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Für die Grammatikschreibung des Deutschen ist die Negation eine Herausforderung. Das betrifft schon das Inventar der Negationsausdrücke wie nicht, kein oder niemand. In welchem Verhältnis stehen sie zueinander, und wann wird welcher Negationsausdruck gewählt? Die Negationspartikel nicht kann in den meisten Sätzen unterschiedliche Stellungen einnehmen, womit subtile Bedeutungsunterschiede einhergehen. Welchen genauen syntaktischen Status nicht hat, ist bis heute umstritten. Die Negation interagiert auch eng mit der Informationsstruktur, die unter anderem durch Intonation und Akzentuierung ausgedrückt wird. Die Intonation negierter Äußerungen und ihre Auswirkungen auf die Bedeutung werden in diesem Buch besonders gründlich behandelt. Schließlich sind zur Bedeutung der Negation selbst noch wichtige Fragen zu klären, unter anderem die, welche semantischen Objekte überhaupt negiert werden können und was genau durch ihre Negation bewirkt wird.
Das Buch versucht eine Gesamtschau der Grammatik der Negation im Deutschen, die für Fachwissenschaftler, für Studierende und für allgemein Sprachinteressierte, etwa für Lehrende des Deutschen als Mutter- und Fremdsprache, zugänglich sein soll. Die begrifflichen und methodischen Voraussetzungen aller Teile werden leserfreundlich eingeführt. Dadurch ist das Buch auch als Lehrwerk für die Gebiete Syntax, Informationsstruktur und Satzsemantik des Deutschen im Linguistikstudium verwendbar.
Was halten die Deutschen von ihrer Muttersprache? Wie denken sie über andere Sprachen und deutsche Dialekte (siehe auch Schoel / Stahlberg in diesem Band)? Wie nehmen sie Veränderungen ihrer Sprache wahr und was halten sie von fremdsprachlichen Einflüssen, wie z. B. der Verwendung von Anglizismen? Sind Deutsche, umgekehrt betrachtet, besonders kritisch, wenn andere Deutsche Englisch sprechen? Und wie bewerten sie andere Personen, die z.B. einen französischen oder russischen Akzent im Deutschen besitzen? Mit all diesen Fragen hat sich das vorliegende Teilprojekt im Rahmen dieses von der Volkswagenstiftung geförderten Forschungsprojekts beschäftigt. Ausgehend von sozialpsychologischen Theorien und Methoden, wurden Spracheinstellungen in Deutschland näher untersucht.
Numerus
(2012)
Deutsch hat neben dem definiten Artikel und dem indefiniten Artikel noch zwei weitere indefinite Artikel, bzw. Gebrauchsweisen von Ausdrücken, die einem Artikelgebrauch sehr nahe kommen: (i) der indefinite Gebrauch des Demonstratives „dies“ und (ii) das aus „so“ und dem indefiniten Artikel verschmolzene „son“. In der vorliegenden Arbeit werden die referenziellen Eigenschaften dieser beiden indefiniten Demonstrativpronomen bezüglich ihrer Referentialität, Spezifizität und Diskursprominenz mit denen des indefiniten Artikels verglichen. Es kann gezeigt werden, dass indefinite Demonstrativpronomen deutlich stärkere referenzielle Eigenschaften in diesen Bereichen haben als der indefinite Artikel. Abschließend wird die Untersuchung auf Demonstrative weiterer Sprachen ausgedehnt, um so nach sprachübergreifenden Prinzipien dieser Ausdrücke und ihrer indefiniten Gebrauchsweisen zu suchen.
Der nachfolgende Beitrag untersucht Form-Funktionsbeziehungen in einem spezifischen Bereich adverbialer Modifikation im Deutschen und Türkischen, nämlich bei den ereignisinternen Adjunkten. Abschnitt 1 entwickelt — mit übereinzelsprachlichem Gültigkeitsanspruch — die Begrifflichkeiten, anhand derer die Untersuchung vorgenommen wird. Abschnitt 2 wendet diese auf das Deutsche und das Türkische an. Abschnitt 3 formuliert ein kontrastives Zwischenergebnis, das in Abschnitt 4 mittels des Versuchs der Identifikation typologischer Korrelate der festgestellten Unterschiede zu einer typologischen Hypothese erweitert wird.
