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Vom 14. bis 16. März fand im Congress Center Rosengarten in Mannheim die 53. Jahrestagung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS) statt, die sich in diesem Jahr mit dem Lexikon und dessen Komplexität und Dynamik beschäftigte. Im Mittelpunkt standen neue Perspektiven auf das Lexikon und die Lexikonforschung nach der empirischen Wende, die das Bild vom Wortschatz deutlich verändert und den Blick darauf erweitert hat. Lexikontheoretiker und Lexikografen arbeiten heute u.a. mit quantitativen korpuslinguistischen Methoden und berücksichtigen Forschungsergebnisse und -methoden angrenzender Disziplinen wie der Psycholinguistik, wodurch auch neuartige Konzepte ins Blickfeld rücken. Das Inventar lexikalischer Einheiten beschränkt sich nicht mehr nur auf Wörter, sondern wurde durch konstruktionsartige Einheiten und semiabstrakte lexikalische Muster ergänzt.
Der Beitrag behandelt eine soziale Welt der Migranten zweiter Generation in Deutschland, die sich selbst als „emanzipatorische Migranten" bezeichnen. Im Gegensatz zu Milieus, die sich ethnisch definieren und herkunftslandorientiert sind, setzen sich diese mit provokativen, ironischen und Perspektiven umkehrenden Verfahren mit Marginalisierungserfahrungen im Einwanderungsland auseinander. Der Aufsatz rekonstruiert die Entstehung dieses Milieus und zeigt auf, welche zentrale Rolle die sprachliche Orientierung dabei spielte. Als eine Ausdrucksebene des kommunikativen sozialen Stils der emanzipatorischen Migranten untersucht er ihre Praxis der Sprachvariation. Im Gegensatz zu Arbeiten, die Formen des Codeswitchings bzw. Code-mixings mit der Generationszugehörigkeit der Migranten korrelieren, zeigt er dabei die enge Verbindung zwischen Formen der Sprachvariation und Milieuzugehörigkeit auf.
This article explores how close one can come to a cultural-scientific perspective on the basis of a constitution-analytical methodology. We do this on the basis of a comparison of the celebration of Totensonntag in Zotzenbach (Southern Hesse) and Sarepta (Wolgograd). In both places, there are protestant churches that perform this ritual to commemorate the dead on this “Sunday of the Dead” as a part of their church service. Our scientific interest lies in the reconstruction of the rituality produced during the in situ execution. In both services, the names of the deceased are read out and a candle is lit for each deceased person. In Zotzenbach the priest reads out the names and an assistant ignites the candles for the deceased, whereas in Sarepta the bereaved are responsible for this. Since the ritual is organised in very different ways in terms of architecture-for-interaction (statically in Zotzenbach, spatially dynamic in Sarepta), we can reconstruct two completely different models of rituality: a demonstrative one (Zotzenbach) and a participative one (Sarepta). The demonstrative model works on the basis of a finely tuned coordination between the two church representatives and is aimed at a dignified execution. The model in Sarepta is not suitable for the production of formality due to its participatory structure. Here, however, the focus is also on the aspect of socialization, which goes beyond the church service and offers the Russian-German worshipers the opportunity to situationally constitute as a culturally homogeneous group.
Funktionsverbgefüge stehen seit jeher in der Sprachkritik, die sich nun auch auf digitale Räume ausbreitet. Vertreten wird dort die These, Funktionsverbgefüge und ihre entsprechenden Basisverben seien äquivalent und könnten in allen Kontexten durch die verbalen Entsprechungen ersetzt werden. Dies kann durch die vorliegende korpusbasierte und textlinguistische Studie am Beispiel des Gefüges Frage stellen widerlegt werden. Anhand eines extensiven Datenmaterials aus den Wikipedia-Artikel-Korpora des IDS zeige ich die semantischen, grammatischen und textlinguistischen Unterschiede zwischen dem Basisverb und dem Funktionsverbgefüge im Gebrauch auf, die sich in der Anreicherung, Verdichtung, Perspektivierung, Gewichtung und Wiederaufnahme von Informationen im Text manifestieren.
