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"Kaum [...] da, wird' ich gedisst!" Funktionale Aspekte des Banter-Prinzips auf dem Online-Prüfstand
(2016)
The article is to be considered as an attempt to enrich the theoretical approach of the Banter-Principle (Leech 1983) with an online point of view. Examples from Teamspeak- conversations and comments on the social network site Facebook reveal different user practices regarding the identifiability of the Banter-Principle: Nonverbal elements or emoticons in order to make sure that Banter is understood correctly in written language on the one hand; coping with assigned roles depending on dynamic group internal hierarchies in oral communication on the other hand. Nevertheless one question remains. Why should one disguise a cordial message rudely? My analysis shows two functions of Online Banter. Firstly, maximize the entertainment value of a conversation and secondly, establish an accepted online-identity.
Acht authentische Arbeitsbesprechungen aus Unternehmen bilden die Basis für eine detaillierte linguistische Analyse. Von Mikrosignalen bis hin zu rhetorischen Verfahren werden sprachliche Mittel im Hinblick auf steuernde und manipulative Funktionen beschrieben. Aus dem Gesprächsverhalten der Teilnehmer entfaltet sich in actu ein Spektrum sozialer Strukturen in unternehmerischen Organisationen.
Kultur ist nicht nur zu einem Schlüsselbegriff der Geisteswissenschaften geworden, sondern wird auch entterminologisiert als Alltagsbegriff benutzt. In diesem Beitrag wird untersucht, wie der Ausdruck Kultur (einschließlich Derivationen und Komposita) in der mündlichen Interaktion verwendet wird. Auf Basis von 82 Instanzen im Korpus FOLK des IDS Mannheim wurde festgestellt, dass der Ausdruck von SprecherInnen in zumeist semiformellen bis formellen Interaktionstypen benutzt wird. Es findet sich ein breites Spektrum unterschiedlicher, teils ineinander übergehender Bedeutungen, welches dem der wissenschaftlichen Literatur der Kulturtheorie ähnlich ist. Dabei lassen sich jeweils relevante Kernbedeutungen identifizieren, mit denen mehr oder weniger vage assoziierte Bedeutungen verbunden sind. Kultur zeigt sich als kontroverser Begriff: Die Referenz von Kultur, die Wertung und seine Relevanz als Erklärungsressource sind häufig umstritten.
Alltagsgespräche
(2001)
Dieser Artikel analysiert am Beispiel eines Racletteessens unter Freunden, wie innerhalb einer langen Sequenz das Warten auf den Beginn des Essens strukturiert wird. Während der fast 50 Minuten, die zwischen der Ankunft der ersten Gäste sowie dem Beginn des Essens vergehen, orientieren sich die Teilnehmer auf unterschiedliche Weise zum Warten als Aktivität. Das sukzessive Eintreffen der Gäste führt jeweils zu Eröffnungssequenzen innerhalb dieser Wartezeit. Anhand von Auszügen dieser Zeitspanne verfolgt die Analyse, wie sich die Teilnehmer zu dieser Zeitlichkeit des Wartens und (Noch-nicht-)Beginnens orientieren und wie sie den Anfang des Essens gemeinsam konstruieren.
Der Beitrag präsentiert Ergebnisse des Projekts „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration der Flüchtlinge“, das am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) durchgeführt wird. Im ersten Teil wird auf die zweistufige Sprachstandserhebung in den allgemeinen Integrationskursen eingegangen, die zusammen mit dem Goethe-Institut umgesetzt wurde. Bei der ersten Erhebung zu Beginn der Kurse wurden mit einer Tabletumfrage die Sozialdaten und Sprachenbiografien der Teilnehmenden erhoben. Bei der zweiten Erhebung am Ende der gleichen Kurse ging es darum, mit Hilfe der Analyse von Sprachaufnahmen das erreichte mündliche Kompetenzniveau der Teilnehmenden zu ermitteln. Im zweiten Teil des Beitrags stellen wir Ergebnisse unserer ethnografisch-gesprächsanalytischen Feldstudien vor, die wir in verschiedenen Arbeitskontexten wie Qualifizierungsmaßnahmen, duale Berufsausbildung und betriebliche Praktika durchgeführt haben. In Bezug auf die zentralen Fragen zu gegenseitiger Verständigung und der Sprachvermittlung am Arbeitsplatz konnten wir im Rahmen unserer Ethnografien drei prototypische Praktiken feststellen, auf die wir näher eingehen: a) „kaum Verständnissicherung und Sprachvermittlung“, b) „ad-hoc Verständnissicherung und Sprachvermittlung“ und c) „systematische Verständnissicherung und Sprachvermittlung“. Des Weiteren fokussieren wir im letzten Teil des Beitrags die Ergebnisse unserer ethnografischen Langzeitstudie zu Betriebspraktika von studierenden Geflüchteten. Anhand der Untersuchung von Reparaturen zeigt sich hier die Entwicklung der interaktionalen Kompetenz eines L2-Sprechers, die mit einer zunehmenden kommunikativen Integration in Teamgesprächen einhergeht.
