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Der vorliegende, in das Themenheft einführende Text will einen Überblick über die Ursprünge, die wesentlichen Entwicklungen und die Perspektiven dieses jungen Forschungsgebietes geben. Er ist zunächst wissenschaftshistorisch angelegt, wird also zu Beginn auf einige Vorläuferstudien verweisen und dann versuchen, die Entwicklung der Auseinandersetzung mit den LL in ihren Grundlinien darzustellen und zentrale Themen und Anwendungsfelder, Methoden sowie Begriffe und Termini vorstellen. Im letzten Teil wird auf Forschungsdesiderate bzw. -perspektiven verwiesen. Dabei wird auch immer wieder die Relevanz dieses Ansatzes für den Deutschunterricht und andere Lehrsituationen angesprochen.
Dieser Aufsatz diskutiert die Frage, inwieweit Unserdeutsch sich aus soziohistorischer und sprachstruktureller Perspektive in die Kategorie Kreolsprache einfügt. Als tertium comparationis dienen dabei Merkmale, die in der einschlägigen Literatur prominent als charakteristisch für Kreolsprachen angenommen werden. Es zeigt sich, dass Unserdeutsch trotz einer Reihe atypischer Entstehungsumstände, die auf den ersten Blick eine große strukturelle Nähe zum deutschen Superstrat, damit ein relativ akrolektales Kreol erwarten ließen, verhältnismäßig gut mit dem Muster eines Average Creole, wie es sich etwa aufgrund der Daten des „Atlas of Pidgin and Creole Language Structures“ (Michaelis et al. 2013) abzeichnet, harmoniert. Eine mögliche Erklärung findet diese augenfällige Diskrepanz in der primären Funktion von Unserdeutsch als Identitätsmarker und der linguistischen Struktur seiner Substratsprache Tok Pisin.
Der Artikel widmet sich den politischen Fernsehinterviews im Ukrainischen und Deutschen aus der Perspektive der Persönlichkeit des Interviewers und der Schwierigkeiten, die vor und während des Fernsehinterviews auftreten. Kommunikative Abweichungen (Deviationen) werden als Unterschiede in den Erwartungen des Interviewers im Vergleich zu den Erwartungen des Befragten und des Adressaten aufgezeigt und analysiert. Besonderes Augenmerk wird auf das Beziehungsdreieck, bestehend aus Interviewer, Befragter und Adressat, gelegt. Bei der Beziehung zwischen diesen drei Größen spielen die Elemente Alter, Geschlecht, Status, Wissen, Interessen und Erwartungen eine wichtige Rolle und tragen zum Erfolg des Interviews bei. Dementsprechend übernimmt der Journalist drei Rollen: als Vertreter des Publikums, als Promotor des Eingeladenen (des Befragten) oder als Vertreter von sich selbst. Durch kommunikative Deviationen werden die Unterschiede in den Erwartungen der Kommunikatoren in einem Interview verstanden. In diesem Artikel wird nur auf die Abweichungen in den Fernsehinterviews in beiden Sprachen eingegangen, wenn der Interviewer andere Erwartungen an das Interview hat als der Befragte oder der Adressat (der Zuschauer), was für das erste ein Misserfolg ist, d.h. für den Interviewer. Es werden kommunikative Abweichungen des Interviewers gegenüber dem Befragten und dem Adressaten skizziert und die Strategien zur Überwindung von Misserfolgen eines Fernsehinterviews vorgeschlagen. Kommunikative Abweichungen als Verstöße gegen die Erwartungen des Interviewers in all seinen Erscheinungsformen können vermieden oder zumindest reduziert werden, wenn alle Elemente der Kommunikation auf informativer und emotionaler und sehr oft auf kommunikativ-situativer Ebene samt technischen Besonderheiten berücksichtigt werden.
Nonnative accents are prevalent in our globalized world and constitute highly salient cues in social perception. Whereas previous literature has commonly assumed that they cue specific social group stereotypes, we propose that nonnative accents generally trigger spontaneous negatively biased associations (due to a general nonnative accent category and perceptual influences). Accordingly, Study 1 demonstrates negative biases with conceptual IATs, targeting the general concepts of accent versus native speech, on the dimensions affect, trust, and competence, but not on sociability. Study 2 attests to negative, largely enhanced biases on all dimensions with auditory IATs comprising matched native–nonnative speaker pairs for four accent types. Biases emerged irrespective of the accent types that differed in attractiveness, recognizability of origin, and origin-linked national associations. Study 3 replicates general IAT biases with an affect IAT and a conventional evaluative IAT. These findings corroborate our hypotheses and assist in understanding general negativity toward nonnative accents.