Anästhesiologische Aufklärungsgespräche sind obligatorischer, rechtlich vorgeschriebener Bestandteil der Operationsvorbereitung. Ärzte sind dabei verpflichtet, eine Reihe von Formalia einzuhalten, um die Einwilligung der Patienten rechtlich abzusichern. Ziele solcher Gespräche sind, narkoserelevante Informationen zum Gesundheitszustand zu ermitteln, ausreichend zu informieren und Verständnis zu sichern, eine Entscheidung über das Narkoseverfahren zu treffen und schließlich die wirksame Zustimmung einzuholen. Zur Sicherung des Verständnisses sind die aufklärenden Anästhesisten gehalten, Patienten Fragerechte anzubieten. Im Beitrag wird zunächst das Handlungsschema dieses Interaktionstyps rekonstruiert, um auf dieser Grundlage zu analysieren, wie Ärzte durch Platzierung, Sequenzierung und Formulierungsweise die Patienten er- oder entmutigen, Frageangebote wahrzunehmen. Es zeigt sich, dass Ärzte den Patienten zwar regelmäßig die Möglichkeit zu Fragen anbieten, dies aber oft gesprächsstrukturell ungünstig platzieren und durch ihre Formulierungsweise und andere Eigenschaften konterkarieren. Grundlage der Untersuchung bilden 18 Gespräche, die im Prämedikationszentrum einer großen Universitätsklinik geführt wurden.
Gerade weil das Thema der diesjährigen Arbeitstagung bereits seit einigen Jahrzehnten immer wieder Gegenstand verschiedener Forschungsrichtungen gewesen ist und heute gleichermaßen polymorph erforscht wird, sollten im Rahmen dieser Tagung aktuelle Projekte aus unterschiedlichen Disziplinen vorgestellt und interdisziplinär verhandelt werden. Das Ziel der Tagung war es, MedizinerInnen, PsychologInnen und GesprächsanalytikerInnen eine Plattform zu bieten, miteinander in Kontakt zu treten, die vorgestellten Ansätze, Erkenntnisinteressen und Methoden gemeinschaftlich zu diskutieren und dabei herauszustellen, in welchen Punkten sich diese von den eigenen unterscheiden.
Der Beitrag beschreibt ein mehrfach annotiertes Korpus deutschsprachiger Songtexte als Datenbasis für interdisziplinäre Untersuchungsszenarien. Die Ressource erlaubt empirisch begründete Analysen sprachlicher Phänomene, systemischstruktureller Wechselbeziehungen und Tendenzen in den Texten moderner Popmusik. Vorgestellt werden Design und Annotationen des in thematische und autorenspezifische Archive stratifizierten Korpus sowie deskriptive Statistiken am Beispiel des Udo-Lindenberg-Archivs.
Der Begriff der „Gattung“ wird in der Soziologie und der Sprachwissenschaft als Sammelbegriff für verfestigte, (sprachlich) ähnliche Muster mit repetitiver Frequenz zur Lösung verwandter kommunikativer Probleme gefasst (z.B. unterschiedliche moralische Gattungen, vgl. Bergmann/Luckmann (Hg.) 1999). Wenig Aufmerksamkeit wurde bislang den Gemeinsamkeiten und Unterschieden – also den Abgrenzungsmöglichkeiten – von prototypischen zu weniger prototypischen Vertretern einzelner Gattungsfamilien zuteil. Im vorliegenden Beitrag beschreiben wir anhand von authentischen Daten die sogenannten „Gassigespräche“ als spontane Kommunikation des Alltags von Hundebesitzer/innen. Außerhalb der Sprachwissenschaft werden diese primär als Hyponym des Hyperonyms „Small Talk“ subsumiert. Wir versuchen zunächst unter gattungsanalytischen Gesichtspunkten die obligatorischen und fakultativen Einheiten um ein – sofern es denn überhaupt existiert – prototypisches Zentrum von Small-Talk zu gruppieren. Anhand eines paradigmatischen Falls beschreiben wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf andere Gattungen, die sich im Spektrum der Alltagsgespräche – oder auch darüber hinaus – ansiedeln. Wir plädieren in der Diskussion dafür, Gattungsfamilien als mehr oder weniger verfestigte Muster mit teils wiederkehrenden Merkmalen zu sehen, die ihre Eigenschaften in Form und Funktion teilen können.
In this article, we investigate the semantics of causal modifiers headed by vor (‘with’, ‘from’) in adjectival copular sentences with sein (‘to be’). We distinguish two readings of the causal vor-phrases: a pure causal reading as in rot vor Wut (‘red with rage’), sprachlos vor Freude (‘speechless with joy’), and a causal-local reading as in rot vor Blut (‘red from blood’) or schwarz vor Menschen (‘black with people’). Based on corpus data, we provide descriptive generalisations for the use and meaning of vor and its two readings. A uniform formal semantics analysis is presented to account for both readings, according to which the meaning of vor can be captured with a cause relation between two tropes. In the case of the causal-local reading, the causing trope is interpolated via coercion from the compositionally provided concrete object. Finally, we compare vor and von (‚from‘).
