Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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Am Beispiel des an der Universität Oslo entwickelten Oslo Multilingual Corpus (OMC) wird illustriert, wie ein Parallelkorpus aus Originaltexten und deren Übersetzungen zur sprachvergleichenden Erforschung von Phänomenen der Satzverbindung und der Informationsverteilung auf Satz- und Textebene eingesetzt werden kann. Nach einer Skizze der OMC-Architektur wird eine Untersuchung von Satzverknüpfungen mit dem komitativen Konnektor „wobei“ und deren Entsprechungen in norwegischen Übersetzungen und Originaltexten vorgestellt, die dazu beiträgt, Bedeutungsfacetten dieses Konnektors aufzuzeigen, die in rein intralingualen Studien nicht so einfach zu erkennen sind, und dadurch einen besseren und systematischeren Einblick in die angewandten Übersetzungsstrategien gibt. Als zweites Einsatzbeispiel wird eine explorative Untersuchung zur Elaborierung von Ereignisbeschreibungen vorgestellt, die deutsche, norwegische, englische und französische Entsprechungen von „mit“-Konstruktionen (sog. „Sätzchen“) als Ausgangspunkt nimmt. Beide Studien illustrieren, dass ein Parallelkorpus auch ohne komplexe Annotierungen nicht nur für wort-basierte quantitative Untersuchungen verwertet werden, sondern auch im Zuge weniger zielgerichteter, eher qualitativ angelegter Studien als „Augenöffner“ für komplexe linguistische Phänomene dienen kann.
Materialgrundlage dieses Beitrags ist ein Gespräch mit einer jungen Polin deutsch-polnischer Herkunft über ihre biographischen Erfahrungen in Polen. Diese Erfahrungen sind geprägt durch das Leiden unter einer Mehrkulturalität, bei der die beteiligten Kulturen eine durch Krieg, Vertreibung und Vernichtung bestimmte gemeinsame Geschichte und aufgrund der Verbrechen der NS-Zeit und der Verfolgung der Deutschen im Polen der Nachkriegszeit eine von Haß und Feindseligkeit geprägte Beziehung zueinander entwickelt haben. Bei der Darstellung ihrer biographischen Entwicklung zeigt die Informantin in exemplarischer Weise die Probleme auf, die mit der Ausbildung einer ethnisch-kulturellen Identität unter solchen Bedingungen verbunden sind und die eine eindeutige kulturelle Selbstdefinition verhindern.
Über ihre problembelastete Erfahrung und die daraus entwickelte ambivalente Haltung den Deutschen gegenüber spricht die Informantin über weite Strecken nicht direkt und explizit, sondern andeutungsweise und ‘verschleiernd’. Ziel der Analyse ist es, die komplexe Selbstverortung der Informantin zu rekonstruieren und die Formulierungsverfahren zu beschreiben, die sie verwendet, um einerseits die Bedeutung der ‘versteckten’ Hintergründe für ihre biographische Entwicklung plausibel zu machen und um andererseits beide Gesprächspartnerinnen vor einer „Face“-bedrohenden Aktivierung des problematischen interkulturellen Potentials zu schützen. Der Fall ist ein gutes Beispiel dafür, wie man über belastende Erfahrungen sprechen kann unter Gesprächsbedingungen, für die ein Aspekt dieser Erfahrungen konstitutiv ist.
Einführende Bemerkungen
(1974)
Einführung in die Bände
(2002)
Einführung in die Bände
(2002)
Einführung in die Bände
(1999)
Einführung in die Bände
(1999)
Einigendes Band zerfasert?
(1991)
Einleitung
(1985)
Einleitung
(2002)
Einleitung
(1997)
Einleitung
(2008)
Einleitung
(2022)
Einleitung
(2022)
Entnazifizierung wird fur die Kommunikationsbereiche Zeitkritik / Parteien / Kirche, Administration / Justiz sowie im Zusammenhang mit Spruchkammerverfahren beschrieben und als Teil einer Text-, Begriffs- und Mentalitatsgeschichte verstanden. Die Geschichte der Entnazifizierung ist im wesentlichen Schuldgeschichte, so da!3 sich deren sprachlicher Ausdruck als Teil der deutschen Sprachgeschichte als Begriffsgeschichte darstellt. Intellektualisierung, Instrumentalisierung, sprachlicher Eskapismus und Auflosung sind Merkmale des Schulddiskurses, zu denken auf einer Zeitachse von 1945 bis etwa 1955. Die Untersuchung zeigt, dass der Schuldbegriff in drei Einzelbedeutungen - festgelegt von Philosophic / Kirche / Parteien, von der Administration und Justiz und von den Tatern - zerlegt bleibt. Der entleerte Schuldbegriff der Tater dominiert die offentliche Wahmehmung, und insofern das Befreiungsgesetz hierfiir die Voraussetzungen schafft, ist dieses als Teil der deutschen Sprachgeschichte zu beschreiben.
