Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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This article is concerned with the use of speech variation in a classroom in south-west Germany. It shows how a teacher uses dialect-standard variation as a resource for carrying out different tasks. An analysis of the variational practices of the teacher reveals two different code-alternating procedures with different functional scopes. On the one hand, the teacher uses code-shifting along a continuum of standard forms, especially to draw attention to relevant aspects of the instructional activities, and to guide participation in the unfolding discourse. On the other hand, she uses the context-cueing function of code-switching between standard and dialect, especially to locally manage the key of interaction (interaction modalities). It is shown that, for the teacher analysed, switching to dialect is a methodological resource which matches the intricate pedagogical tasks involved in the evaluation moves which follow pupils' 'troublesome' answers.
Das Deutsche gilt als prototypisches Beispiel für eine Sprache, die von einer plurizentrischen Sprachkultur getragen wird. Im Gegensatz zu monozentrischen Sprachen, bei denen ein zentraler Raum oder eine zentrale Institution das Muster bilden und bestimmen, was als sprachlicher Standard zu gelten hat, gilt es in plurizentrischen Sprachkulturen, einen Ausgleich zwischen den Ansprüchen verschiedener kultureller Zentren zu finden. Das Deutsche, so wie wir es kennen, geht als ganzes auf einen solchen Ausgleich zurück. Er sollte zunächst die Verständlichkeit von Druckwerken sichern. Und noch heute schlagen sich solche Differenzen in den Eigenheiten der verschiedenen deutschsprachigen Staaten nieder. Das hat zur Folge, dass jetzt auch diskutiert wird, wie viel von der sichtbaren Variation auf historisch-politische Unterteilungen zurückgeht („plurinational“), und wie viel das Erbe der traditionellen Dialekträume darstellt („polyareal“).
Deutsch in Österreich
(2005)
Der Artikel geht anhand des Deutschen in Österreich der Frage nach, welche Aussagekraft und Relevanz das Reden von ,nationalen Standardsprachen’ im deutschen Sprachraum hat - auch und gerade für Deutsch als Fremdsprache. Dies wird insbesondere an einem Wortschatzausschnitt diskutiert - nicht zuletzt deswegen, weil hier einschlägige Unterschiede mit am deutlichsten hervortreten. Es zeigt sich, dass im österreichischen Deutsch die Distanz zwischen den regiolektalen Varietäten und dem überregional verwendeten Standard wesentlich geringer ist als in Deutschland, wo die größere regiolektale Heterogenität zu einer geringeren Toleranz gegenüber regionalen Substandardeigenheiten geführt hat. Die Unterschiede rechtfertigen allerdings auf der lexikalischen Ebene keine grundsätzlichere Abgrenzung zwischen beiden nationalen Varietäten.
Die Normierung der deutschen Standardaussprache geht in ihren Ursprüngen auf die 1898 durch die Siebs-Kommission beschlossenen Regelungen für die deutsche Bühnenaussprache zurück. Seit 1964 bildet der Nachrichtensprecher bei der Ausübung seines Berufs die Grundlage für die gegenwärtigen deutschen Aussprachekodizes. Diese eingeschränkte empirische Basis zusammen mit einem primär präskriptiven Anspruch der Kodifikatoren führt dazu, dass auch das aktuellste Aussprachewörterbuch des Deutschen (DAW) in vielen Fällen den tatsächlichen Standardsprachgebrauch in Deutschland nur unzureichend repräsentiert. Dies wird im vorliegenden Beitrag durch den Vergleich mit Sprachdaten aus dem Korpus „Deutsch heute“, das Lese- und Spontansprache v.a. von Oberstufenschülern am Gymnasium aus dem ganzen deutschen Sprachraum enthält, anhand von acht unterschiedlichen sprachlichen Phänomenen gezeigt. Der Beitrag schließt mit einem Plädoyer für realitätsnähere Kodifikationen, die sich am Sprachgebrauch der „educated speaker“ orientieren (wie es v.a. im englischsprachigen Raum der Fall ist), weil sie der aktuellen Sprachsituation im Deutschen weit besser Rechnung tragen als die derzeit existierenden Kodizes.
Üblicherweise wird behauptet und erwartet, dass für den Deutschunterricht die deutsche Standardsprache zumindest als Zielsprache, wenn nicht gar als Unterrichtssprache gilt. Die Forschungen der germanistischen Soziolinguistik und Sprachlehrforschung zeigen allerdings, dass keinesfalls Einigkeit darüber besteht, was denn ,die deutsche Standardsprache‘ überhaupt sei, ob, und wenn ja, wie viel Variation sie beinhaltet, und wie mit Normabweichungen seitens der Schüler/innen umzugehen sei.
