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Deutsch in Sprachkontakten
(2021)
Das vorliegende Heft vereint Beiträge zu Kontakten des Deutschen mit verschiedenen Sprachen nördlich, östlich und südlich des deutschsprachigen Kerngebietes. Sprachkontakt wird dabei aus unterschiedlichsten Perspektiven erfasst; die Aufsätze behandeln einzelne strukturelle Sprachebenen ebenso wie pragmalinguistische, historische, soziolinguistische und translatologische Themen. Die Ausgabe vereint damit Untersuchungen zu Sprachkontakten in der Vergangenheit (Saagpakk/Saar, Plaušinaitytė), zum Gebrauch in spezifischen Textsorten (Mencigar, Földes), bis hin zu Sprachgebrauchsphänomenen im Kontext von Covid-19 (Geyer). Andere Beiträge fokussieren auf die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen in Abhängigkeit von Kontakteinflüssen (Tibaut, Ščukanec/Durbek) oder dem Einfluss der Medien (Mack/Vollstädt/Vujović) oder diskutieren das Zusammenwirken von Sprachpolitik und Sprachgebrauch (Marten). Das Heft schließt mit mehreren Rezensionen und Projektberichten ab; insgesamt wird damit ein wesentlicher Ausschnitt aus der Bandbreite der germanistischen Sprachkontaktforschung in der Region von Estland bis Montenegro aufgezeigt.
Tilo Weber betont in seinem Beitrag die semantische Relevanz von Ereignissen bzw. Ereigniswissen, die er als eine besondere Form von sog. Frames betrachtet. Letztere lassen sich als heterogene und komplexe Wissensrahmen begreifen, die für lexikalische Einheiten und insbesondere für Verben eine besondere Bedeutung haben. Das kognitiv-funktionalistische Frame-Konzept erlaubt zudem, durchaus im Sinne der Tagung, einen interdisziplinären Zugang, insofern es, wie Weber meint, „ein Bindeglied zwischen Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften sein kann.“
Oralität ist gegenüber Literalität historisch primär, und der Übergang hin zur Literalität ist sprach- wie kulturwissenschaftlich einschneidend. Unserdeutsch (Rabaul Creole German), eine erst knapp über 100 Jahre junge, originär ausschließlich mündlich verwendete Kreolsprache, befindet sich gegenwärtig an der Schwelle hin zur Verschriftung. Eine Sammlung von rund 180 spontan schriftlich produzierten Äußerungen dieser noch auf allen Ebenen unnormierten Sprache zeigt von den Unserdeutsch-SchreiberInnen intuitiv zugrunde gelegte Graphem-Phonem-Korrespondenzen. Die Schriftbelege lassen dabei Rückschlüsse zu auf graphematische Kontakteinflüsse sowie auf die mentale Repräsentation von Wörtern bei den SprecherInnen. Diese Erkenntnisse sind, neben ihrer sprachtheoretischen Relevanz, vor allem auch für die noch ausstehende Erarbeitung einer Orthographie von Unserdeutsch von Bedeutung.
Das Ziel des Beitrags ist es, die Merkmale von Kommunikationsstörungen in Star-Interviews aus Sicht der Befragten, also der Interviewten festzustellen und zu analysieren. Die empirische Forschungsbasis besteht aus ukrainisch- und deutschsprachigen Videointerviews aus den Jahren 2010 bis 2019, die entweder im Fernsehen gesendet oder für YouTube produziert wurden. Das Forschungsverfahren beinhaltet die integrierte Anwendung von Methoden und Techniken der kommunikativen Linguistik, insbesondere der Diskurs-Analyse. Für die Untersuchung dieser Kommunikationsstörungen wurde eine neue methodische Grundlage entwickelt, und zwar für die Rekonstruktion eines einzelnen Ereignisses in zwei diskursiven Umgebungen, das Feststellen des kommunikativen Kontextes und der Kommunikationssituation in Interviews in vergleichbaren Sprachen. Die Ergebnisse der Studie ermöglichten es, die charakteristischen Merkmale von Kommunikationsstörungen in Star-Interviews auf drei Ebenen der kommunikativen Gattung zu identifizieren: auf der außenstrukturellen, binnenstrukturellen und situativen Ebene. Sowohl gemeinsame Merkmale von Kommunikationsstörungen als auch Unterschiede in den ukrainischen und deutschsprachigen Interviews wurden bestimmt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Arten von Kommunikationsstörungen in Interviews mit Prominenten im Ukrainischen und Deutschen universell sind, sie spiegeln jedoch die nationalen und kulturellen Besonderheiten angesichts der Merkmale beider Sprachen und jeder Sprachkultur und ihrer Realitäten, Normen, Konventionen und Maximen der Kommunikation wider. In beiden Sprachen sind kommunikative Störungen ein typischer und oft unvermeidbarer Bestandteil von Interviews.