Eurolatein
(1996)
Eurolinguistik am Beispiel des Atlas Linguarum Europae. Methodologische Ansätze und Perspektiven
(2003)
Die Aufbauprinzipien europäischer Possessionssysteme basieren viel öfter als gemeinhin angenommen auf gespaltener Possession. Dieses im Deutschen nicht prominente Phänomen wird anhand von Daten aus ausgewählten Beispielsprachen als in Europa durchaus etablierte Erscheinung vorgestellt. Die mit ihm verbundenen semantischen und morphosyntaktischen Aspekte werden anhand von qualitativen Korpusdaten diskutiert. Die Restriktionen, denen sie unterliegen, sind ebenfalls Gegenstand der Diskussion. In den Schlussfolgerungen wird dafür plädiert, künftig der Possession bei vergleichenden Studien zu europäischen Sprachen mehr Beachtung zu schenken.
Europäische Hochsprachen in der Klemme. Zwischen globalem Englisch, Dialekten und Regionalsprachen
(2008)
Starting from declarations of the EU, the value of European languages and their diversity according to their different territorial, social, and legal extensions are discussed. The Standard varieties of the various languages are emphasized as being especially important for national and European language policies and for individual language cultivation. They contributed and may continue to contribute more than other language varieties to the cultural wealth of Europe. On the other hand, their development is especially impaired by the increasing use of ‘global' English. The increasing tendency toward a diaglossia (English plus one other language) and the use of languages within the institutions of the EU are discussed. In conclusion, it is argued that although tolerance is necessary, it is not sufficient for a thriving further development of the European linguistic diversity.
In diesem Beitrag wird der in den vorliegenden zwei Bänden häufig verwendete Terminus ›Exklusion‹ systematisch und empirisch fundiert als akteursdifferenziertes Beschreibungselement interpretiert. Diese Akteursdifferenzierung(nach NS-Apparat, NS-affin, ausgeschlossen) bedeutet, Exklusion im Sinn einer sprachlich-kommunikativen Praktik bzw. Strategie und unter der Voraussetzung, dass wir es hinsichtlich der entsprechenden sprachlichen Realisate mit Identitätszu- und -abschreibungen zu tun haben, als Identitätsmanagement in den drei Handlungsperspektiven zu beschreiben.
In den letzten Jahren entwickelten sich in vielen europäischen Großstädten unter Jugendlichen der 2. und 3. Migrantengeneration ethnolektale Formen des Deutschen. Sie sind charakteristisch für multilinguale Kontexte, in denen Sprecher unterschiedlicher Herkunftssprachen die regionale Umgangssprache des Landes, in dem sie leben, als lingua franca benutzen. Die neuen Formen haben große Überschneidungsbereiche mit den regionalen Varietäten, unterscheiden sich aber prosodisch- phonetisch, lexikalisch und morphosyntaktisch. Meist werden sie nur in bestimmten Kontexten verwendet, und die Sprecher wechseln virtuos zwischen regionalen Varietäten, Herkunftsvarietäten, sprachlichen Mischungen und ethnolektalen Formen.
Auf der Basis von drei ethnografischen Fallstudien in Mannheim wird gezeigt, wie die von den Migrantenjugendlichen entwickelten ethnolektalen Formen aussehen und zu welchen Zwecken die Jugendlichen sie verwenden. Die Jugendlichen haben ein weites Sprachrepertoire, verfugen über ethnolektale sowie standardnahe Formen und nutzen die Differenz zwischen beiden als kommunikative Ressource.
