Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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Im Folgenden soll es um kommunikative Praktiken in einem geheimen US-Kriegsgefangenenlager gehen, in dem deutsche Wehrmachtssoldaten inhaftiert waren, die dort verhört und deren Zellengespräche heimlich abgehört, mitgeschnitten und protokolliert wurden. Anhand von Auszügen aus verschiedenen Dokumententypen soll ein Schlaglicht auf die medial zugerichteten Praktiken des Verhörlagers geworfen werden. Die These, der in diesem Kapitel nachgegangen wird, lautet, dass die Protokollier- und Dokumentationspraktiken der Gefangennehmenden ebenso wie die durch sie dokumentierten Situationen die soziale Ordnung im Verhörlager wesentlich prägten und sich folglich aus ihnen figurierende Praktiken der sozialen Kategorisierung ablesen lassen, die einen Rückschluss auf die brüchige Übergangssituation zwischen politischen Systemen bzw. politisch geprägten Arrangements und Konstellationen, in denen die Beteiligten sich befanden, ermöglichen. Somit kennzeichnen die bearbeiteten kommunikativen Praktiken auch, wenngleich nicht durchgehend und auch nicht sonderlich explizit, Bezugnahmen auf und Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus, die zeitlich während des Nationalsozialismus, aber räumlich (und somit territorial, auch in einem ordnungspolitischen Sinne) außerhalb des Nationalsozialismus stattfanden.
Einleitung
(2022)
Einleitung
(2022)
Brief
(2022)
Der folgende Beitrag untersucht Briefe aus der Zeitspanne des Nationalsozialismus, die von unterschiedlichen Akteur*innen in unterschiedlichen Beteiligungsrollen verfasst worden sind. Es handelt sich um von Soldaten und ihren Angehörigen verfasste Feldpost-, um von Gegner*innen des Nationalsozialismus geschriebene Haftbriefe sowie um Eingaben an Staats- und Parteiinstanzen, die Teil des institutionellen Briefverkehrs sind. Alle diese Formen des Briefschreibens besitzen eine längere Tradition. Ihre Nutzung während der NS-Zeit ist jedoch durch spezifische Ausprägungen gekennzeichnet, die in den jeweiligen Abschnitten beleuchtet werden.
Vagheitsreduzierung als ein grundlegendes Organisationsprinzip der sprachlichen Kommunikation
(1987)
Auch wenn die Prozesse der Produktion und Verarbeitung sprachlicher Äußerungen zu einem großen Teil automatisiert ablaufen und meist erst dann ins Bewußtsein rücken, wenn die Kommunikation in irgendeiner Weise gefährdet oder gestört zu sein scheint, so ist doch die Verständigung (im Sinne des Sich-Einander-Veretändlich-Machens) zwischen jeweils verschiedenen Individuen nicht immer und nicht von vornherein selbstverständlich; unter einem bestimmten Blickwinkel betrachtet, scheint es sogar geradezu erstaunlich zu sein, daß Verständigung - wenn auch graduell unterschiedlich - doch immer wieder gelingt. Im Zusammenhang mit derartigen Fragen des grundsätzlichen Funktionieren von Kommunikation und potentiellen Störungen dieses Funktionieren ist häufig von der Vagheit der Sprache oder der Kommunikation die Rede. Was hat es mit dieser Vagheit auf sich, welche Rolle spielt sie im Kommunikationsprozeß, wie beeinflußt sie die Organisation sprachlicher Äußerungen und damit bestimmte Dimensionen der Geordnetheit von Texten? Im vorliegenden Aufsatz soll versucht werden, auf diese Fragen einige Antworten zu geben. Dazu ist zunächst zu klären, was mit dem Terminus Vagheit bezeichnet wird, bevor die These von der Vagheitsreduzierung als einem grundlegenden Organisatlonsprinzip der sprachlichen Kommunikation begründet und anhand eines Beispiels illustriert werden soll.
In dem hier zu gebenden Überblick kann es daher nicht um eine Aufarbeitung der verschiedenen Forschungsansätze gehen, sondern eher um eine zusammenfassende Darstellung einiger neuer Ergebnisse unter dem übergreifenden (und selektierenden) Aspekt der Textorganisation. Dieses Vorgehen legitimiert sich u. E. zum einen daraus, daß die zu behandelnden Phänomene nicht Randerscheinungen in der Kommunikation darstellen (als die sie oft behandelt worden sind), sondern daß ihre Produktion und Rezeption ein normaler Bestandteil kommunikativer Handlungen ist, und daß sie deshalb in einem Buch, das sich mit der Organisation von Kommunikation in einem allgemeinen Sinne befaßt, wenigstens Ewähnung finden sollten; zum anderen sind sie oft verstreut und nicht immer leicht zugänglich dargestellt worden, so daß sich eine komprimierte Darstellung der Ergebnisse an dieser Stelle auch von daher rechtfertigt und für den interessierten Leser als Anregung gedacht ist, sich mit dem einen oder anderen gegebenenfalls näher zu beschäftigen.