In diesem Beitrag werden Möglichkeiten und Grenzen einer konversationsanalytischen Erforschung wortsemantischer Fragestellungen exploriert. Anhand der Verwendung des Ausdrucks „Freiheit“ in unterschiedlichen Phasen einer umweltpolitischen Diskussion wird gezeigt, wie Gesprächsteilnehmer durch metasemantische Aktivitäten die Bedeutung des Ausdrucks kontextsensitiv lokal jeweils neu und in konkurrierender Weise konstituieren. Aus der Fallanalyse werden Überlegungen zur Adäquatheit semantiktheoretischer Konzepte als Instrumente zur Rekonstruktion situierter Wortverwendung und zu möglichen Leistungen der Konversationsanalyse als Methodologie semantischer Untersuchungen entwickelt.
The goal of the current contribution is to discuss the specific change potential of requesting examples in the helping formats ‘psychotherapy’ and coaching’. Requesting examples are defined as retrospective requests from the therapist/coach to the patient/client to elaborate the latter’s directly preceding utterance via an exemplary concretization. To appropriately reflect upon past events and upon personal experiences is often considered a key for change given that such reflections allows patients/clients to develop alternative and new perspectives on their lives, their relationships, their selves etc. To work with examples or to present concrete experiences thus functions as a central change practice both in psychotherapy and in coaching. While this discursive practice entails an inherent change potential, we still have to empirically unfold the sequential, thematic and action theoretical design of requesting examples as well as their interaction-type specific change function(s). This has already been done in the context of therapy. We now widen the focus and contrast these findings with analyses of requesting examples in executive coaching. Thereby this contribution does not only provide in-depth insight into the change potential of requesting examples, but also adds to further differentiate therapy and coaching as regards their discursive and interactive layout.
Am 13. und 14. Mai 2022 trafen sich 26 Nachwuchswissenschaftler:innen zum 5. Treffen des Netzwerks für Doktorand:innen der Gesprächsforschung (DokGF). Die Gründung dieses Netzwerk ist auf die Initiative von Elena Becker (Halle) und Maximilian Krug (Duisburg-Essen) im Herbst 2019 zurückzuführen (vgl. Torres Cajo/Franzen 2019). Auch dieses Mal fand die Veranstaltung online statt. Das DokGF-Treffen wurde von Teresa Schirmes (Bochum), Henning Vahlenkamp (Bremen) und Svenja Heuser (Luxembourg) organisiert und moderiert. Es bot den Teilnehmer:innen die Möglichkeit sich kennenzulernen, zu vernetzen und sich über aktuelle methodische, theoretische und empirische Themen der deutschsprachigen Gesprächsforschung auszutauschen. Ebenso standen allgemeine Belange und die Selbstorganisation während der Promotion auf der Agenda. Als Keynote-Speaker waren Arnulf Deppermann (Mannheim) und Martin Hartung (Göttingen) eingeladen.
Die „21. Arbeitstagung zur Gesprächsforschung“ mit dem Rahmenthema „Vergleichende Gesprächsforschung“ fand vom 21.-23. März 2018 am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim statt. Das Ziel der Tagung war es, Forscherinnen und Forscher zusammenzubringen, die authentische Interaktionsdaten aus vergleichender Perspektive untersuchen. Das Rahmenthema der Tagung ergab sich aus dem steigenden Interesse an vergleichenden Fragestellungen innerhalb konversations- und gesprächsanalytischer Untersuchungen. Die Tagung nahm gezielt Vorgehensweisen und Methoden bei der Durchführung vergleichender Untersuchungen in den Blick. Die Vorträge1, Projektpräsentationen und Datensitzungen erörterten 1. das Vergleichen als analytische Grundoperation der Konversations- und Gesprächsanalyse, 2. Vergleiche alternativer Ressourcen und Praktiken für spezifische Handlungen und Aktivitäten in der Interaktion sowie 3. methodologische Herausforderungen einer vergleichenden Gesprächsforschung.
