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Wörter - Argumente - Diskurse. Was die Öffentlichkeit bewegt und was die Linguistik dazu sagen kann
(1999)
Der Beitrag versucht, eine der Möglichkeiten auszuloten, die Interessen der Öffentlichkeit und der Sprachwissenschaft in Verbindung zu bringen. Im Bereich gesellschaftlich relevanter Diskussionen besteht diese Möglichkeit darin, über besonders prominente Einzelwörter hinaus solche Diskussionen als „Diskurs" aufzufassen und diesen mit verschiedenen sprachwissenschaftlichen Methoden zu analysieren. Diskurs wird dabei als Menge aller Äußerungen zu einem gleichen Thema aufgefaßt, die für die Forschung in reflektiert zusammengestellten Textkorpora zugänglich zu machen sind. Am Beispiel des Migrationsdiskurses wird veranschaulicht, wie eine korpusbasierte, empirische Diskurslinguistik begründete Aussagen über die Verwendung von Wörtern machen kann, die die Öffentlichkeit im doppelten Sinne „bewegen", wie die argumentative Funktion öffentlicher Sprachthematisierungen systematisch zu erfassen ist und wie über die Wortschatzanalyse hinaus argumentative Muster öffentlicher Diskurse in ihrem Stellenwert für ein öffentliches
Themenfeld beschrieben werden können. Abschließend werden die bisherige öffentliche Resonanz auf entsprechende linguistische Forschungsergebnisse erörtert sowie die Chancen eines Forschungsansatzes, der einerseits öffentlich interessierende Themen aufgreift und andererseits diese methodisch reflektiert begleitet und analysiert. Insgesamt scheinen hier wie in anderen linguistischen Teilbereichen die Weichen für eine stärker öffentlichkeitsrelevante Linguistik bereits gestellt. Damit beginnt die germanistische Linguistik, aus der „selbstverschuldeten öffentlichen Unmündigkeit" der Germanistik auszubrechen und ihr Themenfeld in der Öffentlichkeit nicht mehr anderen zu überlassen, die weniger seriös arbeiten bzw. deren Kompetenzen andere sind.
Zwischen den Erwartungen und besonderen Bedürfnissen der Auslandsgermanistik und dem, was die germanistische Linguistik zu bieten hat, gibt es auf verschiedenen Gebieten noch erhebliche Diskrepanzen – so lautet die durchaus als Provokation gemeinte Ausgangsthese. Im Bereich Wortschatz und Wörterbücher fehlt es, verglichen mit der anglo-amerikanischen Wörterbuchszene, an umfassenden, korpusbasierten, gegebenenfalls auch elektronisch zugänglichen Wörterbüchern mit durchdachter Mikrostruktur, präzisen und verständlichen grammatischen und semantischen Angaben und reichhaltigem, den heutigen Sprachgebrauch widerspiegelndem Beispielmaterial. An grammatische Handbücher sind folgende Forderungen zu stellen: Konzentration auf relevante, d.h. typische, hochfrequente und kontrastiv-typologisch bedeutsame Erscheinungen, Zuverlässigkeit und Präzision der Angaben durch expliziten Bezug auf eine Textbasis sowie vor allem Verständlichkeit für die Zielgruppe. Weitere Desiderate beziehen sich u.a. auf die zeitgemäße Präsentation des faktischen Sprachgebrauchs und der deutschen Dialekte, speziell auf das Deutsche zugeschnittene Arbeiten zum Spracherwerb und zur Sprachverarbeitung.
Was erwarten die Verlage?
(1999)
Das hier vorgeführte Schienenbild ist das in Anlehnung an Wittenburg (2009) als Erweiterungsinstrument gewählte Mittel in dem Versuch, Computertechnologie, linguistische Forschung und Vernetzung am Institut für Deutsche Sprache in deren rasch wachsenden Vielschichtigkeit zu beschreiben. Hier werden u. a. drei Blickwinkel, der des Technologie entwickelnden Wissenschaftlers, des entwickelnden Nutzers und des Nutzers von Informationstechnologie in der linguistischen Forschung vereint und um eine für den Sprachvergleich neue Dimension, die sprachspezifische Parameter von Analyseinstrumenten miteinander harmonisiert, erweitert.
