Orthographie
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Seit 1996 ist das Amtliche Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung (einschließlich Amtlichem Wörterverzeichnis) gültig. Es regelt die Orthografie für Behörden und Schulen in Deutschland sowie in den sechs weiteren Mitgliedsländern des Rats für deutsche Rechtschreibung. Für die Wörterbuchverlage bzw. alle Wörterbuchprojekte gilt es, dieses hoch abstrakte Regelwerk einerseits auf alle Einträge in den A–Z-Teilen der Wörterbücher anzuwenden und andererseits ggf. das Regelwerk selbst zu „übersetzen“ und es damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Das Ziel des Beitrages ist es, die Orthografiereform 1996–2006 in den Entwicklungsprozess der deutschen Rechtschreibung seit der Herausbildung der Einheitsorthografie einzuordnen, ihre Stellung in diesem Prozess zu kennzeichnen und ihre Ergebnisse zu benennen. Ausgehend von einer Charakterisierung der besonderen Merkmale der Orthografie als Norm der Schreibung sowie des Begriffes Orthografiereform, werden zunächst die Endphase der Herausbildung der deutschen Einheitsorthografie und ihr Abschluss durch die Orthografiereform von 1901 beschrieben. Dem folgt die Darstellung der Besonderheiten der deutschen Orthografieentwicklung im 20. Jahrhundert bis zum Jahr 1996. Ein wichtiger Bestandteil des Beitrages ist dann die Herausarbeitung der Grundlagen und Bestimmungsfaktoren einer Orthografiereform unter heutigen Bedingungen und die Anwendung dieser Grundsätze auf den Prozess der Entstehung und Umsetzung der Orthografiereform 1996–2006. Abschließend werden die Ergebnisse dieses Prozesses in vier Punkten zusammengefasst die auch gleichzeitig die Bedeutung dieser Sprachlenkungsmaßnahme in der deutschen Orthografiegeschichte kennzeichnen.
Das Amtliche Wörterverzeichnis ist ein wesentlicher Teil des für Schulen und Behörden verbindlichen Amtlichen Regelwerks, dem wissenschaftlichen Referenzwerk für die deutsche Orthografie. Dem Wörterverzeichnis kommt eine entscheidende Funktion zu: Es exemplifiziert anhand einzelner Lemmata die Anwendung der Regeln und kodifiziert darüber hinaus Einzelfälle, die aus dem Regelteil nicht eindeutig ableitbar sind. Im vorliegenden Beitrag wird die auf der Basis empirischer Schreibbeobachtung erarbeitete Neukonzeption vorgestellt, die mit der Konzentration auf prototypische Fallbeispiele repräsentative orthografische Zweifelsfälle im gegenwärtigen Wortschatz des Deutschen aufgreift, sie mit Bezug auf die geltende Norm und den Schreibgebrauch klärt, in der neuen digitalen Fassung auch visualisierend veranschaulicht und auf diese Weise aktuellem Nutzungsverhalten Rechnung trägt.
Für die spezifischen Bedürfnisse der Schreibbeobachtung wurde das Orthografische Kernkorpus (OKK) als virtuelles Korpus in DeReKo entwickelt. Mit derzeit rund 14 Mrd. Token deckt es den Schriftsprachgebrauch in den deutschsprachigen Ländern im Zeitraum von 1995 bis in die Gegenwart ab. Der Zugriff über die Korpusanalyseplattform KorAP erlaubt nicht nur die Nutzung verschiedener Annotationen, sondern über die API-Schnittstellen auch die Einbindung in diverse Auswertungsumgebungen wie RStudio über den RKorAPClient und macht es so für zahlreiche Analyse- und Visualisierungsmöglichkeiten zugänglich.
grammis ist ein wissenschaftlich basiertes Online-Informationssystem zur deutschen Grammatik und Orthografie, das Erklärungen und Hintergrundwissen für Sprachinteressierte und Deutschlernende weltweit bietet. Neben genuin grammatischen Themen enthält es auch für das Rechtschreiblernen gewinnbringende Inhalte. Im vorliegenden Beitrag werden seine orthografischen Komponenten veranschaulicht und aktuelle Neuerungen im Zusammenhang mit seiner Integration in eine im Entstehen befindliche digitale Vernetzungsinfrastruktur für die Bildung erläutert.
Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Frage nach Ursprung und Genese der im geltenden amtlichen Regelwerk niedergelegten Regel, die eine Zusammenschreibung von Adjektiv-Verb-Verbindungen bei Vorliegen einer nicht literalen Bedeutung vorsieht. Ausgangspunkt bilden dabei Sprachtheoretiker und Akteure wie Johann Christoph Adelung, Wilhelm Wilmanns und Konrad Duden, die die Diskussion beherrscht und (dadurch) maßgeblich die erste gesamtdeutsche Rechtschreibregelung im Jahre 1902 mitgestaltet haben. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Umsetzung der Rechtschreibregelung in den orthographischen Wörterbüchern. Erst in dieser zeigt sich, inwiefern der gefundene Kompromiss trägt und inwieweit sich die Beteiligten daran gebunden fühlen, in Sonderheit Duden, der mit seinen Wörterbüchern alsbald eine marktführende Position einnahm und über dessen Duden-Rechtschreibung die Regel einer bedeutungsunterscheidenden Zusammenschreibung bei Adjektiv-Verb-Verbindungen letztlich für alle verbindlich wurde.
Orthographie ist ein Thema, das spätestens seit der Rechtschreibreform 1996 nicht nur die wissenschaftliche Forschung, sondern auch den öffentlichen Diskurs entscheidend geprägt hat. Aus Anlass von „20 Jahren Rat für deutsche Rechtschreibung“ war dieses Thema auch Gegenstand der 59. Jahrestagung des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache.
Die geltende amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung geht auf einen Kompromiss aus dem Jahre 2006 zurück, der im Bereich der Kommasetzung bei Infinitivgruppen einen neuerlichen Paradigmenwechsel bedeutete: Während für die Vorreformregelung das Konzept des sog. erweiterten Infinitivs konstituierend war und die Reformregelung sich wesentlich auf schreibstilistische Kriterien gründete, bilden die Basis der aktuellen Regelung grammatisch beschreibbare Fallgruppen. Dieser Umstand schon allein, mehr aber der zentrale Auftrag einer Beobachtung des Schreibgebrauchs durch den Rat für deutsche Retschreibung waren der Rahmen für die vorliegende Pilotstudie, in der das freie Schreiben Grundlage einer differenzierten Analyse des Kommagebrauchs bei Infinitivgruppen ist.
Der vorliegende Beitrag skizziert in einem ersten Abschnitt Gegenstandsbereich und kodifizierte Regelung, bevor er im Weiteren das Studiendesign und die Ergebnisse vorstellt. Die Ergebnisse werden nach Fallgruppen sowie im Hinblick auf übergreifende Tendenzen und Beobachtungen besprochen. Sie sind Ausgangspunkt der im Ausblick formulierten Thesen.
In der deutschsprachigen Gender-Mainstreaming-Debatte treten sprachpolitische Positionen in Konflikt mit grammatischen Regularitäten und orthografischen Normen – nicht selten ohne wesentliche Annäherung. Der Beitrag beleuchtet die Debatte aus der Perspektive des Rats für deutsche Rechtschreibung und argumentiert anhand paradigmatischer Textbeispiele aus dem aktuellen Schreibgebrauch für eine textsorten- und zielgruppenspezifische Realisierung geschlechtergerechter Schreibung. Ausgehend vom breiten Spektrum entsprechender Strategien in bisherigen Leitfäden, Richtlinien und Empfehlungen werden Möglichkeiten einer orthografisch korrekten und sprachlich angemessenen Umsetzung aufgezeigt – in einem multiperspektivischen Ausgleichsversuch beider Diskurspole: Gendergerechte Texte sollen sachlich korrekt, verständlich, lesbar und vorlesbar sein, Rechtssicherheit und Eindeutigkeit gewährleisten sowie die Konzentration auf wesentliche Sachverhalte und Kerninformationen sicherstellen. Abschließend wird diskutiert, welche Rolle der Rat vor dem Hintergrund seines Auftrags der Bewahrung der Einheitlichkeit der Orthografie im gesamten deutschen Sprachraum in der Debatte einnehmen könnte und sollte.
