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In this chapter, a conversation-analytic approach is used to study medical recommendations as an essential part of medical advice. Tlte analyses are based on renal treatment planning conversations in which physicians inform patients about an upcoming dialysis therapy. The data reveals that medical recommendations are marked throughout by their strikingly tentative and relativistic phrasing in which the conflict between physicians duty of care and the patient’s autonomy is obvious. The observed discrepancy between what should be said and what patients and physicians want to be said - and heard - not only gives reason to challenge the ethical and legal requirements concerning medical recommendations and their implications for medical practice, but also to rethink the current models of decision-making in medical communication.
Zur Einführung
(2017)
Sprache in der Medizin
(2015)
Medizinisches Wissen und Handeln ist ohne Sprache nicht denkbar: weder in der Arzt-Patienten-Kommunikation noch in fachinternen und fachexternen Medizintexten oder in den Medien. Dieser Beitrag liefert einen nähernden Überblick über verschiedene Formen medizinischer Kommunikation. Im Zentrum stehen dabei (1) der Konnex von Sprache und Wissen in der Medizin, (2) Arzt-Patient-Gespräche als Primärkommunikation und (3) der Zusammenhang zwischen Medialisierung und Medikalisierung.
Lange Zeit waren in der Linguistik Grammatik und Interaktion inkompatible oder gar antonyme Begriffe. Grammatik meinte das Regelwerk zur Erzeugung wohlgeformter Aussagen, während Interaktion dagegen den Bereich des durch vielerlei psychische, soziale und andere Faktoren beeinträchtigten, fehlerhaften Sprechens bezeichnete, der von außer- oder bestenfalls randlinguistischem Interesse war. Vieles ist noch offen, und viele Fragen lassen sich erst heute mit neuer Klarheit stellen. Die in diesem Band versammelten Aufsätze geben einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand zum Thema 'Grammatik und Interaktion'. Sie gehen zurück auf Vorträge der 11. Arbeitstagung zur Gesprächsforschung, die vom 6. bis 8. April 2005 unter dem Rahmenthema 'Grammatik und Interaktion' am Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim stattfand.
Grammatik und Interaktion
(2005)
Grammatik und Interaktion
(2005)
Based on German data from history-taking in doctor-patient interaction, the paper shows that the three basic syntactic types of questions (questions fronted by a question-word (w-questions), verb-first (V1) questions, and declarative questions) provide different opportunities for displaying understanding in medical interaction. Each syntactic questionformat is predominantly used in a different stage of topical sequences in history taking: w-questions presuppose less knowledge and are thus used to open up topical sequences; declarative questions are used to check already achieved understandings and to close topical sequences. Still, the expected scope of answers to yes/no-questions and to declarative questions is less restricted than previously thought. The paper focuses in detail on the doctors’ use of formulations as declarative questions, which are designed to make patients elaborate on already established topics, giving more details or accounting for a confirmation. Formulations often involve a shift to psychological aspects of the illness. Although patients confirm doctors’ empathetic formulations, they, however, regularly do not align with this shift, returning to the description of symptoms and to biomedical accounts instead. The study shows how displays of understanding are responded to not only in terms of correctness, but also (and more importantly) in terms of their relevance for further action.
be-deuten: Vorwort
(2002)
Im Beitrag werden drei sprachwissenschaftliche Zugänge zu Diagnosen vorgestellt: In der Gesprächsanalyse wird die Diagnoseherstellung in der mündlichen Arzt-Patienten-Interaktion beleuchtet. Diagnosen entstehen kollaborativ,indem Gesprächsphasen durchlaufen und charakteristische Handlungen in bestimmten Äußerungsformaten vollzogen werden. Im Blickpunkt der Text- und Kommunikationsgeschichte steht hingegen das schriftsprachliche Handeln. Das Herstellen einer Diagnose erfordert hier die nachträgliche Bearbeitung vorgängiger mündlicher Interaktionen gemäß einer etablierten Textsorte: dem Erhebungsbogen. Von diesen Formen der Diagnoseherstellung unterscheidet sich, wie ein diskurslinguistischer Zugriff zeigt, die massenmediale Faktizitätsherstellung in Diskursen wie dem Impfdiskurs, die auch für ein medizinisches Laienpublikum relevant sind. Mit dem Beitrag soll nicht nur deutlich gemacht werden, in welchengem Zusammenhang mündliche Interaktion und schriftliche Fixierung stehen, sondern auch betont werden, dass das massenmedial vermittelte medizinische Lai*innen in relative Expert*innen verwandeln kann.
