundenen – Sprachen und einzelsprachenspezifische Eigenschaften aufeinander zu beziehen sind, immer im Dienst einer besseren Einsicht in das Funktionieren des Deutschen.
Der vorliegende Aufsatz hat zwei Ziele. Zum einen untersucht er die syntaktische, prosodischinformationsstrukturelle und semantisch-pragmatische Vielfalt adnominaler Relativsätze des Gegenwartsdeutschen anhand von vier Dimensionen der Nähe und Ferne zwischen Bezugsnominale und Relativsatz: Kontaktstellung vs. Distanzstellung, hypotaktischer vs. parataktischer Anknüpfung, unselbständiger vs. selbständiger Phrasierung und Restriktivität vs. Appositivität. In der Relativsatz-Literatur finden sich zahlreiche Thesen über Beschränkungen in der Kombinierbarkeit dieser Eigenschaften. Kaum eine davon hält jedoch einer genaueren Überprüfung stand, sodass der Aufsatz zu dem Fazit gelangt, dass deutsche Relativsätze wesentlich mehr Variation zulassen, als üblicherweise angenommen wird. Zweitens untersucht der Aufsatz eingehender die Opposition zwischen restriktiven und appositiven Relativsätzen. Auch über diese wichtige Unterscheidung sind zahlreiche Annahmen in Umlauf, die sich als revisionsbedürftig erweisen. Es wird gezeigt, dass zwei weit verbreitete Unterscheidungskriterien nur bedingt anwendbar bzw. operationalisierbar sind: die Einschränkung des Referenzbereichs durch restriktive Relativsätze und das unterschiedliche Skopusverhalten. Stattdessen wird auf Unterscheidungskriterien gesetzt, die bisher eher wenig beachtet wurden: die Referentialität des Relativpronomens und die Deskriptivität des Bezugsnominales. Diese werden als entscheidende Faktoren für die semantische Interpretation von Relativsätzen herausgestellt. Appositive Interpretation von Relativsätzen ist möglich, wenn ihr Relativpronomen referentiell gedeutet werden kann. Restriktive Interpretation von Relativsätzen ist möglich, wenn das Bezugsnominale eine deskriptive Komponente enthält. Sind beide Bedingungen erfüllt, so kann ein Relativsatz auf beide Arten gelesen werden. Dann muss pragmatisch zwischen den Interpretationsmöglichkeiten ausgewählt werden.