Formen und Funktionen von Ethnolekten in multilingualen Lebenswelten - am Beispiel von Mannheim
(2007)
In her overview, Margret Selting makes the case for the claim that dealing with authentic conversation necessarily lies at the heart of an interactionallinguistic approach to prosody (see Selting this volume, Section 3.3). However, collecting and transcribing corpora of authentic interaction is a time-consuming enterprise. This fact often severely restricts what the individual researcher is able to do in terms of analysis within the scope of his or her resources. Still, for dealing with many of the desiderata Margret Selting points out in Section 5 of her extensive overview, the use of larger corpora seems to be required. In this commenting paper, I want to argue that future progress in research on prosody in interaction will essentially rest on the availability and use of large public corpora. After reviewing arguments for and against the use of public corpora, I will discuss some upshots regarding corpus design and issues of transcription of public corpora.
Führer
(2022)
Die folgende Analyse trägt der Zentralität des Führerkonzepts während des Nationalsozialismus Rechnung und skizziert – orientiert an der leitenden Akteurseinteilung in zentrale Repräsentanten des NS-Apparats, verschiedene Akteursgruppen der integrierten Gesellschaft und der Ausgeschlossenen sowie Akteure des Widerstands – ein differenziertes Bild des zeitgenössischen Sprachgebrauchs und der unterschiedlichen Verwendungsweisen des Führerkonzepts. Führer wird als nationalsozialistisches Leitkonzept konturiert, das eng mit weiteren Leitkonzepten wie Volk, Nation und Reich verknüpft war. Es besaß einerseits hohe integrative und affektive Kraft, diente andererseits – auf Seiten der Ausgeschlossenen, Dissidenten und des Widerstands – als Einsatzpunkt von Distanzierung und Kritik.
Dieser Beitrag behandelt aufwändige Formen von Voraussetzungssicherung im Gespräch, bei denen ein Beteiligter die vorausgehende oder laufende Äußerung eines anderen Beteiligten zum Anlass nimmt, um einzugreifen und in einer expandierten Form aus Sprechersicht für die gegenwärtige Interaktion grundlegende Voraussetzungen zu klären. Charakteristisch für die Auffälligkeit des Vorgangs ist, dass das Eingreifen die Aktivitätsprogression im Gespräch suspendiert, bis die für das weitere gemeinsame Handeln notwendig erscheinenden Voraussetzungen geklärt und akzeptiert sind.
GAIS – GesprächsAnalytisches InformationsSystem. Ein hypermediales Lernsystem zur Gesprächsforschung
(2002)
Der vorliegende Beitrag stellt das vom BMBF geförderte Projekt GAIS (GesprächsAnalytisches InformationsSystem) vor, welches am Institut für Deutsche Sprache (IDS) entwickelt wird. GAIS ist ein hypermediales und didaktisch aufbereitetes Lernsystem zur Gesprächsanalyse für Einsteiger und Experten. Durch die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade ist es sowohl für Lehrende als auch für Lernende konzipiert. GAIS bietet eine Plattform, die Theorie, Praxis, Beispiele, Links, Anwendungen und Literatur zur Gesprächsforschung bündelt. Nutzer können diese Informationen rezipieren, ihre Kenntnisse überprüfen und mit technischen Werkzeugen eigene Analysen erstellen.
Gegenstand des nachfolgenden Beitrags sind emotionale Positionierungen. Auf der Grundlage dieser Egodokumente, die 1934 entstanden sind und die von den Jahren vom Ersten Weltkrieg bis zum Jahr 1934, mit der Kernzeit der Weimarer Republik, erzählen, wird nach der Funktion von Gefühlsthematisierungen gefragt. Dabei wird vorausgesetzt, dass gerade in der sogenannten »Bewegungsphase« der NSDAP, der Phase des Aufstiegs zwischen Mitte der 1920er Jahre bis zur Machtübergabe 1933, bei aller Politisierung der Akteure dennoch Emotion und Affekt von großer, den Nationalsozialismus stabilisierender Bedeutung waren. Der nachfolgende emotionsgeschichtlich orientierte Versuch wird also auf der Grundlage retrospektiver sprachlicher Konstituierungen seitens der NSDAP-Mitglieder nach 1933 rekonstruiert. Sie formulieren diese Retrospektiven nach dem aus ihrer Sicht erfolgreichen Ende des »Kampfes«.
