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Adverbkonnektoren und die von konjunktionalen Konnektoren eingeleiteten Sätze (sententiale Adverbiale) sind in der Regel äußerst stellungsflexibel. Die topologischen Varianten sind jedoch großteils nicht äquivalent, sondern mit bestimmten diskusfunktionalen und informationsstrukturellen Eigenschaften verbunden. Am Beispiel von Konnektoren in der linksperipheren Position der „Nullstelle“ („Vorvorfeld“, „linkes Außenfeld") wird gezeigt, dass diese Position unabhängig von der syntaktischen Subklasse des Konnektors syntaktisch und funktional einheitlich erklärt werden kann und dass die dort auftretenden Restriktionen für Konnektoren identisch sind mit denen von V2-Komplementsatz-Einbettung unter Matrixsatzprädikate. Ein Phänomen wie „weil mit Verbzweitstellung" kann dadurch in einen übergeordneten Zusammenhang eingebettet werden.
Neben dieser systematischen Variation gibt es vereinzelt aber auch eine - historisch bedingte - unsystematische und nicht funktional genutzte topologische Variation, die dadurch entsteht, dass Sprecher bei einer uneindeutigen und „schwierigen“ Ausgangslage im Sprachsystem unterschiedliche Reparaturstrategien wählen. Ein Beispiel dafür ist der korrelative Konnektor „sowohl... als auch“.
Nachruf auf Hans Glinz
(2009)
Adverbkonnektoren und die von konjunktionalen Konnektoren eingeleiteten Sätze (sententiale Adverbiale) sind in der Regel äußerst stellungsflexibel. Die topologischen Varianten sind jedoch großteils nicht äquivalent, sondern mit bestimmten diskusfunktionalen und informationsstrukturellen Eigenschaften verbunden. Am Beispiel von Konnektoren in der linksperipheren Position der „Nullstelle“ („Vorvorfeld“, „linkes Außenfeld“) wird gezeigt, dass diese Position unabhängig von der syntaktischen Subklasse des Konnektors syntaktisch und funktional einheitlich erklärt werden kann und dass die dort auftretenden Restriktionen für Konnektoren identisch sind mit denen von V2-Komplementsatz-Einbettung unter Matrixsatzprädikate. Ein Phänomen wie „weil mit Verbzweitstellung“ kann dadurch in einen übergeordneten Zusammenhang eingebettet werden.
Neben dieser systematischen Variation gibt es vereinzelt aber auch eine - historisch bedingte - unsystematische und nicht funktional genutzte topologische Variation, die dadurch entsteht, dass Sprecher bei einer uneindeutigen und „schwierigen“ Ausgangslage im Sprachsystem unterschiedliche Reparaturstrategien wählen. Ein Beispiel dafür ist der korrelative Konnektor "sowohl ...als auch".
Lange Zeit galt es als Kennzeichen der Literatur, ihre Modernität dadurch zu beweisen, dass sie Grammatik und Stil frei variierte und sich über Normen hinwegsetzte. Der Vortrag untersucht, mit anschaulichen Beispielen, inwieweit deutschsprachige Gegenwartsautoren dies weiter als ihre Aufgabe sehen und wie sie versuchen, eigene „Normen“ zu entwickeln - sei es bewusst oder unbewusst. Und nicht zuletzt geht es darum, zu überprüfen, wie es um die Sprach- und Grammatikmächtigkeit der deutschen Autoren heute bestellt ist.
Deutsch hat außer Indikativ und Imperativ zwei weitere Modi: Konjunktiv I und Konjunktiv II. Dies ist gegenüber Ansätzen zu betonen, die von einem einzigen Konjunktiv ausgehen und Formen wie „er käme“, „er stünde“ als Konjunktiv Präteritum bezeichnen. Diese Terminologie verschleiert die Leistung des Konjunktivs II - ja man kann geradezu sagen, dass die morphologischen Probleme, die der Konjunktiv II in der Gegenwartssprache hat, damit zusammenhängen, dass er gerade nicht das morphosyntaktische Merkmal Präteritum aufweist, sondern unter Verlust dieses Merkmals - also nur der äußeren Form nach - vom Indikativ Präteritum abgeleitet ist. Mit anderen Worten: Der deutsche Konjunktiv II hat ein Ikonizitätsproblem. In den einzelnen Regionen des deutschen Sprachraums haben die Sprecherinnen und Sprecher dieses Problem mit unterschiedlichen Strategien bewältigt. Allerdings hat kaum eine dieser Strategien Eingang in die Standardsprache gefunden - gerade die traditionelle normative Grammatik hat nicht nur Einwände gegen Funktionswörter wie etwa „von“ oder „tun“, sondern auch gegen kreative Morphologie. Am Anfang des 21. Jahrhunderts lässt sich nun konstatieren, dass die Bemühungen um die Erhaltung der alten Konjunktivformen und der Kampf gegen morphologische und syntaktische Neuerungen ausgesprochen kontraproduktiv waren: Das tatsächlich verwendete Konjunktiv-II-System der Gegenwartssprache ist ärmlicher, als es - von der Ausgangslage aus gesehen - hätte werden können.
