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Lebenslauf bis 2019
(2019)
Ulrich Engel schildert die einzelnen Stationen seines Lebens: als Kind im Vorkriegsdeutschland und als junger Soldat, anschließend seine Lehrertätigkeit und wissenschaftliche Laufbahn, insbesondere seine Funktion als Direktor des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim. Er hebt seine Tätigkeit als Leiter von mehreren Projekten von kontrastiven zweisprachigen Grammatiken sowie Valenzwörterbüchern hervor. Dabei schildert er seinen familiären Hintergrund als Spiegel des gesellschaftlich‑politischen Wandels im Vor‑ und Nachkriegsdeutschland.
Gute Argumente. Wo beginnen?
(2019)
Gerade allgemeinere Verben zeigen eine Variationsbreite der Verwendung, die nicht leicht zu einem einheitlichen Bild zu fassen ist. Am Beispiel des Verbs beginnen wird gezeigt, wie hier die Interaktion zwischen der Struktur der Aktanten und den grammatischen Regelmäßigkeiten funktioniert. Dabei wird versucht, in der Kombination von Valenzinformationen, Argumentstrukturpositionierungen und Musterbildungen im Gebrauch ein zusammenhängendes Bild dieses Verbs in seinen verschiedenen Verwendungen zu entwerfen.
Dieser Beitrag berichtet nicht nur über „Neues vom heutigen Deutsch“, sondern auch „vom alten Deutsch“, das bislang nicht gehoben wurde. Tief in grammatische Strukturen eingelassen verstecken sich (historische) Geschlechterkonzepte, die weit über das hinausgehen, was die Linguistik zu eindimensional unter Sexus versteht. Vielmehr geht es um Gender, um Geschlechterordnungen, die Frauen und Männern ihre sozialen Plätze zuweisen. Zuwiderhandlungen werden durch grammatische Devianzen und ‚Fehlklassifikationen‘ geahndet. Dabei werden die beiden Nominalklassifikationen des Genus (die Tunte, das Weib) und der Deklinationsklasse (die Vögte vs. die Strolche) analysiert. Als Drittes werden syntaktisch verfestigte Sprachgebrauchsmuster in Gestalt von Binomialen beleuchtet. Als gehärtete Folgen koordinierter Personenbezeichnungen kodieren sie geschlechterhierarchische Rangfolgen (Mann und Frau, Mama und Papa) und erweisen sich dabei ebenfalls als Reflexe von Sozial- und Geschlechterordnungen: Männer treten dabei (immer noch) vor Frauen, Mütter aber zunehmend vor Väter und vor allem Mamas vor Papas.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dem Gebrauch von konnektintegrierbaren Konnektoren im gesprochenen Deutsch. Die Analyse wird am Beispiel der Adverbkonnektoren deshalb und deswegen als Korrelate zum Subjunktor weil und ausgehend von theoretischen Prämissen aus der traditionellen Grammatik und aus der Gesprächsforschung durchgeführt. Der Gebrauch der genannten Konnektoren wird innerhalb einer Auswahl von Korpusdaten gesprochener Sprache beobachtet, die mehrere verschiedene Gattungen der alltäglichen bzw. der institutionellen Kommunikation umfasst.
This paper investigates two verbal constructions containing the German verb verdienen (‘to earn / deserve’), e.g. er verdient sich sein Brot ‘he earns his living’ (lit. he earns himself his bread) und er verdient gewürdigt zu werden ‘he deserves to be appreciated". It is shown that the notion of analogy allows for motivating some important features of particular constructions with verdienen. Two interpretations of analogy are employed: analogy in the sense of non-hierarchical family resemblance on the one hand, and analogy leading to changes by mapping a structure from one domain to another on the other hand. It is suggested that both verdienen in combination with sich and verdienen in combination with a verbal complement can be accounted for by focusing on their formal and semantic similarities connecting them to other constructions coming from the same construction family. Moreover, it is shown that versprechen and vermögen could be regarded as analogical models for verdienen.