Die durch die Covid-19-Pandemie bedingte Umstellung der Präsenzlehre auf digitale Lehr- und Lernformate stellte Lehrende und Studierende gleichermaßen vor eine Herausforderung. Innerhalb kürzester Zeit musste die Nutzung von Plattformen und digitalen Tools erlernt und getestet werden. Der Beitrag stellt exemplarisch Dienste und Werkzeuge von CLARIAH-DE vor und erläutert, wie die digitale Forschungsinfrastruktur Lehrende und Studierende auch im Rahmen der digitalen Lehre unterstützen kann.
Bislang gibt es keine akkuraten, repräsentativen Statistiken dazu, welche Sprachen in Deutschland gesprochen werden. Zwar wird in verschiedenen Erhebungen nach Muttersprachen oder nach zuhause gesprochenen Sprachen gefragt; aufgrund einiger Mängel im Erhebungsdesign bilden die Ergebnisse der vorliegenden Erhebungen jedoch die sprachliche Realität der in Deutschland lebenden Bevölkerung nicht angemessen ab. Im Beitrag wird anhand von drei Erhebungen gezeigt, dass bereits die Instrumente zur Erhebung von Sprache von Spracheinstellungen geprägt sind und dass dadurch die Gültigkeit der Ergebnisse stark eingeschränkt wird. Diese Mängel gelten für Sprachstatistiken im Hinblick auf die gesamte Bevölkerung Deutschlands – Kinder und Jugendliche eingeschlossen.
Die Vernetzung von Computern bewirkt die Entstehung eines Netzes aus Texten und, als Folge davon, sozialen Netzen von Nutzern dieser Texte als Schreibern und Lesern. Netzwerke sprachlicher Objekte gab und gibt es zwar auch ohne Digitalisierung und Vernetzung, jedoch weniger umfangreich und wesentlich schwerer, möglicherweise gar nicht in großer Menge analysierbar. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den verschiedenen Typen sprachlicher Netzwerke: Textgeweben, Interaktionsnetzwerken und sozialen Netzwerken. Es werden zentrale Begrifflichkeiten der Netzwerkanalyse erläutert und anhand von Beispielen gezeigt, wie sprachliche Kommunikation auf der Grundlage der Methoden der Netzwerkanalyse aus einer anderen, neuen Perspektive betrachtet werden kann.
Ist die Germanistik – oder besser: befinden sich die Deutschstudien insgesamt in den nordischen und baltischen Ländern ‚auf dem absteigenden Ast‘? Was die an vielen Orten der Region seit längerem rückläufige Zahl der Studierenden und die Anzahl der Deutschinstitute und -abteilungen an den Hochschulenbetrifft, kann dem in weiten Teilen kaum widersprochen werden. Aber gilt dies auch für die Qualität der Ausbildung und das sprachliche Niveau der Studienanfänger/innen? Und sägen die Deutschstudien in der Region durch zu wenig ansprechende Studienangebote nicht vielleicht selbst an dem Ast, auf dem sie sitzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Projekt UniStart Deutsch@NBL, das in diesem Beitrag vorgestellt wird.
Der Beitrag stellt zunächst einige allgemeine Überlegungen zu Kategorisierungen von Sprachen an. Dann werden die Sprachenvielfalt im Baltikum und Statistiken von Deutschsprechern vorgestellt, bevor verschiedene Studien zum Deutschen im Baltikum erläutert werden. Auf dieser Grundlage erfolgt eine Einordnung des Baltikums in Modelle der internationalen Stellung des Deutschen, mit deren Hilfe das Konzept Ergänzungssprache begründet wird. Schließlich werden einige Überlegungen dazu angestellt, welcher Nutzwert durch diese Konzeptualisierung entsteht.
Zum Geleit
(2021)
Neben den wissenschaftlichen Aufsätzen, die nach den Qualitätskriterien
der heute üblichen doppelt anonymen Begutachtung ausgewählt wurden, enthält das Heft drei Berichte – zu einer Tagung zur Mehrsprachigkeit in Tartu, zu einem interdisziplinären DaF-Projekt in Tallinn sowie zu einer Forschungsgruppe zu Sprachkompetenzen und Deutschlernmotivationen von Student/innen in den baltischen und nordischen Ländern. Das Heft wird schließlich durch zwei Rezensionen abgerundet.
