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Der Beitrag untersucht das Zusammenspiel von funktionaler Spezialisierung und phonetischer Reduktion bei pragmatischen Markern aus komplexen Syntagmen. Im Fokus steht die Reduktionsform [ˈzɐmɐ], die potenziell auf die Marker <ich sag mal> oder <sagen wir (mal)> zurückgeführt werden konnte. Anhand einer Analyse ihrer phonetischen Reduktionsformen und Interaktionsfunktionen wird gezeigt, dass eine Rückführung auf <sagen wir (mal)> plausibler ist. Im Anschluss werden Realisierungen der Wortverbindung ‚sagen wir‘ als kompositioneller Matrixsatz mit Verwendungen als pragmatischer Marker verglichen. Die Befunde deuten auf einen Einfluss der Funktion der Zielstruktur auf ihre lautliche Realisierung hin, was sich als Indiz für einen unabhängigen Zeichenstatus der reanalysierten Markerverwendung interpretieren lasst.
Zur Aussprache nicht haupttoniger Vorsilben mit <e> in Lehnwörtern im deutschen Gebrauchsstandard
(2018)
Vortoniges <e> in Lehnwörtern in offenen Silben (demonstrieren, Elefant) ist in den traditionellen deutschen Aussprachewörterbüchern durchgängig mit gespanntem/geschlossenem [e] kodifiziert. Die Auswertung von insgesamt 17 entsprechenden Belegwörtern aus dem Korpus „Deutsch heute“ zeigt für den deutschen Gebrauchsstandard jedoch eine ausgeprägte Variation zwischen den Lauttypen [e], [ɛ] und [ə], die je nach Lexem in ganz unterschiedlichen Anteilen vorkommen. Als Erklärungsansätze für das differierende Variationsverhalten lassen sich Faktoren wie Wortakzentmuster, Folgekonsonanz, Formalitätsgrad und semantisch-morphologische Durchsichtigkeit der Wortbildung anführen. Außerdem zeigt die Variation auch eine ausgeprägte diatopische Dimension: Während im Norden Deutschlands, aber auch im mittelbairisch geprägten Sprachraum und in der Ostschweiz die [e]-Aussprache dominiert, überwiegen in der südlichen Mitte und im Südwesten Deutschlands, im südbairisch geprägten Sprachraum und vor allem in der Westschweiz Belege mit [ɛ]-Aussprache. Die Ergebnisse von „Deutsch heute“ zeigen sich in ähnlicher Weise auch in zusätzlich ausgewerteten Sprachdaten (Nachrichtensendungen, FOLK-Korpus).
Am Beispiel der polyfunktionalen Mehrworteinheit <was weiß ich> wird das Zusammenspiel von pragmatischer und phonetischer Ausdifferenzierung in Pragmatikalisierungsprozessen untersucht. Hierzu werden spontan-sprachliche Belege aus dem Korpus „Deutsch heute“ analysiert. Die beobachtete phonetische Variationsbreite deutet auf eine komplexe Beziehung zu den jeweiligen pragmatischen Funktionen hin.
Linguistic variation and linguistic virtuosity of young “Ghetto”-migrants in Mannheim, Germany
(2011)
In this paper, we provide an insight into the life world and social experiences of young Turkish migrants who are categorised by German society as “social problem cases”. Based on natural conversational data, we describe the communicative repertoire of one migrant adolescent and that of his friends. Our aims are (a) to isolate those linguistic features that convey the impression of “foreignness”, and stand out among other German speakers’ features, and (b) to analyse the variability in our informants’ discursive practices - i.e. code- or style-switching, as it is commonly referred to in the literature - in order to show how variation serves as a communicative resource. Our findings show that these adolescents’ remarkable linguistic proficiency and communicative competence contrast markedly to their low educational and professional status.
The contribution will focus on aspects of pluricentricity in spoken Standard German. After a brief overview over the historical and dialectal background of the linguistic diversity in the German speaking area, the regionally balanced speech-corpus "German today” is presented, which has been collected for the analysis of the (regional) variation of spoken Standard German. Aspects of pluricentric German will be discussed by means of both the distribution of certain phonetic variables and a short analysis of regional differences in the use of certain conversational constructions. It is argued that pluricentric structures are constituted by a set of linguistic features on different levels of description. Above all, the analysis tries to reveal traces of the impact of both traditional dialects and national or even subnational political units on the constitution of the standard varieties.
Varietäten im Diskurs
(2011)
Der Beitrag präsentiert ausgewählte Ergebnisse einer Untersuchung zum Dialekt-Standard-Gebrauch in einer Schulklasse im mittelschwäbischen Sprachraum (vgl. KNÖBL 2008). Dabei wird auf das Erkenntnisinteresse, die Datengrundlage und die Analysemethode eingegangen. An Analysebeispielen wird gezeigt, dass sich die in der Untersuchung kombiniert eingesetzten quantitativ und qualitativ orientierten methodischen Verfahren ergänzen. Die variablenanalytisch und interaktionsanalytisch gewonnenen Ergebnisse belegen, dass bei den untersuchten Lehrern und Schülern der Gebrauch linguistischer Formen strukturiert ist und in Bezug zu kommunikativen Anforderungen steht.