Neben kurzen Bestandsaufnahmen vom Status der Prosodie in Grammatiken und in DaF-Didaktiken und -Lehrwerken wird Prosodie näher bestimmt und ihre wichtigsten Eigenschaften und Funktionen in Wort, Ausspruch und Gespräch beschrieben. Im Weiteren wird vor allem die bedeutungsgestaltende Funktion der Prosodie herausgearbeitet. Aus phonologischer Sicht sehen wir die Informationsstruktur als zentral für die Vermittlung der Prosodie an. Anhand von Akzentgruppe und Intonationsphrase wird ihre Rolle bei der rhythmischen Gliederung von Aussprüchen vorgestellt. Als weiteres Beispiel für die kommunikative Funktion von Prosodie wird ihre Rolle beim Ausdruck von Emotion behandelt.
In the course of the last years, digital lexicography has opened up a variety of avenues fostering the conceptualisation, application and use of constructicons, a type of lexicographical reference work which has revealed itself highly promising in terms of connectivity and flexibility, at the same time, however, also challenging as to its technical implementation. The present paper takes up the ambitious aim to propose some reflections as well as a first draft for a possible model of a multilingual ‘periphrasticon’ as a subtype of a bigger constructicon focusing on a specific typology-related structural feature, i. e. periphrasticity. Taking periphrastic verbal constructions in French, Italian and Spanish as a starting point, it tries to sketch out a unified constructional network including not only equivalent (or corresponding) constructions within Romance, but also establishing (formal and functional) cross-linguistic connections to German and English. Comprising the major languages available to most language learners in (at least) German-speaking environments, the model is also supposed to pave the way for multilingual constructicography which, on the one hand, is able to account for intra- and cross-linguistic relations and, on the other hand, can also prove a valuable tool for language learning and use.
Bezeichnungen für Personen, die sich nicht in ihrem Heimatland aufhalten (z.B. Migrant, Ausländer, Flüchtling) werden in der Sprachgemeinschaft häufig wertend und kontrovers verwendet. In dem Beitrag wird gezeigt, dass die allgemeinsprachige Lexikografie diesen Aspekt bislang nicht angemessen berücksichtigt – weder in der korpusgestützten, methodischen Erfassung und Analyse von Sprachdaten noch in der beschreibenden Darstellung. Am Beispiel von elexiko werden Ansätze vorgestellt, die das Potenzial besitzen, dieses Desiderat einzulösen.
Die Artefaktbezeichnungen im Deutschen weisen, wie viele andere sprachliche Ausdrücke auch, eine vom Kontext abhängige Bedeutungsvariation auf, die sich nach systematisch wiederkehrenden Mustern gestaltet. Ein Ziel dieser Untersuchung ist es, herauszufinden, wie diese Bedeutungsvariation zustande kommt und welche semantischen Relationen oder Merkmale das Bindeglied zwischen den einzelnen Varianten der Wortbedeutung bilden. So lässt sich auch der Grad an Systematizität oder Regelhaftigkeit der Polysemie genauer bestimmen. Die Bedeutungsvariationen bei Artefaktbezeichnungen werden hier im wesentlichen als Fälle von metonymischer Bedeutungsverschiebung behandelt. Den Ausgangspunkt der Analyse bildet dabei eine unterspezifizierte semantische Form der sprachlichen Ausdrücke, die mit Hilfe verschiedener inferenzieller Verfahren und unter Einbeziehung von Kontext und Weltwissen schrittweise angereichert und modelliert wird.