Die aus einer Doktorarbeit hervorgegangene, ausgesprochen reife Monographie von Julia Kaiser ist ein solides Stück linguistischer Arbeit. Die Lektüre spricht an, erweitert den Wissenshorizont und bereichert somit viele Linguisten – von den Epigonen des Strukturalismus über Anhänger der Dependenzoder Konstruktionsgrammatik bis hin zu den Vertretern der modernen Semantik. Im Fokus der Arbeit stehen „infinitivlose“ (= absolut verwendete) Modalverben (MV) im gesprochenen Deutsch. Im Einzelnen wird auf Vollverb-Verwendungen, Ellipsen, Analepsen, MV mit Richtungsbestimmungen und idiomatisierte absolute Verwendungen eingegangen.
Wie werden Wörter im Deutschen und im Englischen geschrieben? Wo sind Gemeinsamkeiten, wo sind Unterschiede? Diese Fragen werden aus morphologisch-graphematischer Perspektive bearbeitet. Es geht hier also nicht um Bezüge zwischen Schrift und Lautform (traditionell oft im Fokus der Graphematik), sondern um Korrespondenzen zwischen Schrift und Morphologie. Das betrifft zum einen den Aufbau von Morphemen. Welche Beschränkungen lassen sich hier für die Abfolge der Buchstaben formulieren? Was sind minimale, was sind prototypische Stämme und Affixe? Zum anderen geht es um Fragen der Einheitlichkeit (Wie uniform wird ein Morphem in der Schrift repräsentiert?) und der Eindeutigkeit (Wie distinkt verweist eine Schreibung auf ein Morphem?). Insgesamt zeigt sich, dass im Englischen eher Affixe verlässlich kodiert werden (oft eindeutig und einheitlich), während im Deutschen häufig Stämme einheitlich kodiert werden. Das sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Strategien der Leseerleichterung.
Sprechen im Umbruch. Zeitzeugen erzählen und argumentieren rund um den Fall der Mauer im Wendekorpus
(2019)
This contribution aims to describe privacy, publicness and anonymity as essential analytic dimensions for media linguistic research. The dimensions are not inherent in and predetermined by the technical features and forms of communication provided by mobile devices, but are used by the participants as an orientation grid for shaping their online and offline practices in and with mobile media. Consid-ering both mobile device use in the public realm and the dissemina-tion of increasingly private content in social media (which is said to lead to ‘blurred boundaries’ between the private and the public), the paper provides a brief overview of the main developments in mobile media research: Studies adopting various approaches – e. g. socio-logical-ethnographic, linguistic and media studies – illustrate how publicness, privacy and anonymity are actively shaped and brought about by mobile media users in face-to-face and remote social en-counters. As this shows that publicness, privacy and anonymity are still relevant concepts for users, future media linguistics studies should focus on the dynamic multimodal practices by which they are contextualized and accomplished.
This paper aims at investigating the usage of present subjunctive (Konjunktiv I), which is traditionally labelled as a feature of standard written language and therefore as typically occurring in communication genres based on it such as press texts and reporting, in everyday spoken German. Through an analysis of corpus data performed according to theory and method of Interactional Linguistics and encompassing private, institutional and public interactional domains, the paper will show how this particular verb form expresses different epistemic stances according to its syntactic embedment.
Central complements: good arguments are self-explanatory.
Together with its central complements, verbs model basic patterns of interaction. The constellations of these complements in turn correspond to central patterns of the argument structure. Nominative and accusative complements formally occupy the first and second positions (subject and object), but they also have certain semantic preferences. The formal function of the dative is less pronounced, where it occurs (ditransitive verbs) the semantic imprint of the frame („transfer“) is very strong. This corresponds to the meaning of a core group of corresponding verbs. Other verbs that allow this pattern are used more often in other valence structures and the ditransitive use appears as a systematic way of personal extension of object‑related activities. This will be discussed with reference to the verbs zeigen and (in a different way) lehren.
This paper focuses on so called syntactic projection phenomena in the German language. This term from the German Gesprächsforschung is used to define the fact that an utterance or part of it foreshadows another one. This paper aims at pointing out how such projection phenomena are consciously exploited for rhethorical purposes. This will be observed on the basis of excerpts from the Stuttgart 21 mediation talks. The linguistic analysis carried out in this paper will focus on syntactic projection phenomena involving the use of causal adverbial connectives deshalb and deswegen.