Unser Beitrag beschäftigt sich mit der Rolle der Deutschlehrenden — sowohl an deutschsprachigen Schulen als auch im Rahmen des DaF-Unterrichts an britischen Hochschulen — um zu erörtern, welche Erwartungen sie an die sprachliche Normenkonformität ihrer Schüler/innen haben und welche praktischen Probleme ihnen hierbei begegnen. Unterstützt durch historische Belege aus dem Schulalltag im 19. Jahrhundert, diskutieren wir Kontinuitäten und Innovationen in der Selbsteinschätzung von Deutsch- und DaF-Lehrer/innen zu ihrer Rolle als Sprachnormvermittler/ innen und stellen die Frage, wie groß ihre Rolle tatsächlich ist.
Es gibt zwar schon seit dem Mauerfall einen populären Diskurs über die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Ost- und Westdeutschen und über die sprachlichen Unterschiede auf beiden Seiten. Über die Meinungen und Einstellungen zu sprachlichen Fragen ist aber so gut wie nichts bekannt. In diesem Beitrag wird untersucht, wie (bzw. wie verschieden) die Deutschen in Ost und West über das Deutsche, über andere Sprachen, über Sprachgebrauch und Sprachpolitik denken. Dabei zeigt sich, dass statistisch gesehen die Gemeinsamkeiten deutlich größer sind als die Unterschiede. Materielle Grundlage für die Untersuchung ist eine repräsentative Meinungsumfrage, die die Forschungsgruppe Wahlen im Herbst 2008 für das Institut für Deutsche Sprache und die Universität Mannheim durchgeführt hat.
The research project “German Today” aims to determine the amount of regional variation in (near-) standard German spoken by young and older educated adults, and to identify and locate the regional features. To this end, an extensive corpus of read and spontaneous speech is currently being compiled. German is a so-called pluricentric language. With our corpus we aim to determine whether national or regional standards really exist. Furthermore, the linguistic variation due to different contextual styles (read vs. spontaneous speech) shall be analysed. Finally, the corpus will enable us to investigate whether linguistic change has occurred in the domain of the German standard language. The main focus of all research questions is on phonetic variation (lexical variation is only of minor interest). Read and spontaneous speech of four secondary school students (aged seventeen to twenty) and two fifty- to sixt-year-olds is recorded in 160 cities throughout the German-speaking area of Europe. All participants read a number of short texts and word lists, name pictures, translate from English, and take part in a sociobiographic interview and a map task experiment. The resulting corpus will comprise over 1000 hours of orthographically and (in part) phonetically transcribed speech.
The research project “German Today” aims to determine the amount of regional variation in (near-)standard German spoken by young and older educated adults and to identify and locate regional features. To this end, we compile an areally extensive corpus of read and spontaneous German speech. Secondary school students and 50-to-60-year-old locals are recorded in 160 cities throughout the German speaking area of Europe. All participants read a number of short texts and a word list, name pictures, translate words and sentences from English, answer questions in a sociobiographic interview, and take part in a map task experiment. The resulting corpus comprises over 1000 hours of speech, which is transcribed orthographically. Automatically derived broad phonetic transcriptions, selective manual narrow phonetic transcriptions, and variationalist annotations are added. Focussing on phonetic variation we aim to show to what extent national or regional standards exist in spoken German. Furthermore, the linguistic variation due to different contextual styles (read vs. spontaneous speech) shall be analysed. Finally, the corpus enables us to investigate whether linguistic change has occurred in spoken (near-)standard German.
Hochsprache und Sprachnorm. Kritische Bemerkungen zu einer sprachwissenschaftlichen Verfahrensweise
(1971)
This article deals with the classification of German language islands and similar phenomena. It describes the existing types and presents criteria how to differentiate between them. Furthermore, it gives an insight into the historical and sociological reasons why these language islands came into existence and shows and explains changes they have undergone since then.
Europe is a continent of many languages. We all know that, but normally when we think about this fact, we focus on national languages, the type of language that shapes our political and our linguistic geography. But as natural as it may seem today, the idea of a language closely being interrelated with one's identity does not have a very long tradition. In fact it is only since the late 18th century that we think there is some type of intimate connection between the language spoken and the identity of a person as belonging to a nation. And even if the stabilization of European nation states was closely connected with this type of reasoning, European language communities differ considerably in their way of dealing with natural variation within their national language. For some of them, it is only the standardized national language that is relevant in this respect; for others, a certain amount of variation is a central part of their linguistic identity.