Vom ZISW zum ZAS
(2021)
Das Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) ist jetzt 25 Jahre alt, im besten Alter sozusagen. Es hat Erfahrungen gesammelt, sich mit theoretischen Forschungen zur Phonetik und Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik und Pragmatik weltweit einen Namen gemacht. Anlässlich seines Jubiläums fragt man sich, wo es seine Ursprünge hat und unter welchen Umständen es ›groß‹ geworden ist. Diesen beiden Fragen versuche ich in diesem Beitrag nachzugehen. Ich tue das, weil ich die Zeitzeugin bin, die das ZAS am längsten begleitet hat.
Lexikalische Diskurspartikeln wie ‚gut‘, ‚schön‘, ‚genau‘, ‚richtig‘, ‚klar‘ etc. mit Äquivalenten in anderen Wortklassen (z.B. als Adjektive) und einem inhärenten semantischen Gehalt sind ein häufiges Phänomen in der gesprochenen Sprache. In ihrem vielfältigen, feinnuancierten Gebrauch tragen sie maßgeblich zur Organisation von Gesprächen bei. Der Fokus dieser empirischen interaktionslinguistischen Untersuchung liegt auf der detaillierten Beschreibung des Formen- und Funktionsspektrums sowie der Verwendungspraktiken von ‚gut‘ und ‚schön‘. Dabei werden funktionale, sequenzielle, prosodische und kombinatorische Regelhaftigkeiten aufgezeigt sowie das Verhältnis zwischen ‚gut/schön‘ und ihren Pendants als Adjektiven diskutiert. Die Verwendungsmerkmale und -bereiche der Diskurspartikeln werden zudem mit prädikativen Formen mit ‚gut/schön‘ verglichen, um die Spezifika und Leistungsfähigkeit von lexikalischen Diskurspartikeln aufzuzeigen und die Formate im Hinblick auf Pragmatikalisierung zu diskutieren.
Sprachwissenschaft im Fokus
(2015)
Im Jahr 2014 feierte das Institut für Deutsche Sprache (IDS) sein 50-jähriges Bestehen. Dieses Jubiläum nahm das IDS zum Anlass, seine Jahrestagung thematisch etwas breiter anzulegen und diejenigen Themenfelder, die in der sprachwissenschaftlichen Diskussion der letzten fünf Jahrzehnte eine besondere Rolle gespielt haben und zu denen das IDS in besonderer Weise hat beitragen können, einer Revision zu unterziehen. Die Beiträge dieses Bandes bieten daher einerseits eine Zusammenschau der aktuellen Fragen der Grammatikforschung und Grammatikografie, der Lexikologie und Lexikografie, des gesprochenen Sprachgebrauchs sowie der Korpustechnologie und der Computerlinguistik. Andererseits geben sie auch Auskunft darüber, wo die Sprachwissenschaft im Moment steht und wo sich zukünftig vielleicht neue Forschungsräume öffnen.
Sprachliche Zweifelsfälle kommen auf allen linguistischen Ebenen vor. Ihre Einordnung erfolgt zumeist nach Systemebene, nach Entstehungsursache oder nach lexematischer Struktur. Sprachlicher Zweifel kann auch nach intra- und interlingualen Aspekten unterschieden werden. Stehen zwei oder mehrere lexikalische Varianten zur Verfügung, kann es zu Unsicherheiten bezüglich des angemessenen Gebrauchs kommen. Nicht nur Muttersprachler*innen sind mit Schwierigkeiten konfrontiert, Zweifelsfälle stellen auch ein Problem bei der Fremdsprachenproduktion dar.