Der Beitrag befaßt sich mit inszenierten Gesprächen im Fernsehen und fragt, wie der Bezug zwischen Sendungskonzepten und Realisierungsformen dieser Gespräche zu beschreiben ist. Ihre „Inszenierung” schafft einen Rahmen zur Kontextualisierung von Kommunikationsereignissen und Interpretationen. Für Streitgespräche zur medialen Präsentation von Konfliktpositionen gilt das Ideal der „Streitkultur”: Sie sollen reale gesellschaftliche Konflikte in geregelter Form kommunikativ abbilden, Möglichkeiten der Problemlösung aufzeigen und Mittel zur Konfliktreduzierung bereitstellen. „Boulevardisierung” findet dabei statt durch Personalisierung von Konflikten, Präsentation von Sensationen, Beschränkung auf Kleinformate und Sachverhaltsdarstellung, Appelle an stereotype Bewertungsmuster und kalkulierte Verstöße gegen Normalformen von Alltagsgesprächen.
Das letzte Wort. Untersuchungen zum Kontrollhandeln gesellschaftlicher Führungskräfte in Gesprächen
(2002)
Deutschlandtürkisch?
(2004)
Migration führt zu Zwei- und Mehrsprachigkeit. Ein Ausdruck dieser Sprachkontaktsituation sind Phänomene wie Codeswitching oder Codemixing, die weltweit, wie auch im kommunikativen Haushalt der türkischen Migranten in Europa, zu beobachten sind.1 Eine andere Folge dieses Prozesses sind Auffälligkeiten, die sich im Laufe der Zeit auf verschiedenen Ebenen der Diasporasprachen zeigen. Im vorliegenden Beitrag beschäftigen wir uns mit der Frage nach solchen Besonderheiten und ihren Ursachen im Türkischen der Migranten in Deutschland. Hierzu analysieren wir mündliche Alltagskonversationen von zwei Gruppen. Unsere Analyse von gesprochener Sprache wirft in diesem Zusammenhang einige zentrale methodologische Fragen bezüglich der untersuchten Daten und der Analyseperspektive auf, die wir zunächst in Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur erörtern.
Im Beitrag werden drei sprachwissenschaftliche Zugänge zu Diagnosen vorgestellt: In der Gesprächsanalyse wird die Diagnoseherstellung in der mündlichen Arzt-Patienten-Interaktion beleuchtet. Diagnosen entstehen kollaborativ,indem Gesprächsphasen durchlaufen und charakteristische Handlungen in bestimmten Äußerungsformaten vollzogen werden. Im Blickpunkt der Text- und Kommunikationsgeschichte steht hingegen das schriftsprachliche Handeln. Das Herstellen einer Diagnose erfordert hier die nachträgliche Bearbeitung vorgängiger mündlicher Interaktionen gemäß einer etablierten Textsorte: dem Erhebungsbogen. Von diesen Formen der Diagnoseherstellung unterscheidet sich, wie ein diskurslinguistischer Zugriff zeigt, die massenmediale Faktizitätsherstellung in Diskursen wie dem Impfdiskurs, die auch für ein medizinisches Laienpublikum relevant sind. Mit dem Beitrag soll nicht nur deutlich gemacht werden, in welchengem Zusammenhang mündliche Interaktion und schriftliche Fixierung stehen, sondern auch betont werden, dass das massenmedial vermittelte medizinische Lai*innen in relative Expert*innen verwandeln kann.
Dieser Beitrag thematisiert Besonderheiten der sprachlichen Kommunikation im Alter. Zunächst werden allgemeine Charakteristika der Altersidentität skizziert, in der Komponenten wie Sozialität und Partner- bzw. Personenorientierung eine besondere Rolle spielen. Anschließend werden Merkmale des Diskurses erörtert, in dem Altersidentität ausgebildet und fortentwickelt wird Vor allem die Ambivalenz zwischen dem Festhalten an der Erwachsenenidentität und dem Akzeptieren von Abweichungen davon ist für diesen Diskurs konstitutiv. Anhand exemplarischer Gesprächsausschnitte wird sodann aufgezeigt, in welcher Weise sich die für das Alter typischen Identitätskomponenten sowie die Orientierung an den Normalitätsstandards der mittleren Generation im kommunikativen Geschehen manifestieren.
