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Vorwort
(2017)
This paper studies the morphological productivity of German N+N compounding patterns from a diachronic perspective. It argues that the productivity of compounds increases due to syntactic influence from genitive constructions (“improper compounds”) in Early New High German. Both quantitative and qualitative productivity measures are adapted from derivational morphology and tested on compound data from the Mainz Corpus of (Early) New High German (1500–1710).
Tagebuch
(2022)
Die Subjektivität des Tagebuchs als eine Art Archiv historischer Daten ist insofern zum einen im Zeichen einer sprachlichen Sozialgeschichte zu analysieren und zum andern, aus der Retrospektive, von hohem sprach-, diskurs- sowie kommunikationsgeschichtlichem Wert. Die Spezifik und akteursbedingte Variantenvielfalt darzustellen, ist das Ziel dieses Beitrags. Er basiert auf der Auswertung von insgesamt elf Tagebüchern. Zwei sind von NS-Akteuren verfasst, eines von einer NS-affinen Akteurin der Integrierten Gesellschaft, eines von einem dissidenten Akteur der Integrierten Gesellschaft, vier von Mitgliedern des Widerstands und drei Tagebücher von ausgeschlossenen Akteuren.
Der Beitrag beschreibt einen spezifisch diskurslinguistischen Zugang zu der sprachgeschichtlichen Frage nach durch gesellschaftlich-politische Faktoren hervorgerufenen Umbrüchen. Orientiert an den Foucaultschen Kategorien der Serialität und der Diskontinuität werden diese methodischen Implikaturen auf die Umbrüche 1918/19 und 1945ff bezogen. Das Methodenmodell besteht im Wesentlichen aus zwei Aspekten: Als Faktor von hoher Umbruchrelevanz wird zum einen der soziopragmatische Bezug zu Diskursakteuren hergestellt. Exemplarisch werden zum andern diese Epochen kennzeichnende demokratiegeschichtliche Institutionalisierungsakte im Sinne Searles beschrieben. Damit wird ein Beitrag zur diskurslinguistischen Methodenreflexion geleistet.
„Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte“, lautet ein berühmter Ausspruch von Karl Marx. Kann man dies auch auf die Sprachgeschichte übertragen? Und was sind deren Lokomotiven? Eine neuere These besagt, dass Pandemien, Kriege und andere “revolutionäre” Ereignisse mit starker Auswirkung auf die Demografie sprachhistorisches Geschehen in Gang setzen können.
Rede
(2022)
Die auf verschiedenen Ebenen ablaufenden textkommunikativen Funktionalisierungs- und Anpassungsprozesse widerständischer Akteure sowie Konstitutionsprozesse von Akteuren des NS-Apparates anhand der Textsorte ›politische Rede‹ sollen Gegenstand dieses Beitrages sein, innerhalb dessen sowohl historisch relevante als auch bisher von der Forschung kaum oder gar nicht beachtete politische Reden der verschiedenen Akteursgruppen analysiert werden sollen: Insgesamt wurden 32 Reden in die Analyse einbezogen. 23 stammen von Akteuren des NS-Apparates, neun von Mitgliedern des Widerstands.
Der Aufsatz untersucht die grammatische Gestaltung zweigliedriger Nominalgruppen mit quantifizierendem nominalem Erstglied (Nquant) und quantifiziertem, durch ein Adjektivattribut erweitertem, nominalem Zweitglied (Adj+N), z.B. (mit) einem Glas kaltem Wasser. In der deutschen Gegenwartssprache ist in solchen Fügungen mit Varianten zu rechnen: (mit) einem Glas kalten Wassers, (mit) einem Glas kaltes Wasser. Insgesamt lassen sich fünf Konstruktionstypen unterscheiden. Anhand einer Belegsammlung aus literarischen Prosatexten vom 17. bis zum 20. Jahrhundert wird insbesondere die quantitative Verteilung von Konstruktionen mit Genitiv vs. Kasusübereinstimmung ins Auge gefasst. Anders als bei Nquant+N-Gruppen ohne Adjektivattribut im Zweitglied zeigt sich ein kräftiger Anstieg im Anteil der Genitivkonstruktion vom 17. bis zum 19. und nur ein leichter Rückgang im 20. Jahrhundert. Dieser Befund stimmt nur zum Teil mit den Darstellungen in der Standardliteratur überein. Eine mögliche Erklärung für die quantitative Entwicklung der Genitivkonstruktion in der Literatursprache liegt im Einfluss normativer Grammatiken.