Die Erforschung von Sprache im öffentlichen Raum (Linguistic Landscapes, LL) hat sich in den vergangen 20 Jahren als Teilgebiet der Soziolinguistik, der Semiotik und anderer Disziplinen fest etabliert. Der vorliegende Band gibt einen Überblick zu zentralen Ansätzen der LL-Forschung mit einem Bezug zur deutschen Sprache. Die Beiträge stellen aktuelle Studien aus dem deutschsprachigen Raum, zu Deutsch als Minderheitensprache sowie aus Ländern mit einer ausgeprägten DaF-Tradition vor. Sie thematisieren sprachstrukturelle und soziolinguistische ebenso wie didaktische, methodische und technologische Aspekte. Damit trägt der Band zu einer Systematisierung der deutschsprachigen LL-Forschung bei, gibt Impulse für internationale Diskussionen und benennt wichtige Desiderata.
This chapter starts out by giving a brief overview of the main priorities of international and German studies in the area of linguistic landscape research. The contributions to this volume are then embedded in current debates and developments in the field. Finally, we outline important desiderata of linguistic landscape research that focus on German and address challenges of knowledge transfer and application as well as possible contributions to international lines of research.
Vorwort
(2021)
This chapter discusses functions of the German language in the Linguistic Landscape (LL) of the Baltic states, with a focus on the Latvian capital Riga. For this end, it applies the "Spot German" approach (cf. Heimrath 2017) in the context of debates on the international role of German (cf. Ammon 2015). It argues that German is an "additional language of society" (cf. Marten 2017b), i.e. it is not a dominant language in the Baltics but can regularly be found in a variety of functions. These relate both to the historical role of German in the region (including its contemporary commodification) and to current relations between the Baltics and the German-speaking countries. These include tourism, business, or educational and political institutions, but also point to, e.g., discourses on the quality assigned to products from the German-speaking region. In this sense, the Baltic states are part of what may, in accordance with Kachru's (1985) 3-circle-model for English, be labelled as "extended circle" of German. At the same time, the chapter discusses how conclusions from Linguistic Landscape research can be used for understanding marketing both in and for the German language: On the one hand, German carries the potential of persuading customers to opt for a certain product. On the other hand, the abundance of situations where German can be "spotted" suggests that the LL may successfully be used for language-marketing purposes, as exemplified by a brochure and a poster created by the DAAD Information Centre for the Baltic states in Riga.
In den letzten Jahren haben sich einige Themen mit Bezug zur deutschen Sprache zu sprachpolitischen Kontroversen entwickelt, die heute mit großer Intensität diskutiert werden. Es handelt sich um Themen wie das der geschlechtergerechten Sprache, das durch verschiedene rechtliche und publizistische Impulse eine immer noch wachsende Präsenz in Medien und Öffentlichkeit besitzt. Auch das Thema des sogenannten politisch korrekten Sprachgebrauchs führt zu polarisiert geführten Debatten. Der vorliegende Beitrag will diese Debatten in ihren Grundzügen nachzeichnen und dabei zeigen, wie diese Themen vermittelt über die Medien und den «Verein Deutsche Sprache» ihren Weg bis in die politische Sphäre gefunden haben. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht ist es wichtig, die Grenzen des Politischen so zu ziehen, dass die Sprache selbst in derartigen Kontroversen keinen Schaden nimmt.
Besser als gedacht
(2021)
Das grammatische Wissen von Lehramtsstudierenden ist besser als gedacht. Im Basisartikel (s. Döring/Elsner in diesem Band) wird darauf verwiesen, dass Studien zeigten, dass bei Studierenden zu Studienbeginn das grammatische Wissen nicht in dem gewünschten Maße vorhanden ist und dass auch die universitäre Lehre keinen Ausgleich dieser Defizite bewirken muss. Dennoch bleibt die Frage, ob das, was in den Studien gemessen wird, nicht eher dem terminologischen Wissen entspricht, was bei Studienbeginn nicht vorhanden sein muss, weil der Grammatikunterricht viel zu lang zurückliegt und im Studienverlauf genau diese Termini entweder keine Rolle spielen oder kritisch diskutiert werden, sodass die Fragen auch nicht mehr so einfach beantwortet werden können. Hinter diesen Studien steckt doch letztlich die Frage, welcher Wissensbestand und welcher Wissenszuwachs gemessen werden soll und ob die verwendeten Methoden das geeignete Mittel darstellen. Daher möchten wir in diesem Kommentar aufzeigen, in welcher Weise unserer Meinung nach Lehramtsstudierende solide grammatische Kenntnisse aufweisen (können), in welcher Hinsicht epistemische Überzeugungen von Lehrenden einen Einfluss haben können und welche Aspekte in der unversitären Lehre (im Bereich der Grammatik) zusätzlich berücksichtigt werden sollten, um einen nachhaltigeren Lernerfolg zu ermöglichen. Dies ist durchaus als optimistischer Beitrag zu verstehen, insofern als sich die universitäre Hochschullehre für Lehramtsstudierende im Bereich der Grammatik im positiven Sinne auf den Weg gemacht hat.
