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Widerstand als psychoanalytisches Konzept beschreibt die Ambivalenz von Psychotherapiepatient*innen gegenüber dem therapeutischen Veränderungsprozess. Während der*die Patient*in sich mit dem Wunsch, bestimmte Veränderungen zu erzielen, auf die Therapie einlässt, stellen sich diesem Wunsch unbewusste Kräfte entgegen, die versuchen, den Status quo aufrechtzuerhalten. Hintergrund ist die Annahme, dass Widerstand eine Schutzfunktion darstellt, um schmerzhafte Affekte abzuwehren, die integraler Bestandteil eines psychotherapeutischen Prozesses sind. Therapeut*innen sehen sich vor der Aufgabe, Widerstandsphänomene als solche zu erkennen, deren Funktion zu verstehen und einen gemeinsamen Verstehensprozess mit dem*der Patient*in zu ermöglichen. Eine gesprächsanalytische Untersuchung von Widerstand und dessen kommunikativer Bearbeitung bietet eine wertvolle Ergänzung zur psychotherapeutischen Betrachtungsweise. Ein bislang in der Literatur wenig beachtetes Widerstandsphänomen ist Verbosität, womit gemeinhin ausufernde, unfokussierte Erzählungen gemeint sind. Aufbauend auf der bisher einzigen gesprächsanalytischen Untersuchung zu Verbosität als Widerstandsphänomen von Fenner, Spranz-Fogasy und Montan (2022) ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, herauszuarbeiten, wie Widerstandsmanagement bei Verbosität verwendet wird. Dafür werden zwei Fallbeispiele gesprächsanalytisch untersucht. Diese stammen aus einem Korpus 34 videographierter ambulanter psychodynamischer Therapiesitzungen. Anhand des ersten Fallbeispiels wird deutlich, dass Verbosität als Widerstandsphänomen nicht nur patient*innenseitig geäußert wird, sondern gemeinsam mit dem*der Therapeut*in interaktiv hergestellt und forciert werden kann. Das zweite Beispiel zeigt, wie Widerstandsmanagement zu einer Auflösung des Widerstands führen kann. Die Analysen verdeutlichen zum einen auch, dass der psychoanalytische Widerstandsbegriff aus gesprächsanalytischer Sicht kritisch zu betrachten ist und zum anderen, dass beide Disziplinen nicht unbedingt zu den gleichen Ergebnissen kommen.
Die Rationale der psychodynamischen Psychotherapie (und anderer Therapieformate) besteht darin, belastende und teils der bewussten Reflexion unzugängliche Erfahrungen der PatientInnen aufzuklären, ihre Ursachen zu identifizieren und alternative Wahrnehmungs- und Handlungsweisen zu ermöglichen. Dazu bedient sie sich eines bestimmten Settings: der Therapie über mehrere Sitzungen hinweg, in denen PatientInnen ihre Beschwerden und Erfahrungen berichten und TherapeutInnen mithilfe kommunikativer Praktiken gemeinsam mit den PatientInnen die Beschwerden aufzuklären, die Erfahrungen zu vertiefen und die Probleme zu lösen suchen. In der konversationsanalytischen Psychotherapieforschung (Peräkylä et al. 2008) werden dazu vier Grundtypen verständigungsbegünstigender kommunikativer Praktiken der Psychotherapie identifiziert: äußerungsfortführende Extensionen, Musterhaftigkeit herstellende Interpretationen, reformulierende formulations und Fragen (Weiste & Peräkylä 2015). Der vorliegende Beitrag widmet sich der Untersuchung von drei Fragetypen: Beispielnachfrage, Kollaborative Erklärungsfindungsfrage und Lösungsorientierte Frage und deren sequenzieller Organisation in psychodiagnostischen Gesprächen. Ziel ist es, deren unterschiedliche produktive Potenziale hinsichtlich der Handlungsrationale diagnostischer und therapeutischer Aufgabenstellungen herauszuarbeiten.
Die Studie untersucht therapeutische Strategien für den Umgang mit und das Management von Patientenwiderstand, der auf Lösungsorientierte Fragen in der Psychotherapie folgt. Patienten reagieren auf Lösungsorientierte Fragen regelmäßig dispräferiert. Die Therapeuten wiederum sollen therapeutisch relevantes Material elizitieren.
Mit Hilfe linguistisch-gesprächsanalytischer Methoden wird untersucht, wie Therapeuten im Anschluss an lösungsorientierte Anfragen mit dispräferierten Antworten umgehen. Das Widerstandsmanagement der Therapeuten umfasst dabei sowohl expansions- und reparaturinitiierende Reaktionen als auch Themenwechsel.
Untersucht werden 15 psychodiagnostische Erstgespräche nach der erweiterten Version der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD-2), einem standardisierten und manualisierten diagnostischen Inventar, das die psychodynamischen Kräfte hinter den Erkrankungen der Patienten erfassen soll.