Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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Durch die gewachsene Bedeutung der Psychoonkologie ist das Themenfeld der Krankheitsverarbeitung (Coping) vermehrt in das Blickfeld der Forschung gerückt. Gleichzeitig entstehen im Web 2.0 neue digitale Formen der intermedialen narrativen Repräsentation von Krankheit, Leid und Krankheitsbewältigung (Cybercoping), wodurch sich für Betroffene neue Möglichkeiten eröffnen, eine Erkrankung durch medienvermittelte Kommunikation und Vergemeinschaftung zu bewältigen und sich eine soziale Identität als chronisch Kranke zu verleihen (vgl. Deppermann 2018). Der Beitrag präsentiert auf theoretischer Basis der Copingforschung sowie der Gesprächsforschung zu narrativer Identitätsbildung eruierte Copingstrategien in Krankheitsnarrativen von Krebspatientinnen und -patienten. Coping wird als kommunikativer Prozess verstanden, der sich in Sprachhandlungen widerspiegelt. Das Untersuchungsmaterial bilden autobiografische Erzählungen in Internetvideos, öffentlich geteilt von zwanzig Betroffenen auf der Social-Media-Plattform YouTube. Copingmechanismen werden in den untersuchten Narrativen in Form von emotionsgeladenen Sprachäußerungen und humoristisch bzw. ironisch gefärbten Sprachhandlungen zur Emotionsregulierung und Entlastung sowie in Gestalt von metaphorischen Deutungsmustern und Personifizierungen der (Tumor-)Erkrankung angezeigt. In den Sprachhandlungen der Erzählenden wird aktives problemorientiertes Coping durch sich selbst und die Community aktivierende Sprache, eine häufig agentivische Selbstdarstellung und -positionierung der Betroffenen und eine durch Positivierung und Neubewertung sinnstiftende Kohärenz sichtbar.
Coronaparty, Jo-jo-Lockdown und Mask-have – Wortschatzerweiterung während des Corona-Stillstands
(2021)
Argumentative Stützungen von diskursiven Geltungsansprüchen spielen im Rahmen von Diskursanalysen zu gesellschaftlich verhandelten Themen, wie ökologische Nachhaltigkeit, eine wichtige Rolle. Im vorliegenden Beitrag, der einen zentralen Aspekt der großangelegten diachronen Studie von Schwegler (2018) fokussiert vorstellt, wird ein diskurslinguistischer Ansatz zur Erfassung von Argumentationen und Werteverständnissen dargelegt, der Argumentgruppen inhaltlich bzw. thematisch unterscheidet – d. h. nicht mikro- oder makroformal analysiert – und gleichzeitig mittels eines framesemantischen Ansatzes über eine Argumentationsanalyse auf mittlerer Abstraktionsebene hinausgeht. So kann auch für vermeintlich konsensuelle Bereiche aufgedeckt werden, wie Konflikte latent innerhalb zentraler argumentativer Begriffe liegen. Identifizierte Argumentgruppen, wie hier beispielhaft Gerechtigkeit, sind dabei nicht genuin diskursspezifisch, spezifisch sind vielmehr die Kombinationen der Werteverständnisse, d. h. die Arten von Gerechtigkeit, an die argumentativ appelliert wird. Im deutschsprachigen Nachhaltigkeitskontext sind dies u. a. Fairness, Gleichheit (bzgl. Umweltgerechtigkeit oder Verfahrensgerechtigkeit), globale Gleichberechtigung, kosmische Gerechtigkeit (Schicksal), Reziprozität/Tauschgerechtigkeit sowie Gewohnheitsrecht oder Utilitarismus, die in kontrastiver Verwendung Konfliktpotenzial bergen.
Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung gehören zu den drängenden globalen Zielen unserer Zeit. Als interdisziplinäres und vielschichtiges Thema ist Nachhaltigkeit auch für die angewandte Linguistik hochrelevant – sei es mit Blick auf die diskursive Debattenkultur, neue mediale Formen der Partizipation oder Formen der Wissenskommunikation, wie die international entstandene Nachhaltigkeitskommunikation in Wirtschaft und Politik.