Die Verwendung von Formen der Mannheimer Stadtsprache in einer jugendlichen Migrantinnengruppe
(2002)
Auch Linguist*innen, die gesprochene Sprache untersuchen, kommen schon seit längerem nicht mehr ohne digitale Infrastrukturen aus. Seit Beginn der Gesprochene-Sprache-Forschung werden Gespräche aufgezeichnet und anschließend transkribiert, da die flüchtigen, innerhalb von Bruchteilen von Sekunden stattfindenden Feinheiten des Gesprochenen paradoxerweise nur durch Verschriftung im Detail untersucht werden können. Diese Detailuntersuchungen beschränkten sich im vergangenen Jahrhundert meist auf wenige Einzelbelege für ein untersuchtes Phänomen. Das heißt, die Forschenden hatten den unmittelbaren Überblick über ihre Datenkollektionen und benötigten keine elaborierten digitalen Methoden zu deren Aufbereitung, Annotation und Analyse. Dies hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten stark geändert: Es wurden vermehrt gezielt große Datenmengen gesammelt, in Datenbanken organisiert und der Forschungsgemeinschaft zur Nutzung zur Verfügung gestellt. An erster Stelle muss hier das Forschungs- und Lehrkorpus gesprochenes Deutsch (FOLK) genannt werden (vgl. Schmidt 2014). Dieses wird seit 2008 am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) aufgebaut und ist heute das größte Referenzkorpus für das gesprochene Deutsch.
Das einfache, E-Mail-basierte Format der Mailingliste hat sich für professionelle Internet-Kommunikation in einem mittlerweile vielfältigen Web-Angebot aus mehreren Gründen bewährt: gezielte Versorgung mit fachspezifischen Informationen, Kompensation von Orientierungsproblemen für Neulinge, Distribution von vorläufigem, noch nicht abgesichertem Wissen, Selbstverständnis als Selbsthilfegruppe oder kritische Gegenöffentlichkeit für randständige Themen und Positionen. In Mailinglisten finden sich drei Diskursformate: monologisch, einfach dialogisch und „dicht" dialogisch bzw. interaktiv. Dialogizität und Interaktion werden in der Listenkommunikation nicht nur durch die Bildung von „Threads" konstituiert, sondern auch in der lokalen Formulierungsarbeit, etwa durch adressatengerechte Ansprache, Thematisierung der Rezeptionsbedingungen, Selbst- und Fremdkategorisierung, Reformulierungen und andere Kohärenzverfahren.
Einführung in die Bände
(2002)
Einführung in die Bände
(2002)
Einführung in die Bände
(1999)
Einleitung
(2002)
Ethnografische Dialoganalyse
(2014)
Der Beitrag behandelt Gesprächsaktivitäten eingeschränkter Kooperativst, wie sie in vielen Kommunikationssituationen wie z. B. in strittigen Diskussionen geradezu die Normalform darstellen. Zur theoretischen Einordnung und als Grundlage der empirischen Beschreibung derartiger Äußerungen wird das Konzept „Forcieren” im Sinne von „eigene Möglichkeiten erweitern und fremde verringern” entwickelt. Anhand eines komplexeren Beispielfalles wird ein Spektrum von unterschiedlichen Formen des Forcierens untersucht, die anschließend typologisch eingeordnet werden. Abschließend werden die beschriebenen Beteiligungsweisen eingeschränkter Kooperativst als Merkmale von unterschiedlichen Interaktionsstilen beschrieben.
In den letzten Jahren entwickelten sich in vielen europäischen Großstädten unter Jugendlichen der 2. und 3. Migrantengeneration ethnolektale Formen des Deutschen. Sie sind charakteristisch für multilinguale Kontexte, in denen Sprecher unterschiedlicher Herkunftssprachen die regionale Umgangssprache des Landes, in dem sie leben, als lingua franca benutzen. Die neuen Formen haben große Überschneidungsbereiche mit den regionalen Varietäten, unterscheiden sich aber prosodisch- phonetisch, lexikalisch und morphosyntaktisch. Meist werden sie nur in bestimmten Kontexten verwendet, und die Sprecher wechseln virtuos zwischen regionalen Varietäten, Herkunftsvarietäten, sprachlichen Mischungen und ethnolektalen Formen.
