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Olaf Scholz gendert. Eine Analyse von Personenbezeichnungen in Weihnachts- und Neujahrsansprachen
(2022)
Schlagzeilen wie die in unserer Überschrift blieben im Januar 2022 aus. Dabei enthielt die erste Neujahrsansprache von Olaf Scholz kein einziges generisches Maskulinum, sondern Doppelformen (Mitbürgerinnen und Mitbürger, Expertinnen und Experten), geschlechtsabstrahierende Ausdrücke (Eltern, Familien, Geimpfte, Menschen) und Personalisierungen bzw. Umschreibungen wie uns allen, es haben sich 60 Millionen […] impfen lassen, oder ich möchte allen danken. Die Rede nutzt somit durchgängig verschiedene Formen geschlechtergerechter Sprache, wohl aber so unauffällige Formen, dass dies keine mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Nebenbei: Dies zeigt, dass es bei den hitzigen öffentlichen Diskussionen rund um das Thema nicht um alle Formen geschlechtergerechter Sprache geht, sondern eigentlich nur um bestimmte Formen, wie z.B. die Verwendung des Gendersterns. Wir stellen hier einige Beobachtungen basierend auf einem annotierten Korpus von Ansprachen vor, die Sie selbst anhand einer Online-App nachvollziehen können.
Less than one percent of words would be affected by gender-inclusive language in German press texts
(2024)
Research on gender and language is tightly knitted to social debates on gender equality and non-discriminatory language use. Psycholinguistic scholars have made significant contributions in this field. However, corpus-based studies that investigate these matters within the context of language use are still rare. In our study, we address the question of how much textual material would actually have to be changed if non-gender-inclusive texts were rewritten to be gender-inclusive. This quantitative measure is an important empirical insight, as a recurring argument against the use of gender-inclusive German is that it supposedly makes written texts too long and complicated. It is also argued that gender-inclusive language has negative effects on language learners. However, such effects are only likely if gender-inclusive texts are very different from those that are not gender-inclusive. In our corpus-linguistic study, we manually annotated German press texts to identify the parts that would have to be changed. Our results show that, on average, less than 1% of all tokens would be affected by gender-inclusive language. This small proportion calls into question whether gender-inclusive German presents a substantial barrier to understanding and learning the language, particularly when we take into account the potential complexities of interpreting masculine generics.
Das Thema genderinklusive Sprache ist mittlerweile nicht nur Gegenstand regelmäßiger Umfragen, Presseartikel oder Talksendungen, sondern auch von Volksinitiativen. In Baden-Württemberg beispielsweise veranstaltet Klaus Hekking, Initiator des Volksbegehrens Stoppt Gendern in Baden-Württemberg, eine Radtour gegen Gendern, um Unterschriften zu sammeln (die Initiative wurde allerdings vom Innenministerium gestoppt). Auch in Hamburg lief 2023 eine Volksinitiative namens „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“, die vom „Verein Deutsche Sprache“ initiiert und von der Hamburger CDU unterstützt wurde. Die Initiative hat fast 17.000 Unterschriften gesammelt und überregionale mediale Aufmerksamkeit bekommen.