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Ziel des Beitrags sind methodisch orientierte Überlegungen zur Analyse interkultureller Kommunikation, deren Relevanz wir an einem Beispielfall demonstrieren wollen. Wir beziehen uns dabei auf das Datenmaterial und den Beitrag von Slavo Ondrejoviö in diesem Band. Angeregt zu diesem Beitrag wurden wir durch unsere zeitweilige Teilnahme an den Sitzungen der Forschungsgruppe. Im Zusammenhang mit dieser Thematik kamen immer wieder Probleme der interkulturellen Kommunikation zur Sprache, konnten aber in dem der Gruppe vorgegebenen Rahmen nicht als eigenständiger Untersuchungsgegenstand behandelt werden. Wir wollen uns nun im Folgenden mit einigen methodisch-methodologischen Problemen der Analyse interkultureller Kommunikation befassen.
Der Beitrag von Inken Keim und Rosemarie Tracy bringt zwei Gesichtspunkte in die aktuelle Diskussion über die unzureichenden Bildungschancen von Migrantenkindern ein: Auf der Grundlage neuerer sprachwissenschaftlicher Forschungen plädieren die Autorinnen für eine Überwindung der Defizitannahme und zeigen anhand konkreter Beispiele, warum es dringend notwendig ist, vereinfachte Vorstellungen über die sprachlichen Kompetenzen von Migrantenkindern zu überwinden. Nach der Erörterung relevanter Ergebnisse der neueren Spracherwerbs- und Mehrsprachigkeitsforschung werden einige weit verbreitete Vorurteile widerlegt. Bisher ist es offensichtlich nicht gelungen, Bedingungen zu schaffen, unter denen sich das Lernpotenzial von Migrantenkindern optimal entfalten kann. Aus sprachwissenschaftlicher Perspektive ist das Problem klar identifizierbar: Migrantenkinder sind unterfördert und damit auch unterfordert. Bei der Beurteilung der Leistungen von Migrantenkindern muss ein grundlegender Perspektivenwechsel stattfinden, weg von der Defizitorientierung und hin zur Würdigung dessen, was Kinder unter den bisher gegebenen Lern- und Lebensbedingungen bereits erreicht haben.
Einleitung
(2002)
Im folgenden Beitrag geht es um die Rekonstruktion einer interaktiv hergestellten sozialen Kategorie,
der "Übersiedler"-Kategorie. Mit einer Kombination aus ethnographischen und gesprächsanalytischen
Methoden zeigen wir an einer Beispielanalyse die Kategorisierungsprozedur, die dabei verwendeten
sprachlichen Verfahren und Mittel ebenso wie die semantische Spezifik der kategoriendefinierenden
Merkmale.
Skizzierung des Vorhabens
(1982)
Sprachliche Varianz und sprachliche Virtuosität türkisch-stämmiger Ghetto-Jugendlicher in Mannheim
(2007)
Der Beitrag gibt auf der Basis eines exemplarischen Falles Einblick in die Lebenswelt und in die kommunikativen Praktiken von türkischstämmigen, schulisch wenig erfolgreichen Migrantenjugendlichen, die aus der Sicht der deutschen Gesellschaft als „soziale Problemfalle“ charakterisiert werden. Er beschreibt auf der Basis natürlichen Gesprächsmaterials das sprachlich-kommunikative Repertoire eines ausgewählten Jugendlichen und filtert vor dem Hintergrund des regionalen Gebrauchsstandard die Merkmale heraus, die seine Sprechweise ‘fremd’ erscheinen lassen. Anhand ausgewählter Gesprächssequenzen werden charakteristische Variationsmuster dargestellt und die diskursiven, interaktiven und sozialen Funktionen sprachlicher Variation rekonstruiert. Die ethnografische und gesprächsanalytisch-linguistische Analyse führt zu dem Schluss, dass der geringe schulisch-berufliche Status des Jugendlichen in keiner sozial angemessenen Relation zu seinen hohen sprachlich-kommunikativen Fähigkeiten steht.
Linguistic variation and linguistic virtuosity of young “Ghetto”-migrants in Mannheim, Germany
(2011)
In this paper, we provide an insight into the life world and social experiences of young Turkish migrants who are categorised by German society as “social problem cases”. Based on natural conversational data, we describe the communicative repertoire of one migrant adolescent and that of his friends. Our aims are (a) to isolate those linguistic features that convey the impression of “foreignness”, and stand out among other German speakers’ features, and (b) to analyse the variability in our informants’ discursive practices - i.e. code- or style-switching, as it is commonly referred to in the literature - in order to show how variation serves as a communicative resource. Our findings show that these adolescents’ remarkable linguistic proficiency and communicative competence contrast markedly to their low educational and professional status.