Dieser Band beschränkt sich auf lexikalisch-semantische, flexivische und wortbildungsbedingte Zweifelsfälle und führt interessierte Leser*innen in Fachliteratur und Nachschlagewerke ein. Er streift Fragen der Sprachdidaktik, der Fehler- und Variationslinguistik, denn die Auseinandersetzung mit typischen Zweifelsfällen zeigt auch das Spannungsfeld zwischen allgemeinem Usus und kodifizierter Norm, zwischen Gegenwart und Wandel, zwischen Dynamik, sprachlichem Reichtum und erlernter Bildungstradition.
„[…] die Partei soll weg. Aber sonst soll sich nicht viel am Regierungssystem ändern. Man hat an sich nichts gegen das Hakenkreuz und auch nichts gegen Hitler, wiewohl die Kritik jetzt Hitler keineswegs noch immer ausnimmt. Oft heißt es: ,Er hats a net zusammenbracht.‘" (Deutschlandberichte II, 896)
Dieser Bericht vom August 1935 gibt die Haltung der Bevölkerung zum NS-Regime mit in diesem Fall dialektal gefärbter Alltagssprache wieder. Unter anderem Texte wie dieser sind Grundlage eines Projekts, dessen Konzeption im Folgenden vorgestellt wird. Der Projektplan sieht eine kulturlinguistische Verortung des Gegenstands ‚Sprachliche Sozialgeschichte 1933 bis 1945‘ vor. Die Umsetzung des kulturlinguistischen Zugangs richtet sich auf zwei Kernideen, die eine Idee ist die der Perspektivendifferenz - wir werden unsere Analysen nach Akteuren unterschieden anlegen. Die zweite Kernidee orientiert die Analysen an dem anthropologischen Leitkonzept des Authentischen. Dieses Forschungskonzept werde ich im Folgenden erläutern.
Hintergrund
Die sprachlichen Äußerungen sind ein zentrales Medium in Psychotherapien, d. h., Psychotherapie wirkt im Wesentlichen über die Sprache, über das Miteinanderreden. Angesichts der Bedeutung des sprachlichen Austauschs ist es relevant, die Mechanismen, über die Sprache in Psychotherapieprozessen wirkt, genauer zu verstehen. Die linguistische Psychotherapieforschung nutzt hierfür vielfältige Methoden.
Ziel der Arbeit
Vorliegender Beitrag demonstriert exemplarisch 2 mikroanalytische Ansätze.
Material und Methoden
Eine transkribierte Psychotherapiesitzungssequenz wurde aus Perspektive der psychodynamischen Theorie inhaltlich interpretiert und bezüglich sprachlicher Merkmale mithilfe von 2 Methoden mikroanalytisch beurteilt: Die verbalen Techniken (Fokus Therapeutenäußerungen) wurden mithilfe der Psychodynamischen Interventionsliste (PIL) geratet und eine detaillierte Konversationsanalyse (Fokus Dialog) erfolgte.
Ergebnisse
Analysen mit der PIL zeigten, dass im Sitzungsausschnitt überwiegend die Techniken „Bedeutung hinzufügen“ und „Wiederholen, Umschreiben, Zusammenfassen“ verwendet wurden. Thematisch wurde besonders auf den „Vater“ Bezug genommen, gefolgt von der „Therapeutin“. Der zeitliche Bezug lag schwerpunktmäßig in der „Vergangenheit“. Die Gesprächsanalyse rekonstruiert, dass der Wechsel auf die Erlebensebene die Therapiesituation selbst in den Fokus rückt. Mithilfe sequenzieller Handlungszwänge werden extratherapeutische Konstellationen in der Vergangenheit und therapeutische Gegenwart kontrastierbar sowie intersubjektiv bearbeitbar gemacht.
Schlussfolgerung
Die eigene Sprache und den Dialog im Therapieprozess zu beobachten, kann für Therapeuten aufschlussreiche Erkenntnisse über Folgen und Voraussetzungen eigener Interventionen liefern. Forschungen an der interdisziplinären Schnittstelle von Psychotherapie und Linguistik sind lohnenswert.