Öko-Lexikographie
(1989)
Durch die gewachsene Bedeutung der Psychoonkologie ist das Themenfeld der Krankheitsverarbeitung (Coping) vermehrt in das Blickfeld der Forschung gerückt. Gleichzeitig entstehen im Web 2.0 neue digitale Formen der intermedialen narrativen Repräsentation von Krankheit, Leid und Krankheitsbewältigung (Cybercoping), wodurch sich für Betroffene neue Möglichkeiten eröffnen, eine Erkrankung durch medienvermittelte Kommunikation und Vergemeinschaftung zu bewältigen und sich eine soziale Identität als chronisch Kranke zu verleihen (vgl. Deppermann 2018). Der Beitrag präsentiert auf theoretischer Basis der Copingforschung sowie der Gesprächsforschung zu narrativer Identitätsbildung eruierte Copingstrategien in Krankheitsnarrativen von Krebspatientinnen und -patienten. Coping wird als kommunikativer Prozess verstanden, der sich in Sprachhandlungen widerspiegelt. Das Untersuchungsmaterial bilden autobiografische Erzählungen in Internetvideos, öffentlich geteilt von zwanzig Betroffenen auf der Social-Media-Plattform YouTube. Copingmechanismen werden in den untersuchten Narrativen in Form von emotionsgeladenen Sprachäußerungen und humoristisch bzw. ironisch gefärbten Sprachhandlungen zur Emotionsregulierung und Entlastung sowie in Gestalt von metaphorischen Deutungsmustern und Personifizierungen der (Tumor-)Erkrankung angezeigt. In den Sprachhandlungen der Erzählenden wird aktives problemorientiertes Coping durch sich selbst und die Community aktivierende Sprache, eine häufig agentivische Selbstdarstellung und -positionierung der Betroffenen und eine durch Positivierung und Neubewertung sinnstiftende Kohärenz sichtbar.
Die Darstellung von und Arbeit mit Transkripten spielt in vielen forschungs- und anwendungsbezogenen Arbeiten mit Daten gesprochener Sprache eine wichtige Rolle. Der im ZuMult-Projekt entwickelte Prototyp ZuViel (Zugang zu Visualisierung von Transkripten) knüpft an etablierte Verfahren zur Transkriptdarstellung an und erweitert diese durch neue Möglichkeiten des interaktiven Arbeitens mit Transkripten im digitalen Medium. Der Beitrag führt in diese neuen Möglichkeiten ein und erklärt, wie sie in didaktischen DaF/DaZ-Kontexten aber auch hinsichtlich forschungsbezogener Perspektiven angewendet werden können
ZuRecht steht für Zugang zur Recherche in Transkripten. Es handelt sich um eine prototypische Implementierung einer webbasierten grafischen Benutzeroberfläche, welche Zugriff auf Transkripte gesprochener Sprache aus dem Archiv für Gesprochenes Deutsch (AGD) des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) bietet. Der Zugriff erfolgt über die neue, im Projekt „ZuMult“ entwickelte Schnittstelle zur Suche in mündlichen Korpora. ZuRecht dient einerseits der Demonstration der Möglichkeiten der neuen Schnittstelle, indem es komplexe Suchanfragen mit der speziell für die Korpusrecherche entwickelten Anfragesprache CQP auf Transkriptionen gesprochener Sprache erlaubt. Andererseits kommt ZuRecht als Erweiterung der Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD) zum Einsatz und eröffnet den DGD-Nutzer:innen viele neue Forschungsmöglichkeiten, insbesondere auf den Gebieten der Gesprächsanalyse und der DaF/DaZ-bezogenen Forschung. Im Beitrag werden die Funktionalitäten von ZuRecht ausführlich vorgestellt und ihre Einsatzmöglichkeiten in den genannten Disziplinen exemplarisch vorgeführt.
This article summarizes results of an empirical study on the use of so called verbs of transportation in German and Brazilian Portuguese. Such verbs constantly cause dijficulties and mistakes in the language production of non-native Speakers. The paper presentsfour observations on the grammar (verb prefixes, prepositions), semantics (places and paths) and pragmatics (deixis) of verbs of transportation in the two languages. It leads to the conclusion that Brazilian learners tend to have more dijficulties with the morphology and syntax of German transportation verbs, whereas German learners tend to have more dijficulties with the pragmatics of the corresponding verbs in Brazilian Portuguese. Dijficulties with the specification of places and paths can be observed in both directions, but they lead to unidiomatic usage rather than to outright mistakes.
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Erzählen in seiner massenmedialen Vermittlung in einer Unterhaltungsendung im Fernsehen. Ziel ist es, anhand einer multimodalen und medienlinguistischen Analyse eines exemplarischen Ausschnitts aus der TV-Unterhaltungssendung "Zimmer frei" die Spezifik solcher massenmedialen Erzählungen herauszuarbeiten. Zum einen wird aufgezeigt, dass sich massenmediales Erzählen in seinem sequenziellen Auf- und Ausbau aufgrund seiner Einbindung in ein mediales Unterhaltungsformat in systematischer Weise von Alltagserzählungen unterscheidet. Zum anderen wird veranschaulicht, inwieweit theatrale Inszenierungs- und Aufführungsmittel der Fernsehproduktion die Aktivität des Erzählens mitkonstituieren. Erzählungen im Fernsehen, so die analyseleitende Prämisse, können nicht schlicht als durch das Fernsehen übertragene narrative Aktivitäten konzeptualisiert werden. Vielmehr sind sie durch eine mediale Theatralität mitgeprägt. (Para)verbale, körperliche und mediale Inszenierungs- und Aufführungsverfahren greifen konzertiert ineinander, um Erzählungen als "dramas to an audience" (Goffman 1974:508) hervorzubringen.