Mehrsprachigkeit ist auch in Deutschland eine gesellschaftliche Realität. Allerdings sind die verschiedenen Sprachen mit einem unterschiedlichen Prestige ausgestattet. In diesem Beitrag werden Einstellungen gegenüber anderen Sprachen und ihren Sprechern näher untersucht. Dazu werden zum einen die Daten einer bundesweit durchgeführten Repräsentativumfrage herangezogen, zum andern wird eine Erhebung mit Schülern der 9. und 10. Klasse zu ihren Spracheinstellungen ausgewertet. Überwiegend positiv beurteilt werden Französisch, Italienisch, Spanisch und Englisch, während insbesondere Migrantensprachen von der Mehrheit der Sprecher distanziert bewertet werden. Das gilt auch und besonders für die beiden zahlenmäßig größten Sprachminderheiten, Russisch und Türkisch – und hier vor allem für das Türkische.
Sprachgebrauch und Urbanisierung Sprachveränderungen in kleinen Gemeinden im Umfeld großer Städte
(1982)
Sprachpflege in der Schweiz
(1968)
Ein Bericht über die Sprachpflege in der deutschen Schweiz muß beide Formen unserer Muttersprache ins Auge fassen: die Mundart und die Hochsprache. Umgangssprache als Zwischenschicht im Sinne eines besonderen Sprachkörpers gibt es kaum; wohl versehen die von allen Teilen der Bevölkerung gesprochenen Mundarten die Funktion der regionalen Umgangssprache, sie sind aber selbst keine solche: sie besitzen noch die dialektale Bindung an einen mehr oder minder fest umrissenen landschaftlichen Raum. Zwar läßt sich auch in der Umgangssprache der deutschen Länder das meiste von dem ausdrücken, was die Mundarten leisten, und zwar auf eine Weise, die ebenfalls einen heimatlichen Unterton aufweist, aber es ist nicht unsere Weise, es zu sagen: diese wird, allen Ausgleichstendenzen im Innern zum Trotz, gegen Außen als eine Sprache besonderen Zuschnitts empfunden, mag sich auch dieser nationale Aspekt wissenschaftlich nicht halten lassen, denn die alemannischen Mundarten decken sich nicht mit den staathchen Grenzen der Schweiz.
Sprachen sind dynamisch. Veränderungsmotor des offenen Systems Sprache ist dessen Gebrauch durch Sprecher. Bekanntermaßen wird die Verstehbarkeit der Sprachverwendung durch Konventionen gewährleistet, die gleichzeitig allerdings durch den Gebrauch aushandelbar und flexibel sind. Am Anfang des 21. Jahrhunderts kann für die standardsprachliche Situation in Deutschland festgestellt werden, dass primär durch außerlinguistische Veränderungen angestoßene Entwicklungen im Bereich der Verwendung Spuren im System hinterlassen. Die Standardsprache ist im Prozess, von immer mehr Sprechern in immer mehr Verwendungskontexten gebraucht zu werden. Gleichzeitig scheint der Standard Siebsscher Prägung, also der kodifizierte, schriftsprachorientierte Standard, immer seltener gesprochen zu werden. Aus dieser Situation ergeben sich der Sprachwissenschaft Fragen und Probleme: Wie kann ein Beschreibungsobjekt Standardsprache definiert werden, wo sind die Grenzen zwischen dem standard-sprachlichen und nicht-mehr-standardsprachlichen Bereich? Wie angemessen bilden vorhandene Beschreibungen die aktuelle Sprechwirklickeit ab? Ist es deutscher Sprechstandard, was in Schulen gelehrt und nicht-deutschsprachigen Deutschlernern vermittelt wird? Solche und weitere Fragen wurden auf der diesjährigen IDS-Jahrestagung, die vom 9.-11. März unter der Leitfrage »Standardvariation – Wie viel Variation verträgt die deutsche Standardsprache?« stattfand, zu beantworten versucht.
Welche Fragen darf ein Soziolinguist stellen, welche Objekte untersuchen, wenn er sich mit dem Deutschen beschäftigt? Eigentlich sollte es keine a priori zu setzenden Grenzen geben, solange es nur um die Sprache und ihre Einbindung in die jeweiligen gesellschaftlichen Bedingungen ihres Gebrauchs geht. Man wird auf die verschiedensten sprachlichen Unterschiede und Unterscheidungen blicken, sehen, inwieweit sie mit Fragen der gesellschaftlichen Strukturierung und von Machtverhältnissen in der Gesellschaft zu tun haben, und von daher zu einer tiefgreifenderen Analyse sowohl des sprachlichen Verhaltens kommen wie möglicherweise auch der gesellschaftlichen Strukturen, die einen bestimmten Sprachgebrauch ebenso bedingen mögen, wie die Einschätzung einer bestimmten Weise zu sprechen. Was bedeutet das, wenn man es auf den Gebrauch des Deutschen durch seine Sprecher anwendet?