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Der vorliegende Beitrag thematisiert zwei unterschiedliche Forschungsergebnisse aus der Auswertung des Korpus »Deutsch heute«. Im ersten Teil wird in einem lautsystematischen Aufriss die phonetische Variation, wie sie sich in der Vorleseaussprache der österreichischen Schülerinnen in den Korpusdaten manifestiert, dargestellt. Ein zweiter Teil des Beitrags präsentiert metasprachliche Äußerungen aus sprachbiographischen Interviews, die Einblicke in sprachbezogene Kategorien und Konzepte der jungen Österreicherinnen geben und Rückschlüsse auf Spracheinstellungen zulassen. Die Schülerinnen bestätigen nicht nur verschiedene Facetten des für Österreich anzunehmenden diaglossischen Verhältnisses der Varietäten durch ihren Formengebrauch, sondern auch in metasprachlichen Aussagen, die einen hohen Grad der Bewusstheit des eigenen Sprachgebrauchs sowie der formalen wie auch soziosymbolischen Unterschiede der Varietäten erkennen lassen.
Am 1. und 2.12.2000 fand im Institut für Deutsche Sprache (Mannheim) das erste offizielle Kolloquium der DFG-Forschergruppe „Sprachvariation als kommunikative Praxis” statt. Das Thema hieß: .Form und Funktion von Sprachmischung”. Im Mittelpunkt des ersten Tages standen Vorstellung und Diskussion der einzelnen Teilprojekte der Forschergruppe. Am folgenden Tag wurde in Korreferaten von Peter Auer, Norbert Dittmar, John Gumperz und Jürgen E. Schmidt die Entwicklung der Forschergruppe insgesamt kommentiert. Ergänzt wurde das Programm durch Gastvorträge von Lars Johanson (Mainz), Marja-Leena Sorjonen (Helsinki), Volker Hinnenkamp (Augsburg), Elizabeth Lanza (Oslo) und Ana Deumert (Heidelberg).
This paper explores speakers’ notions of the situational appropriacy of linguistic variants. We conducted a web-based survey in which we collected ratings of the appropriacy of variants of linguistic variables in spoken German. A range of quantitative methods (cluster analysis, factor analysis and various forms of visualization techniques) is applied in order to analyze metalinguistic awareness and the differences in the evaluation of written vs. spoken stimuli. First, our data show that speakers’ ratings of the appropriacy of linguistic variants vary reliably with two rough clusters representing formal and informal speech situations and genres. The findings confirm that speakers adhere to a notion of spoken standard German which takes genre and register-related variation into account. Secondly, our analysis reveals a written language bias: metalinguistic awareness is strongly influenced by the physical mode of the presentation of linguistic items (spoken vs. written).
Der Beitrag ist eine fallbasierte und konzeptionell ausgerichtete Auseinandersetzung mit dem konversationsanalytischen Konzept „recipient design“. Dieses wird zunächst in seinem monomodal-verbalen Entstehungszusammenhang erläutert und anschließend aus Perspektive der multimodalen Interaktionsanalyse reflektiert. In einem methodologischen Exkurs werden die Verfahren der „visuellen Erstanalyse“ und der „rekurrenten Mehrebenen-Analyse“ vorgestellt und im analytischen Teil umgesetzt. So wird zunächst das visuell wahrnehmbare Verhalten, dann die Äußerungs- und Interaktionsstruktur und abschließend die Prosodie eines lehrerseitigen recipient design analysiert. In einem fallanalytischen Resümee präsentieren wir im Detail das Zusammenspiel der bei der Produktion dieses multimodalen recipient design beteiligten Ausdrucksressourcen. Abschließend diskutieren wir eine Reihe offener Punkte, die bei einer multimodalen Konzeption von recipient design zu beachten sind. Dabei wird deutlich, dass recipient design theoretisch neu gerahmt und systematisch in Bezug auf online-analytische und verstehensdokumentarische Überlegungen reflektiert werden muss.