This paper develops a theoretical model for the semantics of connectives, following central ideas of Reichenbachian tense semantics.
In a first step, the terminological and conceptual framework is presented and illustrated with German da. The meaning of a connective is modeled as a four-place-relation between the situated object E, a reference object R, a discourse anchor S and the speaker O. The relata can belong to one of four different classes of entities: physical object, event, proposition or act. Correspondingly, the relations are divided into four cognitive domains: space, time, alethics/epistemics, and deontics. In each domain, relations can be treated under three different perspectives: situation, condition or causation. A cross-classification of relational domains and perspectives provides a typology of connectives which is more consistent than the ones available in traditional grammar.
In the second part of the article, the analytic apparatus is refined, using German so as the main example. Following Roman Jakobson, a distinction is made between contiguity and similarity relations. Contiguity relations are typically encoded by functional categories, whereas similarity relations are encoded by lexical categories. However, there are a few connectives like so which encode similarity relations. A structural isomorphism between similarity and contiguity relations makes it possible to reinterpret so in certain contexts as an indicator of contiguity. In these cases, so is semantically weakened, particularly in relation to its definiteness. The model is extended to also, from which als descends etymologically.
The third part of the article contains the semantic characterization of als in its variants as an intransitive and transitive connective. Als is described paradigmatically, in terms of the semantic oppositions that distinguish it from da, so, wie and wenn. Like so, it originally encodes similarity relations, but in present day German its use has been extended, so that it may indicate contiguity relations as well. With da and so it shares the abstract relational meaning O-S,R,E. The main difference from da is its lesser degree of definiteness; in contrast to so, its use is almost exclusively temporal. Wie and wenn are indefinites, i.e. they do not establish a deictic backlink to the speaker and discourse context. Als indicates that the situated event temporally overlaps with a specific event of reference, whose factivity is presupposed. The reference event must be categorically predictable in the context of utterance. Als does not indicate temporal antecedence of the reference event in relation to the speech event; it only requires the identifiability of the reference event and its non-coincidence with the speech event.
In the last section, so-called "peripheral temporal clauses" are examined with respect to the syntagmatic interaction between aspectuality, intonational focus, serialization of clauses and the abstract relational meaning of als. The proposed semantic formula is shown to be capable not only of clarifying the paradigmatic structure of a subset of German connectives but also of explaining the semantic and stylistic properties of complex sentences.
In diesem Aufsatz werden Positionierungsverfahren analysiert, welche die Macher einer Talkshow einsetzen, um ihre Gäste den Fernsehzuschauern als relevante Gesprächspartner für das Thema „Steuerhinterziehung durch Prominente” zu präsentieren. Es wird untersucht, wie es den Machern der Talkshow gelingt, die Gäste bereits bei der Erstvorstellung durch das Zusammenspiel einer Stimme aus dem Off und der Kameraführung als „prototypische Vertreter” zu präsentieren und zueinander zu positionieren. Von den insgesamt fünf Teilnehmern der Talkshow werden zwei dieser Erstvorstellungen detailliert analysiert. Es handelt sich um die Präsentation zweier Gäste, die in einer deutlich antagonistischen Beziehung zueinander stehen. Diese Gäste werden unmittelbar hintereinander vorgestellt. Auf der Grundlage aller fünf Gastpräsentationen, die wir detailliert rekonstruiert haben, jedoch aus Platzgründen hier leider nicht ebenfalls präsentieren können, wird ein strukturiertes Positionierungsgeflecht deutlich. Dieses Geflecht weist im Zentrum die von uns rekonstruierte thematische und personelle „Gegnerschaft“ auf. In der Peripherie sind dann insgesamt vier Vertreter relevanter gesellschaftlicher Positionen zum Thema der Talkshow beigeordnet. Dabei handelt es sich um Vertreter der Rechtsprechung, der Politik, der Alltagsmoral und der Psychologie und Theologie. Die Analysen werden in theoretischer Hinsicht auf der Grundlage multimodaler Vorstellungen zur Positionierung und zum Recipient Design durchgeführt. In methodisch-methodologischer Perspektive orientiert sich die Analyse an der multimodalen Interaktionsanalyse.
