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Dieser Beitrag analysiert, wie sich Verbosität als Widerstandsphänomen sprachlich-interaktional manifestiert. Widerstand gilt in der psychodynamischen Therapie als Schutzfunktion der Patienten vor Veränderung, die den Fortschritt der Therapie hemmt, ist aus therapeutischer Sicht jedoch ein wertvoller Indikator für dahinterliegende, bedeutungsvolle Erfahrungen der Patienten. Gegenstand der Analyse sind drei Fallbeispiele aufgezeichneter ambulanter, psychodynamischer Therapiesitzungen. Die folgenden Merkmale von Verbosität sind Ergebnisse der Untersuchung: a) eine Themenverschiebung zu Beginn der jeweiligen Erzählung; b) Erzählgegenstand sind dritte, nicht anwesende Personen und/oder alltägliche Begebenheiten; c) Emotionen werden wenig oder gar nicht thematisiert; d) die Erzählungen weisen einen hohen Detailliertheitsgrad auf. Therapeuten behandeln die Erzählungen nur implizit als verbos durch eine zunächst abwartende Haltung, wenig bis keine Nachfragen sowie die Thematisierung von Emotionen und der Bedeutung des Gesagten für die Patienten selbst. Außerdem lenken sie das Gespräch auf die Patienten bzw. auf das vorherige Gesprächsthema oder übertragen die erzählte Geschichte auf die aktuelle Gesprächssituation.
Argumentation gilt als zentrales rationales Verfahren gewaltfreier Problem- und Konfliktlösung. Die dabei vorausgesetzte Prämisse der Intersubjektivierbarkeit und Rationalitätsbestimmtheit wurde aber nie daraufhin geprüft, ob sie mit den Bedingungen und Zwängen der Herstellung und Durchführung von Gesprächen vereinbar ist. Auf der Basis einer detaillierten linguistischen Gesprächsanalyse von mehr als 60 alltagsweltlichen Problem- und Konfliktgesprächen wird in dem Beitrag skizziert, wie Argumentation in Gesprächen hergestellt und durchgeführt wird. Interaktive Sequenzierung und inhaltliche Bezugnahmen machen dabei deutlich, dass Gesprächsteilnehmer stets auf interaktionskonstitutive Elemente abheben: Was zur Herstellung von Gesprächen notwendig ist, wird in Gesprächen als Argument gewendet. Argumentation wird damit als eine soziale Handlungspraxis bestimmt, deren Ursprung in den Bedingungen, Möglichkeiten und Zwängen von Gesprächen, von sozialer Interaktion überhaupt liegt. Die für Argumentation konstitutive Anbindung an übergeordnete Handlungsorientierungen widerspricht dabei fundamental der Idee rein sachbezogener und interesseloser Aushandlung, wie sie seit der Antike in den Wissenschaften, aber auch im Alltagsdenken vorherrscht. Was Gesprächsteilnehmer beim Argumentieren antreibt, ist die Kraft intersubjektiven Glaubens an Argumentation als ein Verfahren zur Entwicklung einer gemeinsam geteilten Perspektive, und der Anspruch an das Verfahren als ein Validität garantierendes Verfahren wird dabei außerdem noch mit dem Anspruch auf die Validität des Ergebnisses einer Argumentation verwechselt. Die Kraft des intersubjektiven Glaubens und der Anspruch an das Verfahren sind die zentralen Bestandteile dessen, was hier Kommunikationsideologie genannt wird.
In der wissenschaftlichen Forschung zum Argumentieren besteht immer noch ein eklatantes Empiriedefizit. Die gesprächsanalytische Untersuchung natürlicher Gespräche zeigt die Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Grenzen des Argumentierens auf wie auch bei der Identifikation der internen Strukturen. Im Beitrag wird versucht, ausgehend von der theoretischen Konzeption der Interaktionskonstitution sensu Kallmeyer und Schütze, den Gegenstand 'Argumentieren in Gesprächen' aus den konstitutiven Eigenschaften von Interaktion selbst heraus zu bestimmen. Es zeigt sich, dass Gesprächsteilnehmer argumentieren, wenn die Bearbeitung übergreifender Handlungsaufgaben durch ein Darstellungsdefizit gefährdet oder blockiert ist. Argumentieren ist dabei intern in fünf Sequenzschritten organisiert, wobei die Argumentationssequenz auf verschiedene Weise expandiert und kondensiert werden kann. Sequenzielle Struktur und Variabilität gewährleisten interaktive Kontrolle des Geschehens und maximale Flexibilität, was Argumentieren zu einem praktikablen, lösungsorientierten Interaktionsverfahren macht.
Lange Zeit waren in der Linguistik Grammatik und Interaktion inkompatible oder gar antonyme Begriffe. Grammatik meinte das Regelwerk zur Erzeugung wohlgeformter Aussagen, während Interaktion dagegen den Bereich des durch vielerlei psychische, soziale und andere Faktoren beeinträchtigten, fehlerhaften Sprechens bezeichnete, der von außer- oder bestenfalls randlinguistischem Interesse war. Vieles ist noch offen, und viele Fragen lassen sich erst heute mit neuer Klarheit stellen. Die in diesem Band versammelten Aufsätze geben einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand zum Thema 'Grammatik und Interaktion'. Sie gehen zurück auf Vorträge der 11. Arbeitstagung zur Gesprächsforschung, die vom 6. bis 8. April 2005 unter dem Rahmenthema 'Grammatik und Interaktion' am Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim stattfand.
This article focuses on the qualitative and quantitative analysis of patients’ responses to different types of doctors’ prediagnostic statements. Prediagnostic statements document the doctors’ process of understanding in the on going interactive event and simultaneously move it to an intersubjective level within the boundaries of communicability, for example, in the case of problematic symptom patterns. Four types of prediagnostic statements will be distinguished: the preliminary, unspecific diagnosis, the establishing of a (causal) link, information about the findings, and diagnoses of exclusion. On the basis of 29 doctor-patient-conversations, 150 patients’ responses to prediagnostic statements are analyzed in their contextual organization. Although many patients’ responses turn out to be affirmatively minimal, there are differences both in the elaborateness and regarding the reference type, depending on the statements’ degree of certainty, the patients’ self-diagnoses as well as on influences of the interaction type’s asymmetrical properties. Both patients and doctors work together on establishing interactive and epistemic territories and pay attention to the maintenance of their self-images and their interaction relationship.