Der Beitrag untersucht aus interpretativ-soziolinguistischer Perspektive die verbalen Ressourcen, die ein Lehrer bei der Bearbeitung von kommunikativen Handlungsanforderungen im Unterricht einsetzt. Dabei wird insbesondere der Gebrauch segmentalphonetischer, prosodischer und sprachwahlbezogener Indizierungsmittel analysiert, und zwar einerseits in Bezug auf unterrichtstypische Anforderungen der Interaktionsorganisation sowie andererseits im Rahmen einer nicht rekurrenten und für den Lehrer merklich unerwarteten Anforderung, die bei der untersuchten Unterrichtsinteraktion entsteht.
Der Aufsatz stellt zuerst ein Projekt zur Standard-Dialektvariation in einer schwäbischen Kleinstadt vor. Dabei wird ganz kurz auf die soziolinguistische Situation des südwestdeutschen Sprachraumes und auf methodische Aspekte der Analyse von Dialekt-Standard-Variation eingegangen. Es folgen Bemerkungen zum institutionellen Setting Gemeinderat bevor an einem Datenbeispiel aus einer Sitzung des Gemeinderats der Einsatz von kontrastbildenden Sprachvariationsverfahren als rhetorische Ressource gezeigt wird. Das sequenzanalytische Vorgehen belegt dabei die interaktionsstrukturelle Fundierung von Sprachvariationsverfahren.
This article is concerned with the use of speech variation in a classroom in south-west Germany. It shows how a teacher uses dialect-standard variation as a resource for carrying out different tasks. An analysis of the variational practices of the teacher reveals two different code-alternating procedures with different functional scopes. On the one hand, the teacher uses code-shifting along a continuum of standard forms, especially to draw attention to relevant aspects of the instructional activities, and to guide participation in the unfolding discourse. On the other hand, she uses the context-cueing function of code-switching between standard and dialect, especially to locally manage the key of interaction (interaction modalities). It is shown that, for the teacher analysed, switching to dialect is a methodological resource which matches the intricate pedagogical tasks involved in the evaluation moves which follow pupils' 'troublesome' answers.
Sprachen sind dynamisch. Veränderungsmotor des offenen Systems Sprache ist dessen Gebrauch durch Sprecher. Bekanntermaßen wird die Verstehbarkeit der Sprachverwendung durch Konventionen gewährleistet, die gleichzeitig allerdings durch den Gebrauch aushandelbar und flexibel sind. Am Anfang des 21. Jahrhunderts kann für die standardsprachliche Situation in Deutschland festgestellt werden, dass primär durch außerlinguistische Veränderungen angestoßene Entwicklungen im Bereich der Verwendung Spuren im System hinterlassen. Die Standardsprache ist im Prozess, von immer mehr Sprechern in immer mehr Verwendungskontexten gebraucht zu werden. Gleichzeitig scheint der Standard Siebsscher Prägung, also der kodifizierte, schriftsprachorientierte Standard, immer seltener gesprochen zu werden. Aus dieser Situation ergeben sich der Sprachwissenschaft Fragen und Probleme: Wie kann ein Beschreibungsobjekt Standardsprache definiert werden, wo sind die Grenzen zwischen dem standard-sprachlichen und nicht-mehr-standardsprachlichen Bereich? Wie angemessen bilden vorhandene Beschreibungen die aktuelle Sprechwirklickeit ab? Ist es deutscher Sprechstandard, was in Schulen gelehrt und nicht-deutschsprachigen Deutschlernern vermittelt wird? Solche und weitere Fragen wurden auf der diesjährigen IDS-Jahrestagung, die vom 9.-11. März unter der Leitfrage »Standardvariation – Wie viel Variation verträgt die deutsche Standardsprache?« stattfand, zu beantworten versucht.
Die beachtlichen Unterschiede zwischen den Dialekten des Deutschen stehen in Zusammenhang mit der territorialen Zersplitterung des deutschsprachigen Gebiets bis ins 19. Jahrhundert. In gewisser Weise spiegelt die dialektale Vielfalt das dezentrale, plurizentrische Herrschaftsmodell wider, das für das vornationale Heilige Römische Reich charakteristisch ist, bei dem sich kein dauerhaftes Machtzentrum mit sprachlicher Modellwirkung, wie bspw. Paris in Frankreich, herausbilden konnte.