Der Beitrag vermittelt den Gegenstand ‚Sprache und Judentum‘ im Zeichen religiöser Kommunikativität und Judentum als kommunikativ-performatives religiöses Glaubenssystem. Die Spezifizierung des allgemein-religiösen Phänomens der Kommunikativität in Bezug auf die jüdische Religion besteht demzufolge darin, das generell für Religionen geltende Phänomen qualitativ hinsichtlich seiner Ausprägungen als Proprium religiöser jüdischer Praxis darzustellen. Diese Ausprägungen werden kulturanalytisch beschrieben mit den Kategorien ‚kulturelles Gedächtnis‘, ‚rituelle Kommunikation‘ und ‚kulturelles Zeichensystem‘. Ihnen zugeordnet sind die jeweils entsprechenden zentralen religiösen Performanzen der jüdischen Tradition.
Zu seinem 60. Geburtstag widmen seine Schülerinnen und Schüler Peter Auer eine Festschrift. Die Beiträge des Sammelbandes bilden deren Forschungsschwerpunkte ab. Diese knüpfen naturgemäß an die Arbeiten des Lehrers an und spiegeln die Vielfältigkeit Peter Auers eigener Forschungsinteressen: Die Themen der Beiträge reichen von Variationslinguistik und Mehrsprachigkeit über Interaktionsforschung, Multimodalität, Mündlichkeit und Schriftlichkeit bis hin zu Fragen der Syntax gesprochener Sprache.
Diese Monografie setzt sich neu mit Sprachanfragen auseinander. Mit einem kleinen, aber aussagekräftigen Korpus von rund 300 schriftlichen Anfragen zwischen 1997 und 2022 fokussiert sie sich durch viele Detailanalysen auf den Charakter der Anfragenden und die Charakteristik der Anfragen: Wer sind die Anfragenden? Wen fragen sie? Wie fragen sie? Was fragen sie? Warum fragen sie? Und wie hängt all das zusammen?
Die Monografie versteht sich als Anregung vor allem für größer angelegte Studien mit einem größeren, repräsentativen Korpus. Darüber hinaus kann sie Ideengeber sein etwa für soziolinguistische Studien zur Persönlichkeit von Sprachanfragenden, für Studien zum Laiendiskurs über Sprache, zu muttersprachlichen versus nichtmuttersprachlichen Interessen oder zu angefragten Themen: Welche Aspekte der Themen werden erfragt; welche sind relevant, welche sind brisant?
Politisches Positionieren ist eine elementare sprachliche und soziale Praxis. Wo und wie wir uns und andere in der Gesellschaft verorten, ist eine alltäglich verhandelte Frage. Positionierungen werden dabei sowohl explizit thematisiert und kontrovers diskutiert als auch beiläufig durch sprachliche Praktiken hervorgebracht. Im Zentrum von Positionierungen stehen Aushandlungen sozialer Identität. Doch nicht nur persönliche Identitäten werden durch Positionierungen konstituiert, stabilisiert oder umgedeutet, auch die Gesellschaft ist durch die sprachlichen Positionierungspraktiken ihrer Mitglieder unmittelbar oder mittelbar betroffen.
Die Beiträge des Bandes betrachten diese Schnittstelle zwischen Interaktion und Diskurs aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven und erörtern, wie Positionierungen vollzogen werden, ob bzw. inwiefern sie politisch sind und in welchen wechselseitigen Zusammenhängen sie zu gesellschaftlichen, sozialen und politischen Arrangements und Ordnungen stehen.
Zum Abschluss der Jahrestagung 1998 fand eine Podiumsdiskussion statt, und zwar mit folgenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern (in alphabetischer Reihenfolge): Professor Dr. Rudolf Hoberg (TH Darmstadt); Fritz Kuhn, Μ. Α., MdL (Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg); Professorin Dr. Eva Neuland (Universität- Gesamthochschule Wuppertal); Achim Struchholz (Pressesprecher von Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland AG, Köln); Dr. Annette Trabold (Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit im Institut für deutsche Sprache). Die Leitung der Diskussion hatte Professor Dr. Rainer Wimmer (Universität Trier).