Nachbemerkung
(1991)
This paper represents a report on an e-tandem project conducted at Freiburg University (Germany) from the winter term 2009/2010 on. It started with a German-ltalian pilot course organised in cooperation with Pavia University (Italy). In order to promote autonomous language learning, the authors used several web-based applications, relying on Skype to enable full (i.e. visual, auditive) interaction between learning partners and on e-mails to let participants practise writing and reading in the respective foreign language. Additionally, participants were asked to compile a weekly electronic portfolio (EPOS) to record their improvements as well as their difficulties. In the paper, the structure of the pilot course will be described and a first balance will be drawn.
Professional and technical practice and the technical character of social interaction.
The focus on communication in research on professional and scientific language somehow reflects the intention of John L. Austin’s phrase “How to do things with words?” But a description based on the concept of communication ultimately also relies on linguistic idiosyncrasies. We will look at things the other way round and ask first “how to do (professional) things” and then look at the linguistic units used specifically for this purpose. Professionalism in this view takes very different forms for different types of actions (“practices”). Although reliability and professional authority are central features of all linguistic realizations to be considered, they are represented in very different ways. As a result, professionalism not only shows in the high degree of explicitness of technical prose typical for written scientific discussion. It is also reflected in the high degree of implicitness of speech that accompanies and constitutes practical action.
This paper is concerned with relative constructions in non-standard varieties of European languages, which will be analyzed on the basis of three typological parameters (word order, relative element, syntactic role of the relativized item). The validity of claims raised in studies on the areal distribution of relative constructions in Europe will be checked against the results of the analysis, so as to ascertain whether they still hold when non-standard varieties are examined.
Dass politische Strömungen und staatliche Forschungsförderung auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema „Sprache und Kommunikation in Deutschland Ost und West“ beeinflusst haben – und zwar in beiden deutschen Staaten –, ist schon festgestellt worden. In diesem Beitrag sollen, einer zeitlichen Gliederung in vier Phasen folgend, diese Beziehungen in Umrissen nachgezeichnet werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Zeit der Reformjahre 1969 bis 1974 und ihr umfassender Paradigmenwechsel in der bundesdeutschen DDR-Forschung und Forschungsförderung. Hinzu treten Betrachtungen zum Verhältnis von Staat, Nation und Sprache sowie die Frage nach der Kommunikation zwischen Ost- und Westdeutschen seit der friedlichen Revolution.
Der Artikel beschreibt die Entwicklung eines sprachlichen Mythos, einer in Sprache entwickelten und gefassten, zu Propagandazwecken (miss)gebrauchten Konstruktion von Wirklichkeit, die nicht nur das Wirklichkeitsbild einer Epoche prägte, sondern in starkem Maße auch in die Wirklichkeit der davon betroffenen Menschen eingriff und diese veränderte. Die Legende vom Dolchstoß, vom hinterrücks verübten Mord am deutschen Frontsoldaten, vom Verrat aus den eigenen Reihen, wird von seinen Vertretern dazu benutzt, die eigene Verantwortung für die Niederlage der Deutschen im 1. Weltkrieg auf den politischen Gegner abzuwälzen, um diesen nicht nur politisch, sondern auch gesellschaftlich zu diffamieren. Doch war diese Legende kein spontanes Produkt einer von Chaos geprägten Nachkriegszeit, sondern sie gehörte bereits zum politischen Strategiespiel einer in der Bismarckzeit eingeführten Propagandaschlacht. In ihr wurde bereits die Erwartungshaltung geschürt, dass in der Stunde der Not Sozialdemokraten, Juden, Katholiken und Freimaurer das Vaterland nicht nur im Stich lassen, sondern es aus fehlender nationaler Gesinnung verraten würden. Die Sprachlichkeit dieser Vorgänge hervorzuheben, ist das besondere methodische und theoretische Anliegen des Artikels.