As part of our project "German at Work: The Linguistic and Communicative Integration of Refugees" at the Leibniz-Institute for the German Language (Mannheim, Germany), we are conducting several ethnographic field studies to investigate the integration process of refugees into various professional fields. The guiding questions are which linguistic and communicative problems arise in workplace interactions between refugees and their colleagues and with which communicative practices the participants ensure mutual understanding. In the present article, we further focus on the question whether and how the professional trainers use the work interactions as opportunities for language mediation and which practices they use.
Argumentative Stützungen von diskursiven Geltungsansprüchen spielen im Rahmen von Diskursanalysen zu gesellschaftlich verhandelten Themen, wie ökologische Nachhaltigkeit, eine wichtige Rolle. Im vorliegenden Beitrag, der einen zentralen Aspekt der großangelegten diachronen Studie von Schwegler (2018) fokussiert vorstellt, wird ein diskurslinguistischer Ansatz zur Erfassung von Argumentationen und Werteverständnissen dargelegt, der Argumentgruppen inhaltlich bzw. thematisch unterscheidet – d. h. nicht mikro- oder makroformal analysiert – und gleichzeitig mittels eines framesemantischen Ansatzes über eine Argumentationsanalyse auf mittlerer Abstraktionsebene hinausgeht. So kann auch für vermeintlich konsensuelle Bereiche aufgedeckt werden, wie Konflikte latent innerhalb zentraler argumentativer Begriffe liegen. Identifizierte Argumentgruppen, wie hier beispielhaft Gerechtigkeit, sind dabei nicht genuin diskursspezifisch, spezifisch sind vielmehr die Kombinationen der Werteverständnisse, d. h. die Arten von Gerechtigkeit, an die argumentativ appelliert wird. Im deutschsprachigen Nachhaltigkeitskontext sind dies u. a. Fairness, Gleichheit (bzgl. Umweltgerechtigkeit oder Verfahrensgerechtigkeit), globale Gleichberechtigung, kosmische Gerechtigkeit (Schicksal), Reziprozität/Tauschgerechtigkeit sowie Gewohnheitsrecht oder Utilitarismus, die in kontrastiver Verwendung Konfliktpotenzial bergen.
Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung gehören zu den drängenden globalen Zielen unserer Zeit. Als interdisziplinäres und vielschichtiges Thema ist Nachhaltigkeit auch für die angewandte Linguistik hochrelevant – sei es mit Blick auf die diskursive Debattenkultur, neue mediale Formen der Partizipation oder Formen der Wissenskommunikation, wie die international entstandene Nachhaltigkeitskommunikation in Wirtschaft und Politik.
Korpora und Fremdsprachendidaktik haben – auch jenseits des angeleiteten oder selbstgesteuerten Arbeitens an den Daten – Berührungspunkte mit langer Tradition, durchaus mit nicht-digitalen Ausläufern, deren korpuslinguistische Dimensionen erst in den letzten Jahrzehnten erschlossen wurden. Worthäufigkeitszählungen, auch vergleichend, in beliebig großen oder auf bestimmte Bedürfnisse zugeschnittenen Datensammlungen lassen sich mit weiteren Metriken verknüpfen, die eine differenzierte Bewertung für die didaktische Relevanz ermöglichen. Kollokations-/Kookkurrenzanalysen helfen, typische Formulierungsmuster zu ermitteln. Dieser Beitrag stellt zunächst diese beiden Herangehensweisen dar. Das Manko der getrennten Betrachtung ist, dass keine der beiden isoliert ausreicht, um die Angemessenheit von Formulierungen zu bewerten hinsichtlich muttersprachlicher Natürlichkeit und Weiterentwicklung des Lernstands. Als Abhilfe wird eine Verknüpfung skizziert, die beide Perspektiven zusammenbringt.