Mehrsprachigkeitsdiskurse im Bildungskontext in Lettland zwischen Populismus und Weltoffenheit
(2019)
Unser Aufsatz diskutiert aktuelle Debatten zu Sprachen und Mehrsprachigkeit im Bildungssystem in Lettland. Theoretischer Hintergrund sind Debatten zur Mehrsprachigkeit, zu Spracheinstellungen und zur heteroglossischen Ideologie. Nach einer kurzen historischen Einführung in Fragen des sprachlichen Ökosystems Lettlands stellen wir Beispiele aus der aktuellen Reform der Schulcurricula vor, die Mehrsprachigkeitsansätze aufgreifen. Diese Reformversuche werden allerdings durch weit verbreitete Diskurse in der lettischen Gesellschaft abgelehnt. Anhand von Reaktionen von Bildungspolitikern und in journalistischen Texten zeigen wir, wie einflussreich traditionelle Vorstellungen vom Sprachlernen nach wie vor sind und wie eine Modernisierung des Lettischunterrichts mit Fragen von nationaler Identität verbunden wird, in denen bisweilen sogar offen xenophobisch argumentiert wird. Gleichzeitig wird deutlich, wie im Diskurs im Interesse der „Rettung der lettischen Sprache“ mit Mythen und Halbwahrheiten operiert wird. Der dritte Teil des Aufsatzes stellt in diesem Kontext zwei Studien unter Lehrern in Lettland vor, in denen explizit nach Einstellungen und Praktiken zu Code-Switching, Translanguaging und ähnlichen Phänomenen gefragt wurde. In den Antworten zeigt sich die Spaltung der Gesellschaft; jedoch zeigen die Ergebnisse auch, dass Perspektiven für einen modernen und mehrsprachigen Sprachunterricht in Lettland durchaus vorhanden sind.
Wird aus Sprache Gewalt?
(2019)
Nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und weiteren Mordanschlägen in der jüngsten Vergangenheit wurde in Kommentaren und Stellungnahmen immer wieder behauptet, dass hier Sprache in Gewalt umgeschlagen sei. Dies ist einerseits naheliegend vor dem Hintergrund dessen, was wir über die Täter und ihre Äußerungen wissen. Was aber sagt die Wissenschaft dazu? Wie ist aus sprach- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht dieser angenommene Zusammenhang zu bewerten?
Wörterbuchartikel
(2019)
Nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und weiteren Mordanschlägen in der jüngsten Vergangenheit wurde in Kommentaren und Stellungnahmen immer wieder behauptet, dass hier Sprache in Gewalt umgeschlagen sei. Dies ist einerseits naheliegend vor dem Hintergrund dessen, was wir über die Täter und ihre Äußerungen wissen. Was aber sagt die Wissenschaft dazu?
In diesem Beitrag wird das Redewiedergabe-Korpus (RW-Korpus) vorgestellt, ein historisches Korpus fiktionaler und nicht-fiktionaler Texte, das eine detaillierte manuelle Annotation mit Redewiedergabeformen enthält. Das Korpus entsteht im Rahmen eines laufenden DFG-Projekts und ist noch nicht endgültig abgeschlossen, jedoch ist für Frühjahr 2019 ein Beta-Release geplant, welches der Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellt wird. Das endgültige Release soll im Frühjahr 2020 erfolgen. Das RW-Korpus stellt eine neuartige Ressource für die Redewiedergabe-Forschung dar, die in dieser Detailliertheit für das Deutsche bisher nicht verfügbar ist, und kann sowohl für quantitative linguistische und literaturwissenschaftliche Untersuchungen als auch als Trainingsmaterial für maschinelles Lernen dienen.
Graphenbasierte Ansätze spielen in der digitalen Lexikografie eine immer stärkere Rolle. Essentiell für die Erstellung, Verwaltung und Nutzung graphenbasierter lexikografischer Ressourcen ist jedoch eine leistungsfähige und zugleich einfach zu handhabende Zugriffsstruktur, die Suchen nach komplexen Konstellationen in solchen Graphen ermöglicht. Für heutige Graphendatenbanken stehen zahlreiche Abfragesprachen zur Verfügung, deren Verwendung jedoch verhältnismäßig voraussetzungsreich ist.