Dieser Beitrag analysiert, wie sich Verbosität als Widerstandsphänomen sprachlich-interaktional manifestiert. Widerstand gilt in der psychodynamischen Therapie als Schutzfunktion der Patienten vor Veränderung, die den Fortschritt der Therapie hemmt, ist aus therapeutischer Sicht jedoch ein wertvoller Indikator für dahinterliegende, bedeutungsvolle Erfahrungen der Patienten. Gegenstand der Analyse sind drei Fallbeispiele aufgezeichneter ambulanter, psychodynamischer Therapiesitzungen. Die folgenden Merkmale von Verbosität sind Ergebnisse der Untersuchung: a) eine Themenverschiebung zu Beginn der jeweiligen Erzählung; b) Erzählgegenstand sind dritte, nicht anwesende Personen und/oder alltägliche Begebenheiten; c) Emotionen werden wenig oder gar nicht thematisiert; d) die Erzählungen weisen einen hohen Detailliertheitsgrad auf. Therapeuten behandeln die Erzählungen nur implizit als verbos durch eine zunächst abwartende Haltung, wenig bis keine Nachfragen sowie die Thematisierung von Emotionen und der Bedeutung des Gesagten für die Patienten selbst. Außerdem lenken sie das Gespräch auf die Patienten bzw. auf das vorherige Gesprächsthema oder übertragen die erzählte Geschichte auf die aktuelle Gesprächssituation.
Widerstand als psychoanalytisches Konzept beschreibt die Ambivalenz von Psychotherapiepatient*innen gegenüber dem therapeutischen Veränderungsprozess. Während der*die Patient*in sich mit dem Wunsch, bestimmte Veränderungen zu erzielen, auf die Therapie einlässt, stellen sich diesem Wunsch unbewusste Kräfte entgegen, die versuchen, den Status quo aufrechtzuerhalten. Hintergrund ist die Annahme, dass Widerstand eine Schutzfunktion darstellt, um schmerzhafte Affekte abzuwehren, die integraler Bestandteil eines psychotherapeutischen Prozesses sind. Therapeut*innen sehen sich vor der Aufgabe, Widerstandsphänomene als solche zu erkennen, deren Funktion zu verstehen und einen gemeinsamen Verstehensprozess mit dem*der Patient*in zu ermöglichen. Eine gesprächsanalytische Untersuchung von Widerstand und dessen kommunikativer Bearbeitung bietet eine wertvolle Ergänzung zur psychotherapeutischen Betrachtungsweise. Ein bislang in der Literatur wenig beachtetes Widerstandsphänomen ist Verbosität, womit gemeinhin ausufernde, unfokussierte Erzählungen gemeint sind. Aufbauend auf der bisher einzigen gesprächsanalytischen Untersuchung zu Verbosität als Widerstandsphänomen von Fenner, Spranz-Fogasy und Montan (2022) ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, herauszuarbeiten, wie Widerstandsmanagement bei Verbosität verwendet wird. Dafür werden zwei Fallbeispiele gesprächsanalytisch untersucht. Diese stammen aus einem Korpus 34 videographierter ambulanter psychodynamischer Therapiesitzungen. Anhand des ersten Fallbeispiels wird deutlich, dass Verbosität als Widerstandsphänomen nicht nur patient*innenseitig geäußert wird, sondern gemeinsam mit dem*der Therapeut*in interaktiv hergestellt und forciert werden kann. Das zweite Beispiel zeigt, wie Widerstandsmanagement zu einer Auflösung des Widerstands führen kann. Die Analysen verdeutlichen zum einen auch, dass der psychoanalytische Widerstandsbegriff aus gesprächsanalytischer Sicht kritisch zu betrachten ist und zum anderen, dass beide Disziplinen nicht unbedingt zu den gleichen Ergebnissen kommen.
Coaching outcome research convincingly argues that coaching is effective and facilitates change in clients. While coaching practice literature depicts questions as key vehicle for such change, empirical findings as regards the local and global change potential of questions are so far largely missing in both (psychological) outcome research and (linguistic and psychological) process research on coaching. The local change potential of questions refers to a turn-by-turn transformation as a result of their sequentiality, the global change potential is related to the power of questions to initiate, process and finalize established phases of change. This programmatic article on questions, or rather questioning sequences, in executive coaching pursues two goals: firstly, it takes stock of available insights into questions in coaching and advocates for Conversation Analysis as a fruitful methodological framework to assess the local change potential of questioning sequences. Secondly, it points to the limitations of a local turn-by-turn approach to unravel the overall change potential of questions and calls for an interdisciplinary approach to bring both local and global effectiveness into relation. Such an approach is premised on conversational sequentiality and psychological theories of change and facilitates research on questioning sequences as both local and global agents of change across the continuum of coaching sessions. We present the TSPP Model as a first result of such an interdisciplinary cooperation.