Auf der Kippe? Zweifelsfälle als Herausforderung(en) für Sprachwissenschaft und Sprachnormierung
(2009)
Auf der Basis einer spezifischen Definition des Begriffs „sprachlicher Zweifelsfall“ und einiger einführenden Bemerkungen zu potentiellen Entstehungsursachen wird im Text zunächst erläutert, in welchen Hinsichten sich die Sprachwissenschaft bisher mit diesen sprachlichen Einheiten beschäftigt hat. Dabei wird die These vertreten, dass die Zweifelsfälle aus verschiedenen Gründen traditionell eher marginalisiert wurden. Nachdem mit konditionierten und unkonditionierten Zweifelsfällen zwei Haupttypen unterschieden worden sind, widmet sich der Text der Sprachnormierung von Zweifelsfällen. Der Ausgangspunkt liegt darin, die geforderte Sprachberatung als argumentativ orientierten, rationalen Umgang mit sprachlichen Zweifelsfällen zu begreifen. Dazu wird eine systematische Entscheidungsprozedur entworfen, die als Grundlage für die Klärung von Zweifelsfällen fungiert. Mit dieser kleinen Theorie der Sprachnormierung von Zweifelsfällen wird auch das Ziel verfolgt, auf deskriptiver Basis empirisch legitimierte Sprachnormen zu formulieren und damit nicht zuletzt einen sprachwissenschaftlichen Beitrag zur Formung des öffentlichen Sprachbewusstseins zu leisten.
Sprachnormen treten im Normalfall erst dann in Erscheinung, wenn sie verletzt werden. Normverletzungen und die damit einhergehenden Sanktionen tragen somit zur Normenkonstitution wesentlich bei. Dabei stellt sich zunächst die Frage, was man unter sprachlichen Normen verstehen soll. Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Kriterien, die Normen überhaupt konstituieren können. Für beide Fragestellungen ist der im Sprachwandel immer wieder thematisierte Übergangsbereich zwischen dem Entstehen neuer Normen und der Außerkraftsetzung bislang bestehender Normen ein interessantes Untersuchungsgebiet.
Auch wenn man in Rechnung stellt, dass die Definition von Sprachnormen nach wie vor umstritten ist, kann doch eine Reihe von Definitionskriterien als gesichert gelten. Zu ihnen werden neben der Obligation, der Sanktion, der Wertebezogenheit, der Formuliertheit, dem Situationsbezug der Norm auch die am Normierungsprozess beteiligten Gruppen gerechnet (Normautoritäten, Modellsprecher, Sprachexperten, Sprachkodifizierer). In manchen Definitionsversuchen wird der Sprachbenutzer m. E. zu stark in den Hintergrund gedrängt. Er stellt sozusagen als „Sprachsouverän“ die treibende Kraft für den Normenwandel dar und sollte daher auch in der theoretischen Modellierung von Sprachnormen deutlicher hervorgehoben werden. Außerdem lassen sich Sprachnormen klassifizieren sowohl nach dem Phänomenbereich, der normiert werden soll (Aussprache, Morphologie, Syntax, Lexik, Pragmatik etc.), als auch nach der Art der Genese (präskriptive/statuierte/gesetzte Normen vs. deskriptive/subsistente/konventionelle Normen). Sprachnormen zeigen sich letztlich als prototypisch gefasste Konzepte, deren konkrete Realisierungen eher mit dem Begriff der Familienähnlichkeit denn mit einem starren System an Definitionskriterien erfasst werden kann.
Im folgenden Beitrag soll es um drei Fragen gehen.
