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Der vorliegende Band enthält die Beiträge eines Kolloquiums am Institut für Deutsche Sprache, Mannheim, in dem das komplexe und moderne Werk sowie das systematische Arbeiten Johann Christoph Adelungs gewürdigt wurde. Die Beiträger und Beiträgerinnen des Bandes stellen das kulturgeschichtliche Denken Adelungs, sein lexikographisches Werk, seine grammatischen, orthographischen und stilistischen Arbeiten unter spezifischen Fragestellungen dar: Adelungs durch Herder inspiriertes Verständnis von Kulturgeschichte bildet gleichsam das Prinzip seiner Arbeit. In Beispielen wird die Adelung-Rezeption beschrieben ebenso wie die Bedeutung seines Werks für heutige sprachhistorische Forschung. Dass Adelung mit seinen Arbeiten in Spannungsfelder einzuordnen ist, machen diejenigen Beiträge deutlich, die ihn als Traditionalisten und als Vertreter der beginnenden Moderne zeigen, als Sprachgelehrten mit präskriptiven und deskriptiven Anliegen, als konservativen Denker und Aufklärer zugleich. Insgesamt gibt dieser Band einen Überblick über die Komplexität von Adelungs Schaffen und über den Stand der Forschung.
Nachdem die Erforschung der Wortbildungsregularitäten des Deutschen in den zentralen Bereichen zu erheblichen Fortschritten und weithin konsensfähigen Ergebnissen geführt hat, wendet sich die Forschung in den letzten Jahren verstärkt neuen Aspekten zu, wobei textlinguistische und in verschiedener Weise anwendungsorientierte Fragen eine erhebliche Rolle spielen, daneben aber auch andere, häufig theoriespezifischere Herangehensweisen gewählt werden. Wie viele andere Bereiche der Sprachwissenschaft hat sich auch die Wortbildungsforschung mit der neuen Möglichkeit auseinanderzusetzen, elektronische Korpora als empirische Basis zu nutzen.
Der Band dokumentiert die Ergebnisse der Tagung zur Wortbildung an der Universität Santiago de Compostela im Sommer 2006, und gerade bei einer transnationalen - und im Gefolge auch germanistisch-hispanistisch transdisziplinären - Tagung liegt es nahe, die typologisch vergleichenden Aspekte zu betonen, die ebenfalls in letzter Zeit erheblich an Bedeutung gewonnen haben. Mit der Schwerpunktsetzung auf den (deutsch-spanischen) Vergleich, auf textuelle und auf am Bereich DaF anwendungsorientierte Fragestellungen ergänzen die im vorliegenden Band dokumentierten Ergebnisse dieser Tagung die derzeit wieder recht lebhafte Diskussion um Fragen der Wortbildung.
Mehrsprachigkeit in linguistischen Daten. Theoretische und praktische Aspekte ihrer Erfassung
(2008)
Der, die, das wird traditionell als Demonstrativpronomen eingestuft, obwohl es besonders in der gesprochenen Sprache zum Ausdruck der Referenz auf dritte Personen mit dem Personalpronomen er, sie, es in komplementärer Distribution auftritt. Im Beitrag wird das Verhältnis zwischen der und er zunächst auf dem Hintergrund anderer europäischer Sprachen kontrastiv untersucht. Anschließend wird die Frage der Didaktisierung aufgeworfen: an einem konkreten Beispiel wird gezeigt, wie man Deutschlernende auf den Gebrauch von der als Personalpronomen aufmerksam machen kann.