Auf der Basis von drei ethnografischen Fallstudien in Mannheim wird gezeigt, wie die von den Migrantenjugendlichen entwickelten ethnolektalen Formen aussehen und zu welchen Zwecken die Jugendlichen sie verwenden. Die Jugendlichen haben ein weites Sprachrepertoire, verfugen über ethnolektale sowie standardnahe Formen und nutzen die Differenz zwischen beiden als kommunikative Ressource.
Die Rationale der psychodynamischen Psychotherapie (und anderer Therapieformate) besteht darin, belastende und teils der bewussten Reflexion unzugängliche Erfahrungen der PatientInnen aufzuklären, ihre Ursachen zu identifizieren und alternative Wahrnehmungs- und Handlungsweisen zu ermöglichen. Dazu bedient sie sich eines bestimmten Settings: der Therapie über mehrere Sitzungen hinweg, in denen PatientInnen ihre Beschwerden und Erfahrungen berichten und TherapeutInnen mithilfe kommunikativer Praktiken gemeinsam mit den PatientInnen die Beschwerden aufzuklären, die Erfahrungen zu vertiefen und die Probleme zu lösen suchen. In der konversationsanalytischen Psychotherapieforschung (Peräkylä et al. 2008) werden dazu vier Grundtypen verständigungsbegünstigender kommunikativer Praktiken der Psychotherapie identifiziert: äußerungsfortführende Extensionen, Musterhaftigkeit herstellende Interpretationen, reformulierende formulations und Fragen (Weiste & Peräkylä 2015). Der vorliegende Beitrag widmet sich der Untersuchung von drei Fragetypen: Beispielnachfrage, Kollaborative Erklärungsfindungsfrage und Lösungsorientierte Frage und deren sequenzieller Organisation in psychodiagnostischen Gesprächen. Ziel ist es, deren unterschiedliche produktive Potenziale hinsichtlich der Handlungsrationale diagnostischer und therapeutischer Aufgabenstellungen herauszuarbeiten.
Ausschnitte des Arzt-Patient-Gesprächs „Frau Erle“ werden aus einer linguistisch-gesprächsrhetorischen Perspektive analysiert. Das Interesse liegt auf dem Zusammenhang zwischen der im Gesprächsverlauf erkennbaren Interaktionsdynamik zwischen Arzt und Patientin, der kognitiven Organisation der Problemsachverhalte auf Seiten der Patientin und Besonderheiten ihres Formulierungsverhaltens, insbesondere der Manifestation einer Detaillierungssperre und ihrer Lockerung bzw. Überwindung.
GAIS – GesprächsAnalytisches InformationsSystem. Ein hypermediales Lernsystem zur Gesprächsforschung
(2002)
Der vorliegende Beitrag stellt das vom BMBF geförderte Projekt GAIS (GesprächsAnalytisches InformationsSystem) vor, welches am Institut für Deutsche Sprache (IDS) entwickelt wird. GAIS ist ein hypermediales und didaktisch aufbereitetes Lernsystem zur Gesprächsanalyse für Einsteiger und Experten. Durch die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade ist es sowohl für Lehrende als auch für Lernende konzipiert. GAIS bietet eine Plattform, die Theorie, Praxis, Beispiele, Links, Anwendungen und Literatur zur Gesprächsforschung bündelt. Nutzer können diese Informationen rezipieren, ihre Kenntnisse überprüfen und mit technischen Werkzeugen eigene Analysen erstellen.
Aus der linguistischen Gesprächs- und Diskursanalyse heraus hat sich in den letzten 10 Jahren eine Angewandte Diskursforschung entwickelt, die das sprachlichkommunikative Handeln in unterschiedlichen gesellschaftlichen Praxisfeldern und Institutionen empirisch untersucht und dabei ausdrücklich auf die Anwendung ihrer Ergebnisse in dieser Praxis abzielt. In dem Beitrag zeigen wir, welche Fragestellungen und Ziele diese Forschungsrichtung verfolgt (Kap. 2), und benennen exemplarisch einige anwendungsrelevante inhaltliche Ergebnisse zu den Bereichen Schule, Medizin und Wirtschaft (Kap. 3). Anschließend stellen wir methodische Überlegungen für die Angewandte Diskursforschung dar und formulieren Prinzipien der Komplexität, der Problemorientierung, der Aktantenorientierung und der normativen Orientierung (Kap. 4). Wie solche Ergebnisse für die Aus- und Fortbildung didaktisch aufbereitet und in die Praxis rückvermittelt werden können und welche Perspektiven wir für die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Praxis sehen, diskutieren wir am Schluss des Beitrags (Kap. 5 und 6).