1. Inwieweit sollte der „Sprachsouverän“ in die Modellierung von Normen einbezogen werden?
2. Welche Funktionen haben Normverletzungen im Gefüge von Grammatikalität, Akzeptabilität und Sprachnormierung?
3. Unter welchen Bedingungen können sich neue Sprachnormen etablieren?
Der Fokus wird dabei auf der letzten Frage liegen. Nach einer kurzen Vorstellung der Modifikation des Sprachnormenmodells von U. Ammon (Frage 1) und Überlegungen zum Nutzen von Sprachnormverletzungen und zu den Vorteilen eines sich stetig wandelnden Sprachnormeninventars (Frage 2), möchte ich anhand von verschiedenen Beispielen zeigen, wie bestehende Normen außer Kraft gesetzt werden können und wie sich neue Nonnen etablieren. Dabei ist m. E. besonders bei der Etablierung neuer Normen die Frage interessant, ob letztlich alles zur Norm werden kann. An Beispielen aus der Morphologie und der Syntax soll gezeigt werden, welche Restriktionen auch bei neu zu etablierenden Normen gelten. Neue Normen „verwässern“ somit nicht nur den Bereich bisher bestehender Normen, sondern strukturieren ihn über die nach wie vor geltenden Ausschlusskriterien in positiver Weise neu, so dass neuen Normen stets auch der Bereich des Nichtnormgemäßen mit eingeschrieben ist.
Die Grammatik behauptet sich seit Langem als Gegenstand des Deutschunterrichts, aber sie wird immer wieder „fragwürdig“: Behalten die Schüler, was sie gelernt haben? Liefert die Schulgrammatik geeignete Instrumente für die Sprachreflexion? Bringt sie den behaupteten Nutzen fürs Sprechen, Schreiben und Lesen? Den offiziellen Begründungen für und den behaupteten guten Wirkungen von Grammatik in der Schule, wie sie in den Bildungsplänen und von der Didaktik vertreten werden, begegnet der Verfasser mit einer gewissen Skepsis. Die stützt sich auch auf eine eigens für diesen Beitrag durchgeführte Befragung von Deutsch Lehrenden und die Durchsicht von Abiturarbeiten im Fach Deutsch. Er plädiert für einen Grammatikunterricht mit weniger (vom Lehrer) aufgesetzter Systematik und Begrifflichkeit und mehr sprachlichen Entdeckungsreisen (der Schüler), ausgelöst durch Lernarrangements, die zum Nachdenken anregen.
Gegenstand der Untersuchung sind semantisch irrelevante Rektionsschwankungen bei entlehnten, sekundären und primären Präpositionen, wobei auch Bildungen berücksichtigt werden, die nur gelegentlich eine präpositionale Funktion ausüben. Ein Überblick über die Normvorgaben zeigt, dass Rektionsschwankungen bei entlehnten Präpositionen weitgehend und bei sekundären Präpositionen selten erlaubt sind, bei primären Präpositionen gänzlich unbeachtet bleiben.
Die Normvorgaben, soweit vorhanden, werden dem realen Sprachgebrauch gegenübergestellt. Als Korpus dienen Belege aus Cosmas II (pressesprachliche Texte) und aus dem Internet. Besonderes Augenmerk wird auf Normverletzungen gerichtet: sekundäre Genitiv-Präpositionen mit regelwidriger Dativrektion (z. B. hinsichtlich), sekundäre Dativ-Präpositionen mit regelwidriger Genitivrektion (z. B. gegenüber), sekundäre Akkusativ-Präpositionen mit regelwidriger Genitiv- und Dativrektion (z. B. betreffend), primäre Präpositionen mit regelwidriger Genitivrektion (z. B. seit). Es zeigt sich insgesamt, dass fast alle etablierten Präpositionen mit regelwidrigem Kasus auftreten. Auch nicht-etablierte Präpositionen kommen sehr häufig mit einem Kasus vor, der nicht den etymologischen Strukturverhältnissen entspricht. Derartige Rektionsschwankungen, die sich vor allem aus dem Zusammenwirken von Grammatikalisierungs- und Analogieprozessen erklären lassen, erscheinen somit als Regel- und nicht als Ausnahmefall.
Eine statistische Untersuchung pressesprachlicher Texte zeigt exemplarisch anhand von 19 Präpositionen, dass die Prozentsätze normwidriger Kasusbelege jedoch zumeist gering sind. Insgesamt wird ersichtlich, dass im präpositionalen System des Deutschen - überraschenderweise - der Genitiv auf Kosten des Dativs an Boden gewinnt.