Mit der rasanten Entwicklung einer ganzen Familie von XML-basierten texttechnologischen Standards seit mehr als zehn Jahren ist die Hoffnung verbunden, dass dadurch die technische Handhabung von linguistischen Daten enorm erleichtert werde und computerlinguistische Projekte davon in der Praxis stark profitierten. Dies um so mehr, als auch die meisten etablierten Datenbankmanagementsysteme (DBMS), Open Source-Lösungen sowie fachspezifische und/oder akademische Datenbankprodukte das Potential strukturorientierter Auszeichnungssprachen erkannt und Schritt für Schritt integriert haben. XMLStandards für die Modellierung der Mikrostruktur informationeller Angebote sowie für die Kommunikation mit externen Applikationen, kombiniert mit den bekannten Vorzügen einer datenbankgetützten Verwaltung und Weiterverarbeitung - aus dieser Perspektive heraus betrachtet sollte sich die computerlinguistische Forschung zukünftig vermehrt um das „Was?“ und immer weniger um das oft leidige „Wie?“ kümmern dürfen. In der Tat gibt es für viele Probleme, die vor einigen Jahren noch umfangreiche Spezialentwicklungen erforderten, inzwischen sehr hilfreiche Standard-Werkzeuge. Doch gilt dies durchgängig? Und welche Überlegungen sind vor Implementierungsentscheidungen nach wie vor unerlässlich? Hier soll der interdisziplinäre GLDV-Workshop „Datenbanktechnologien für hypermediale linguistische Anwendungen“, der im Rahmen der Konvens 2008 in Berlin stattfindet, für mehr Klarheit sorgen, indem er Erfahrungen mit hypermedialen Datenbanken aus unterschiedlichen texttechnologischen Projekten zusammenbringt. Die Vorträge und Systemdemonstrationen des Workshops liegen den Artikeln dieses Heftes zugrunde. Die Beiträge zeigen deutlich, dass nach wie vor nicht alle Werkzeuge alle naheliegenden Erwartungen erfüllen und jedes Projekt eine sorgfältige Bestandsaufnahme der verfügbaren technischen Lösungen erfordert. Die Berichte kommen aus höchst unterschiedlichen Anwendungsbereichen. Das Spektrum umfasst beispielsweise sowohl die Verwaltung unterschiedlicher Annotationsformen für geschrieben - wie für gesprochensprachliche Korpora; weiterhin werden Schnittstellen zu Online-Wörtebüchern und Wikis sowie die Verwaltung fachterminologischer Ontologien thematisiert.
Lehren und Lernen von Verben, Adjektiven und Substantiven ... Ein nimmerendender Diskussionsstoff
(2008)
Vorwort
(2008)
Grenzgängereien
(2008)
Der zweite Band der Reihe des Zentrums Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit (ZSM) der Universität zu Köln enthält die Beiträge des Kolloquiums "Was ist linguistische Evidenz?". Die Beiträge stammen aus verschiedenen sprachwissenschaftlichen Disziplinen (Allgemeine Sprachwissenschaft, Anglistik, Sprachliche Informationsverarbeitung, Phonetik und Psycholinguistik) und widmen sich der Frage des Kolloquiums aus verschiedenen Perspektiven. Behandelt werden grundsätzliche Diskussionen über den Zusammenhang von Evidenz und sprachwissenschaftlichen Theorien, experimentelle Paradigmen (Priming-Experimente, Eye-Tracking-Experimente, Thermometerverfahren), computergesteuerte Korpusanalyse und Herausforderungen bei der Datengewinnung durch Feldforschung.
Dieses Handbuch bietet ausführliche und aktuelle Informationen über die gegenwärtige Situation der deutschsprachigen Minderheiten in den Ländern Mittel- und Osteuropas. Dabei werden in einer Zusammenschau sowohl die Sprachinselminderheiten als auch die Minderheiten an den Rändern des geschlossenen deutschen Sprachgebiets in den Blick genommen. In sieben Länderartikeln wird jeweils ein Überblick über Demographie, Geschichte sowie politische und rechtliche Lage der Minderheiten gegeben. Auf der Basis neuer, eigener Erhebungen wird für jedes Land eine Dokumentation der Kompetenz- und Sprachgebrauchssituation, eine Beschreibung und Analyse der soziolinguistischen Situation mit ihren je spezifischen Standard-Substandard-Verteilungen und eine Untersuchung der Spracheinstellungen der Sprecher geboten.
Dieses Jahrbuch des Instituts für Deutsche Sprache ist dem Jahr der Geisteswissenschaften gewidmet und beleuchtet aus interdisziplinärer Perspektive das Zusammenwirken von cultural und linguistic turn. Die Beiträge aus Linguistik, Kultur- und Kognitionswissenschaft sowie Literatur- und Geschichtswissenschaft zielen darauf ab, die kulturwissenschaftlichen Traditionen der Sprachwissenschaft zu vergegenwärtigen und gleichzeitig den Anschluss der Linguistik an die modernen Forschungsrichtungen der Kulturwissenschaft zu dokumentieren: Hermeneutik, Rhetorik und Lexikographie, Kognitionstheorie und Diskursanalyse werden aus sprachwissenschaftlicher Perspektive diskutiert. Darüber hinaus beleuchten die Beiträge die Folgen des linguistic turn in den Nachbarwissenschaften exemplarisch anhand der Literaturwissenschaft und der Historiographie. Insgesamt präsentiert der Band das Spektrum von Grundlagen, Theorien und Methoden sowie anwendungsbezogene Beispiele einer kulturwissenschaftlichen Linguistik.