Um die mit dem Ausdruck Volksgemeinschaft gegebene Handlungsanleitung auf sprachlicher Ebene nachzuzeichnen und in diesem Zusammenhang auch die Dynamik des Gemeinschaftsbegriffs zwischen 1933 und 1945 einzufangen, beschreiten wir methodisch den Weg, die Kotextprofile über die morphosyntaktische Einbettung und damit über die Kontextualisierung des Ausdrucks zu erfassen. Akteursbezogen werden dabei diejenigen Handlungsmuster relevant, in denen das Konzept der Volksgemeinschaft besprochen, behauptet oder beschworen wird. Aufgrund der semantischen Polyvalenz der Wortbildung Volksgemeinschaft und ihrer hohen Reichweite in alle gesellschaftliche Bereiche wird für eine textnahe Interpretation erhoben, zu welchen Themenbereichen die unter dem Gemeinschaftsgedanken verhandelten Gegenstände gehören (z. B. Sport, Architektur, Fahrten etc.), aber auch, wie sich der einzelne oder das Kollektiv in diese Wissens- und Handlungsfelder einschreiben.
Um das Thema Gendern oder geschlechtergerechte Sprache hat sich eine hitzige gesellschaftliche Debatte entwickelt. Seit Anfang des Jahres ist die Diskussion um geschlechtergerechte Sprache medial wieder besonders präsent. Anlass ist u.a. die Überarbeitung der Bedeutungsbeschreibungen im Duden online. Vor kurzem widmete sogar Der Spiegel dem Thema den Hefttitel und einen Leitartikel (vgl. Bohr et al. 2021). Allerdings erschöpft sich die Diskussion leicht in Pro- und Kontra-Positionen, dabei gibt es eine ganze Bandbreite von Aspekten rund um das Thema ‚geschlechtergerechte Sprache‘ zu betrachten, die eine differenziertere Diskussion ermöglichen können. Ziel dieses Beitrags ist es, einige dieser Aspekte knapp und möglichst verständlich in die Debatte einzubringen.
Im Kontext des Essens und seiner Zubereitung, der Speisen und ihres Verzehrs, akzentuiert das Wort Gericht, dass es sich bei der gesellschaftlich üblichen Form von Nahrungsaufnahme um eine spezifisch ausgeformte soziale Praxis handelt. In diesem Handlungs- und Interpretationskontext wird mit dem Wort Gericht hervorgehoben, dass eine auf bestimmte Weise zubereitete („zugerichtete“) Speise als relevanter Teil einer Mahlzeit zu gelten hat. Wie bei solchen Alltagspraktiken nicht unüblich, ist die Verwendung dieses Worts nicht scharf von anderen Benennungen in diesem Kontext zu trennen, von denen die Praktiken des Essens nicht so sehr über die „Zurichtung“, sondern z.B. über die Abfolge (z.B. Hauptspeise, Gang usw.) geleistet werden. Allerdings ist mit dem Angerichtetsein, das im Wort Gericht steckt, doch auch immer seine Angemessenheit angedeutet, etwas, was es mit dem gleichlautenden juristischen Wort verbindet – und zu mancherlei textueller Verbindung führt.
The research project “German Today” aims to determine the amount of regional variation in (near-)standard German spoken by young and older educated adults and to identify and locate regional features. To this end, we compile an areally extensive corpus of read and spontaneous German speech. Secondary school students and 50-to-60-year-old locals are recorded in 160 cities throughout the German speaking area of Europe. All participants read a number of short texts and a word list, name pictures, translate words and sentences from English, answer questions in a sociobiographic interview, and take part in a map task experiment. The resulting corpus comprises over 1000 hours of speech, which is transcribed orthographically. Automatically derived broad phonetic transcriptions, selective manual narrow phonetic transcriptions, and variationalist annotations are added. Focussing on phonetic variation we aim to show to what extent national or regional standards exist in spoken German. Furthermore, the linguistic variation due to different contextual styles (read vs. spontaneous speech) shall be analysed. Finally, the corpus enables us to investigate whether linguistic change has occurred in spoken (near-)standard German.
Die nachfolgende Konzeptbeschreibung ist ein Beitrag zur »linguistischen Anthropologie« (vgl. den so betitelten Aufsatz von Fritz Hermanns 1994) zur Zeit des Nationalsozialismus. Es geht um »sprachgeprägte Menschenbilder« (Hermanns 1994: 37). Wir rekonstruieren Zuschreibungen von »Eigenschaften und Verhaltensweisen« (ebd., auch 46). Es handelt sich im Sinn sprachlicher Praktiken um Stereotypisierungen, die sich durch die Kontextualisierung von »kategoriengebundenen Merkmalen« (vgl. Stocker 2005: 74–81) und Geschlechts- bzw. Generationenbezeichnungen ausdrücken.
