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Multiethnolektale Sprechweisen von Jugendlichen sind in mittel- und nordeuropäischen Ländern nicht nur ein Thema soziolinguistischer Forschung, sie werden auch in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Trotz der großen Aufmerksamkeit, die das Thema auf sich zieht, gibt es für das Deutsche nur wenige Untersuchungen, die die linguistischen Phänomene auf ausreichender empirischer Basis beschreiben und auswerten. In der vorliegenden Korpusstudie wird die Sprache von Jugendlichen aus Stuttgart analysiert. Im Zentrum der Untersuchung stehen multiethnolektale Syntagmen, bei denen Artikel, Präpositionen und Pronomen nicht verwendet werden. Die Forschungsergebnisse basieren auf über 6.000 Einzelbelegen aus Audiodaten, die im Rahmen von informellen Interviews in den Stadtteilen Stuttgart-Nord, Bad Cannstatt und Hallschlag entstanden sind.
Die Funktion und der Gebrauch von Artikeln, Präpositionen und Pronomen im autochthonen Deutschen werden detailliert beschrieben, bevor anhand von umfangreichen syntaktischen und semantischen Analysen die sprachlichen Bedingungen herausausgearbeitet werden, unter denen die Jugendlichen die multiethnolektalen Strukturen verwenden. Gestützt werden diese Auswertungen durch Aussagen über die Häufigkeit der grammatischen Varianten in den verschiedenen syntaktisch-semantischen Kontexten. Eine multivariate Analyse bindet zudem außersprachliche Faktoren, beispielsweise den Einfluss der verschiedenen Familiensprachen, mit ein und zeigt, welche Variablen die Verwendung der multiethnolektalen Syntagmen steuern. Darüber hinaus liefern Auswertungen und Beobachtungen zum situativen Gebrauch wichtige Forschungsergebnisse zur multiethnolektalen Sprachvariation.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich der sprachwissenschaftliche Ansatz der „Linguistic Landscapes“ mit der systematischen Erforschung von sprachlichen und anderen Zeichen in der Öffentlichkeit. Welche Sprachen sehen wir wo? Welche Zeichen drücken politische Meinungen aus? Wie schafft Werbung Realitäten? Wo gibt es Gegenreaktionen zu offiziell sanktionierten sprachlichen Ausdrucksweisen?
Der Beitrag widmet sich den Besonderheiten der deutschen Phraseologismen mit Farbkomponenten (schwarz, weiß, rot, gelb, grün und blau), die ein lakunares Phänomen für die Ukrainer bilden, die Deutsch als Fremdsprache studieren. Diese Lücken führen zu kommunikativen Missverständnissen. Dabei wird die Aufmerksamkeit auf die Null-Äquivalenz der Phraseologismen und die falschen Freunde des Übersetzers gelenkt. Die Farbkomponenten kommen beim Übersetzen als identisch, verschieden oder nur in der deutschen Sprache vorhanden vor.
Der Beitrag gliedert sich in drei Teile. In Abschnitt 2 führe ich zunächst den Begriff der Phraseoschablone ein und erläutere, inwiefern diese Untergruppe der Phraseologismen Eigenschaften von grammatischen Konstruktionen aufweist, deren konzise Erfassung eine notwendige Voraussetzung dafür ist, Beschränkungen bei der Produktivität und der semantischen Variabilität der Phraseologismen zu erklären. Daran anschließend werden in Abschnitt 3 Ergebnisse einer korpuslinguistischen Fallstudie nominaler Reduplikationen mit den Präpositionen an, in und über dargelegt und erörtert. Abschnitt 4 fasst schließlich die erzielten Ergebnisse im übergeordneten Zusammenhang zusammen und gibt einen Ausblick auf weitere Forschungsfragen.