Am 17. Mai 2018 wurde das Journal für Medienlinguistik (jfml) mit einer zweitägigen Konferenz am Institut für Deutsche Sprache eröffnet und ist seitdem unter <jfml.org> erreichbar. Zuvor gab es trotz reger medienlinguistischer Forschungstätigkeiten kein zusammenführendes, periodisches Publikationsorgan für die Medienlinguistik im deutschsprachigen Raum. Das wollten wir, die Herausgeber_innen des jfml, ändern.
Über 400 Wissenschaftler/innen aus insgesamt 25 verschiedenen Herkunftsländern kamen dieses Jahr zur 54. Jahrestagung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS). Unter dem Titel „Neues vom heutigen Deutsch. Empirisch – methodisch – theoretisch“ konnten sich die Besucher/innen insgesamt 14 Fachvorträge anhören. In diesem Jahr wurde der Titel weit gefasst, um Themenvielfalt zu ermöglichen. „Neues“ bezeichnet dabei zum einen Neues von der deutschen Sprache, zum anderen aber auch neue Methoden, theoretische Ansätze und empirische Schwierigkeiten.
Neues vom heutigen Deutsch – das sind zum einen neue Erscheinungen und neue Verwendungsweisen, die sich im Sprachgebrauch der letzten Jahre zeigen. Neben ihrer Bandbreite im gesprochenen Deutsch und in spezifischen Kontexten oder in verschiedenen Teilen des deutschen Sprachgebiets geht es auch um die damit verbundenen Einstellungen in der Öffentlichkeit, ihre Folgen für die Identität und um entsprechende Normvorstellungen. Grundsätzlichere Fragen medial üblicher und angemessener Kommunikation stellen sich auch bei dem Neuen, das die Kommunikation in und um das Internet mit sich bringt.
Zum anderen geht es um neue Methoden innerhalb der Sprachwissenschaft. Seit sich die Sprachwissenschaft bei ihrer empirischen Arbeit auf große Datenmengen, auf elektronisch auswertbare Korpora geschriebener Sprache und gesprochener Interaktion stützen kann, sind die Entwicklungen des Sprachgebrauchs der Forschung noch zugänglicher geworden. Neues vom heutigen Deutsch sind also, neben den so ermittelten Ergebnissen, auch die damit verbundenen methodischen Diskussionen und Entwicklungen, die es erlauben, theoretische Annahmen anhand einer genaueren Datengrundlage neu zu diskutieren.
Der Beitrag gibt einen Überblick über die vielfaltigen neuen Arbeitsmöglichkeiten, die computergestützte Medien der Sprachwissenschaft eröffnen, und diskutiert die Frage, wieweit wissenschaftliche Ansprüche, Denkweisen, Methoden, Arbeitsrhythmen und Resultate von neuen Arbeitstechniken beeinflusst werden. Anhand ausgewählter Beispiele werden verschiedene Stadien linguistischen Arbeitens (von erster Orientierung und Hypothesenbildung über Datensammlung und Informationsrecherche bis zu Auswertung, Ergebnisfindung, Präsentation und Diskussion) sowie unterschiedlicheTeildisziplinen und Fragestellungen der Sprachwissenschaft (von Phonetik über Lexikographie bis zur Gesprächsanalyse etc.) behandelt.
Nachruf auf Siegfried Grosse
(2016)
Dieses Gespräch wurde am 6. Februar 2023 in den Räumlichkeiten des Marsilius-Kollegs der Universität Heidelberg aufgenommen. Es spiegelt den Austausch zwischen den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wider und gibt einen ersten Einblick in die Themen und Fragen, die in diesem Sammelband eine Rolle spielen. Das Gespräch wurde transkribiert und an denjenigen Stellen sprachlich überarbeitet, die es aus Gründen der Verständlich- und Lesbarkeit erforderten. Der mündliche, im Nachdenken begriffene Charakter des Gesprächs wurde gewahrt.