In dem Beitrag werden Dialekt-Standard-Variationsphänomene im schwäbischen Dialektraum behandelt. Zunächst wird kurz auf die soziolinguistische Situation des südwestdeutschen Raums sowie auf methodische Aspekte eingegangen. Darauf wird das Konzept Kontextualisierungshinweis (Gumperz 1982) und die Typologie von Variationsphänomenen nach Auer (1998a) vorgestellt, um deren Anwendbarkeit auch in der binnensprachlichen Variationssituation an Beispielen zu zeigen. Im Zentrum der Analyse stehen funktionale Aspekte der Variation einer Lehrerin und von Schülern in der Schulsituation.
Die präsentierten Daten stammen aus einem laufenden Dissertationsprojekt mit dem Arbeitstitel „Sprachvariation in einer schwäbischen Kleinstadt - Varietäten im Diskurs“ (Knöbl i.V.), bei dem ein intralingualer Varianzraum durch die Analyse der Funktionalität und Relevanz von Sprachvariation für die Sprecher beschrieben werden soll.
Sprachliche Varianz und sprachliche Virtuosität türkisch-stämmiger Ghetto-Jugendlicher in Mannheim
(2007)
Der Beitrag gibt auf der Basis eines exemplarischen Falles Einblick in die Lebenswelt und in die kommunikativen Praktiken von türkischstämmigen, schulisch wenig erfolgreichen Migrantenjugendlichen, die aus der Sicht der deutschen Gesellschaft als „soziale Problemfalle“ charakterisiert werden. Er beschreibt auf der Basis natürlichen Gesprächsmaterials das sprachlich-kommunikative Repertoire eines ausgewählten Jugendlichen und filtert vor dem Hintergrund des regionalen Gebrauchsstandard die Merkmale heraus, die seine Sprechweise ‘fremd’ erscheinen lassen. Anhand ausgewählter Gesprächssequenzen werden charakteristische Variationsmuster dargestellt und die diskursiven, interaktiven und sozialen Funktionen sprachlicher Variation rekonstruiert. Die ethnografische und gesprächsanalytisch-linguistische Analyse führt zu dem Schluss, dass der geringe schulisch-berufliche Status des Jugendlichen in keiner sozial angemessenen Relation zu seinen hohen sprachlich-kommunikativen Fähigkeiten steht.
Metalinguistic awareness of standard vs standard usage. The case of determiners in spoken German
(2015)
The research project “German Today” aims to determine the amount of regional variation in (near-)standard German spoken by young and older educated adults and to identify and locate regional features. To this end, we compile an areally extensive corpus of read and spontaneous German speech. Secondary school students and 50-to-60-year-old locals are recorded in 160 cities throughout the German speaking area of Europe. All participants read a number of short texts and a word list, name pictures, translate words and sentences from English, answer questions in a sociobiographic interview, and take part in a map task experiment. The resulting corpus comprises over 1000 hours of speech, which is transcribed orthographically. Automatically derived broad phonetic transcriptions, selective manual narrow phonetic transcriptions, and variationalist annotations are added. Focussing on phonetic variation we aim to show to what extent national or regional standards exist in spoken German. Furthermore, the linguistic variation due to different contextual styles (read vs. spontaneous speech) shall be analysed. Finally, the corpus enables us to investigate whether linguistic change has occurred in spoken (near-)standard German.
Der Beitrag bearbeitet (professionelles) Handeln in Sitzungen des Gemeinderats einer kleinstädtischen Kommune in Südwestdeutschland. Die Analyse konzentriert sich auf einen längeren Redebeitrag, der kommunalpolitische Professionalität nicht im unauffälligen Vollzug zeigt, sondern Probleme einer Verwaltungsangestellten bei der lokal gebundenen Bearbeitung ihrer Aufgabe, eine Bekanntgabe zu machen. Die dabei produzierte Äußerungsstruktur zeigt Spuren einer Orientierungsirritation, die insbesondere zu Beginn des Redebeitrags als Konflikt zwischen der Arbeit an der Herstellung von Gemeinschaft und der Orientierung an der Aufgabe des Informierens fassbar wird.
The paper presents a study on the use of the complement-taking mental verb glauben (to believe) as a means to hedge utterances. One the basis of three large interview corpora, diatopic and diachronic differences in the particle-like use of first-person-forms (glaub(e)) are explored. By means of the results of the corpus analysis, the status of the ongoing grammaticalization process of glaub(e) as a modal particle is discussed.
"Standard language" is a contested concept, ideologically, empirically and theoretically. This is particularly true for a language such as German, where the standardization of the spoken language was based on the written standard and was established with respect to a communicative situation, i.e. public speech on stage (Bühnenaussprache), which most speakers never come across. As a consequence, the norms of the oral standard exhibit many features which are infrequent in the everyday speech even of educated speakers. This paper discusses ways to arrive at a more realistic conception of (spoken) standard German, which will be termed "standard usage". It must be founded on empirical observations of speakers linguistic choices in everyday situations. Arguments in favor of a corpus-based notion of standard have to consider sociolinguistic, political, and didactic concerns. We report on the design of a large study of linguistic variation conducted at the Institute for the German Language (project "Variation in Spoken German", Variation des gesprochenen Deutsch) with the aim of arriving at a representative picture of "standard usage" in contemporary German. It systematically takes into account both diatopic variation covering the multi-national space in which German an official language, and diastratic variation in terms of varying degrees of formality. Results of the study of phonetic and morphosyntactic variation are discussed. At least for German, a corpus-based notion of "standard usage" inevitably includes some degree of pluralism concerning areal variation, and it needs to do justice to register-based variation as well.