When becoming integrated into the German vocabulary, foreign words reflect paradigmatic changes regarding orthography, grammar as well as semantics. In this context,German orthography is also highly determined by orthographic codification, which continues to influence the development of spelling to the present day. This study compares digital linguistically annotated corpora containing texts written by professional as well as non-professional writers; these corpora contain several billion foreign words (of Greek, Latin and French origin, and in the second part of the study of English/American and Italian origin), studied over a period of 20 years following the German orthographic reform of 1996. The results may potentially help the official regulations to adapt to the spelling practices observed – either by describing the rules more precisely or by proposing possible spelling variants or eliminating those which are not in common use. The study may also help to support correct lexicographic codification in dictionaries.
In Deutschland leben 7,5 Millionen erwachsene Analphabeten. Daher ist der Bedarf an Materialien zum Erlernen der Schrift gestiegen. Der vorliegende Band ist begleitend für den Rechtschreibunterricht von (vor allem) Erwachsenen gedacht, die Deutsch auf einem (nahezu) muttersprachlichen Niveau beherrschen. Die systemische Beschreibung des Rechtschreibwortschatzes, insbesondere durch seine orthographische Annotation und die Kennzeichnung von Lernstellen, stützt sich größten teils auf die Darstellung der deutschen Orthographie im Rahmencurriculum Schreiben (kurz RCS) des Deutschen Volkshochschulverbandes. Außerdem lehnt sich der vorliegende Wortschatz an Themen an, die sich aus dem alltäglichen Leben ableiten. Lehrende finden in diesem Band gezielt reichlich Material zum Üben im Unterrichtskontext und können bei Bedarf auch neues Übungsmaterial erstellen; sie sollen aber auch zusätzlich vermitteln, dass sie selbst als Experten von Fall zu Fall in Wörterlisten nachschlagen müssen. Für den Lerner soll der Rechtschreibwortschatz dazu beitragen, die Eigeninitiative zu fördern und zu selbständigem praktischen Üben ermutigen.
In diesem Aufsatz geht es um einen Vergleich der Prinzipien der Wortschreibung im Englischen und Deutschen. Konkret werden Schreibdiphthonge und Doppelkonsonanten behandelt. Beide Phänomene eignen sich gut, um Prinzipien zu verstehen, nach denen die Wortschreibung funktioniert: So lassen sich Schreibdiphthonge nicht immer so aussprechen, wie es die einzelnen Vokalbuchstaben suggerieren, das heißt, sie sind nicht immer über die entsprechenden Graphem-Phonem-Korrespondenzen der einzelnen Segmente zu interpretieren, etwa <ei> für /ai/ im Deutschen und <ea> für /i/ im Englischen. Auf einer ,höheren‘ Ebene (der silbischen) zeigen sich aber systematische Züge, die in beiden Sprachen vergleichbar sind. Auch die Schreibungen der Doppelkonsonanten sind nicht einfach auf der Segmentebene zu verstehen, sondern sie ergeben sich aus einem Zusammenspiel der silbischen, der suprasegmentalen und der morphologischen Ebene. In beiden Sprachen wirken Prinzipien auf allen diesen Ebenen, aber zum Teil auf unterschiedliche Art und Weise.
Vorgestellt werden Ziele und erste Ergebnisse des Projektes „Univerbierung“ am Institut für Deutsche Sprache. Das Projekt untersucht in verschiedenen Korpora, ob sich Prozesse der Univerbierung quantitativ belegen lassen. In Form von Univerbierungsprofilen sollen Univerbierungsverläufe dargestellt werden, d.h. die quantitativen Veränderungen, die zeitlich im Verhältnis der Getrennt- und Zusammenschreibungen eintreten (Kap. 1 und 2). Zugleich wird dabei methodologisch reflektiert, ob und inwieweit diese Korpora für solche Untersuchungen geeignet sind (Kap. 3). Exemplarisch werden einige Univerbierungsprofile vorgestellt (Kap. 4). Es handelt sich zum einen um Beispiele, bei denen sich die Normlage im Zuge der Rechtschreibreform nicht geändert hat, und zum anderen um solche, bei denen sie im Untersuchungszeitraum (1985-2008) verändert wurde. Die Untersuchungen zielen in der Perspektive darauf ab, Faktoren herauszuarbeiten, die Univerbierungsprozesse fördern bzw. hemmen, und aufzuklären, was Schreiber(-innen) als ein Wort gilt. Dies kann dazu beitragen, empirisch gestützt Komponenten des Wortkonzepts zu ermitteln (Kap. 5).