Seit dem Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte 1973 gehört die Migration in Verbindung mit einer Heirat zur wichtigsten Form der türkischen Zuwanderung. Sie kann viele unterschiedliche Gründe haben. Die vorliegende Studie ist eine ethnografisch-soziolinguistische und biografieanalytische Pilotstudie zu diesem noch wenig erforschten gesellschaftlichen Bereich, der in den letzten Jahren in den Fokus sozial- und bildungspolitischer Debatten kam. Die Autorinnen zeichnen ein differenziertes, vielgestaltiges Bild über die Lebensrealität türkischer Frauen, das in maximalem Kontrast zu gängigen Stereotypen und Vorurteilen steht und einen Beitrag zur Versachlichung der Integrationsdiskussion leisten kann.
In der Chicago Schule der Soziologie wurde in der Tradition des symbolischen Interaktionismus das Konzept der „sozialen Welt“ entwickelt und zur Erfassung von städtischen Lebenswelten und Subkulturen verwendet. Soziale Welten haben eine gemeinsame Kultur mit verbindlichen Wissensbeständen und Ausdruckssystemen, die sich als ökonomisch und vorbildhaft für den Erfolg von Handlungsdurchführungen erweisen. Zur Bearbeitung von Aufgaben können sich innerhalb von sozialen Welten lokal verankerte Gruppen bilden, die für die ethnografische Beobachtung gut geeignet sind. Zur Erfassung der in solchen Gruppen ausgebildeten Sprach- und Kommunikationsweisen erweist sich das Konzept des kommunikativen Stils als geeignetes Instrument. Nach Darstellung des theoretischen Ansatzes und empirischen Vorgehens werden verschiedene Gruppen vorgestellt, ihre kommunikativen Stile charakterisiert und durch Vergleich sozial differenzierende Merkmale aufgezeigt: Eine Gruppe von Frauen aus der „Welt der kleinen Leute“ im Vergleich zu einer Frauengruppe aus dem Bildungsbürgertum; und eine Gruppe junger Deutschtürkinnen, deren kommunikativer Stil sich im Laufe ihrer biografisch-sozialen Entwicklung verändert hat.
Die "türkischen Powergirls". Lebenswelt und kommunikativer Stil einer Migrantinnengruppe in Mannheim
(2008)
Die ethnografisch-soziostilistische Fallstudie bietet einen umfassenden Einblick in die Lebenswelt, die sozialen Orientierungen und das Ausdrucksverhalten junger Migrantinnen in Mannheim, die sich "türkische Powergirls" nennen.
Die ethnografische Beschreibung des Migrantenstadtteils bildet den Rahmen für die Rekonstruktion des Entwicklungsprozesses von der ethnischen Jugendclique zu einer Gruppe sozial erfolgreicher junger Frauen. Dieser Prozess ist typisch für junge Migrantinnen in Deutschland, die in Auseinandersetzung mit relevanten Bezugswelten, der Welt der türkischen Gemeinschaft und der Welt der deutschen (Bildungs-)Institutionen, einen eigenständigen Weg zu finden versuchen. Das Selbstbild, das die Mädchen in diesem Prozess entwickeln, bildet die Bezugsgröße für ihren Kommunikationsstil.
Der zentrale Teil des Buches beschreibt diesen Stil, den derb-drastischen Umgangston, den schnellen Wechsel zwischen Deutsch und Türkisch und den virtuosen Gebrauch verschiedener Varietäten zum symbolischen Verweis auf soziale Kategorien, und zeigt, wie sich der Stil im Prozess des Erwachsenwerdens und in Reaktion auf neue Lebensumstände und (Bildungs-)Anforderungen allmählich verändert.
Im Rahmen einer von der DFG geförderten Forschergruppe „Sprachvariation als kommunikative Praxis: Formale und funktionale Parameter“ (2000-2004), die aus Projekten der Universität Mannheim und dem IDS bestand, entwickelte sich eine enge Kooperation zwischen Uni- und IDS-Wissenschaftler(inne)n. Angeregt durch die bildungspolitischen Diskussionen im Anschluss an die PISA-Studien (schlechte Schul- und Ausbildungsergebnisse bei Migrantenkindern, hohe Arbeitslosenquote bei Migrantenjugendlichen)1 und bestärkt durch erste Ergebnisse aus unseren Untersuchungen zur sprachlichen und sozialen Situation von Migrantenkindern und Jugendlichen in Mannheim, 2 entstand die Idee zur Entwicklung und Durchführung von Sprach- und Wissensförderung für Migrantenkinder an Mannheimer Schulen. Das staatliche Schulamt Mannheim unterstützte die Initiative zur Förderung von Migrantenkindern von Beginn an.