Die Fallanalyse rekonstruiert aus multimodaler Perspektive eine Unterstützungsinteraktion im Unterricht. Die Unterstützung wird dabei als gemeinsame Herstellung des daran beteiligten Schülers und Lehrers konzeptualisiert. Es werden detailliert die vom Schüler produzierten Hinweise auf seine „Hilfsbedürftigkeit“ und die vom Lehrer eingesetzten Ressourcen bei seiner Hilfeleistung konstitutionsanalytisch rekonstruiert. In der falltranszendierenden Theoretisierung wird mit Bezug auf das gesprächsrhetorische Konzept „Unterstützen“ die Spezifik interaktiver Hilfeleistungen im Unterricht als konstitutive Anforderung an das professionelle Handeln von Lehrer/innen reflektiert.
With recourse to a broader understanding of the concept of translation, the transfer of source texts in one variety into another variety of the same language can also be called translation. This paper focuses on the target language – or rather – the target variety “easy-to-read language”, which is meant to make texts comprehensible for people with communication limitations. Considering its origins in the disability rights movement, the aim is to inform affected persons about their rights and democratic processes, i.e. to translate especially legal texts into the so-called easy-to-read language. Although there is a whole range of rules and guidelines for formulating in easy-to-read language, ”none offers a sufficient approach for translation into easy-to-read language“ (Bredel & Maaß, 2016a, p. 109). Standardization of the variety is also still a long way off. On the one hand, the contribution takes stock of legal regulations in easy-to-read language. On the other hand, four versions of the Federal Participation Law in easy-to-read language are analysed with regard to their external features and the constructions used to explain technical terminology. The analysis shows that legal texts in easy-to-read language are (still) quite limited in number and are also difficult to find. Concerning the second part, the constructions used exhibit a great structural variance, both intra- and intertextually. It is therefore questionable whether the addressees can access the texts independently. Also, it is still necessary to make the rules, the formulations of the rules and the implementations clearer so that the translations fulfil their function.
Die Grammatik von a/s-Nominalen ist noch nicht hinreichend erforscht. Der Konstituentenstatus wird unterschiedlich beurteilt; als syntaktische Funktionen werden nur die adnominale und die Funktion als Verbergänzung identifiziert. Es wird gezeigt, daß dieser reduktionistische Ansatz den a/s-Nominalen unter satzsemantischem Aspekt nicht gerecht wird: Dislozierung aus der NP ist mit satzsemantischen Veränderungen verbunden, die als Interpretationen jeweils veränderter syntaktischer Funktion zu verstehen sind. Der Aufsatz argumentiert für insgesamt vier mögliche syntaktische Funktionen; zu den beiden bereits genannten kommen die verbbezogen und die satzbezogen adverbiale hinzu.
Zur Analyse von Derivationen
(1992)
Eine Umschau in jüngeren sprachwissenschaftlichen Arbeiten zeigt einen häufig betonten engen Zusammenhang von Sprache und Identität, vor allem den der eigenen Sprache und der ethnischen Identität. Dass aber Sprache in einem zwei- oder mehrsprachigen Kontext nur eine Ressource einer Identitätskonstruktion sein kann, wird selten herausgestellt. Der nachstehende Aufsatz untersucht als charakteristisches Beispiel einer gelösten Bindung von Sprache und ethnischer Identität die Minderheit der deutschen Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion. Im Vordergrund steht dabei die zweite Generation, bei der ihr Zugehörigkeitsgefühl zur ethnischen Identität als Deutsche trotz der erfolgten Sprachumstellung sich nicht oder selten verändert hat.
Die vorliegenden Ausführungen umreißen den theoretischen Rahmen des Forschungsprogramms „Sprache und Pragmatik“, das sich zum Ziel setzt, die Beziehung zwischen Grammatik und Pragmatik im Bereich der Textstrukturierung zu explizieren. Es soll einerseits gezeigt werden, von welchen theoretischen Bausteinen man auszugehen hat und wie diese zueinander in Beziehung zu setzen sind; andererseits sind einige der wichtigeren Problemkomplexe zu skizzieren, die sich aus der Zielsetzung des Programms ergeben. Die beiden Hauptabschnitte behandeln deshalb das kommunikative Potential des Satzes und die dafür verantwortlichen Systeme und daran anschließend die Textstrukturierungsprinzipien. Ausgangspunkt sind die zwei grundlegenden Annahmen des Programms, (a) daß das Verhältnis von Grammatik und Pragmatik modular ist, und (b) daß relevante Teile der sogenannten „Pragmatik“ zu den sprachlichen Kenntnissystemen gehören.