Neue Entwicklungen in der Korpuslandschaft der Germanistik. Beiträge zur IDS-Methodenmesse 2022
(2023)
Die in diesem Band versammelten Beiträge zur Methodenmesse der Jahrestagung 2022 des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache geben einen Überblick über die aktuelle Korpuslandschaft in der germanistischen Linguistik: von historischen Sammlungen authentischer Sprachdaten über aktuelle Zeitungs- und Social-Media-Korpora, Gesprächskorpora, Korpora aus Texten von Deutschlernenden bis hin zu einem Korpus mit Texten leichter Sprache und einem Gebärdensprachekorpus. Die Beiträge erläutern jeweils die Designkriterien sowie die Methodik der Datenerhebung und geben einen Einblick, wie die Daten sprachwissenschaftlich verwendet werden können.
Bis heute und weltweit genießt der „Mechanismus der menschlichen Sprache“ des Wolfgang von Kempelen unter Kennern einen beinahe legendären Ruf. In Methodik und Argumentation zählte dieses Buch seinerzeit zur wissenschaftlichen Avantgarde der erst im Entstehen begriffenen Phonetik. Heute jedoch ist seine Rezeption mit erheblichen Hürden verbunden: Insbesondere seine altertümliche Sprache und die Frakturschrift behindern eine intensive Auseinandersetzung. Zudem fehlte bislang eine englische Übersetzung.
Bis heute und weltweit genießt der „Mechanismus der menschlichen Sprache“ des Wolfgang von Kempelen unter Kennern einen beinahe legendären Ruf. In Methodik und Argumentation zählte dieses Buch seinerzeit zur wissenschaftlichen Avantgarde der erst im Entstehen begriffenen Phonetik. Heute jedoch ist seine Rezeption mit erheblichen Hürden verbunden: Insbesondere seine altertümliche Sprache und die Frakturschrift behindern eine intensive Auseinandersetzung. Zudem Fehlte bislang eine englische Übersetzung.
Im Kontext des Essens und seiner Zubereitung, der Speisen und ihres Verzehrs, akzentuiert das Wort Gericht, dass es sich bei der gesellschaftlich üblichen Form von Nahrungsaufnahme um eine spezifisch ausgeformte soziale Praxis handelt. In diesem Handlungs- und Interpretationskontext wird mit dem Wort Gericht hervorgehoben, dass eine auf bestimmte Weise zubereitete („zugerichtete“) Speise als relevanter Teil einer Mahlzeit zu gelten hat. Wie bei solchen Alltagspraktiken nicht unüblich, ist die Verwendung dieses Worts nicht scharf von anderen Benennungen in diesem Kontext zu trennen, von denen die Praktiken des Essens nicht so sehr über die „Zurichtung“, sondern z.B. über die Abfolge (z.B. Hauptspeise, Gang usw.) geleistet werden. Allerdings ist mit dem Angerichtetsein, das im Wort Gericht steckt, doch auch immer seine Angemessenheit angedeutet, etwas, was es mit dem gleichlautenden juristischen Wort verbindet – und zu mancherlei textueller Verbindung führt.
Present-day German uses two formally different patterns of compounding in N+N compounds. The first combines bare stems (e.g. Tisch+decke ‘tablecloth’) while the second contains an intervening linking element (LE) as in Geburt-s-ort ‘birth-LE-place’. The linked compounding type developed in Early New High German (1350–1650) from phrasal constructions by reanalyzing genitive attributes as first constituents of compounds. The present paper uses corpus data to explore three key stages in this development: In the initial stage, it shows how prenominal non-specific genitive constructions lent themselves to reanalysis due to their functional overlap and formal similarity. Additionally, compounds seem to have replaced not only prenominal genitives, but also structurally different postnominal genitives. In the second stage, the new compounding pattern increases in productivity between 1500 and 1710, especially compared to the older pattern without linking elements. The last stage pertains to changes in spelling practice. It shows that linked compounds were written separately in the beginning. Their gradual graphematic integration into directly connected words was reversed by a century of hyphenation (1650–1750). This is strikingly different from present-day spelling practice and shows that the linked pattern was still perceived as marked.