Dieser Beitrag stellt einen Versuch dar, ein graphematisches Prinzip auf Handschriften anzuwenden und argumentiert, dass die Betrachtung von Handschriften unterstützende Evidenzen für graphematische Theorien liefern kann. Exemplarisch wird dazu die graphematische Längenhierarchie ausgewählt. Die Längenhierarchie ist ein gut beschriebenes Phänomen in der deutschen Schriftsprache. Bislang wurde sie jedoch nur für Druckschriften aufgestellt. Der vorliegende Artikel untersucht die Möglichkeit, eine Längenhierarchie für Handschriften aufzustellen und stützt sich dabei besonders auf die Schulausgangsschriften. Insbesondere werden Unterschriften betrachtet, die als eine Extremform der Handschriftlichkeit interpretiert werden. Ich gehe davon aus, dass nichts so häufig handgeschrieben wird wie die eigene Unterschrift und dass deshalb dort Prinzipien eines „ökonomischen Schreibens“ am deutlichsten auftreten werden, d.h. dass die Schreibungen, die besonders wichtig für das Lesen sind auch besonders deutlich geschrieben werden und die rezeptiv vernachlässigbaren Strukturen weniger deutlich. Hierzu wird die Alltagsbeobachtung analysiert, dass in Unterschriften oft die langen Buchstaben besonders deutlich und die kompakten Buchstaben eher undeutlich produziert werden, sie werden nivelliert. Es zeigt sich, dass die Häufigkeiten der Nivellierungen jedes Buchstabens auf eine skalare Verteilung der Buchstaben hindeuten. Damit wird die Idee einer Längenhierarchie und einer graphematischen Silbe als Leseerleichterung gestützt.
Digitale Medien haben zu einer folgenreichen Veränderung politischer Diskurse beigetragen: Bürgerinnen und Bürger haben nunmehr die Möglichkeit eines direkten und permanenten Dialogs mit politisch Agierenden. Diese wiederum haben soziale Netzwerke als „wirkungsvolle Kommunikationsform für sich entdeckt“ (Kneuer 2017, S.46). Damit haben sich auch die politischen Partizipationsmöglichkeiten verändert. Neben den konventionellen Partizipationsformen erfahren die Bürgerinnen und Bürger nach der Erweiterung in den 1960er Jahren durch nicht institutionalisierte Formen (Woyke 2013) heute eine weitere Form der politischen Teilhabe durch digitale Medien.
Cette contribution propose une analyse qualitative et quantitative des reformulations sur des données interactionnelles. Pour la constitution du corpus d’étude, nous nous appuyons sur un outil de détection automatique des hétéro-répétitions, considérées comme indices de reformulation. Après avoir illustré les éléments qui ont présidé à la conception de l’outil, nous présentons le paramétrage de cette ressource, que nous avons testée sur quatre enregistrements de la base de données CLAPI. Cette étude souligne la pertinence de l’approche interactionnelle dans l’analyse des hétéro-répétitions, en en montrant les fonctionnalités multiples, notamment dans les pratiques de reformulation dans la conversation.
As open class repair initiators (OCRIs, e.g., “what” or “huh”) do not specify the type of repairable, choosing an adequate repair format in the next turn becomes a practical problem for the participants. Whereas in monolingual/L1 speaker conversations participants typically orient towards troubles caused by reduced acoustic intelligibility or by topical/sequential disjunction, in multilingual/L2 interactions possible problems regarding asymmetric language choices and skills can be added – and might be responded to accordingly. Based on videotaped international business meetings and interactions at a customs post, this paper investigates various open class and embodied other-initiations of repair. By means of a conversation analytical and multimodal approach to social interaction, this contribution focuses first on instances of audible OCRIs and illustrates that they are accompanied by embodied conduct. Second, two types of embodied other-initiation of repair are scrutinized: a lifted eyebrows/head display and a freeze display in which movements are suspended. The analysis shows that participants treat these as referring either to troubles in hearing (display 1) or to troubles in understanding the linguistic format (display 2). This leads to the formulation of further desiderata and analytical challenges regarding the multimodal other-initiation of repair in general and in professional international settings in particular.