Der Aufsatz bietet zunächst einen Überblick über neuere Tendenzen und offene Fragen der internationalen begriffsgeschichtlichen Forschung und plädiert für ‚Historische Semantik‘ als Disziplinbezeichnung für das sich über die klassische Begriffsgeschichte hinaus erweiternde Feld. Gefragt wird sodann nach Erklärungsmodellen für semantischen Wandel in der Geschichte. Drei Modelle von Wandel werden genauer erörtert: Plausibilitätsverlust von Redeweisen durch überraschende Ereignisse und Umbrüche, Zunahme des strategischen Gebrauchswerts von Redeweisen in wiederkehrenden Kommunikationssituationen, Irritation des Wort- und Bedeutungshaushalts einer Sprache durch Wortimporte aus einer anderen Sprache. Ausgehend vom letztgenannten Modell werden abschließend Theorieprobleme diskutiert, die sich aus der Forderung nach einer transnationalen bzw. vergleichenden historischen Semantik ergeben.
Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts hat sich aus der Überlagerung des ‚linguistic turn‘ und des ,cultural turn‘ in den Geistes- und Sozialwissenschaften eine neuartige Sensibilisiertheit auf Sprache herausgebildet, die zudem stark erkenntnistheoretisch sowie konstruktivistisch geprägt ist. Sprache erscheint als Mittel der Formung von Wissen, von Erfahrung und Gedächtnis; Kultur erscheint als ein „Bedeutungsgewebe“ (Geertz) bzw. als ,Text‘, dem gegenüber eine interpretative Haltung angemessen ist.
Diese semiotische und latent statisch-monologistische Perspektive auf Kultur ist zu ergänzen um eine kommunikative und entsprechend dynamisch-dialogistische. Sowohl Kultur als auch Gesellschaft sind an Kommunikation gebunden und interdependent mit ihr, außerhalb von Kommunikation sind sie nicht existent. Gleichzeitig ist aber auch Kommunikation, sind die kommunikativen Praktiken einer Gesellschaft ebenso wie ihre kommunikativen Normen und Ideale kulturell geprägt und damit auch historisch veränderbar. Die Analyse kommunikativer Praktiken ist deshalb immer auch Kulturanalyse, ihre Geschichte - nicht zuletzt die Geschichte kommunikativer Ideale - ist Teil von Kulturgeschichte. Gegen Ende meines Beitrags versuche ich deshalb anhand dreier historischer Skizzen aufzuzeigen, welche Fragen sich im Rahmen einer Ideen- und Kulturgeschichte von Kommunikation stellen und welche Antworten sich finden lassen.
Im Folgenden wird versucht, die seit den 1970er Jahren primär für die Literatur- und Kulturwissenschaft entwickelte, an Foucault anschließende Diskurs- und dann Interdiskurstheorie mit dem Ziel der Anschlussfahigkeit an linguistische Diskursanalysen sowohl zu resümieren wie zu spezifizieren. Das geschieht teils in Form definitorischer Abschnitte zu Grundbegriffen (wie „Diskurs“, „Spezialdiskurs“, „Interdiskursivität“, „Interdiskurs“, „(inter)diskursives Ereignis“, „Elementardiskurs“, „Kollektivsymbolik“), teils in expliziter Bezugnahme auf benachbarte linguistische Forschungsrichtungen wie die Fachsprachenforschung bzw. die Linguistik der Vertikalität. Als wesentliches Charakteristikum des foucaultschen Diskursbegriffs wird ein historisch spezifischer Raum von Sag- und Wissbarkeit bestimmt. Als konkretes Beispiel dient das Kollektivsymbol des „Netzes“. In aktuellen Verwendungen des „Netz“-Symbols wird ein Widerspruch aufgewiesen, der als Symptom einer diskursiven Sagbarkeitsgrenze gewertet wird. Abschließend erfolgt eine kondensierte Lektüre des Netz-Komplexes in Kafkas Schloß-Roman mit der These, dass Kafka dort eine Grenze der Sagbarkeit problematisiere und überschreite.