Die Beiträge dieses Tagungsbandes thematisieren die Erstellung digitaler historischer Zeitungskorpora, Merkmale und Entwicklungstendenzen der Sprache der Zeitungen auf verschiedenen Ebenen und auf der Grundlage einzelner Korpora sowie die Bewertung der Zeitungssprache aus zeitgenössischer Sicht.
Die Vorträge gehen zurück auf den Workshop "Die Zeitung als das Medium der neueren Sprachgeschichte? Korpora, Analyse und Wirkung" am Institut für Deutsche Sprache (IDS) - in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für Sprachwissenschaften (EZS) - am 20./21.11.2014 in Mannheim.
Der Beitrag erläutert die Grundideen und Potenziale einer konsequenten hypermedialen Informationsvernetzung im WWW. Dazu werden Verfahren der automatischen Hyperverknüpfung vorgestellt, die Rolle der Sprachtechnologie in diesem Zusammenhang diskutiert und die Bedeutung der XML-Standards für die Verwirklichung einer dichten Hypervernetzung erklärt.
Von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert sind Fremdwörter im Deutschen Gegenstand unterschiedlicher Diskurse:
- eines sprachstrukturellen Diskurses, in dem grammatische und lexikalische Fragen in Bezug auf Fremdwörter erörtert werden (Definition von Fremdwörtern; ihre Eingliederung in das System des Deutschen; ihre Funktion, Bezeichnungslücken zu schließen);
- eines sprachideologischen Diskurses, in dessen Kontext der Fremdwortpurismus in seiner kulturpatriotischen bis nationalistischen Begründung fallt (Reinheit als Sprachqualität; Behauptung der Gefahrdung sprachlicher und kultureller Identität durch das Fremde);
- eines sprachpädagogischen und sprachsoziologischen Diskurses, der auf die Korrelation von Bildung und Fremdwortbeherrschung abhebt und auf der Annahme einer Korrelation von sprachlichen mit kognitiven Fähigkeiten beruht (Fremdwörter als Träger neuer Ideen vs. Fremdwörter als Barrieren des Zugriffs auf Wissen);
- eines sprachpflegerischen Diskurses, der 1. Fragen der rhetorisch-stilistischen Gestaltung von Sprache durch Fremdwörter thematisiert und 2. das Problem einer kommunikativen Ethik aufgreift (Fremdwörter als Ausdruck von Pseudogelehrtheit oder oberflächlicher Modernität verhindern die Deckung von Wort und Sache und gefährden die Aufrichtigkeit des Gesprächs mit dem Anderen).
Der Beitrag will auf der Basis eines Corpus grammatischer, sprachtheoretischer, rhetorisch-stilistischer, sprachkritischer und anderer Schriften Aspekte des Konzepts des Fremdworts für die neuhochdeutsche Zeit skizzieren.
This thesis consists of the following three papers that all have been published in international peer-reviewed journals:
Chapter 3: Koplenig, Alexander (2015c). The Impact of Lacking Metadata for the Measurement of Cultural and Linguistic Change Using the Google Ngram Data Sets—Reconstructing the Composition of the German Corpus in Times of WWII. Published in: Digital Scholarship in the Humanities. Oxford: Oxford University Press. [doi:10.1093/llc/fqv037]
Chapter 4: Koplenig, Alexander (2015b). Why the quantitative analysis of dia-chronic corpora that does not consider the temporal aspect of time-series can lead to wrong conclusions. Published in: Digital Scholarship in the Humanities. Oxford: Oxford University Press. [doi:10.1093/llc/fqv030]
Chapter 5: Koplenig, Alexander (2015a). Using the parameters of the Zipf–Mandelbrot law to measure diachronic lexical, syntactical and stylistic changes – a large-scale corpus analysis. Published in: Corpus Linguistics and Linguistic Theory. Berlin/Boston: de Gruyter. [doi:10.1515/cllt-2014-0049]
Chapter 1 introduces the topic by describing and discussing several basic concepts relevant to the statistical analysis of corpus linguistic data. Chapter 2 presents a method to analyze diachronic corpus data and a summary of the three publications. Chapters 3 to 5 each represent one of the three publications. All papers are printed in this thesis with the permission of the publishers.