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Das es-Gesamtsystem im Neuhochdeutschen. Ein Beitrag zu Valenztheorie und Konstruktionsgrammatik.
(2014)
Das Buch beschäftigt sich mit den verschiedenen Verwendungsweisen des Pronomens es. Grundlage der Analysen bildet ein Korpus, das Nähetexte aus dem Zeitraum zwischen 1650 und 2000 beinhaltet. Im ersten Teil der Arbeit wird das phorische es behandelt. Es werden implizite und explizite Verweise durch es unterschieden. Großer Wert wird dabei auf die ausführliche semantische und morphosyntaktische Beschreibung der einzelnen Subtypen von es gelegt. Bei der Beschreibung des Korrelat-es wird vor allem auf den Begriff der Integration zurückgegriffen und vor diesem Hintergrund ein Stufenmodell korrelativer Satzverbindungen mit es erarbeitet. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der Frage nach dem grammatiktheoretischen Status des nicht-phorischen es. Es wird dafür plädiert, der Beschreibung und Erklärung der verschiedenen Untertypen des nicht-phorischen es valenztheoretische und konstruktionsgrammatische Erkenntnisse zugrunde zu legen.
Dependenzstruktur
(2014)
In diesem Beitrag wird an einigen Beispielen aus der nominalen Morphologie bzw. der Morphosyntax der deutschen Substantivgruppe gezeigt, wie sich in den Veränderungen in diesem Bereich, die sich über das 20. Jahrhundert hin beobachten lassen, Fragen eines langfristigen Systemwandels mit Regularitäten des Sprachgebrauchs überlagern. Im Mittelpunkt soll die Frage der Markierung der Kasus – insbesondere in den allgemein als „kritisch“ angesehenen Fällen von Genitiv und Dativ – stehen. Wenn man die Daten dazu betrachtet, sieht man, dass in den meisten Fällen schon zum Anfang des 20. Jahrhunderts eine weitgehende Anpassung an die Regularitäten der Monoflexion erfolgt war, auch, dass dieser Prozess über das Jahrhundert hin fortschreitet. Bemerkenswert ist, dass insgesamt die als „alt“ angesehenen Fälle in den untersuchten Korpora geschriebener Sprache (sehr) selten auftauchen, dass aber in zunehmendem Ausmaß die daraus folgende Markiertheit in der einen oder anderen Weise funktional genutzt wird. Einen Fall eigener Art stellt in diesem Zusammenhang der Genitiv dar, der sich bei den starken Maskulina und Neutra bekanntlich dem Trend zur „Einmalmarkierung“ der Kasus an den flektierten, das Substantiv begleitenden Elementen widersetzt. Das führt zu der bekannten Orientierung dieser Formen auf die Nicht-Objekt-Verwendungen und auch zu einem auffälligen Maß an Variation in der Nutzung der entsprechenden Flexionsformen.
Die Normierung der deutschen Standardaussprache geht in ihren Ursprüngen auf die 1898 durch die Siebs-Kommission beschlossenen Regelungen für die deutsche Bühnenaussprache zurück. Seit 1964 bildet der Nachrichtensprecher bei der Ausübung seines Berufs die Grundlage für die gegenwärtigen deutschen Aussprachekodizes. Diese eingeschränkte empirische Basis zusammen mit einem primär präskriptiven Anspruch der Kodifikatoren führt dazu, dass auch das aktuellste Aussprachewörterbuch des Deutschen (DAW) in vielen Fällen den tatsächlichen Standardsprachgebrauch in Deutschland nur unzureichend repräsentiert. Dies wird im vorliegenden Beitrag durch den Vergleich mit Sprachdaten aus dem Korpus „Deutsch heute“, das Lese- und Spontansprache v.a. von Oberstufenschülern am Gymnasium aus dem ganzen deutschen Sprachraum enthält, anhand von acht unterschiedlichen sprachlichen Phänomenen gezeigt. Der Beitrag schließt mit einem Plädoyer für realitätsnähere Kodifikationen, die sich am Sprachgebrauch der „educated speaker“ orientieren (wie es v.a. im englischsprachigen Raum der Fall ist), weil sie der aktuellen Sprachsituation im Deutschen weit besser Rechnung tragen als die derzeit existierenden Kodizes.
Betrachtet man "Verfallserscheinungen" des Verbalsystems wie Übergänge stark > schwach, so zeigt sich, dass hier weder Rezenz noch Verfall zu konstatieren ist. Mit diachroner und analytischer Tiefe offenbart sich ein gestaffelter, systematischer Komplexitätsabbau, der seine Hochphase im Frühneuhochdeutschen hat und sich schlecht mit der Passivität und Chaos implizierenden Verfallsmetapher verträgt: Reorganisation statt Dekadenz. Entwicklungen wie der präteritale Numerusausgleich ('ich sang' – 'wir sungen' > 'ich sang' – 'wir sangen') oder die Herausbildung der vereinfachten Ablautalternanz X–o–o sind nie nur Komplexitätsreduktion, sondern immer auch Systematisierung; sie bremsen Verfall. Dabei ist der Gewinn an Systematik i.d.R. nicht Normautoritäten geschuldet, sondern ihm liegen sprachsystematische, kognitive und frequenzielle Faktoren zugrunde.
