Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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Die Behandlung der Euro-Krise in der deutschen Presse ist typisch für die Art und Weise, wie sich die Beschreibung komplexer Phänomene der Wirtschaft im letzten Jahrzehnt entwickelt hat: Fachberichte schwinden allmählich zugunsten von neuen Erzählformen, in denen rhetorische Figuren die Oberhand gewinnen. Darunter sind vor allem Metaphern zu finden, die hauptsächlich konventioneller Natur sind, aber auch gern kreativ fortgesetzt werden. Sie spielen meist eine zentrale Rolle auf der Textebene, indem sie wesentlich zur Kohärenz eines Abschnitts bzw. eines ganzen Artikels beitragen. Diese innovativen Kommunikationsformen mögen zwar das Interesse des breiten Publikums an wirtschaftlichen Debatten wecken, aber sie führen oft zu einer groben Vereinfachung, die den technischen Aspekt der Euro-Krise völlig beiseite lässt. Außerdem sind die benutzten Bilder in der Regel sehr negativ gefärbt, was die Angst der Öffentlichkeit vor einem weltweiten Zusammenbruch der Finanzmärkte sicherlich noch verstärkt und dem Vertrauen der Bürger in Europa nicht gerade dient. Die Vorliebe der Massenmedien für düstere Szenarien enthüllt somit eine bewusste Strategie der Dramatisierung, die immer mehr zum „Storytelling“ tendiert.
Im folgenden Beitrag, der im Bereich der Politolinguistik und der Diskursanalyse angesiedelt ist, wird auf der Grundlage der deutschen Berichterstattung des Sommers 2015 die brisante Problematik der griechischen Euro-Währungskrise, die das ganze Europa wochenlang in Atem hält, unter die Lupe genommen. Die Debatte über die bis dahin „schwerste Krise der europäischen Integration" verläuft als äußerst emotional geführter gesamteuropäischer Meinungsaustausch. Obwohl man annehmen könnte, dass die nervenaufreibenden Auseinandersetzungen über die Euro-Währungskrise eigentlich nur auf Staaten der Euro-Zone begrenzt sein sollten, beweist die europäische Berichterstattung, dass man in der heutigen EU nicht mehr aus der Beobachter-, sondern eigentlich aus der Teilnehmerperspektive berichtet, weil die Probleme eines Landes genauso Schwierigkeiten für andere, die sogar selbst nicht unbedingt in der Euro-Zone sein müssen, bedeuten können. Im Jahr 2015 wird die griechische Euro-Krise zum Auslöser für Fragen nach der Zukunft Europas. Sie betreffen in erster Linie die Problematik der weiteren Integration und der europäischen Identität.
Reden über Geld
(2017)