In diesem Artikel wird eine kurze Charakterisierung des Deutschen der türkischen Gastarbeiter in Mannheim im Vergleich zur deutschen Umgangssprache gegeben. Die unterschiedliche Ausprägung sprachlicher Charakteristika im Deutsch der türkischen Arbeiter wird dargestellt in Relation zu einigen unterschiedlich ausgeprägten Sozialfaktoren. Im Anschluß daran wird diskutiert, wie das Auftreten gerade dieser sprachlichen Charakteristika erklärt werden könnte.
Zum Geleit
(2021)
Neben den wissenschaftlichen Aufsätzen, die nach den Qualitätskriterien
der heute üblichen doppelt anonymen Begutachtung ausgewählt wurden, enthält das Heft drei Berichte – zu einer Tagung zur Mehrsprachigkeit in Tartu, zu einem interdisziplinären DaF-Projekt in Tallinn sowie zu einer Forschungsgruppe zu Sprachkompetenzen und Deutschlernmotivationen von Student/innen in den baltischen und nordischen Ländern. Das Heft wird schließlich durch zwei Rezensionen abgerundet.
Zum Geleit
(2016)
Dieser Band ist in mehrerlei Hinsicht außergewöhnlich. Einerseits ist er die diesjährige und damit 21. Ausgabe des seit 1994 erscheinenden Jahrbuches Triangulum und steht damit in der Tradition, der Germanistik im Baltikum ein Sprachrohr zu geben. Im Gegensatz zu früheren Jahren ist dieser Band jedoch noch viel mehr: Als Dokumentation des 10. Nordisch-Baltischen Germanistentreffens (NBGT), das vom 10. bis zum 13. Juni 2015 von der Germanistik der Universität Tallinn ausgerichtet wurde, bündelt er eine Vielzahl der Vorträge, die im Rahmen der Tagung gehalten wurden.
Im vorliegenden Artikel wird ein Überblick über das von der DFG geförderte Projekt Zugänge zu multimodalen Korpora gesprochener Sprache – Vernetzung und zielgruppenspezifische Ausdifferenzierung (ZuMult) gegeben. Dabei wird zunächst auf die Sprachdaten und auf die technische Basis der Applikationen eingegangen, die dem Projekt zugrunde liegen. Im Anschluss werden die weiteren Beiträge in diesem Themenheft von KorDaF kurz vorgestellt. Übergeordnetes Thema von ZuMult ist die Verbesserung der Zugänglichkeit von digitalen mündlichen Sprachdaten für verschiedene Anwendungen und Zielgruppen, wobei der Fokus dieses Themenhefts auf Applikationen und Anwender:innen aus der Fremdsprachendidaktik und der DaF-/DaZ-Forschung und -Lehre liegt. Die einzelnen Beiträge beleuchten zentrale methodische und/oder technische Aspekte dieses Themas und beschreiben die Architektur und verschiedene prototypische Anwendungen, die das Projekt entwickelt hat.
Seit Jahrzehnten fordern zahlreiche Metalexikografen und Lexikografen immer wieder eine umfangreichere Beschäftigung mit Wörterbüchern im muttersprachlichen Deutschunterricht, auch in der gymnasialen Oberstufe. Trotzdem spielen die Wortschatzarbeit und der Umgang mit Wörterbüchern in Lehrplänen, Didaktiken und Lehrwerken in den meisten Fällen allenfalls eine marginale Rolle. Im Anschluss an eine überblicksartige Bestandsaufnahme dazu untersucht der vorliegende Beitrag, inwieweit elexiko, ein Onlinewörterbuch zur deutschen Gegenwartssprache, sinnvoll in den muttersprachlichen Deutschunterricht der Sekundarstufe II integriert werden könnte. Am Beispiel des Angabebereichs der Bedeutungserläuterung wird überprüft, ob Schüler der gymnasialen Oberstufe als Zielgruppe für elexiko infrage kommen und für welche linguistischen Themen sich die Wortschatzarbeit mit den semantischen Paraphrasen für elexiko anbietet.