In unserem Beitrag diskutieren wir Aspekte einer Forschungsdateninfrastruktur für den wissenschaftlichen Alltag auf Projektebene und argumentieren für eine Unterstützung von Projekten während der Erfassung und Bearbeitung von Daten, d. h. vor deren endgültiger Veröffentlichung. Dabei differenzieren wir zwischen Projekten, deren primäres Ziel es ist, eine Ressource aufzubauen (ressourcenschaffende Projekte, kurz RP) und solchen, die zur Beantwortung einer konkreten Forschungsfrage Daten sammeln und auswerten (Forschungsprojekte, kurz FP). Wir argumentieren dafür, dass bei den offenkundigen Unterschieden zwischen beiden Projektarten die grundsätzlichen Ansprüche an das alltägliche Forschungsdatenmanagement im Kern sehr ähnlich (wenn auch unterschiedlich akzentuiert und skaliert) sind. Diese Ähnlichkeit rührt nicht zuletzt daher, dass im Rahmen von FP gesammelte Daten in Bezug auf das Projektziel primär Mittel zum Zweck sein mögen, sie jedoch bereits im Arbeitsprozess in unterschiedlichem Maß von unterschiedlichen Beteiligten genutzt werden. Wir gehen konkret auf die Aspekte Datenorganisation und -verwaltung, Metadaten, Dokumentation und Dateiformate und deren Anforderungen in den verschiedenen Projekttypen ein. Schließlich diskutieren wir Lösungsansätze dafür, Aspekte des Forschungsdatenmanagements auch in (kleineren) Forschungsprojekten nicht post-hoc, sondern bereits in der Projektplanung als Teil der alltäglichen Arbeit zu berücksichtigen und entsprechende Unterstützung in der Forschungsinfrastruktur vorzusehen.
Der Beitrag beschreibt die Entwicklung und Anwendung des TEI-basierten ISO-Standards ISO 24624:2016 Transcription of spoken language, der seit einigen Jahren für gesprochensprachliche Forschungsdaten aus unterschiedlichen Kontexten eingesetzt wird. Ein standardisiertes Dateiformat ermöglicht Interoperabilität zwischen verschiedenen Werkzeugen und weiteren Angeboten von Datenzentren und Infrastrukturen. Durch die methodologisch fundierte Abwägung zwischen Standardisierung und Flexibilität kann der ISO/TEI-Standard zudem Forschungsdaten aus verschiedenen Forschungskontexten abbilden, und so interdisziplinäre Vorhaben erleichtern. Der Beitrag stellt einige Anwendungsbereiche aus dem Lebenszyklus gesprochensprachlicher Forschungsdaten vor, in denen auf dem ISO/TEI-Standard basierenden Erweiterungen existierender Softwarelösungen erfolgreich umgesetzt werden konnten, und zeigt weitere Beispiele für die zunehmende Verbreitung des Formats.
This study offers a contribution to the reception analysis of TV documentaries by focusing on viewer opinions expressed on social media. It analyses German and English comments from YouTube and Facebook in order to find out what aspects of documentaries the audience comments on. More specifically, it describes how the viewers evaluate strategies that the producers use for simplifying complex content while still creating an appealing and entertaining media product. The results imply that most viewers appreciate informative shows that are entertaining at the same time. They also show that viewers tend to focus on the music and image, rather than on the spoken text, and that documentaries where nature plays an important role are judged more positively than science and history documentaries.
This paper investigates the use of linking adverbs in adversative constructions in German and Italian. In Italian those constructions are very frequently formulated with adverbs such as invece, while wordings without a lexical connective are more typical of German. Corpus data show that the syntactic und semantic conditions favouring the use of adversative adverbs are by and large the same in both languages. Lexical connectives can increase explicitness when the intended adversative interpretation is not obvious on other grounds. The higher frequency of adversative adverbs in Italian is shown to be a consequence of the more restrictive rules of the placement of prosodic accent.