In meinem Beitrag benenne ich fünf Gründe, warum die gesprochene Sprache im DaF-Unterricht, aber auch generell in der Sprachwissenschaft im Hintergrund steht und ein sperriger, schwer zu handhabender Gegenstand ist (Abschnitt 2). Sodann charakterisiere ich zwei unterschiedliche Positionen zum Ausmaß der Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache und beschreibe einige zentrale Unterschiede (Abschnitt 3). Abschließend formuliere ich einige Konsequenzen, die sich hieraus für den Fremdsprachen- und DaF-Unterricht ergeben, und plädiere dafür, sich die Schwierigkeiten, die mit einer Berücksichtigung der gesprochenen Sprache verbunden sind, bewusst zu machen und sich ihnen zu stellen, denn gesprochene Sprache ist meines Erachtens ein unverzichtbarer Bestandteil des fremdsprachlichen Unterrichts (Abschnitt 4).
In literalen Gesellschaften umfasst das Sprachvermögen sowohl das Sprechen wie auch das Schreiben. Dies gilt für die Muttersprache ebenso wie für Fremdsprachen. Sprechen und Schreiben sind dabei recht unterschiedliche Tätigkeiten, so dass zu erwarten wäre, dass sie im Fremdsprachen- wie auch im DaF-Unterricht zu gleichen Anteilen berücksichtigt werden. Die Unterrichtspraxis zeigt jedoch, dass die Schriftsprache dominant vertreten ist und die gesprochene Sprache ein Schattendasein führt. In diesem Beitrag benenne ich fünf Gründe, warum die gesprochene Sprache in dieser Weise im Hintergrund steht und ein sperriger, schwer zu handhabender Gegenstand ist (Abschnitt 2). Im Anschluss versuche ich zu verdeutlichen, wie weitreichend die Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache sind (Abschnitt 3). Abschließend formuliere ich einige Konsequenzen, die sich hieraus für den Fremdsprachen- und DaF-Unterricht ergeben, und plädiere dafür, sich die Schwierigkeiten, die mit einer Berücksichtigung der gesprochenen Sprache verbunden sind, bewusst zu machen und sich ihnen zu stellen, denn gesprochene Sprache ist m.E.ein unverzichtbarer Bestandteil des fremdsprachlichen Unterrichts.
In recent decades, the investigation of spoken language has become increasingly important in linguistic research. However, the spoken word is a fleeting phenomenon which is difficult to analyse and which requires an elaborate process of examination and appraisal. The Institute for the German Language (Institut für Deutsche Sprache) has the largest collection of recordings of spoken German, the German Speech Archive (Deutsches Spracharchiv [DSAv]). Up to now, the inadequate processing and accessibility of the valuable material held by the DSAv has been regarded as its major shortcoming. A solution to this problem is at hand now that a start has been made with the systematic modernization of the DSAv and, in particular, with the digitalization of its material. In recent years, we have been able to systematically exploit the unique opportunities provided by a new and easier form of access to the spoken language via the recorded sound signal, which can be realized digitally in the computer, and its linkage to the corresponding texts and documentary data. Through the integration of the existing data about the corpora and of the written versions of the texts into an information and full text database and through the linking of these data with the acoustic signal itself, it is now possible for us to construct a data pool which allows a better documentation of the material and provides rapid internal and external access to the sound recordings. Processed in such a way, the material of the German Speech Archive can now be regarded as having been saved for posterity. As a result, entirely new areas of inquiry and entirely new research perspectives have been opened up. This is true both for the work of the Institute itself and for linguistic research in German as a whole.
Gesprächstraining
(2004)
Gesprächstraining
(2007)
Gesprächstraining
(2011)
Glasnost
(2003)
Anhand einer Auswahl historischer Reden je dreier prominenter Deutscher und Polen wird eine signalphonetisch gestützte sprachvergleichende Analyse der glottalen Markierung vokalinitialer Wörter durchgeführt.