Wörterbücher im Internet
(1996)
Die Autorinnen entwerfen zunächst eine typologische Skizze der im Internet angebotenen lexikalischen Datensammlungen, die um qualitative und quantitative Untersuchungen zum Sprachenpaar Deutsch-Englisch ergänzt ist. Schließlich werden medienspezifische Merkmale wie Hypertextualisierung, Multimedialität und Zugriffsangebote anhand typischer Beispiele erörtert. Es wird deutlich, daß die meisten der untersuchten Wörterbücher die Gestaltungsmöglichkeiten des Mediums bei weitem nicht ausreizen und dem Qualitätsvergleich mit professionellen elektronischen Offline-Wörterbüchern nicht standhalten können. Die Vorteile des Online-Mediums Internet zeigen sich jedoch bei schnell wachsenden und sich verändernden Wortschatzbereichen, z.B. terminologischen Datensammlungen für Naturwissenschaften und Informatik. In vielerlei Hinsicht interessant sind auch Projekte der kooperativen Wörterbucherstellung, die durch die Kombination von Informations- und Kommunikationsdiensten im Internet begünstigt werden. Diese neuen Formen der Wörterbucharbeit dokumentieren nicht nur den Bedarf nach weltweitem Wissensaustausch, sondern auch Interesse und Spaß an der Kommunikation über Sprache.
The focus of this paper will be on lexical information systems and the framework guidelines for the definition of the curricula within the educational system of the Autonomous Province of Bolzano/ Bozen (Italy). In Italy, the competences to be achieved at different school levels are published in the form of general guidelines. On this basis each school has to specify the general competency goals and to spell them out in a concrete curriculum. In this paper I will examine to what extent lexical information systems are represented in the framework guidelines within the German and the Italian educational system of the Autonomous Province, these being separate systems. In a second step, I will check the representations of the resources against the “Villa Vigoni Theses on Lexicography“. Finally, I will discuss the results and give an outlook for further research.
Zur Vorbereitung eines zweisprachigen Fachworterbuchs zur Tourismusfachsprache werden korpuslinguistische Verfahren eingesetzt, um Auffalligkeiten in der jeweiligen Fachsprache im Vergleich zum allgemeinsprachlichen Gebrauch aufzuspüren. Neben den hervorstechenden Elementen des Vokabulars, den Schlüsselwortern als potentiellen Stichwortern, geht es vor allem um sprach- und fachsprachspezifische typische Formulierungen und deren Ubersetzungsaquivalente. Fur die gemeinsame, interlinguale Betrachtung des Sprachenpaars Deutsch-Italienisch wurde ein kleines Fachsprachenkorpus aufgebaut und innerhalb der Sketch Engine-Umgebung unter Zuhilfenahme der darin integrierten Referenzkorpora ausgewertet. Fur eine weitere intralinguale Untersuchung der deutschsprachigen Komponente wurde auf das Deutsche Referenzkorpus DeReKo und weitere, intern zu Verfügung stehende Instrumente des Instituts für Deutsche Sprache zuruckgegriffen. Neben üblichen Verfahren der quantitativen Ein- oder Mehrwortbewertung wird ein Ansatz ergänzend getestet, der der dunnen Datengrundlage im fachsprachlichen Bereich Rechnung trägt: Diese ergibt sich nicht nur aus der Korpusgrobe, sondern auch daraus, dass bestimmte feste Floskeln (wie ,eine Reiserücktrittsversicherung abschlieben‘) selten rekurrent, vielmehr eher nur einmal pro Text verwendet werden. Auch wenn dieser Ansatz aufgrund infrastruktureller Artefakte in Einzelfallen an seine Grenzen stößt, die hier selbstkritisch nicht verschwiegen werden sollen, so zeigt sich doch an vielen Stellen auch das grobe Potential. Abschließend wird beispielhaft illustriert, wie Evidenzen dieser und der anderen korpuslinguistischen Auswertungen lexikographisch umgesetzt wurden.
In dem Beitrag wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Frequenz eines Wortes mit seiner orthographischen Richtigschreibung zusammenhangt. Werden häufige Wörter öfter und früher richtig geschrieben? Und welche Rolle spielt dabei die orthographische Regelhaftigkeit der Wortstrukturen? Unter Zuhilfenahme maschineller Analyseverfahren aus der Großstudie "Automatisierte Rechtschreibdiagnostik" (Fay/Berkling/Stüker 2012) werden diesbezuglich über 1000 Schülertexte von Klasse 2 bis 8 untersucht. Im Ergebnis werden zum einen einige Annahmen, die bislang vor allem auf Erfahrungswerten aus der sprachdidaktischen Arbeit fußten, empirisch bestätigt, zum anderen werden sie hinsichtlich spezifischer Rechtschreibphänomene differenziert und erweitert.