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Das Ziel des Beitrages ist es, das Schweigen und seine sprachliche Gestaltung in Bezug auf die Makro- und Mikrostruktur des literarischen Textes zu erforschen. Den theoretischen Hintergrund bilden linguistische und literaturwissenschaftliche Arbeiten, die kommunikative, pragmatische, semantische, kulturelle sowie literaturhistorische Aspekte des Schweigens behandeln und seine Abgrenzung von der Stille hervorheben, die als Naturphänomen zu verstehen ist. Hingewiesen wird ausgehend vom Modell der literarischen Kommunikation auf die Rolle des Schweigens in der Triade Autor-Text-Leser sowie auf seine Realisierungsmöglichkeiten in der Struktur und Sprache des Erzähltextes. Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit nicht nur auf das Schweigen als Nicht-Sprechen, sondern auch auf die nichtssagende Rede, die im Rahmen der Kommunikationssituation die Semantik des Schweigens aktualisiert. Die zwei gegensätzlichen Schweigeformen kommen in den Berliner Romanen von Robert Walser (1878-1956) zum Vorschein und unterliegen der genauen Analyse aus der Perspektive der Makro- und Mikrostilistik. Untersucht werden das Erzählprinzip der Geschwätzigkeit in Geschwister Tanner (1907), die Ironie in Der Gehülfe (1908) und die fragmentarische Erzählweise in Jakob von Gunten (1909), durch die das Schweigen sowohl auf der thematischen Ebene als auch in der Struktur und Sprache des Textes realisiert wird. Als narrative Strategie beeinflusst Schweigen die Form und den Inhalt Walsers Berliner Romane und erzielt somit die vom Autor gewünschte Wirkung auf den Leser.
Während die Entwicklung narrativer Kompetenze in gesprochener Sprache häufig als Voraussetzung literaler Kompetenzen gesehen wird, stellt der Beitrag die strukturelle Verschiedenheit beider Kompetenzbereiche heraus. Dabei wird an der mehrfach kritisierten Vorstellung eines Kontinuums zwischen einem oraten und einem literaten Pol sprachstruktureller Mittel ebenso festgehalten wie an der analytischen Trennung zwischen einer medialen und einer sprachstrukturellen Dimension. Am Beispiel mündlicher und schriftlicher Erzählungen eines Stummfilms durch Erstklässler türkischer Herkunft in ihrer Zweitsprache Deutsch werden zunächst interaktive Prozesse der Textproduktion unter den Bedingungen des Diktierens und des kooperierenden Schreibens rekonstruiert, aus denen sich zwei unterschiedliche Formen eines Scaffolding durch erwachsene Interaktionspartner ergeben. Es schließen sich eine orat-literat-Analyse des Gebrauchs von Nominalphrasen in den Texten sowie narrative Analysen an, die die Realisierung globaler Erzählstrukturen, die sprachliche Gestaltung der Wiederaufnahme und den Gebrauch direkter und indirekter Figurenrede untersuchen. Die Verteilung der Texte entlang der beiden Kontinua zeigt ein partielles Auseinandertreten der narrativen und literaten Indikatoren, die jeweils stärker in den mündlichen bzw. schriftlichen Texten in Erscheinung treten. Im Fazit wird der Beitrag medialer Strukturierungshilfen für die konzeptuelle Schreibaufgabe herausgearbeitet.