Generell erweist sich die glottale Markierung als variabel entlang eines Kontinuums zwischen einem echten glottalen Verschlusslaut (harter Stimmeinsatz) des Initialvokals über zeitlich nicht exakt koordinierte Glottalisierungen (Knarrstimme) und leichte Reflexe im Grundfrequenzverlauf bis hin zum völligen Fehlen einer Markierung.
Insgesamt zeigen sich im Polnischen gegenüber dem Deutschen seltener glottale Markierungen sowie eine sprachübergreifende schwache Abhängigkeit der Markierungshäufigkeit vom Sprechtempo (weniger bei Sprechtempoerhöhung).
Die Auftretenshäufigkeit glottaler Markierung wird sprachabhängig zudem durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst: Für das Deutsche zeigen sich signifikante Einflüsse sowohl des Worttyps (Inhaltswörter mit häufigerer Markierung gegenüber Funktionswörtern) als auch der Betonung (betonte Silben mit häufigerer Markierung gegenüber unbetonten), während im Polnischen hier kein Einfluss sichtbar ist. Dafür zeigt das Polnische gegenüber dem Deutschen einen signifikanten Einfluss der Position innerhalb der Phrase (häufigere glottale Markierung in phraseninitialen im Gegensatz zu phrasenmedialen Wörtern). Diese sprachspezifischen Unterschiede können mit den prosodischen Charakteristika beider Sprachen Zusammenhängen. Im Unterschied zum Deutschen mit einem freien Wortakzent fällt dieser im Polnischen auf die Penultima, ist somit vorhersagbar und bedarf demzufolge keiner zusätzlichen glottalen Markierung im Sprachsignal.
Beide Sprachen hingegen zeigen übereinstimmend einen klar ausgeprägten Effekt der Vokalhöhe auf das Auftreten der glottalen Markierung (tiefe Vokale > mittlere Vokale > hohe Vokale).
Im Beitrag werden die Methodologie und die Ziele eines Projekts vorgestellt, das anstrebt, auf der Grundlage eines breiten Korpus von Texten aus allen Ländern und Regionen des zusammenhängenden deutschen Sprachgebiets die Variation in der Grammatik der geschriebenen deutschen Standardsprache zu erfassen, in einem Handbuch zu dokumentieren und damit eine Basis sowohl für Grammatiken als auch für weitergehende grammatische Untersuchungen zu schaffen. Nach einleitenden Bemerkungen zum Projekt und zu der Frage, in welcher Relation die geplante „Variantengrammatik des Standarddeutschen“ zum bereits erhältlichen „Variantenwörterbuch des Deutschen“ von Ammon et al. (2004) steht, folgt ein Forschungsüberblick zur grammatischen Variation in der Standardsprache. Dann werden Beispiele für grammatische Variabilität in verschiedenen Phänomenbereichen gegeben, und es wird anhand von zwei Fallbeispielen gezeigt, wie eine grammatische Beschreibung dieser Phänomene aussehen kann. Um Angaben zur arealen Distribution grammatischer Varianten machen zu können, wird den Analysen ein Korpus zugrunde gelegt, das sich auf den geschriebenen Standard beschränkt und darunter den Sprachgebrauch in der Presse fasst. Das Korpus, das als Basis für die Erstellung der geplanten Variantengrammatik dient, wird im Beitrag kurz vorgestellt, außerdem wird erläutert, welche Zielsetzungen mit einer solchen Grammatik verbunden sind.
Hochsprache und Sprachnorm. Kritische Bemerkungen zu einer sprachwissenschaftlichen Verfahrensweise
(1971)
Dieses aus zwei Teilbänden bestehende Werk folgt der Leitidee einer sprachlichen Sozialgeschichte des Nationalsozialismus. Berücksichtigt werden jeweils ebenso die sprachlich-kommunikativen Praktiken des NS-Apparats und der NS-Affinen wie der Ausgeschlossenen und Widerstandsmitglieder vor dem Hintergrund relevanter Diskurse. Der Schwerpunkt in diesem ersten Teilband liegt auf der Beschreibung der Praktiken, die kennzeichnend sind für das kommunikative Verhalten im Nationalsozialismus, insbesondere die Praktik der Inklusion/Exklusion zur Herstellung von Gemeinschaft, ebenso wie situationsspezifische Formen des Agierens (wie z.B. sich beschweren) und Interagierens (wie z.B. im Zuge des Prozesses gegen die Widerstandskämpfer des 20. Juli).
