Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, wie Sprachvariation in Gesprächen in sozialsymbolisierender Funktion eingesetzt wird. Sie entstand vor dem Hintergrund der ethnographisch-soziolinguistischen Stadtsprachenforschung im Rahmen des Projekts "Kommunikation in der Stadt" von Inken Keim und Werner Kallmeyer, das sich mit dem Kommunikationsverhalten von Zugehörigen unterschiedlicher sozialer Milieus der Mannheimer Bevölkerung beschäftigt und unter anderem die sozial bedeutsame Verwendung von Sprachvariation analysiert. Bei der hier betrachteten Sprachvariation handelt es sich um die Variation zwischen Standard und dem Saarlouiser Dialekt, der zu den moselfränkischen Dialekten zählt. Ziel dieser Arbeit ist es, festzustellen, ob und wie sprachliche Symbolisierungen mit Hilfe von Sprachvariation gebildet werden. Es wird untersucht, wie bestimmte soziale Kategorien in der Selbst- und Fremddarstellung der Sprecher im Erzählen oder im Gespräch durch Sprachvariation ausgedrückt werden können und wie diese bewertet werden.
In diesem abschließenden Beitrag soll zunächst verdeutlicht werden, was die zurückliegenden Fallanalysen an allgemeinen Einsichten für didaktisches Handeln unter Bedingungen faktischer Interaktion eröffnet haben. Es geht also um Einsichten, die in ihrer Bedeutung über das einzelne analysierte Beispiel hinausgehen (Kap. 2). Darüber hinaus soll gezeigt werden, welche Konsequenzen sich auf der Grundlage dieser falltranszendierenden Einsichten für eine handlungsgegründete Konzeption von Didaktik ergeben (Kap. 3). Schließlich soll die Frage gestellt werden, welche Perspektiven sich für die Ausbildung von Referendarinnen/Referendaren und die Weiterbildung von Lehrern/Lehrerinnen auf der Grundlage der produzierten Ergebnisse eröffnen (Kap. 4). An einem konkreten Beispiel soll abschließend aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten bestehen, die Analyseergebnisse für eine Sensibilisierung sowohl in der Ausbildung von Referendaren/ Referendarinnen als auch der Weiterbildung von Lehrerinnen/Lehrern für Mechanismen von Interaktion zu nutzen und für den Unterricht zur Verfügung zu stellen (Kap. 5).
In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit einem für den Unterricht in bestimmten Klassen durchaus bekannten Ereignis, nämlich dem Diktieren eines Textes. Dabei handelt es sich in der Regel um einen überschaubaren Ereigniszusammenhang: Ein Lehrer/eine Lehrerin liest einen Text langsam und stückweise vor, den die Schüler/innen aufschreiben. Wir werden diesen fraglichen Zusammenhang auf der Grundlage eines Videoausschnitts im Detail rekonstruieren, der Bestandteil eines Korpus von Aufzeichnungen in einer Waldorfschule ist. Es handelt sich bei dem Ausschnitt um den Epochenunterricht im Fach Chemie in einer achten Klasse. Wir werden zeigen, dass Diktieren im Kontext des Epochenunterrichts in der Waldorfschule aufgrund der Schultypenspezifik ein sehr komplexer und – anders als man dies zunächst vermuten würde – auch ein im engeren Sinne gemeinsam von der Lehrerin und den Schülern/Schülerinnen gestalteter und hervorgebrachter Ereigniszusammenhang ist. Den Schülerinnen/Schülern fällt beim Diktieren nämlich nicht nur die rezeptive Rolle zu, den von der Lehrerin vorgelesenen Text im Wortlaut aufzuschreiben. Sie tragen vielmehr auf sehr unterschiedliche Weise selbst aktiv zur Entwicklung und Ausgestaltung des Diktierens bei. In diesem interaktiven Zusammenspiel verändert sich die Grundstruktur „Lehrerin liest vor und Schüler/innen schreiben auf“ während des Diktates durch unterschiedliche Initiativen und Beiträge in vielfältiger Weise.