Gesprächstraining
(2004)
Die Arbeit wurde vom Verein für Gesprächsforschung mit dem Dissertationsförderpreis 2020 ausgezeichnet.
Bis heute gehört die Frage, wie InteraktionsteilnehmerInnen verstehen, welche von mehreren möglichen Lesarten eines sprachlichen Formats im jeweiligen Kontext gilt, zu den größten Herausforderungen der Konversationsanalyse. Aufbauend auf den Erkenntnissen über soziales Handeln in der Interaktion in Sprechakttheorie und Konversationsanalyse beschäftigt sich diese Arbeit mit dem Verhältnis zwischen rekurrenten sprachlichen Formaten und sozialen Handlungen. Im Fokus stehen interrogative und deklarative Modalverbformate: soll ich...?, kannst du...?, willst/magst/möchtest du...?, du kannst... und ich kann...
Eine umfassende, korpusdatengestützte Untersuchung zu diesen Formaten im Deutschen fehlte bisher. In der Forschung zu anderen Sprachen wurden vergleichbare Formate eingehender untersucht, aber fast ausschließlich in Bezug auf direktiv-kommissive Handlungen, wie Bitten, Aufforderungen, Angebote, Vorschläge etc., während das breitere Handlungsspektrum und -potenzial der Formate nicht aufgezeigt wurde.
Die vorliegende Untersuchung zeigt auf,
1. welches Handlungsspektrum die untersuchten Formate aufweisen,
2. wie die Komposition eines Turns, dessen Position (i.e., in der laufenden Sequenz, in der Interaktion, in der Aktivität oder in der Interaktionsgeschichte) sowie weitere kontextuelle Faktoren (wie z.B. die Verteilung von epistemischen und deontischen Rechten) dazu beitragen, wie das Format als diese oder jene Handlung in der Interaktion verstanden wird, und
3. welches Handlungspotenzial bzw. welche globale Handlungsbedeutung das jeweilige Format aufweist.
Die Untersuchung bedient sich der Methodik der Konversationsanalyse und der Interaktionalen Linguistik und beruht auf mehr als 500 Belegen aus Videoaufnahmen natürlicher Interaktion aus dem FOLK-Korpus.
Die vorliegende Arbeit zeigt, welche Handlungen mit den untersuchten Formaten vollzogen werden und welche Rolle unterschiedliche Faktoren (wie die Position des Turns, die Verteilung von deontischen und epistemischen Rechten, und die Verantwortung für das Projekt, auf das sich die Handlung bezieht, das Agens der künftigen Handlung, das nonverbale Verhalten von Interagierenden während der Realisierung des fokalen Turns etc.) dafür spielen, wie das jeweilige Format verstanden wird. Überdies wird nachgewiesen, welche weiteren linguistischen Merkmale (wie z.B. Vorkommen von Adverbien und Modal- bzw. Abtönungspartikeln, Argumentrealisierung, Wortfolge, Semantik des Vollverbs etc.) zusätzlich zum Modalverbformat für Handlungskonstitution und -zuschreibung relevant sein können und wann. Somit werden Faktoren herausgearbeitet, die für die weitere Entwicklung des Konzeptes ‚Format für soziale Handlungen‘ notwendig sind.
Die Arbeit zeigt, dass eine umfassende Analyse des gesamten Handlungsspektrums der Verwendung sprachlicher Formen auf Basis eines großen Korpus notwendig ist, um die für bestimmte Handlungsfunktionen relevanten Realisierungs- und Kontextbedingungen korrekt identifizieren zu können und vorschnellen Schlüssen über die Assoziation von linguistischen Formaten mit bestimmten Handlungen vorzubeugen. Trotz unterschiedlicher feingranularer Funktionen der Formate ist allerdings stets eine Kernbedeutung feststellbar, die zum Handlungspotenzial des jeweiligen Formats beiträgt.