Dieser Beitrag widmet sich der Analyse des Zusammenspiels sprachlich-hörbarer und sichtbar-kinesischer Praktiken, die beim alltäglichen Erzählen eingesetzt werden. Im Rahmen einer konversationsanalytisch basierten Untersuchung von Videoaufnahmen deutscher Alltagsgespräche wird die Bandbreite alltäglicher narrativer Praktiken in der face-to-face-Kommunikation aufgezeigt. Dies erfolgt exemplarisch anhand zweier Beispiele, in denen Einstieg, Ausgestaltung sowie Beendigung der Erzählung unter unterschiedlichen sequentiellen und multimodalen Bedingungen vollzogen werden. Die Untersuchung unterstreicht einerseits die Indexikalität alltäglicher narrativer Praktiken, andererseits die Notwendigkeit einer interaktionalen Narratologie, die diese Praktiken als Produkt sprachlicher, verkörperter und räumlicher Ressourcen sowie der Zusammenarbeit mehrerer Teilnehmer analysiert und konzeptualisiert.
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Erzählen in seiner massenmedialen Vermittlung in einer Unterhaltungsendung im Fernsehen. Ziel ist es, anhand einer multimodalen und medienlinguistischen Analyse eines exemplarischen Ausschnitts aus der TV-Unterhaltungssendung "Zimmer frei" die Spezifik solcher massenmedialen Erzählungen herauszuarbeiten. Zum einen wird aufgezeigt, dass sich massenmediales Erzählen in seinem sequenziellen Auf- und Ausbau aufgrund seiner Einbindung in ein mediales Unterhaltungsformat in systematischer Weise von Alltagserzählungen unterscheidet. Zum anderen wird veranschaulicht, inwieweit theatrale Inszenierungs- und Aufführungsmittel der Fernsehproduktion die Aktivität des Erzählens mitkonstituieren. Erzählungen im Fernsehen, so die analyseleitende Prämisse, können nicht schlicht als durch das Fernsehen übertragene narrative Aktivitäten konzeptualisiert werden. Vielmehr sind sie durch eine mediale Theatralität mitgeprägt. (Para)verbale, körperliche und mediale Inszenierungs- und Aufführungsverfahren greifen konzertiert ineinander, um Erzählungen als "dramas to an audience" (Goffman 1974:508) hervorzubringen.
Bisherige linguistische Studien zum mündlichen Erzählen beziehen sich vornehmlich auf die Beschreibung verbaler und vokaler Verfahren. Erzählen findet jedoch häufig unter den Bedingungen der zeitlich-räumlichen Ko-Präsenz der SprecherInnen statt, die den Gebrauch von körperlichen und materiellen Ressourcen ermöglicht. Der vorliegende einleitende Beitrag des Themenheftes modelliert Erzählen daher als körpergebundene und verkörperlichte Praktik, die es im Rahmen von interaktionalen und sequenzorientierten Analyseansätzen zu beschreiben gilt. Im Anschluss an die Darstellung von Entwicklungslinien der soziolinguistischen und interaktional-gesprächsanalytischen Untersuchung konversationellen Erzählens wird ein Überblick über bisherige Befunde zur multimodalen Ausgestaltung des Erzählens in der face-to-face-Interaktion gegeben. Abschließend werden grundlegende Fragestellungen skizziert, deren Beantwortung im Rahmen einer multimodalen Erzählanalyse die tatsächliche Alltagspraxis des Erzählens umfassender zu erschließen vermag.
This study investigates the language used by six German Gangsta rappers to establish and maintain their identity and authenticity as rappers, in songs released between 2015 and 2016. Gangsta rap is a subgenre of Hip-Hop that emphasises ‘the rappers’ street credibility in texts describing tough [urban] neighbourhoods, violence, misogyny, and the achievement of material wealth’ (Bower 379). The culture of Gangsta rap attracts overwhelmingly negative mainstream media coverage (Muggs; Roper) and is often accused of corrupting ‘standard’ language (Krummheuer). The lyrical content of the songs is indeed controversial and has been previously covered by many academics (Byrd; Littlejohn and Putnam; Bower; Rollefson), as has the emergence of Hip-Hop in Germany (Elflein; Pennay; Nitzsche and Grünzweig).
This paper aims to describe different patterns of syntactic extensions of turns-at-talk in mundane conversations in Czech. Within interactional linguistics, same-speaker continuations of possibly complete syntactic structures have been described for typologically diverse languages, but have not yet been investigated for Slavic languages. Based on previously established descriptions of various types of extensions (Vorreiter 2003; Couper-Kuhlen & Ono 2007), our initial description shall therefore contribute to the cross-linguistic exploration of this phenomenon. While all previously described forms for continuing a turn-constructional unit seem to exist in Czech, some grammatical features of this language (especially free word order and strong case morphology) may lead to problems in distinguishing specific types of syntactic extensions. Consequently, this type of language allows for critically evaluating the cross-linguistic validity of the different categories and underlines the necessity of analysing syntactic phenomena within their specific action contexts.