Das Poster stellt einen webbasierten, frei konfigurierbaren Query Builder vor, der die Formulierung semantisch sehr komplexer Suchabfragen an eine (mit dem Tinkerpop-Standard kompatible) Property-Graphendatenbank ermöglicht. Die Abfrage erfolgt durch einfaches visuell-interaktives Zusammenstellen hierarchisch angeordneter Abfrageelemente und liefert Antworten in Echtzeit. Dabei wird von den Komplexitäten der verwendeten Low-level-Abfragesprache Gremlin abstrahiert. Der Query Builder ist ein zentrales Modul eines derzeit entwickelten Open-Source-Softwaresystems zur Verwaltung und Online-Publikation graph-erweiterter lexikografischer Ressourcen.
Lexikographische und lexikalische Ressourcen zum Deutschen werden an vielen unterschiedlichen Institutionen erarbeitet. Zum einen im Dudenverlag, der mit den gedruckten Wörterbüchern der Duden-Reihe und mit „Duden online“ die meistkonsultierten gegenwartssprachlichen Wörterbücher zum Deutschen erstellt, dann die Union deutscher Akademien, unter deren Dach an verschiedenen einzelnen Akademien zahlreiche historische wie auch synchrone Wörterbücher zum Deutschen erstellt werden (z. B. das „Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache“, das „Wörterbuchnetz“ sowie das geplante Informationssystem des neuen „Zentrums für digitale Lexikographie der deutschen Sprache“). Auch am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim werden wissenschaftliche wortschatzbezogene Ressourcen zum Deutschen erarbeitet und der (Fach-)Öffentlichkeit unter dem Dach von OWID, dem „Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch“, präsentiert. Obwohl wir uns in OWID auf Ressourcen zu spezialisierten Wortschatzbereichen konzentriert haben, erreichen wir Nutzerinnen und Nutzer in verschiedensten Ländern der Welt. Wir wollen hier die Gelegenheit wahrnehmen, den ZGL-Leserinnen und -Lesern unsere Ressourcen in OWID und OWIDplus näher vorzustellen.
Am 7. und 8. September fand an der Universität Basel die 4. Sektionentagung der Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) statt. Eine der 15 hier vertretenen Sektionen war die Migrationslinguistik, die von Peter Rosenberg (Frankfurt (Oder)) und Christoph Schroeder (Potsdam) geleitet wurde. Die sechs Vorträge dieser Sektion thematisierten laufende Projekte zur Spracharbeit mit Geflüchteten und ihre ersten Ergebnisse, die Gegenstand dieses Berichts sind.
Seit 2017 wird im deutschen Mikrozensus eine Frage zur Sprache der Bevölkerung gestellt. Die letzte Spracherhebung in einem deutschen Zensus datiert aus dem Jahr 1939; entsprechend gibt es aktuell keine aussagekräftigen Sprachstatistiken in Deutschland. Die neue Sprachfrage des Mikrozensus weist jedoch erhebliche Mängel auf; offensichtlich wurde sie als Stellvertreterfrage zur Messung kultureller Integration konzipiert. Im vorliegenden Text werden die Fragen diskutiert und ihre ersten Ergebnisse analysiert. Daran anschließend werden andere Varianten von Sprachfragen dargestellt, dabei wird insbesondere auf die vorbildlichen Sprachfragen im kanadischen Zensus eingegangen. Abschließend wird die Sprachfrage der Deutschland-Erhebung 2018 des IDS inklusive ihrer Ergebnisse vorgestellt; die Deutschland-Erhebung 2018 stellt neben dem Mikrozensus bislang die einzige repräsentative Spracherhebung in Deutschland dar.
Das Kombinieren von Daten aus verschiedenen diachronen Korpora bringt besondere methodische Herausforderungen mit sich, die in den vorliegenden Untersuchungen beleuchtet werden. Dazu gehört der Abgleich von Metadaten und ihrer Kategorisierungen, das Verhalten bekannter Phänomene über sich zeitlich überschneidende Korpora hinweg und die Formulierung vergleichbarer Suchabfragen. Anhand von sechs Fallstudien zu graphematischen, lexikalischen, morphologischen und syntaktischen Phänomenen in Korpora des (Früh-) Neuhochdeutschen werden Möglichkeiten und Probleme des diachron korpusübergreifenden Arbeitens herausgearbeitet.