Der folgende Leitfaden bietet eine grundlegende Übersicht darüber, welche Schritte bei der Konzeption und Durchführung einer empirischen Untersuchung in der germanistischen Linguistik zu beachten sind. Wir werden den grundlegenden Ablauf und die zugrunde liegenden Konzepte allgemein bzw. modellhaft beschreiben und sie anhand von einfachen Beispielen illustrieren. Eine stärkere Ausgestaltung anhand von Beispielen zu verschiedenen linguistischen Forschungsfragen und -feldern und damit auch mehr Illustrationen, wie die einzelnen Schritte für bestimmte Forschungsfragen umzusetzen sind, finden Sie in den Fallstudien im —> Teil III dieses Bandes. Detailliertere Ausführungen zu den zentralen Konzepten des empirischen Arbeitens in der Linguistik finden Sie in —> Teil VI dieses Bandes. Weiterführende Literatur findet sich am Ende des Beitrags.
Dieser Band versammelt neun Beiträge mit dem Ziel, Sprach- und Literaturwissenschaft aufeinander zu beziehen: Literatur grammatisch zu betrachten und Grammatik für Literatur (neu) zu denken. Jeder Beitrag nimmt mindestens einen grammatischen und einen literarischen Gegenstand zum Ausgangspunkt. Dabei ist die Bandbreite groß; sie reicht von Bodo Kirchhoffs Roman ‚Dämmer und Aufruhr‘ über die Kurzgeschichte ‚Das Brot‘ von Wolfgang Borchert bis hin zu Marion Poschmanns Gedichtzyklus ‚Kindergarten Lichtenberg‘ und deckt unterschiedlichste sprachliche Bereiche wie Tempus, semantische Rollen, Interpunktionszeichen oder Metaphern ab. Ist es in der Schule geradezu erwünscht, Grammatik und Literatur integrativ zu unterrichten, verfolgen sie als universitäre Disziplinen oft ganz unterschiedliche Fragestellungen an verschiedenen Sprachwerken. Vor diesem Hintergrund ist dieser Band ein interdisziplinärer Versuch, Anregungen und neue Perspektiven für schulische wie universitäre Bildungskontexte zu geben.
Der Vortrag geht aus von dem weithin geteilten Befund, daß die Sprachwissenschaft sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Wissenschaftsdiskurs der Kulturwissenschaften an Ansehen verloren hat. Er versucht vor dem Hintergrund dieses Befundes das Verhältnis von Linguistik und Öffentlichkeit zu erörtern. Die Resonanzlosigkeit der Sprachwissenschaft im öffentlichen Raum wird zunächst im Kontext der These diskutiert, die Disziplin befolge nicht die „Gesetzmäßigkeiten der Darstellung"(Münch) und verfüge über kein angemessenes Marketing. Eine solche Ursachenzuschreibung für die mangelnde Öffentlichkeitsfähigkeit linguistischen Wissens wird als zu kurz greifend zurückgewiesen. Die Ansehenskrise wird statt dessen in einer grundsätzlicheren Hinsicht zurückgeführt (1) auf die allgemeinere Krise des wissenschaftlichen Wissens in der „Expertengesellschaft" (Hitzler) sowie (2) auf eine für die Sprachwissenschaft charakteristische mangelnde Zeitgenossenschaft. Diese ist – so die These des Vertrags – herzuleiten aus einem geisteswissenschaftlichen Autonomieverständnis, das einer Verschränkung von Wissenschaft und öffentlich-politischem Handeln kritisch gegenübersteht sowie im besonderen aus der stummen Distanz der Sprachwissenschaft zu dem – von der Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkeit verfolgten – Mediendiskurs der Kulturwissenschaften.