Unser Wortschatz repräsentiert, was Menschen alleine und im sozialen Miteinander an Handlungen, Institutionen sowie an Ideen und Erkenntnissen hervorbringen. In historischer Perspektive wird der Wortschatz, wie er in sprachlichen Quellen überliefert ist, zum kulturellen Gedächtnis einer bestimmten Sprechergruppe, einer Gesellschaft, einer Nation. Voraussetzung für alle fachhistorischen Auswertungen und Aussagen ist das lexikalische Verständnis eines Quellentextes. Hilfestellung dazu bietet die historische Lexikographie und ist somit der Dokumentation und der semantischen Beschreibung des Wortschatzes die elementare wissenschaftliche Grundlagendisziplin für alle historischen Wissenschaften.
Der Beitrag geht von dem 2004 veröffentlichen Sammelband „Rhetorik. Figuration und Performanz“ aus, führt einige der dort publizierten Ansätze fort und bringt sie schließlich neu (schärfer rhetoriktheoretisch konturiert) auf den Punkt. Er stellt die Frage, welchen theoretisch begründeten Platz ein rhetoriksystematisch hergeleiteter und damit wohl definierter Performanz-Begriff haben kann. Der Performanzbegriff wird heute unterschiedlich, nicht selten auch mit einer gewissen Willkür verwendet, wodurch er als Terminus technicus nur mehr bedingt tauglich ist. Demgegenüber bekommt er hier eine theoretisch genau bestimmte Position im modernen rhetorischen Theoriegebäude als Aktionsweise des Mediums, das Texte speichert und sendet.
Sprache ist kein natürliches Phänomen, sondern ein kulturelles. Sie entwickelte sich nicht als Konsequenz biologischer Voraussetzungen, entstand vielmehr, sozusagen spontan, aus den Kommunikationsbedürfnissen menschlicher Kollektivität. Wo immer der homo sapiens sich zusammenrottete, schuf er Verständigungsmöglichkeiten, sodass es die Sprache nicht gibt, sondern nur Sprachen. Da sie kulturelle Phänomene sind, lassen sie sich mit den Begriffen der Kulturwissenschaft oft angemessener beschreiben als mit denen der Linguistik.
Sprache und Gehirn
(2008)
Sprachverstehen ist ein hochkomplexer Prozess bei dem eine Reihe von Subprozessen aufgerufen und zeitlich koordiniert werden müssen. Linguistische Theorien und psycholinguistische Modelle postulieren unterschiedliche Prozessdomänen für die Verarbeitung von gesprochener Sprache: Semantik, Syntax und Phonologie und innerhalb dieser, die Prosodie. Neurophysiologische Studien, die auf den zeitlichen Verlauf dieser Prozesse im Gehirn fokussieren, zeigen, dass syntaktische Information früh und unabhängig von semantischer Information verarbeitet wird. Bildgebende Verfahren belegen, dass diese verschiedenen Prozessdomänen von unterschiedlichen neuronalen Netzwerken in der linken Hirnhälfte unterstützt werden. Für die syntaktische Verarbeitung können dabei zwei Subnetzwerke differenziert werden. Ein Netzwerk, bestehend aus dem frontalen Operculum und dem anterioren Anteil des oberen Temporalgyrus, zeichnet verantwortlich für die Verarbeitung der lokalen Phrasenstruktur. Ein zweites Netzwerk, bestehend aus dem Broca-Areal und dem hinteren Anteil des oberen Temporalgyrus, ist verantwortlich für die Verarbeitung hierarchischer Strukturen. Die rechte Hirnhälfte ist vornehmlich für die Verarbeitung prosodischer Information auf Satzebene zuständig. Die schnelle Kommunikation zwischen beiden Hirnhälften ist Voraussetzung für eine enge Koppelung von syntaktischer und prosodischer Verarbeitung auf dem Weg zum Sprachverstehen. Diese wird durch eine Hirnstruktur gesichert, die die beiden Hemisphären miteinander verbindet. Als Beleg hierfür gilt der Befund, dass Patienten mit Schädigung dieser Hirnstruktur keine normale Interaktion zwischen grammatischer und prosodischer Information zeigen.