Vorwort
(1993)
Ein Ende des Endes der "Sprache des Nationalsozialismus" - für eine neue "Wörterbuchphilologie"
(1983)
In recent decades, the investigation of spoken language has become increasingly important in linguistic research. However, the spoken word is a fleeting phenomenon which is difficult to analyse and which requires an elaborate process of examination and appraisal. The Institute for the German Language (Institut für Deutsche Sprache) has the largest collection of recordings of spoken German, the German Speech Archive (Deutsches Spracharchiv [DSAv]). Up to now, the inadequate processing and accessibility of the valuable material held by the DSAv has been regarded as its major shortcoming. A solution to this problem is at hand now that a start has been made with the systematic modernization of the DSAv and, in particular, with the digitalization of its material. In recent years, we have been able to systematically exploit the unique opportunities provided by a new and easier form of access to the spoken language via the recorded sound signal, which can be realized digitally in the computer, and its linkage to the corresponding texts and documentary data. Through the integration of the existing data about the corpora and of the written versions of the texts into an information and full text database and through the linking of these data with the acoustic signal itself, it is now possible for us to construct a data pool which allows a better documentation of the material and provides rapid internal and external access to the sound recordings. Processed in such a way, the material of the German Speech Archive can now be regarded as having been saved for posterity. As a result, entirely new areas of inquiry and entirely new research perspectives have been opened up. This is true both for the work of the Institute itself and for linguistic research in German as a whole.
Über den gemeinsamen Sprachgebrauch in Ost und West, seine Probleme und kreativen Möglichkeiten
(2009)
In dieser Arbeit über den neueren deutschen Sprachgebrauch in Ost und West soll nicht das Trennende betont werden, sondern das gemeinsame Spracherbe und seine Wirkung in der Gegenwart. Aber eine Beobachtung gegenüber vielen kritischen Stimmen aus West und Ost sei, in völlig unpolemischer Absicht, nicht verschwiegen: Zu viele sprachkritische Artikel aus der Bundesrepublik haben in der Vergangenheit von der aus Texten bekannten offiziellen Sprache der DDR-Machthaber zu direkt auf die wirklich gesprochene Sprache der Bevölkerungsmehrheit geschlossen, und zu viele DDR-Sprachwissenschaftler und Polemiker haben auf die westliche Kritik vor allem als Verteidiger des politischen Kurses der SED reagiert, aus welchen persönlichen Gründen auch immer. Gedruckt worden wären andere Meinungen in der DDR allerdings nicht, und der Karriere waren sie auch nicht förderlich. Trotzdem gilt: Die deutsche Sprache hat sich in Ost und West auf jeweils spezifische Weise weiterentwickelt, sie wurde aber nicht gespalten und funktionierte in Ost und West und - trotz spürbarer Unterschiede - zwischen Ost und West als gemeinsames Verständigungsmittel, wo immer sie dafür benutzt wurde. Zwischen den Begriffen „Sprachwandel“ und „Bezeichnungswandel“ muss sorgfältig unterschieden werden. Im kreativen Umgang mit dem gemeinsamen Deutsch haben sich Ost und West längst wieder zusammengefunden. Genauere Untersuchungen über das Alltags-deutsch in der DDR sind sehr zu wünschen, die Schaffung eines brauchbaren Korpus dafür ist im Nachhinein nicht einfach, sollte aber in Angriff genommen werden.
Eurolatein
(1996)
All linguistics should be media linguistics, but it is not. This thesis is presented by using linguistic landscapes as an example. LL research does not belong to the traditional core of either mainstream linguis-tics or media linguistics. This is why not everything within power has been done yet to make full use of their thematic, conceptual and methodological possibilities. Visible signs in public space, however, are an everyday phenomenon. You have to pull out all the stops to research them extensively. The distinction between linguistics and media linguistics turns out to be counterproductive. But this does not only apply to the case of linguistic landscapes. It also stands for any comprehensive investigation of language and language use. (Ex-ceptions may be very narrow questions for specific purposes.) The above thoughts are supported by a database of the project „Metro-polenzeichen“ with more than 25.000 systematically collected, ge-ocoded and tagged photographs.