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Der Musikclip gehört seit den 1980er Jahren zum Forschungsbereich diverser Disziplinen und gilt Vielen als intermediales Phänomen schlechthin. Als problematisch erweist sich allerdings nach wie vor, dass das klangliche Material des Clips, populäre Musik, eine Herausforderung nicht nur für die Musikwissenschaften darstellt – greifbar wird dies mit Blick auf die anhaltenden Diskussionen um einen adäquaten Begriff der populären Musik. Darüber hinaus gilt Musik allgemein als ‚Sonderfall‘ für den Bereich der Medien-, Sprach- und Kulturwissenschaften, da an ihr weder rein medienästhetische noch kommunikations- und informationstheoretische Begriffe in ausreichender Weise greifen. Die Entwicklung eines transdisziplinär nachvollziehbaren Objektverständnisses des Musikclips bleibt daher desiderabel.
Der Beitrag zum Thema „Bild-Text-Ton-Analysen“ resultiert aus einer intensivierten Begegnung von Medienwissenschaft und Musikwissenschaft. Im Artikel wird die Konstitution von Bedeutung im intermedialen Zusammenspiel von Sprache/Text, Stimme und Musik fokussiert. Dies geschieht auf Grundlage einer näheren Bestimmung der Analysekriterien, die im Hinblick auf den speziellen Fall des popmusikalischen Umgangs mit Sprache erforderlich sind. Ziel ist es, die Bedeutungssedimente von vokaler Performanz im Kontext von populärer Musik offenzulegen. Für die Betrachtung des Musikclips ist dies ein wesentlicher Zwischenschritt. Anhand der Darstellung der klanglich-materiellen Vorprägungen gilt es, die Möglichkeitsbedingungen der (nachträglichen) intermedialen Transformation von Sprache auf die Bildebene auszuloten. In finaler Wendung ist es dann möglich, das inter- bzw. plurimediale Amalgam von Text-Stimme-Musik als Generator von Bedeutungsüberschüssen einzufassen.
Der Beitrag nimmt die verbreitete Annahme einer besonderen Überzeugungskraft von Bildern zum Anlass, nach dem Ort einer solchen medienspezifischen Wirkungsweise im Rahmen einer pragmatischen Linguistik zu fragen. In exemplarischen Analysen wird gezeigt, wie Fotografien in journalistischen Printmedien eingesetzt werden, um Bedeutungen, die ihnen durch die umstehenden Texte ‚zugeschrieben‘ und so stabilisiert werden, ein besonderes Maß an Plausibilität zu verleihen. Dieser intermediale Evidenzeffekt wird als Prägnanz bezeichnet. Zu seiner theoretischen Begründung wird der Peircesche Begriff der Ikonizität mit dem Konzept der ‚ikonischen Differenz‘ aus der phänomenologischen Bildtheorie Gottfried Boehms verbunden. Denn beide stellen heraus, dass die wahrnehmbaren Eigenschaften der Zeichenform ein notwendiges Komplement zu symbolischen Schematisierungen im Prozess der Sinnkonstitution bilden. Diese Verschränkung zwischen Ikonizität und Symbolizität prägt sowohl die Konstitution dessen, was ein gegenständliches Bild in seinen Teilen wiedererkennbar zeigt, als auch dessen, was es als Ganzes – durch die Anordnung von Elementen auf einer begrenzten Fläche – darstellt. Die sichtbare Form dieser Anordnung wird als Grundlage für das besondere Prägnanzpotenzial von Bildern in der Zusammenstellung mit Texten identifiziert. Gestützt auf Beispiele wird zwischen einer schematischen und ikonischen Variante der Prägnanz unterschieden und das methodische Vorgehen reflektiert. Die pragmatische ‚Effektivität‘ der wahrnehmbaren Zeichenform, die in den Varianten der Prägnanz fassbar wird, ist allerdings nicht auf die intermediale Konstellation von Text und Bild beschränkt, weswegen der Beitrag mit dem Ausblick auf eine linguistische Phänomenologie der Textgestalt schließt.
Nachdem sich verschiedene linguistische Teildisziplinen in den vergangenen Jahren der Medialität, Materialität und ‚Multimodalität‘ von Kommunikation zugewandt haben, hat zuletzt auch die typografische Gestaltung von Texten als spezifischer Aspekt dieses Komplexes verstärkte Aufmerksamkeit im Fach gefunden. Das Thema wurde, mit entsprechend unterschiedlichen Erkenntnisinteressen, in mehreren Fachbereichen (z.B. in der Text- und Graphostilistik, der Sozialsemiotik, der Werbesprachforschung, der Schriftlinguistik, der Verständlichkeitsforschung, der Metalexikographie und der Historischen Linguistik) aufgegriffen, darüber hinaus wird es mittlerweile auch in Nachbardisziplinen wie der Literatur- und Editionswissenschaft verstärkt diskutiert. Dabei wurde gezeigt, dass paraskripturale Phänomene in mehrfacher Hinsicht (etwa als Aufmerksamkeits- und Lesesteuerungssignal, als Emblem oder als Kontextualisierungshinweis) kommunikativ relevant werden können.
Der Beitrag gibt erstens einen Einblick in dieses heterogene Feld linguistischer Forschung und versucht, die kommunikative Relevanz skripturaler Sichtbarkeit und damit auch die Relevanz des Gegenstandsbereichs für das Fach zu begründen. Zweitens diskutiert er mit Blick auf das Rahmenthema des vorliegenden Bandes die Frage, inwiefern sich (Inter-)Medialität und Visualität gegenseitig bedingen. Dabei soll weniger die kaum zu bestreitende These im Mittelpunkt stehen, dass sich die Medialität des Kommunikats in deren visueller Gestaltung niederschlägt (bzw. den Gestaltungsrahmen vorgibt), sondern es soll umgekehrt vor allem danach gefragt werden, ob und inwiefern Medialität durch (typo-)grafische Variation mitkonstruiert wird, inwiefern die Medialität also selbst das Produkt sozial verankerter kommunikativer Praktiken wie der Textgestaltung ist.