Der Beitrag ist dem holistischen sprachtypologischen Programm verpflichtet, das die Systematiken aufzeigen will, die den identifizierten sprachlichen Strukturen unterliegen und das diese Systematiken als Instanzen allgemeinerer Prinzipien der Variation und Übereinstimmung von sprachlichen Systemen darstellen will. Es wird beschreibend vorgegangen; aus der Beschreibung soll ein Verständnis des Gegenstands erzielt werden. Als deskriptives Werkzeug dienen die Begrifflichkeiten der funktionalen Typologie und der Semantik.
Die Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsgegenstand „ereignisinterne Adjunkte“ geschieht in dem für typologische Untersuchungen höchst engen Rahmen der Untersuchung von nur zwei Sprachen. Dies hat Vorteile, die sich insbesondere auf die angelegte Breite und den primär semantischen Ausgangspunkt der Untersuchung beziehen. Es hat gleichzeitig Nachteile, die sich vor allem auf die Verallgemeinerbarkeit oder implikative Kraft der identifizierten Zusammenhänge beziehen. Die Vorteile gilt es zu nutzen, die Nachteile zu beachten.
Wortstellung und Satztypmarkierung im Deutschen und im Ungarischen. Parallelen und Diskrepanzen
(2012)
Das Deutsche und das Ungarische stellen für die kontrastive Grammatikforschung in der europäischen Linguistik insofern besonders interessante Vergleichssprachen dar, als sie einerseits genealogisch und typologisch große Unterschiede aufweisen, andererseits aber in den letzten Tausend Jahren durch das enge Zusammenleben im mitteleuropäischen Kulturraum auch auffällige Konvergenztendenzen zeigen, die mehrheitlich mit der unidirektionalen Wirkung des Deutschen auf das Ungarische zu erklären sind (vgl. Kiss 2003).
Im vorliegenden Beitrag werden nach einem überblicksartigen Vergleich relevanter Wortstellungstypen der beiden Sprachen besonders ausgewählte Interrogativsatztypen kontrastiert, die sowohl typologisch bedingte Diskrepanzen als auch bestimmte, auf einer abstrakten Ebene nachweisbare Parallelen aufweisen. Neben dem systematischen Vergleich werden exemplarisch auch mit Hilfe ausgewählter Korpusbelege veranschaulichte Performanzphänomene behandelt, um Konvergenzen im Sprachgebrauch zu zeigen.
Im vorliegenden Beitrag werden einige zentrale Aspekte der kontrastiven Wortbildungsforschung anhand von Beispielen aus dem niederländisch-deutschen Sprachvergleich besprochen. Als nah verwandte Sprachen zeigen das Niederländische und das Deutsche zwar vergleichbare Strukturen der Komposition und der Derivation, bei näherem Hinsehen sind es aber vor allem die vielfältigen Divergenzen, die ins Auge fallen. Im ersten Teil des Artikels werden verschiedenartige Beispiele für solche Divergenzen besprochen. Anschließend geht es um gegenläufige Entwicklungen, die zu Konvergenz zwischen beiden Sprachen führen. Anhand einer Analyse von Zusammensetzungen vom Typ „wassergekühlt“ (ndl. „watergekoeld“) wird für eine stärkere Berücksichtigung von Konvergenzfaktoren in der kontrastiven Linguistik plädiert. Der zweite Teil des Artikels enthält eine detaillierte Fallstudie zur Adjektivbildung mit dem niederländischen Suffix „-achtig“ und dem deutschen „-haft“, die den Zusammenhang von diachronen Entwicklungen und synchronen Kontrasten aufzeigt. Zudem zeigt sie Konsequenzen und Implikationen der vergleichenden Analyse für die Theorie des Lexikons und der Wortbildung auf. Im Mittelpunkt stehen dabei Rainers (2003) Idee der ,semantischen Fragmentierung‘ von Wortbildungsmustern und die Konzeption eines ,hierarchischen Lexikons‘, wie sie unter anderem von Jackendoff (2008) oder Booij (2010) vertreten wird.