Nach einer kurzen Darstellung relevanter Ergebnisse aus der Mehrsprachigkeitsforschung werden einige Ergebnisse aus dem am Institut für Deutsche Sprache durchgeführten Projekt „Deutsch-türkische Sprachvariation und die Herausbildung kommunikativer Stile in jungendlichen Migrantengruppen in Mannheim" vorgestellt. Im Zentrum steht die Beschreibung eines Ausschnitts aus dem Sprach- und Kommunikationsrepertoire einer türkischen Migrantinnengruppe, der „Powergirls“. Charakteristisch für die Ingroup-Kommunikation der Gruppe sind deutsch-türkische Mischungen, in denen Elemente des Deutschen und Türkischen in z.T. engen Verknüpfungen miteinander verbunden werden. In multilingualen Gesprächssituationen dagegen verwenden die Migrantenjugendlichen eine vereinfachte Form des Deutschen als Kommunikationsmittel. Anhand von Gesprächsbeispielen werden beide Sprachgebrauchsformen dargestellt und in Form und Funktion beschrieben.
Auf der Grundlage einer ethnographisch-soziolinguistischen Untersuchung gibt der vorliegende Beitrag einen groben Überblick über die türkische Migrantengemeinde in Mannheim, die Tendenzen zur Segregation und Abgrenzung von der übrigen Gesellschaft zeigt, neben einer Orientierung auf erfolgreiche soziale und berufliche Karrieren im nationalen und internationalen Rahmen. Im Mittelpunkt der Beschreibung steht die soziale und sprachliche Entwicklung von Migrantenkindern und Jugendgruppen in Bezug auf ihre Orientierung in die eine oder andere Richtung, wobei die jeweiligen sprachlichen Repertoires und Kommunikationspraktiken kurz geschildert werden.
Der kommunikative soziale Stil der "türkischen Powergirls", einer Migrantinnengruppe aus Mannheim
(2006)
Der folgende Beitrag basiert auf der ethnografisch-soziolinguistischen Untersuchung einer Gruppe türkischstämmiger Migrantinnen der zweiten Generation in Mannheim, den „türkischen Powergirls“. Im Zentrum der Untersuchung steht der kommunikative Stil der Gruppe, wie er sich in Auseinandersetzung mit der Lebenswelt der Mitglieder und mit relevanten Anderen herausgebildet hat. Stil wird als Index für das kulturelle Selbstverständnis der Gruppe konzeptualisiert und stilistische Veränderungen, die im Laufe des Gruppenentwicklungsprozesses beobachtbar sind, werden als Ergebnis der Auseinandersetzung mit veränderten Lebensbedingungen und als Indiz für ein verändertes kulturelles Selbstbild gefasst. In dem Beitrag werden nach einer kurzen Charakteristik des kommunikativen Stils der Gruppe die deutschtürkischen Mischungen als salientes Stilmerkmal fokussiert und unter strukturellen und funktionalen Aspekten beschrieben.
This paper presents one aspect of the communicative repertoire of a group of young migrant women in Mannheim, the use of 'Gastarbeiterdeutsch'. This is the German variety used by the first generation of working migrants in Germany. For the young women of the second generation this speech variety is not part of their 'we'-code. In discourse with members of their parents' generation and with Germans, the young women use this speech variety in specific socio-symbolic functions. On the basis of some discourse examples, the interactively constructed meaning of 'Gastarbeiterdeutsch' is analytically reconstructed, and the relation between 'Gastarbeiterdeutsch' and relevant social categories is elaborated.
Klatsch und Tratsch als lustvolles Gruppenerlebnis. Eine ethnographisch-soziolinguistische Studie
(2001)
The main point of this chapter is to demonstrate how a speaker’s concept of his/her professional role can be inferred from his/her perspectival work (perspective setting and relating different perspectives to one another) in professional encounters. Thereby some risks of complex perspectival work in discourse will become manifest which result - at one point in the talk - in perspectival inconsistency, revealing a deeply grounded social problem for the speaker. This will be examined in the framework of a rhetorical conversation analysis.