Idiom-Modifikationen aus kognitiver Perspektive zu beschreiben heißt in erster Linie, die allgemeinen Mechanismen, die die betreffenden Variationsmöglichkeiten bzw. -restriktionen steuern, aufzudecken. Ich gehe von der Hypothese aus, dass die Durchführung jeder konkreten Modifikation der Idiomstruktur nur dann zu standardmäßig akzeptablen Ergebnissen führt, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden. Bei der Verletzung dieser Bedingungen entstehen entweder fehlerhafte Ausdrücke oder innovative, oft wortspielerische Abwandlungen des betreffenden Idioms. Das Modifikationsverhalten der Idiome richtet sich also nicht ausschließlich nach dem Usus, sondern stellt ein in hohem Grade regelgeleitetes semantisch basiertes Phänomen dar. Die entsprechenden Restriktionen sind folglich nicht völlig arbiträr, sondern in bestimmtem Maße prognostizierbar. Dies schließt jedoch nicht aus, dass in manchen Fällen nur der Usus über die Akzeptabilität der jeweiligen Modifikation entscheidet. Diese vor allem in der Tradition der kognitiven Phraseologieforschung postulierten Prinzipien wurden hier am Beispiel des Adjektiv-Einschubs überprüft und fanden ihre Bestätigung.
Im Zentrum des Beitrags stehen zehn Thesen zum Verhältnis von Sprachwissenschaft, Kognitionswissenschaft und Kulturwissenschaft. Diese Thesen knüpfen an an die kulturwissenschaftliche Semantik, wie sie etwa in der Begriffsgeschichte nach dem Muster Reinhart Kosellecks (für das Großlexikon „Geschichtliche Grundbegriffe“) oder in der (inner- und außerlinguistischen) Diskursanalyse nach dem Diskurskonzept von Michel Foucault entwickelt worden ist. Ein weiterer Anknüpfungspunkt der angestrebten Konvergenz sprach-, kognitions- und kulturwissenschaftlicher Theorie- und Methodenbildung ist das Problem des Textverstehens (und der epistemischen Voraussetzungen eines adäquaten Textverstehens), wie es sich in solchen gesellschaftlichen Text- und Kommunikationsbereichen zeigt, die auf einer extrem voraussetzungsvollen epistemischen Ausgangssituation aufbauen.
Im Beitrag soll eine theoretische und methodische Perspektive aufgezeigt werden, die - ebenso an eine „Diskursanalyse nach Foucault“ anknüpfend wie an Ansätze aus der linguistischen und kognitionswissenschaftlichen Frame-Analyse - letztlich zu einer Art „Linguistischen (oder besser: linguistisch begründeten) Epistemologie“ führen kann, und damit zu einem Forschungsansatz, in dem Interessen der Linguistik, der Kulturwissenschaften wie der Kognitionswissenschaften gleichermaßen zum Tragen kommen können.
Der Beitrag zeigt auf, dass eine bestimmte Perspektive auf Sprache und Kommunikation notwendig auf verstehende Methoden rekurrieren muss, um die Dynamik sprachlich-kommunikativen Handelns angemessen zur Geltung bringen zu können. Wer sprachliche Kommunikation „beschreiben“ will, muss verstehen, was die Partner tun und er muss (ex post) verstehen, wie sich die Partner in der Situation verstehen: er muss ‚Verstehen‘ verstehen.
Analog zu einem solchen parole-bezogenen analytischen Vorgehen im Sinn einer linguistischen Hermeneutik wird als sprachtheoretischer Bezugspunkt eine hermeneutische Linguistik vorgestellt. Aus deren Einordnung in die Tradition der Aufklärungshermeneutik wie der romantischen Hermeneutik, sowie aus Bezügen zu kognitivistischen, konstruktivistischen und dekonstruktivistischen Theorieansätzen wird die Idee einer „radikalen Hermeneutik“ entwickelt, die im Zusammenspiel mit Dialektik und Rhetorik den theoretisch-methodischen Rahmen für ein breites Spektrum zentraler linguistischer Fragestellungen abzugeben vermag.
