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Die Rolle der antizipatorischen Verstehensdokumentation erweist sich in den Interviews aus dem Israelkorpus m. E. als besonders wichtig. Es wird von der Tatsache ausgegangen, dass es sich bei den Informanten um Personen mit besonders delikaten biographischen Hintergründen handele. Die Interviewerinnen müssen demzufolge mit der starken emotionalen Belastung rechnen, der die Interviewten während der Rekonstruktion ihrer Lebensgeschichte ausgesetzt sind. Ein sehr direkter Frage-Antwort-Stil könnte wegen dieser emotionalen Belastung als unangenehm empfunden werden. Der Einsatz von Verfahren antizipatorischer Verstehensdokumentation weist stattdessen m. E. eindeutig darauf hin, wie sich die Interviewerinnen offensichtlich um Empathie bemühen und im Sinne einer intersubjektiven Inreraktionskonstitution mit den Interviewten kooperieren. Ziel dieses Beitrages ist es zu zeigen, wie solche Verfahren der antizipatorischen Verstehensdokumentation durch den systematischen Einsatz der Konnektoren und, also, dann realisiert werden können.
Dieses Kapitel befasst sich mit dem Zusammenspiel von Raum und Interaktion und konzentriert sich auf die dynamischen Organisationsformen sozialer Handlungen unter Berücksichtigung verbaler und sichtbarer Ressourcen. Durch die Untersuchung eines spezifischen Settings – professionelle Interaktionen in einem Radiostudio – werden wir empirisch beschreiben und konzeptualisieren, wie ein gebauter bzw. stark architekturierter Raum im Rahmen institutioneller Praktiken genutzt und relevant gesetzt wird. So soll zu aktuellen Überlegungen zu Interaktionsraum und -architektur, zu Raum als Ressource sowie als materiellem Umfeld beigetragen werden. Unsere ethnomethodologische und konversationsanalytische Perspektive wird von aktuellen Debatten über den sogenannten spatial turn in der interaktionalen Forschung beeinflusst (Kap. 1.1). Auf Grundlage eines in einem Radiostudio erstellten Videokorpus (Kap. 1.2) wird zunächst die Verbindung zwischen einem architektonisch und technologisch komplexen Umfeld und dem interaktionalen Handeln der Teilnehmer skizziert (Kap. 2.1, Kap. 2.2). Es folgt die detaillierte Analyse eines Einzelfalls (Kap. 3), in dem die Radiomoderatoren einen Text für den nächsten Sendeabschnitt vorbereiten. Hier werden die räumlichen Charakteristika sichtbar, die bei der Arbeit nach und nach relevant gesetzt werden (Kap. 4).
Der Beitrag diskutiert das Konzept sprachlicher Praktiken am Beispiel des Planens in kollaborativem beruflichem Schreiben. Gestützt auf eine Fallstudie aus großen Korpora natürlicher empirischer Daten, werden Praktiken herausgearbeitet, die flexibles Planen im dynamischen System der Textproduktion ermöglichen. Deutlich wird, dass die Praktiken wie auch die durch sie geprägten Schreibphasen skalieren, also ähnliche Muster bilden im Kleineren wie im Größeren. Ein solches Verständnis von Planen geht weit über den Planungsbegriff in bisherigen Modellen von Schreibprozessen hinaus. So erweist sich empirische Forschung am Arbeitsplatz als gewinnbringend auch für die theoretische Schärfung des Praktiken-Konzepts. Schreiben als Prozess der Herstellung schriftsprachlicher Äußerungen wurde früh aus sprachpsychologischem Blickwinkel erforscht und modelliert. Bedeutende Phasen und Praktiken des natürlichen Schreibens, außerhalb psychologischer Laborexperimente, sind durch die Dominanz dieser Forschungstradition lange außer Acht geblieben. Der vorliegende Beitrag entwickelt ein dynamisches und komplexes Konzept von Schreibphasen und den sie bestimmenden Praktiken beruflicher Textproduktion (Teil 1). Linguistisch basierte ethnografische Forschung (2) erschließt Schreiben jenseits des Labors als vielschichtiges Zusammenspiel situierter Praktiken im dynamischen System arbeitsteiliger Textproduktion (3). Ein Beispiel einer Analyse erklärt, wie Praktiken flexiblen Planens im Nachrichtenschreiben skalieren (4). Deutlich wird dabei der Sinn empirischer Analyse von Schreibphasen und -praktiken für Theorie und Praxis (5).
Der Beitrag plädiert dafür, die Interaktionale Linguistik stärker für modellorientierte Forschung und datengeleitete Methoden zu öffnen. Er stellt eine Methode vor, wie auf der Basis von Korpora datengeleitet Praktiken rekonstruiert und modelliert werden können. Ausgehend von einer Diskussion der tiefgreifenden Veränderungen, die die Digitalisierung für die Linguistik mit sich bringt, und einer Auseinandersetzung mit dem Modellbegriff, wird der Begriff der (Kommunikativen) Praktik in Abgrenzung zum Begriff der Kommunikativen Gattung bestimmt. Im Anschluss wird am Beispiel von Trostdialogen in OnlineForen eine korpusgeleitete Methode zur Dialogmodellierung vorgestellt. Schließlich werden die Folgen der menschlichen Interaktion mit maschinellen Dialogsystemen reflektiert.
The present paper reports the first results of the compilation and annotation of a blog corpus for German. The main aim of the project is the representation of the blog discourse structure and relations between its elements (blog posts, comments) and participants (bloggers, commentators). The data included in the corpus were manually collected from the scientific blog portal SciLogs. The feature catalogue for the corpus annotation includes three types of information which is directly or indirectly provided in the blog or can be construed by means of statistical analysis or computational tools. At this point, only directly available information (e.g., title of the blog post, name of the blogger etc.) has been annotated. We believe, our blog corpus can be of interest for the general study of blog structure or related research questions as well as for the development of NLP methods and techniques (e.g. for authorship detection).