Im E-Wörterbuch „Paronyme – Dynamisch im Kontrast“ werden erstmals leicht verwechselbare Ausdrücke, sogenannte Paronyme (z.B. autoritär / autoritativ, speziell / spezial), in kontrastiven und dynamischen Einträgen beschrieben. Auf zwei Beschreibungsebenen verzahnt es lexikalische Angaben mit enzyklopädischen bzw. konzeptuell-orientierten Details. Korpusanalytische Auseinandersetzungen zeigen, wie stark der Gebrauch einiger Paronyme von den Beschreibungen in traditionellen Lehr- und Nachschlagewerken abweicht. Aber Korpusdaten deuten ebenso auf sprachliche Varianz und Wandel hin, die in speziellen Rubriken festgehalten werden. Neben der Vorstellung des Wörterbuches steht die Frage im Vordergrund, wie die Informationen systematisch aus den Daten gewonnen, analysiert und redaktionell ausgewertet werden, um als Bedeutungs-, Kollokations-, Konstruktions-, Referenz- und Domänenangaben jedes Stichwort so genau wie möglich beschreiben zu können.
In unserem Beitrag diskutieren wir Aspekte einer Forschungsdateninfrastruktur für den wissenschaftlichen Alltag auf Projektebene und argumentieren für eine Unterstützung von Projekten während der Erfassung und Bearbeitung von Daten, d. h. vor deren endgültiger Veröffentlichung. Dabei differenzieren wir zwischen Projekten, deren primäres Ziel es ist, eine Ressource aufzubauen (ressourcenschaffende Projekte, kurz RP) und solchen, die zur Beantwortung einer konkreten Forschungsfrage Daten sammeln und auswerten (Forschungsprojekte, kurz FP). Wir argumentieren dafür, dass bei den offenkundigen Unterschieden zwischen beiden Projektarten die grundsätzlichen Ansprüche an das alltägliche Forschungsdatenmanagement im Kern sehr ähnlich (wenn auch unterschiedlich akzentuiert und skaliert) sind. Diese Ähnlichkeit rührt nicht zuletzt daher, dass im Rahmen von FP gesammelte Daten in Bezug auf das Projektziel primär Mittel zum Zweck sein mögen, sie jedoch bereits im Arbeitsprozess in unterschiedlichem Maß von unterschiedlichen Beteiligten genutzt werden. Wir gehen konkret auf die Aspekte Datenorganisation und -verwaltung, Metadaten, Dokumentation und Dateiformate und deren Anforderungen in den verschiedenen Projekttypen ein. Schließlich diskutieren wir Lösungsansätze dafür, Aspekte des Forschungsdatenmanagements auch in (kleineren) Forschungsprojekten nicht post-hoc, sondern bereits in der Projektplanung als Teil der alltäglichen Arbeit zu berücksichtigen und entsprechende Unterstützung in der Forschungsinfrastruktur vorzusehen.
The paper presents research results emerging from the analysis of Intelligent Personal Assistants (IPA) log data. Based on the assump-tion that media and data, as part of practice, are produced and used cooperatively, the paper discusses how IPA log data can be used to analyze (1) how the IPA systems operate through their connection to platforms and infrastructures, (2) how the dialog systems are de-signed today and (3) how users integrate them into their everyday social interaction. It also asks in which everyday practical contexts the IPA are placed on the system side and on the user side, and how privacy issues in particular are negotiated. It is argued that, in order to be able to investigate these questions, the technical-institutional and the cultural-theoretical perspective on media, which is common in German media linguistics, has to be complemented by a more fun-damental, i.e. social-theoretical and interactionist perspective.
Dictionary usage research views dictionaries primarily as tools for solving linguistic problems. A large proportion of dictionary use now takes place online and can thus be easily monitored using tracking technologies. Using the data gathered through tracking usage data, we hope to optimize user experiences of dictionaries and other linguistic resources. Usage statistics are also used for external evaluation of linguistic resources. In this paper, we pursue the following three questions from a quantitative perspective: (1) What new insights can we gain from collecting and analysing usage data? (2) What limitations of the data and/or the collection process do we need to be aware of? (3) How can these insights and limitations inform the development and evaluation of linguistic resources?
Dieser Beitrag beschreibt Varietäten des Deutschen, die in exterritorialen deutschen Gemeinschaften gesprochen werden. Viele dieser Gruppen gehen auf Wanderbewegungen im Mittelalter oder in der frühen Neuzeit zurück und haben spezifische Varietäten entwickelt, die durch Dialektmischung und Sprachkontakt mit den Umgebungssprachen gekennzeichnet sind. Eine weitere Gruppe sind sogenannte „Grenzminderheiten“, exterritoriale Gemeinschaften, die nach dem Ersten Weltkrieg entstanden sind und an deutschsprachige Länder angrenzen. Der Artikel gibt zunächst einen historischen Überblick über die verschiedenen deutschsprachigen Minderheiten. Anschließend werden die unterschiedlichen soziolinguistischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Sprachgemeinschaften angesprochen und anhand von Beispielen von Gemeinschaften mit unterschiedlichem soziolinguistischem und sprachlichem Hintergrund illustriert.