Fragen, meist mit systemisch-lösungsorientiertem Hintergrund, gelten im Coaching als Königsweg für den Erfolg. Entsprechend ist eine große Anzahl an Publikationen entstanden, die diese zentrale Intervention in den Blick nehmen. In dieser Praxisliteratur werden Fragen dabei oftmals rezeptartig nach Typus, Funktion und möglichen Anwendungskontexten wie etwa Phasen geordnet sowie anhand dekontextualisierter Beispiele beschrieben. Fragen, die in Praxis- und Lehrbuchsammlungen aufgenommen wurden, sind aus der Theorie hergeleitet und in der Praxis erprobt. Allerdings finden sich in dieser Literatur auch empirisch nicht haltbare Aussagen wie etwa die negative Bewertung geschlossener Fragen. Außerdem stellt ihre dekontextualisierte Darstellungsform insbesondere für unerfahrene Coaches eine Herausforderung bei der Umsetzung ins konkrete Coaching-Handeln dar: Fragen sind immer eingebettet in einen Kontext und müssen auf die Anwesenden, die jeweilige kommunikative Interaktion mit ihnen sowie die lokale sequenzielle Struktur des Gesprächs übersetzt werden. Die wissenschaftliche Überprüfung, wie diese Fragensammlungen im Coaching (erfolgreich) ein- und umgesetzt werden, ist dabei insgesamt noch ganz am Anfang. Der vorliegende Beitrag berichtet von einem aktuellen interdisziplinären Forschungsprojekt, das Fragen in den empirischen Blick nimmt und dabei einen Übergang von Eminenz zur Evidenz ermöglicht. Der Beitrag liefert auch Ideen und Anregungen für Coaches, diese Übersetzungsarbeit zu leisten.
Manual für die Kodierung von Fragetypen und Fragesequenztypen im Coaching. Version 1.0 (Mai 2023)
(2023)
Das vorliegende Manual dient der Beschreibung und Bewertung einer coachingspezifischen Typologie von Fragen und, darauf aufbauend, der durch diese Fragen kontextualisierten Fragesequenzen. Mittels eines interdisziplinären psychologischen und linguistisch-gesprächsanalytischen Ansatzes wird ein Rating-Instrument zur qualitativen und quantitativen Erfassung von Fragen und Fragesequenzen im Coachingprozess entwickelt. Ziel ist es, weniger gelingende von besser gelingenden Sequenzen zu unterscheiden. Dabei wird davon ausgegangen, dass gelingende Sequenzen zum Gesamterfolg des Gesprächs beitragen.
Das Gelingen der Fragesequenzen wird mit Hilfe der Responsivität von Coach und Coachee bewertet. Responsivität bezieht sich auf die sprachlichen Handlungen beider Gesprächsteilnehmer*innen (Graf & Dionne 2021) und wird in diesem Manual sowohl auf der Ebene einzelner Sequenzpositionen als auch der Gesamtsequenz verstanden. Die Responsivität der Gesprächsteilnehmer*innen sowie das Gelingen der Fragesequenzen wird in Bezug auf die Organisationsstruktur des Coachinggesprächs betrachtet.
Gegenstand des Manuals sind dyadische Coachinggespräche zwischen Coaches und Coachees aus dem Bereich des berufsbezogenen Coachings. Fragen der Coaches dienen als Ausgangspunkt (target action) (Peräkylä 2019) für die Bildung einer Fragesequenz.
This manual serves to describe and evaluate a coaching-specific typology of questions and, building on this, of questioning sequences. Based on an interdisciplinary, psychological and linguistic/conversation analytical approach, a rating instrument has been developed in order to qualitatively and quantitatively capture questions and questioning sequences in the coaching process. The aim is to distinguish between more and less successful sequences. It is assumed that successful sequences contribute to the overall success of the coaching conversation.The success of the questioning sequences is evaluated by examining the responsiveness of coach and coachee. Responsiveness refers to the verbal actions of both participants in the conversation (Graf & Dionne 2021) and is understood in this manual both at the level of individual sequence positions as well as the entire questioning sequence. The responsiveness of the participants in the conversation and the success of the questioning sequences are considered in relation to the organizational structure of the coaching conversation. The manual is based on dyadic coaching conversations between coaches and coachees from the area of business/work-related coaching. Coaches' questions serve as a starting point (target action) (Peräkylä 2019) for a questioning sequence.