Dieses aus zwei Teilbänden bestehende Werk folgt der Leitidee einer sprachlichen Sozialgeschichte des Nationalsozialismus. Berücksichtigt werden jeweils ebenso die sprachlich-kommunikativen Praktiken des NS-Apparats und der NS-Affinen wie der Ausgeschlossenen und Widerstandsmitglieder vor dem Hintergrund relevanter Diskurse. Der Schwerpunkt in diesem zweiten Teilband liegt auf der Darstellung der Nutzung einiger zentraler Kommunikationsformen/Textsorten (Tagebuch, Brief, Postkarte, Denk- und Flugschrift, Rede) und der Frage danach, wie Texttraditionen modifiziert werden. Hier werden Diskursverdichtungen (›Arbeit‹, ›Blut‹, ›Freiheit‹ u.a.m) aufbereitet, die das Denken, Fühlen, Sollen und Wollen der NS-Zeit ideologisch bestimmten.
Der Beitrag untersucht die Praxis der Sprach- und Kommunikationsbewertung in betrieblichen Kommunikationstrainings. Wesentliches Ziel dieser Kommunikationstrainings ist die Veränderung des beruflichen Gesprächsverhaltens der Teilnehmerinnen auf der Grundlage von Gesprächssimulationen. Der Beitrag betrachtet damit einen Bereich, für den Sprach- und Kommunikationsberatung konstitutiv ist, der aber in seiner normierenden Praxis bisher kaum beachtet und analysiert wurde.
Nach einer genaueren Charakterisierung der Grundlagen und Arbeitsweise der untersuchten Kommunikationstrainings (Abschnitt2) wird an drei Beispielen aus dem empirischen Material gezeigt, wie Kritik am Kommunikationsverhalten erfolgt, sowie das zugrundeliegende Monierungsschema herausgearbeitet (Abschnitt3). Abschnitt 4 vertieft diese Analysen: Zunächst wird der Mechanismus beschrieben, auf dessen Grundlage kommunikative Probleme identifiziert werden (4.1), um dann die Normen zu untersuchen, die in diesem Prozeß eine Rolle spielen (4.2), und den Bewertungscharakter der Monita herauszustellen (4.3). Diese Analysen ermöglichen es dann, die impliziten Auflassungen von Kommunikation zu rekonstruieren, die dem Training zugrundeliegen (4.4). Den Abschluß bilden Überlegungen, in welchen Punkten sich eine diskusanalytisch fundierte Kommunikationsberatung von den hier untersuchten Trainings unterscheidet (Abschnitt5).
Instrumente für die Arbeit mit Korpora gesprochener Sprache. Text-Ton-Alignment und COSMAS II
(2000)
Intensivinterview
(1982)
Interaktion und Medien
(2017)
Following a welcome in Lithuanian and English to the guests and members on the occa- sion of the 10"’ anniversary of EFNIL, the history of this European language Organization is sketched. A brief survey of the sociolinguistic themes treated at previous Conferences and the state of the inajor projects is given, followed by an introduction (in German) to the general topic of the present Conference. The importance that translation and interpretation have for European language diversity and the individual national languages beside foreign language education of all Europeans is being stressed.
Kampf
(2022)
In darauf aufbauender, aber auch sich davon differenzierender Art und Weise, findet das Konzept Kampf ebenso im politischen Diskurs des Nationalsozialismus Anwendung. Während im Zweiten Weltkrieg vor allem die Bedeutung von ›Kampf als Gefecht‹ im militärischen Kontext hervorgebracht wurde, sind die Verwendungen von ›Kampf als Bemühung‹, ›Kampf als Engagement‹ bis hin zu ›Kampf als Heroismus‹ (vgl. Klemperer 2018: 13), verknüpft mit ›Kampf als Kontroverse‹, vordergründig für das Verständnis der politischen Bedeutung des Kampfkonzepts im Nationalsozialismus. Im Folgenden werden nach einer einführenden begriffsgeschichtlichen Betrachtung ausgehend von diskursiv realisierten Wortformen der Lexeme Kampf und kämpfen konzeptkonstituierende Gebrauchsweisen für die verschiedenen Akteursklassen NS-Apparat, integrierte Gesellschaft, Ausgeschlossene und Widerstand dargelegt.