Instruieren in kreativen Settings – wie Vorgaben der Regie durch Schauspielende ausgestaltet werden
(2021)
Instruktionen sind darauf angelegt, ein festgelegtes Ergebnis zu erzielen, v.a. in instrumentellen Arbeitskontexten oder Lehr-Lern-Settings. In kreativen Settings dagegen existieren häufig keine klar definierten Lerninhalte. Das Endprodukt und der Weg dorthin werden vielmehr bewusst offen gehalten, um Kreativität zu ermöglichen. Trotzdem machen Instruktionen auch in kreativen Settings einen Großteil der Äußerungen aus. Wir zeigen an zwei typischen Fällen aus Theaterproben, wie Instruktionen in kreativen Settings Neues hervorzubringen vermögen. Regisseur*innen arbeiten mit relativ offenen Rahmeninstruktionen, die von Schauspielenden in Folgehandlungen auszugestalten sind. Instruierte Handlungen haben so ein hohes Potenzial an Eigeninitiative und liefern die Grundlage für Regisseur*innen, um Aspekte des vorgängigen Spiels der Schauspieler*innen affirmativ aufzugreifen, die sie selbst zuvor so nicht instruiert haben. Diese Selektionen der Regie greifen einen Teil des dargebotenen Schauspiels auf und machen es für das zukünftige Handeln verbindlich. Unsere Studie untersucht, wie Instruktionen Folgehandeln evozieren, auf das sie selbst wiederum aufbauen. Grundlage ist ein Korpus von 800 Stunden Videoaufnahmen von Theaterproben.
With recourse to a broader understanding of the concept of translation, the transfer of source texts in one variety into another variety of the same language can also be called translation. This paper focuses on the target language – or rather – the target variety “easy-to-read language”, which is meant to make texts comprehensible for people with communication limitations. Considering its origins in the disability rights movement, the aim is to inform affected persons about their rights and democratic processes, i.e. to translate especially legal texts into the so-called easy-to-read language. Although there is a whole range of rules and guidelines for formulating in easy-to-read language, ”none offers a sufficient approach for translation into easy-to-read language“ (Bredel & Maaß, 2016a, p. 109). Standardization of the variety is also still a long way off. On the one hand, the contribution takes stock of legal regulations in easy-to-read language. On the other hand, four versions of the Federal Participation Law in easy-to-read language are analysed with regard to their external features and the constructions used to explain technical terminology. The analysis shows that legal texts in easy-to-read language are (still) quite limited in number and are also difficult to find. Concerning the second part, the constructions used exhibit a great structural variance, both intra- and intertextually. It is therefore questionable whether the addressees can access the texts independently. Also, it is still necessary to make the rules, the formulations of the rules and the implementations clearer so that the translations fulfil their function.
Der Beitrag widmet sich der Ausgestaltung von Instruktionen und Aufforderungen zum rückwärts Einparken im theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht in Abhängigkeit von den Eigenschaften der jeweiligen Unterrichtssituation. Verglichen werden dazu Instruktionssequenzen aus drei Vermittlungstypen: 1. die Instruktion anhand einer software-gestützten Einparksimulation im Theorie-Unterricht, 2. die Instruktion anhand einer Modellautodemonstration im Fahrschulauto, und 3. der direkt angeschlossene erste praktische Übungsvorgang. Eine Untersuchung der grammatischen Ausgestaltung der Instruktionen und der verkörperten Handlungen zeigt eine besondere Funktion der Modellautodemonstration: Dieser Vermittlungstyp vereint Aspekte sowohl der Unterrichtssituation im Fahrschulraum als auch im fahrenden Auto. Die Orientierungspunkte am Modell werden mit denen des 'realen' Autos und seiner Umgebung verbunden. Dabei offenbart sich in den Instruktionen und Aufforderungen ein Kontinuum von Theorie und Praxis, dessen Ausprägungen maßgeblich von der (Ent-)Kopplung bezüglich der Anwendungssituation und der (Nicht-)Mobilität des Autos abhängen. Die Untersuchung zeigt, wie grammatische und multimodale Formen an ihren lokalen und situativen Kontext angepasst und interpretiert werden.
