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Der Anlass dieser Untersuchung war zunächst anekdotische Evidenz: Eines der Kinder der Autor*innen macht 2022 Abitur und las in ihrer gesamten gymnasialen Laufbahn genau eine ›Ganzschrift‹ einer Autorin: Die Judenbuche von Annette von Droste-Hülshoff. Zweifellos ein lesenswerter Text, aber konnte es wirklich sein, dass man in Deutschland 2022 Abitur macht, sogar Deutsch-Leistungskurs gewählt hat und sonst kein Buch einer Autorin im Deutschunterricht liest? Auch in den Pflichtlektüren für das Deutschabitur ist im entsprechenden Bundesland bei den empfohlenen Texten kein Roman und kein Drama einer Verfasserin verzeichnet. Neugierig geworden, recherchierten wir nach einer Liste, welche Literatur für den Deutschunterricht an Gymnasien in Baden-Württemberg (wo die Anekdote sich ereignete) insgesamt empfohlen wurde, und fanden auf den Seiten des Kultusministeriums eine umfangreiche Liste, auf der 298 Werke verzeichnet sind. Eine Auswertung nach dem Geschlecht der Verfasser*innen ergab, dass von den Einträgen auf dieser Liste 31 Titel bzw. Autor*innen (von) Frauen sind, d.h. rund 10 %.
Binäre Strukturen mit nominalem Kopf treten in verschiedenen Formen auf, unter anderem als Substantiv mit präpositionalem Attribut, mit Adjektivattribut, mit attributiver Genitiv-NP oder als Kompositum. Da die Relation zwischen Kopf und Nicht-Kopf in solchen Nominalstrukturen anders als im Verbbereich meist nicht durch syntaktische und semantische Valenzeigenschaften des Kopfs gesteuert ist, bringen solche Strukturen zunächst einmal interpretatorische Uneindeutigkeiten mit sich, die besonders deutlich werden, wenn die beiden verbundenen lexikalischen Elemente keinen konventionalisierten semantischen oder enzyklopädischen Zusammenhang erschließen lassen. Der Interpretationsspielraum der vier Strukturtypen ist dabei unterschiedlich groß.
Dieser Band versammelt neun Beiträge mit dem Ziel, Sprach- und Literaturwissenschaft aufeinander zu beziehen: Literatur grammatisch zu betrachten und Grammatik für Literatur (neu) zu denken. Jeder Beitrag nimmt mindestens einen grammatischen und einen literarischen Gegenstand zum Ausgangspunkt. Dabei ist die Bandbreite groß; sie reicht von Bodo Kirchhoffs Roman ‚Dämmer und Aufruhr‘ über die Kurzgeschichte ‚Das Brot‘ von Wolfgang Borchert bis hin zu Marion Poschmanns Gedichtzyklus ‚Kindergarten Lichtenberg‘ und deckt unterschiedlichste sprachliche Bereiche wie Tempus, semantische Rollen, Interpunktionszeichen oder Metaphern ab. Ist es in der Schule geradezu erwünscht, Grammatik und Literatur integrativ zu unterrichten, verfolgen sie als universitäre Disziplinen oft ganz unterschiedliche Fragestellungen an verschiedenen Sprachwerken. Vor diesem Hintergrund ist dieser Band ein interdisziplinärer Versuch, Anregungen und neue Perspektiven für schulische wie universitäre Bildungskontexte zu geben.
Mit der Tagung zu Bauernkomödien des 17. Jahrhunderts verfolgten Markus Denkler (Münster) und Michael Elmentaler (Kiel) ein ungewöhnliches Konzept, das einen besonders intensiven wissenschaftlichen Austausch ermöglichte: Gemeinsame Textgrundlage für alle Beitragenden stellten zwölf hoch- und niederdeutsche Bauernkomödien aus dem 17. Jahrhundert (ca. 1593–1701) dar. Dabei handelt es sich um Dramen mit bäuerlichen Figuren, die eine komödiantische Ausrichtung haben und in Prosaform verfasst sind. Alle Vortragenden erhielten im Vorfeld Zugriff auf die Sammlung und entwickelten daraus in der Folge Fragestellungen für ihre Vorträge. Inhaltlich ergaben sich drei Blöcke. Zwei literaturwissenschaftliche Beiträge ordneten die Textsorte literatur- und kulturhistorisch ein. Daran schlossen sich ein umfangreicher Block zur historischen Dialogforschung und Pragmatik und ein etwas kürzerer zu historischer Varietätenlinguistik und Grammatik an.