Das Buch präsentiert die ersten Arbeitsergebnisse des wissenschaftlichen Netzwerks >Linguistik und Medizin< Patho- und Salutodiskurse im Spannungsfeld von objektivierter Diagnose, interaktiver Vermittlung und medialer Konstitution, gegründet 2017 und finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Aus unterschiedlichen linguistischen, medizinischen, historischen und soziologischen Perspektiven werden Prozesse der Wissenskonstitution, -aushandlung und des -transfers in Bezug auf Gesundheit und (psychische wie somatische) Krankheiten thematisiert. Mit Daten und Methoden der Gesprächs-, Korpus- und Diskurslinguistik, der Medizin und der Soziologie werden aktuelle und gesellschaftsrelevante Fragestellungen in der Arzt-Patienten-Kommunikation, den ö̈ffentlichen massenmedialen Diskursen und in der Fachkommunikation in einem interdisziplinären Dialog bearbeitet. Im Fokus stehen einzelne Krankheitsbilder und deren semiotische Konstruktion wie Schizophrenie, HIV/AIDS, Alzheimer, Depression; mannigfaltige interaktive Praktiken z.B. der Empathiebekundung, der Aufklärung, der Emotionalisierung in Arzt-Patienten-Gesprächen; Prozesse der gemeinsamen Wissensaushandlung in Online-Foren; fachliche Konstruktionen von Vorstellungen zu Normalität und Abweichung.
In der gegenwärtigen forschungspolitischen Diskussion ist es für Einzeldisziplinen wie die Linguistik von zentraler Bedeutung zu klären, in welcher Form sie bereit und in der Lage sind, Beiträge zu außerwissenschaftlichen Problemstellungen zu leisten. Vor diesem Hintergrund haben wir im Zeitraum von Frühjahr bis Herbst 1997 eine schriftliche Umfrage unter 1.500 Linguistinnen und Linguisten durchgeführt; der Rücklauf lag bei ca. 17% (256). Ziel der Befragung war, die Einstellungen zum Thema Linguistik in der Öffentlichkeit aus der Innenperspektive der Disziplin heraus zu bestimmen. Zu diesem Zweck wurden zwölf überwiegend offene Fragen gestellt, die sich in vier Gruppen gliedern:
(I) Tatsächliche und potentielle Relevanz der Linguistik für die Öffentlichkeit
(II) Darstellung der Linguistik in der Öffentlichkeit (Presse, Fernsehen etc.)
(III) Beiträge der Befragten zum Wissenstransfer aus der Linguistik in außerakademische
Bereiche
(IV) Einschätzung zukünftiger Entwicklungen und Entwicklungsmöglichkeiten im Verhältnis zwischen Linguistik und Öffentlichkeit.
Die vielfach emotionale Resonanz, die die Fragen hervorriefen, macht deutlich, daß „Linguistik in der Öffentlichkeit" für Linguistinnen und Linguisten nicht nur ein aktuelles, sondern auch ein brisantes Thema ist. Generell wird ein Mißverhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit und Relevanz des Fachs einerseits und seiner tatsächlichen öffentlichen Wirkung andererseits gesehen. Nur eine Minderheit der Befragten formuliert diesen Befund im Zusammenhang mit einer scharfen Kritik an der Öffentlichkeit und ihren Instanzen (Medien, Institutionen). Ca. 90% der Einsender kritisieren dagegen die Probleme von Linguistinnen und Linguisten, Forschungsergebnisse verständlich zu präsentieren, Praxisbezüge ihrer Ergebnisse hervorzuheben und/oder das Fach wirkungsvoll nach außen hin darzustellen.
Korpuslinguistik
(2018)
Der Band nimmt eine Bestandsaufnahme zu Grundlagen, Methodik, Werkzeugen und Anwendungsfeldern der Korpuslinguistik mit Fokus auf die germanistische Sprachwissenschaft vor. Die Beiträge stellen den aktuellen Forschungsstand sowohl im Bereich schriftsprachlicher wie auch mündlicher Korpora dar und beschreiben innovative Herangehensweisen, aktuelle Herausforderungen und Desiderata zur Arbeit mit Korpora in der Sprachwissenschaft.