Gesprächstyp und Stil
(2009)
In (socio)linguistic as well as in anthropological and conversation analytic studies, linguistic heterogeneity and stylistic variation related to situational conditions are main research issues. In these studies, heterogeneity is investigated using concepts like “text type”, “register”, “genre” and “social” or “cultural style”. From a theoretical and methodological perspective, approaches to situation-specific heterogeneity can be differentiated into (a) approaches following the standard research methodology in sociolinguistics, where verbal behavior (the use of specific varieties, specific types of text or verbal activities) is considered as being determined by the situational variables; and (b) approaches using reflexive and dynamic concepts in order to grasp the creation of social meaning through language in the process of interaction.
This article starts from traditional approaches of the relation between situation and stylistic variation using rather static concepts such as “text type” or “register”, and then focuses on approaches using more complex concepts such as “contextualization”, “genre”, and concepts of “social” or “cultural style”.
Materialgrundlage dieses Beitrags ist ein Gespräch mit einer jungen Polin deutsch-polnischer Herkunft über ihre biographischen Erfahrungen in Polen. Diese Erfahrungen sind geprägt durch das Leiden unter einer Mehrkulturalität, bei der die beteiligten Kulturen eine durch Krieg, Vertreibung und Vernichtung bestimmte gemeinsame Geschichte und aufgrund der Verbrechen der NS-Zeit und der Verfolgung der Deutschen im Polen der Nachkriegszeit eine von Haß und Feindseligkeit geprägte Beziehung zueinander entwickelt haben. Bei der Darstellung ihrer biographischen Entwicklung zeigt die Informantin in exemplarischer Weise die Probleme auf, die mit der Ausbildung einer ethnisch-kulturellen Identität unter solchen Bedingungen verbunden sind und die eine eindeutige kulturelle Selbstdefinition verhindern.
Über ihre problembelastete Erfahrung und die daraus entwickelte ambivalente Haltung den Deutschen gegenüber spricht die Informantin über weite Strecken nicht direkt und explizit, sondern andeutungsweise und ‘verschleiernd’. Ziel der Analyse ist es, die komplexe Selbstverortung der Informantin zu rekonstruieren und die Formulierungsverfahren zu beschreiben, die sie verwendet, um einerseits die Bedeutung der ‘versteckten’ Hintergründe für ihre biographische Entwicklung plausibel zu machen und um andererseits beide Gesprächspartnerinnen vor einer „Face“-bedrohenden Aktivierung des problematischen interkulturellen Potentials zu schützen. Der Fall ist ein gutes Beispiel dafür, wie man über belastende Erfahrungen sprechen kann unter Gesprächsbedingungen, für die ein Aspekt dieser Erfahrungen konstitutiv ist.
In den letzten Jahren entwickelten sich in vielen europäischen Großstädten unter Jugendlichen der 2. und 3. Migrantengeneration ethnolektale Formen des Deutschen. Sie sind charakteristisch für multilinguale Kontexte, in denen Sprecher unterschiedlicher Herkunftssprachen die regionale Umgangssprache des Landes, in dem sie leben, als lingua franca benutzen. Die neuen Formen haben große Überschneidungsbereiche mit den regionalen Varietäten, unterscheiden sich aber prosodisch- phonetisch, lexikalisch und morphosyntaktisch. Meist werden sie nur in bestimmten Kontexten verwendet, und die Sprecher wechseln virtuos zwischen regionalen Varietäten, Herkunftsvarietäten, sprachlichen Mischungen und ethnolektalen Formen.
Auf der Basis von drei ethnografischen Fallstudien in Mannheim wird gezeigt, wie die von den Migrantenjugendlichen entwickelten ethnolektalen Formen aussehen und zu welchen Zwecken die Jugendlichen sie verwenden. Die Jugendlichen haben ein weites Sprachrepertoire, verfugen über ethnolektale sowie standardnahe Formen und nutzen die Differenz zwischen beiden als kommunikative Ressource.
Verfahren der Perspektivenabschottung und ihre Auswirkungen auf die Dynamik des Argumentierens
(1996)
Im folgenden Beitrag wird eine besondere perspektivische Operation, die Perspektivenabschottung, behandelt, die in Gesprächen der Problem- und Konfliktbearbeitung eine zentrale Rolle spielt und zu erheblichen Interaktionsproblemen bis hin zum Abbruch der Interaktion führen kann. Nach einer begrifflichen und methodischen Klärung folgt die Beschreibung wesentlicher Verfahren perspektivischer Abschottung. Die Negativdynamik, die Verfahren perspektivischer Abschottung auslösen können, und die Anstrengung, die notwenig ist, um perspektivische Abschottung wieder aufzubrechen, wird in der Analyse einer kontroversen Diskussion aufgezeigt.
Linguistische Analyse
(1982)
Intensivinterview
(1982)