Die genaue Charakterisierung der möglichen Wechselwirkungen zwischen Syntax und Morphologie stellt eine der zentralen Forschungsfragen der Sprachwissenschaft dar. Die hier betrachteten Verschmelzungsformen bieten sich als Fallstudie für die Syntax-Morphologie-Schnittstelle an, da Verschmelzungsformen von Präposition und Artikel wie „du“/ „au“ im Französischen oder „am“/ „zum“ im Deutschen paradigmatisch Sequenzen gegenüberstehen, in denen eine nicht-reduzierte Präposition mit einem vollen Artikel kombiniert wird („de la“/ „à la“; bzw. „an dem“/ „zu dem“). Für die Analyse dieser Formen muss also untersucht werden, inwiefern die Verwendung von Verschmelzungsformen gegenüber unreduzierten Abfolgen Änderungen in der Syntax nach sich zieht. In diesem Beitrag werde ich zeigen, dass die Wechselbeziehungen zwischen Verschmelzungsform und Syntax im Französischen und Deutschen unterschiedlicher Natur sind. Französische und deutsche Verschmelzungsformen unterscheiden sich in ihren morphologischen, semantischen und syntaktischen Eigenschaften. Hier sollen zwei Eigenschaften genauer untersucht werden: (i) die Kombinierbarkeit von Verschmelzungsformen und Nominalphrasen mit restriktiven Relativsätzen im Deutschen („?im/in dem Haus, das gerade renoviert wird“), und (ii) die Koordinationsmöglichkeiten von Präpositionalphrasen mit Verschmelzungsformen im Französischen und im Deutschen. Es ist bekannt, dass Verschmelzungsformen im Französischen die Koordinationsmöglichkeiten der beteiligten Nominalphrasen einschränken. Vergleichbare Wechselwirkungen zwischen Verschmelzungsform und Koordination sind im Deutschen jedoch nicht zu beobachten, wie anhand von Koordinationsdaten aus dem COSMAS II-Korpus belegt werden kann.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einem Vergleich der englischen wh-Clefts und deren Entsprechungen im Deutschen, den ,Sperrsätzen‘ oder ‚w-Clefts‘. Auf Grundlage einer umfangreichen Korpusstudie werden zunächst Unterschiede in der Verteilung bestimmter w/h-Cleftsatztypen ermittelt. Ein generelles quantitatives Übergewicht der englischen wh-Clefts gegenüber den deutschen w-Clefts wird mit der flexibleren Wortstellung des Deutschen in Verbindung gebracht. Spezifisch werden die beobachteten Asymmetrien durch Unterschiede in der Möglichkeit der Erfüllung bestimmter struktureller Bedingungen erklärt. Vier Motivationen für die Bildung von Cleftsätzen werden identifiziert: (i) lineare Synchronisierung von Informationsstruktur und Syntax, (ii) strukturelle Trennung von Quaestio (= im Diskurs gegebener Frage) und Responsio (= Antwort auf die Quaestio), (iii) Trennung von propositionalem Gehalt und Äußerungskommentar (,Ebenentrennung‘) und (iv) Rechtslastigkeit (Behaghels ‚Gesetz der wachsenden Glieder‘). Während all diese Faktoren die Bildung von wh-Cleftsätzen im Englischen zu begünstigen scheinen, sind deutsche w-Clefts meist durch den in (ii) genannten Faktor motiviert. Die anderen Motivationen führen seltener zur Bildung von w-Cleftsätzen als im Englischen, da die entsprechenden strukturellen Effekte auch ohne Cleftsatzbildung — z.B. in einem kanonischen Verbzweitsatz — erzielt werden können.
In diesem Aufsatz geht es um einen Vergleich der Prinzipien der Wortschreibung im Englischen und Deutschen. Konkret werden Schreibdiphthonge und Doppelkonsonanten behandelt. Beide Phänomene eignen sich gut, um Prinzipien zu verstehen, nach denen die Wortschreibung funktioniert: So lassen sich Schreibdiphthonge nicht immer so aussprechen, wie es die einzelnen Vokalbuchstaben suggerieren, das heißt, sie sind nicht immer über die entsprechenden Graphem-Phonem-Korrespondenzen der einzelnen Segmente zu interpretieren, etwa <ei> für /ai/ im Deutschen und <ea> für /i/ im Englischen. Auf einer ,höheren‘ Ebene (der silbischen) zeigen sich aber systematische Züge, die in beiden Sprachen vergleichbar sind. Auch die Schreibungen der Doppelkonsonanten sind nicht einfach auf der Segmentebene zu verstehen, sondern sie ergeben sich aus einem Zusammenspiel der silbischen, der suprasegmentalen und der morphologischen Ebene. In beiden Sprachen wirken Prinzipien auf allen diesen Ebenen, aber zum Teil auf unterschiedliche Art und Weise.