Die Sprachfähigkeit als Gattungsmerkmal des homo sapiens erzeugt Zeichen, durch die linear akustische Signale mit begrifflich strukturierten Umwelterfahrungen verbunden werden. Diese Verbindung beruht weder (ikonisch) auf Ähnlichkeit noch (indexikalisch) auf direktem Situationsbezug, sondern ist (symbolisch) konventionell begründet. Sie ermöglicht durch freie Kombination die Bildung komplexer Zeichen. Damit sind entscheidende Eigenschaften der Sprache gegeben. Einerseits sind sprachliche Ausdrücke über alle Erfahrungsbereiche möglich, natürliche Sprachen sind unbegrenzt und vollständig, andererseits sind sie zwangsläufig abstrakt, sie können nur den klassifizierend begrifflichen Aspekt der Erfahrungswelt wiedergeben. Diese Begrenztheit liegt innerhalb der Sprache selbst. Zugleich ist durch die Möglichkeit, über alles, also auch über Sprache zu sprechen, die Basis für Reflexion und explizite Bewusstheit, also Selbstbewusstsein gegeben. - Das Ineinandergreifen der verschiedenen Aspekte wird abschließend an Brentanos Wiegenlied demonstriert.
Den traditionellen Konzeptualisierungen von EMOTION (als einem für die Erklärung der menschlichen Kognition irrelevanten Phänomenkomplex) wird ein integrativer Ansatz gegenübergestellt, demzufolge Kognition und Emotion als zwei mentale Systeme interagieren und sowohl repräsentational als auch prozedural relevante Schnittstellen haben. Emotionen werden als Kenntnis- und Bewertungssysteme, Gefühle als kognitiv erfahrbare Emotionen, definiert. Es wird anhand exemplarischer Beispiele erörtert, inwiefern kognitive Gedanken und emotionale Gefühle (entgegen der vorherrschenden Auffassung) mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede aufweisen.
Weltansichten aus sprachlicher und rechtlicher Perspektive. Zur Ontisierung von Konzepten des Rechts
(2008)
Bestandsaufnahme
(2008)
Die „Kontrastive Grammatik deutsch-rumänisch" war kein singuläres Ereignis. Sie ist ein zwar nicht zwangsläufiges, aber doch konsequentes Glied in einer Entwicklung, die um 1970 begann und heute einen erheblichen Teil der germanistischen Linguistik prägt. Es ist schon der Mühe wert, diese Entwicklung nachzuzeichnen. Dabei liegen drei Dimensionen nahe: Sprachtheorie, grammatische Beschreibungen und Wörterbücher.
Mit dieser Auswahl von 21 Beiträgen Manfred W. Hellmanns zum sprachlichen Ost-West-Problem wird der interessierten Öffentlichkeit ein umfassender und fundierter Überblick über einen spannenden Aspekt der deutschen Nachkriegsentwicklung gegeben. Sowohl die sprachlichen Differenzen im geteilten Deutschland als auch der Sprachgebrauch während und nach der Wende bis in die jüngste Zeit sind Gegenstand dieser methodisch wie thematisch maßstabsetzenden Untersuchungen aus 35 Jahren.
Die "türkischen Powergirls". Lebenswelt und kommunikativer Stil einer Migrantinnengruppe in Mannheim
(2008)
Die ethnografisch-soziostilistische Fallstudie bietet einen umfassenden Einblick in die Lebenswelt, die sozialen Orientierungen und das Ausdrucksverhalten junger Migrantinnen in Mannheim, die sich "türkische Powergirls" nennen.
Die ethnografische Beschreibung des Migrantenstadtteils bildet den Rahmen für die Rekonstruktion des Entwicklungsprozesses von der ethnischen Jugendclique zu einer Gruppe sozial erfolgreicher junger Frauen. Dieser Prozess ist typisch für junge Migrantinnen in Deutschland, die in Auseinandersetzung mit relevanten Bezugswelten, der Welt der türkischen Gemeinschaft und der Welt der deutschen (Bildungs-)Institutionen, einen eigenständigen Weg zu finden versuchen. Das Selbstbild, das die Mädchen in diesem Prozess entwickeln, bildet die Bezugsgröße für ihren Kommunikationsstil.
Der zentrale Teil des Buches beschreibt diesen Stil, den derb-drastischen Umgangston, den schnellen Wechsel zwischen Deutsch und Türkisch und den virtuosen Gebrauch verschiedener Varietäten zum symbolischen Verweis auf soziale Kategorien, und zeigt, wie sich der Stil im Prozess des Erwachsenwerdens und in Reaktion auf neue Lebensumstände und (Bildungs-)Anforderungen allmählich verändert.