Internetlinguistik
(2019)
Die Internetlinguistik ist eine neue Forschungsdisziplin, die sich aus drei großen Untersuchungsbereichen konstituiert: der Sprachverwendung in internetbasierten Kommunikationsumgebungen (wie Messengerdienste, Soziale Netzwerkseiten), der Interaktion zwischen Mensch und Maschine (etwa mit smarten Objekten) und der Generierung von Datenkorpora, was auch ethische Fragen aufwirft.
Dieser Band enthält neben einem kurzen Abriss über die Entwicklung der Internetlinguistik bibliografische Angaben zu Spezifika des Kommunikationsraums, der Kommunikationsplattformen und der digitalen Kommunikation, zu menschlichen Handlungsweisen im Web 2.0 und zu methodischen Zugängen der linguistischen Onlineforschung mit einem Überblick über Internetkorpora. Darüber hinaus werden Schnittstellen zu anderen Wissenschaftsdisziplinen aufgezeigt. Der Band gibt außerdem Empfehlungen zu einschlägigen Blogs und Zeitschriften.
IDS aktuell. Neues aus dem Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. Jg. 2020, Heft 4
(2020)
Linguistic expressions used in Order to discriminate people because of their affiliation to a certain group can be summarized as Hate Speech. Hate Speech is offen found in Social Media. The topic is rather complex and ought to be investigated interdisciplinarily. This paper delivers an excerpt of the linguistic point of view. It shows how Hate Speech can be distinguished from insulting or criticizing. It also shows that there are two parallel discourses about Hate Speech, one rather populist right wing oriented and one rather reflecting the subject as verbal violence. By means of two elaborated examples, the concrete use and dynamics of Hate Speech are analyzed.
Medizin betrifft „alle Menschen, Ärzte wie Patienten, Fachleute wie Laien, gleichermaßen zu allen Zeiten. Die Medizin steht daher wie kein zweiter Bereich des Lebens im Spannungsfeld von fachwissenschaftlicher Spezialisierung und menschlichen Alltagserfahrungen“ (Riecke 2004). In diesem Spannungsfeld ist medizinisches Wissen und Handeln ohne Sprache nicht denkbar. Medizin- und Gesundheitskommunikation bilden fachintern wie fachextern, in mündlichen und medialen Diskursen ein prominentes Themenzentrum der medi(k)alisierten Gegenwart. Das Handbuch Sprache in der Medizin bietet einen Überblick über Formen und Funktionen von Arzt-Patient-Kommunikation und ihrer gesprächslinguistischen Erfassung, medizinischen Fachsprachen in Geschichte und Gegenwart sowie Medizin und Gesundheit in medialen Diskursen. Das hierzu notwendige interdisziplinäre Methodenspektrum umfasst sprachwissenschaftliche, Gesprächs- und diskurslinguistische Methoden ebenso wie medien- und kommunikationswissenschaftliche Perspektiven.
Aus der linguistischen Gesprächs- und Diskursanalyse heraus hat sich in den letzten 10 Jahren eine Angewandte Diskursforschung entwickelt, die das sprachlichkommunikative Handeln in unterschiedlichen gesellschaftlichen Praxisfeldern und Institutionen empirisch untersucht und dabei ausdrücklich auf die Anwendung ihrer Ergebnisse in dieser Praxis abzielt. In dem Beitrag zeigen wir, welche Fragestellungen und Ziele diese Forschungsrichtung verfolgt (Kap. 2), und benennen exemplarisch einige anwendungsrelevante inhaltliche Ergebnisse zu den Bereichen Schule, Medizin und Wirtschaft (Kap. 3). Anschließend stellen wir methodische Überlegungen für die Angewandte Diskursforschung dar und formulieren Prinzipien der Komplexität, der Problemorientierung, der Aktantenorientierung und der normativen Orientierung (Kap. 4). Wie solche Ergebnisse für die Aus- und Fortbildung didaktisch aufbereitet und in die Praxis rückvermittelt werden können und welche Perspektiven wir für die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Praxis sehen, diskutieren wir am Schluss des Beitrags (Kap. 5 und 6).