Several studies have examined effects of explicit task demands on eye movements in reading. However, there is relatively little prior research investigating the influence of implicit processing demands. In this study, processing demands were manipulated by means of a between-subject manipulation of comprehension question difficulty. Consistent with previous results from Wotschack and Kliegl, the question difficulty manipulation influenced the probability of regressing from late in sentences and re-reading earlier regions; readers who expected difficult comprehension questions were more likely to re-read. However, this manipulation had no reliable influence on eye movements during first-pass reading of earlier sentence regions. Moreover, for the subset of sentences that contained a plausibility manipulation, the disruption induced by implausibility was not modulated by the question manipulation. We interpret these results as suggesting that comprehension demands influence reading behavior primarily by modulating a criterion for comprehension that readers apply after completing first-pass processing.
This paper offers an exploratory Interactional Linguistic account of the role that inferences play in episodes of ordinary conversational interaction. To this end, it systematically reconsiders the conversational practice of using the lexico-syntactic format oh that’s right to implicitly claim “just-now” recollection of something previously known, but momentarily confused or forgotten. The analyses reveal that this practice typically occurs as part of a larger sequential pattern that the participants orient to and which serves as a procedure for dealing with, and generating an account for, one participant’s production of an inapposite action. As will be shown, the instantiation and progressive realization of this sequential procedure requires local inferential work from the participants. While some facets of this inferential work appear to be shaped by the particular context of the ongoing interaction, others are integral to the workings of the sequence as such. Moreover, the analyses suggest that participants’ understanding of oh that’s right as embodying an implicit memory claim rests on an inference which is based on a kind of semanticpragmatic compositionality. The paper thus illustrates how inferences in conversational interaction can be systematically studied and points to the merits of combining an interactional and a linguistic perspective.
Strategien zur Förderung von Mehrsprachigkeit in Deutschlehrwerken für die italienische Scuola Media
(2018)
Mehrsprachigkeitsdidaktik hat sowohl in der Fachdiskussion als auch in den Dokumenten des italienischen Bildungsministeriums eine neue Gewichtung bekommen. Deswegen sollte der Aufbau einer mehrsprachigen Kompetenz ein wichtiger Baustein des Fremdsprachenunterrichts werden. Da Lehrer Lehrwerke als Leitfaden, quasi als „Lehrplan“ benutzen, spielen diese eine wichtige Rolle in der Entwicklung von mehrsprachigem Unterricht. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, die Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache der 1. Klasse der italienischen Scuola Media zu analysieren, um zu untersuchen, inwieweit Mehrsprachigkeit gefördert wird, da die italienischen Schüler in dieser Klasse zum ersten Mal eine weitere Fremdsprache nach Englisch lernen. Nach einem theoretischen Überblick über wichtige Fragen und Diskussionsfelder zur Mehrsprachigkeitsdidaktik sowie zu Lehrwerken und Lehrwerkanalysen werden die für diese Arbeit formulierten Forschungsfragen thematisiert. Die Ergebnisse werden abschließend präsentiert und diskutiert.
Inequalities between men and women are common and well-documented. Objective indexes show that men are better positioned than women in societal hierarchies—there is no single country in the world without a gender gap. In contrast, researchers have found that the women-are-wonderful effect—that women are evaluated more positively than men overall—is also common. Cross-cultural studies on gender equality reveal that the more gender egalitarian the society is, the less prevalent explicit gender stereotypes are. Yet, because self-reported gender stereotypes may differ from implicit attitudes towards each gender, we reanalysed data collected across 44 cultures, and (a) confirmed that societal gender egalitarianism reduces the women-are-wonderful effect when it is measured more implicitly (i.e. rating the personality of men and women presented in images) and (b) documented that the social perception of men benefits more from gender egalitarianism than that of women.
Aversion to loanwords may express itself in various ways: deliberate and motivated by ideology of linguistic purism or more implicit and motivated by the strength of one’s national identification and ethnolinguistic vitality. A study of Polish philology students assessed their tendency to choose loanwords versus synonymous native words. The results supported a two-path model of linguistic purism. Social identity (strength of identification) directly predicted avoidance of loanwords, whereas ideological concerns (conservative political views) predicted it indirectly, through purist ideology.