Üblicherweise wird behauptet und erwartet, dass für den Deutschunterricht die deutsche Standardsprache zumindest als Zielsprache, wenn nicht gar als Unterrichtssprache gilt. Die Forschungen der germanistischen Soziolinguistik und Sprachlehrforschung zeigen allerdings, dass keinesfalls Einigkeit darüber besteht, was denn ,die deutsche Standardsprache‘ überhaupt sei, ob, und wenn ja, wie viel Variation sie beinhaltet, und wie mit Normabweichungen seitens der Schüler/innen umzugehen sei.
Unser Beitrag beschäftigt sich mit der Rolle der Deutschlehrenden — sowohl an deutschsprachigen Schulen als auch im Rahmen des DaF-Unterrichts an britischen Hochschulen — um zu erörtern, welche Erwartungen sie an die sprachliche Normenkonformität ihrer Schüler/innen haben und welche praktischen Probleme ihnen hierbei begegnen. Unterstützt durch historische Belege aus dem Schulalltag im 19. Jahrhundert, diskutieren wir Kontinuitäten und Innovationen in der Selbsteinschätzung von Deutsch- und DaF-Lehrer/innen zu ihrer Rolle als Sprachnormvermittler/ innen und stellen die Frage, wie groß ihre Rolle tatsächlich ist.
Ebenen der Verknüpfung
(2014)
Einleitende Bemerkungen
(2014)
Einleitung
(2014)
Faktivität
(2014)
Sprachverfall wird in der öffentlichen Sprachdiskussion nicht selten mit der Unkenntnis oder Missachtung von sprachlichen Regeln in Verbindung gebracht. Als Instanzen, wo sich (explizite) Sprachregeln gesellschaftlich relevant verkörpern, können Sprachkodizes gesehen werden. Vor diesem Hintergrund wird im Text der Begriff des Sprachkodex in verschiedenen Dimensionen präzisiert und eine Subklassifikation in Kern- und Parakodex vorgeschlagen. Dem folgt ein Plädoyer für eine Sprachkodexforschung, in der die traditionell eher marginalen Perspektiven auf Sprachkodizes zu erweitern und zu systematisieren sind.
Kausale Konnektoren
(2014)
Konditionale Konnektoren
(2014)
Lexikonstatistik 2.0
(2014)
In der Mitte des 20. Jahrhunderts gab es diverse Versuche, die Klassifikation von Sprachen mit Hilfe von Wortlisten, die dem Grundvokabular der betreffenden Sprachen entnommen sind, zu automatisieren. Diese Methoden wurden und werden in der historischen Sprachwissenschaft gemeinhin kritisch diskutiert, da sich die erzielten Ergebnisse häufig als fehlerhaft erwiesen.
In den letzten Jahren erleben wir einen neuen Aufschwung lexikostatistischer und glottochronologischer Ansätze. Deren Erfolgsaussichten sind heute wesentlich besser als vor einem halben Jahrhundert, da uns jetzt große Mengen an sprachvergleichenden Daten in elektronischer Form zur Verfügung stehen und die Computerlinguistik und Bioinformatik mächtige Werkzeuge bereitstellt, diese Daten statistisch auszuwerten.
Im vorliegenden Artikel wird eine Fallstudie vorgestellt, die das Potenzial lexikostatistischer Methoden im 21. Jahrhundert illustriert.
Die Vorstellung eines Verfalls der deutschen Sprache lässt sich mindestens bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgen, als Schulmeister sich beschwert haben, dass ihre Schüler wegen der um sich greifenden Variation nicht mehr wüssten, was korrektes Deutsch sei. Ähnliche Vorstellungen treten etwa gleichzeitig in anderen europäischen Ländern auf und können vielleicht mit dem langsamen Ersatz des Lateins als vorherrschender Sprache des Schrifttums und der Bildung in Zusammenhang gebracht werden. Sie beruhen auf verbreiteten irrtümlichen Annahmen über das Wesen der Sprache, insbesondere dass die zugrundeliegende Form jeder Sprache homogen und unwandelbar sei und seit sehr langem — eventuell seit Babel — so existiert habe. Diese Annahmen muss man mit Watts (2011) als Mythen werten, sie sind jedoch sehr beharrlich, und in der frühen Neuzeit dienten sie als Grundlage für die Erschaffung der heutigen deutschen Standardsprache, die aus diesem Grunde genauso wie alle anderen europäischen Kultur- oder Standardsprachen eigentlich als ein rezentes kulturelles Artefakt anzusehen ist.
In diesem Beitrag wird anhand von Material aus einem neuen elektronischen Korpus der deutschen Sprache des 17. und 18. Jahrhunderts gezeigt, wie die Standardsprache entstanden ist als Ergebnis dieser Annahmen sowie aus der Vorstellung, nur auf diese Weise sei die deutsche Sprache vor dem endgültigen Verfall zu retten. Im Laufe dieses Vorgangs wurde wo möglich jede Variation aus der Schriftsprache eliminiert und dabei auch sprachliche Varianten stigmatisiert, die heute noch häufig sind, auch wenn sie als „substandard“, „nicht korrekt“ oder „nicht hochsprachlich“ gelten. Auch wurden Regeln des „guten“ hochdeutschen Sprachgebrauchs festgelegt (oder erdacht), die Muttersprachler im spontanen Gespräch immer noch kaum beachten. Aber die Sprachgeschichte lehrt, dass Variation und Wandel nicht zum Verfall der Sprache führen, sondern die dynamische Flexibilität gewährleisten, die für die Sprache nötig ist, wenn sie allen sozial und kulturell erforderlichen Bedürfnissen der menschlichen Kommunikation gerecht werden muss.