Das Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch (FOLK) ist mit seinem Design bislang vornehmlich auf Nutzergruppen aus der sprachwissenschaftlichen Forschung ausgerichtet, prinzipiell aber auch hervorragend dafür geeignet, für die Nutzung im handlungsorientierten DaF- (und eventuell auch DaZ-)Unterricht fruchtbar gemacht zu werden. Lehrende und Lernende des Deutschen als Fremd- oder Zweitsprache bilden eine gesellschaftlich zunehmend relevante Zielgruppe und auch einen beträchtlichen Anteil der registrierten NutzerInnen des Korpus. Im vorliegenden Beitrag soll daher anhand eines exemplarischen Annotationsprojekts gezeigt werden, inwiefern die besonderen Ressourcen und Potentiale von FOLK für den DaF-Unterricht und dort speziell für den Aspekt des authentischen, kompetenten sprachlichen Handelns in Interaktion sinnvoll aufbereitet und schrittweise zugänglicher gemacht werden können.
Semiotische Medientheorien
(2021)
Das vorliegende Themenheft bündelt theoretische, methodologische und empirische Debatten an der Schnittstelle von Zeichen, Zeichensystem, Zeichenmodalität/-materialität und Medium und möchte sie weiterführen. Die Beiträge befassen sich mit Fragen der begrifflichen und empirischen Grenzziehung zwischen Zeichen und Medien und liefern so Impulse für die Erforschung des Wechselspiels der Gegenstandsbereiche Zeichenhaftigkeit, Medialität und Materialität als Manifestation multimodaler Kommunikation. Ziel des Heftes ist es, die theoretischen und empirischen Diskussionen um Multimodalität und Medialität stärker aufeinander zu beziehen.
Die LeGeDe-Ressource: korpusbasierte lexikografische Einblicke und anwendungsorientierte Ausblicke
(2021)
Der Beitrag stellt die lexikografische Online-Ressource LeGeDe, den ersten korpusbasierten Prototypen für Besonderheiten der Lexik des Deutschen in der Interaktion vor. Dabei werden sowohl die Herausforderungen an das innovative Projekt thematisiert als auch Möglichkeiten für einen anwendungsorientierten Nutzen im DaF- und DaZ-Bereich diskutiert und als Ausblick Desiderata für die weitere Beschäftigung mit der lexikografischen Kodifizierung gesprochensprachlicher Spezifika des Deutschen aufgezeigt.
Ist der Explorator ein Störfaktor? Zu den methodischen Grenzen festgeschriebener Aufnahmedesigns
(2021)
Im vorliegenden Beitrag soll das Störpotenzial des Explorators in festgeschriebenen Aufnahmedesigns näher beleuchtet werden. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, wann und unter welchen Bedingungen ein Explorator stört bzw. stören kann, und ob es sich tatsächlich um eine Störung handelt oder ob er nicht vielleicht auch positive Funktionen und Folgen für eine Datenerhebung mit sich bringt.
Die Corona-Pandemie betrifft fast alle Facetten des öffentlichen Lebens und hat nicht nur erhebliche Auswirkungen auf den persönlichen Umgang miteinander, sondern beherrscht auch die Berichterstattung im großen Stil. In unserem Beitrag wollen wir zeigen, welche lexikalischen Spuren oder Trends der Coronakrise wir in der deutschen Online-Nachrichtenberichterstattung beobachten können, obwohl wir uns noch mitten in der Pandemie zu befinden scheinen. „Lexikalische Spuren“ bedeutet, dass wir z.B. die am häufigsten verwendeten Wörter, Wortbildungsprodukte rund um „Corona“ oder Häufigkeitskurven einzelner Wortformen analysieren. Auf der Grundlage von Online-Nachrichtenberichten aus 13 deutschsprachigen Quellen, die seit Anfang 2020 gesammelt wurden, zeigen wir unter anderem, wie über wöchentliche Übersichten der am häufigsten verwendeten Wörter zu sehen ist, wann die Corona-Pandemie zum dominierenden Thema in der Nachrichtenberichterstattung wird; wie eine wahre Explosion von Wortbildungsprodukten mit „Corona“ wie „Vor-Corona-Gesellschaft“ oder „Post-Corona Zukunft“ beobachtet werden kann, wie andere Themen – z.B. der Fußball – durch Corona verdrängt werden, wie sich die Diskussion um Auswege aus dem Lockdown in den Daten widerspiegelt, oder wie prominente Virolog/-innen in die gleiche „Frequenzliga“ wie Politiker/-innen aufsteigen.