Unterschiedliche Auffassungen von Kommunikation haben auch unterschiedliche Konzepte zur Veränderung von Kommunikationsverhalten zur Folge. An Beispielen aus betrieblichen Kommunikationstrainings wird herausgearbeitet, wie im Rahmen von Übungsgesprächen problematische Aspekte im Kommunikationsverhalten der Teilnehmer identifiziert und bearbeitet werden und welche Konzeptualisierung von Kommunikation diesen Monita zugrunde liegt. Die Analyse führt auf drei zentrale Schwachstellen dieser Trainings: das Explikations-, das Konzeptualisierungs- und das Umsetzungsproblem. Anhand dieser drei Probleme wird dargestellt, welche anderen Lösungen eine gesprächsanalytisch fundierte Form von Kommunikationsschulung anzubieten hat.
Unterschiedliche Auffassungen von Kommunikation haben auch unterschiedliche Konzepte zur Veränderung von Kommunikationsverhalten zur Folge. An Beispielen aus betrieblichen Kommunikationstrainings wird herausgearbeitet, wie im Rahmen von Übungsgesprächen problematische Aspekte im Kommunikationsverhalten der Teilnehmer identifiziert und bearbeitet werden und welche Konzeptualisierung von Kommunikation diesen Monita zugrunde liegt. Die Analyse führt auf drei zentrale Schwachstellen dieser Trainings: das Explikations-, das Konzeptualisierungs- und das Umsetzungsproblem. Anhand dieser drei Probleme wird dargestellt, welche anderen Lösungen eine gesprächsanalytisch fundierte Form von Kommunikationsschulung anzubieten hat.
Klatsch und Tratsch als lustvolles Gruppenerlebnis. Eine ethnographisch-soziolinguistische Studie
(2001)
Die Kommunikation älterer Menschen (untereinander wie mit jüngeren) ist in der sprachwissenschaftlichen Forschung der Bundesrepublik ein sträflich vernachlässigtes Feld (Abschnitt 1). Zunächst werden drei verschiedene alltagsweltliche Konzepte von Alter vorgestellt (Abschnitt 2). Auf der Grundlage der Analyse authentischer Aufzeichnungen versucht der Beitrag dann, einige der Besonderheiten des Kommunikationsverhaltens älterer Menschen exemplarisch zu veranschaulichen, und er stellt die Frage, ob sich diese Besonderheiten als ein eigenständiger Kommunikationsstil auffassen lassen (Abschnitt 3). In methodologischer Hinsicht charakterisiert der Beitrag drei verschiedene Zugänge zur Erfassung altersspezifischer Phänomene: die Erfassung spezifischer Phänomene in Listenform, die Rekonstruktion der Verfahren zur interaktiven Konstitution und Akzentuierung von Alter und letztlich die Herleitung altersspezifischer Phänomene im Kommunikationsverhalten aus den Veränderungen der sozialen Lebenssituation im Alter (Abschnitt 4). Die beiden letztgenannten Zugänge werden durch empirische Analysen exemplifiziert (Abschnitt 5.2 und 5.3). Zuvor (Abschnitt 5.1) werden noch vier verschiedene typische Konstellationen unterschieden, in denen alte Menschen kommunizieren.
Der Beitrag verdeutlicht am Beispiel eines bestimmten Gesprächstyps - Reklamationsgesprächen -, welche Möglichkeiten die angewandte Diskursforschung zu seiner Analyse hat und wie entsprechende Untersuchungsergebnisse für Trainings fruchtbar gemacht werden können. Speziell wird gezeigt, wie die in Reklamationen auftretenden Kommunikationsprobleme den Aufgaben eines zugrundeliegenden Handlungsschemas zugeordnet werden können und welche Möglichkeiten zur sprachlich-kommunikativen Bewältigung dieser Aufgaben bestehen.
Der Beitrag verdeutlicht am Beispiel eines bestimmten Gesprächstyps – Reklamationsgesprächen –, welche Möglichkeiten die angewandte Diskursforschung zu seiner Analyse hat und wie entsprechende Untersuchungsergebnisse für Trainings fruchtbar gemacht werden können. Speziell wird gezeigt, wie die in Reklamationen auftretenden Kommunikationsprobleme den Aufgaben eines zugrundeliegenden Handlungsschemas zugeordnet werden können und welche Möglichkeiten zur sprachlich-kommunikativen Bewältigung dieser Aufgaben bestehen.