Im Folgenden werden wir uns überwiegend mit der syntaktischen Realisierung der Intensivierung auseinandersetzen, wobei die morphologische anhand des Phänomens der Komposition nicht unkommentiert bleiben wird. Im Vordergrund unserer Analyse stehen überwiegend Fälle lexikalischer und se-mantischer bzw. funktionaler Divergenz zwischen dem Deutschen und dem Italienischen. Die von uns analysierten komparativen Phraseologismen wurden anhand einer Suche in ein- und zweisprachigen Wörterbüchern des Deutschen und des Italienischen ausgewählt. Unser Beitrag ist wie folgt strukturiert: Kapitel 2 gibt einen Überblick über die komparative Phrasem-Konstruktion aus kontrastiver Sicht: Es werden ihre strukturellen (morphosyntaktischen), semantischen und pragmatischen Hauptmerkmale beschrieben. Aufgrund ihrer Frequenz wird überwiegend auf die Subtypen mit einem Verb (Kap. 2.1.) und einem prädikativen Adjektiv (2.2.) als tertium comparations eingegangen. Da die Beziehung zwischen Metapher und Vergleich sehr eng ist, werden in Kapitel 3 die Analogien und Unterschiede zwischen diesen rhetorischen Figuren kurz skizziert. Kapitel 4 ist der interlingualen Analyse der phraseologischen Einheiten gewidmet, bei denen dasselbe Konzept im Deutschen und im Italienischen entweder durch einen (lexikalisierten) Vergleich oder durch eine (lexikalisierte) Metapher realisiert wird. Wie zu sehen sein wird, kann man außerdem intralingual manchmal auch die Kookkurrenz beider sprachlichen Formen feststellen. In Kapitel 5 wird der Objektbereich der komparativen Phrasem-Konstruktionen aus konstruktionsgrammatischer Sicht vertieft, wobei vor allem auf Hierarchisierungen von Konstruktionen, Vererbungsrelationen, Produktivität, kognitive Verfestigung (entrenchment) und Emergenzphänomene eingegangen wird.
Muttersprachler verfügen über eine sprachliche Kompetenz, die sie prinzipiell befähigt, Sprache, d.h. sprachliche Strukturen bzw. Konstruktionen, kommunikativ angemessen - im Normalfall sogar unbewusst - zu rezipieren und zu produzieren. In einer Fremdsprache hingegen ist die Ausgangssituation eine ganz andere: auch wenn von einer sprachlichen Kompetenz in der Muttersprache (und in vorher erworbenen und/oder erlernten Zweit- oder Fremdsprachen) ausgegangen werden kann, muss die sprachliche Kompetenz in der Fremdsprache erst Phase für Phase aufgebaut werden - was in der Fremdsprachendidaktik als Lernersprache bezeichnet wird. Die phraseologische Kompetenz ist ein Bestandteil der muttersprachlichen Sprachkompetenz, durch die Sprecher in der Lage sind, phraseologische Einheiten zu erkennen, zu verstehen und kommunikativ angemessen zu verwenden. Um einen unauffälligen, natürlichen, muttersprachenähnlichen phraseologischen Sprachgebrach in der Fremdsprache gewährleisten zu können, muss erstens erörtert werden, welche Phraseologismen überhaupt zum gegenwärtigen Sprachgebrauch gehören, und zweitens, wie diese Phraseologismen prototypisch von Muttersprachlern (rezeptiv und produktiv) verwendet werden. Für eine angemessene Erfassung und Beschreibung des Gebrauchs solcher Phraseologismen zu entsprechen, richtet sich in der vorliegenden Arbeit das Hauptaugenmerk exemplarisch auf eine der in dieser Liste aufgeführten idiomatischen Redewendungen, nämlich sich ins Zeug legen.
Präpositionale Wortverbindungen (PWVs) und präpositionale lexikalisch geprägte Muster - speziell der Typ der binären Konstruktionen - sind ein in der (kontrastiven) Mehrwortforschung bislang kaum beachteter Typ, wie bereits mehrfach betont. Wenn in den deutschen PWVs die interne Stelle zwischen der Präposition und dem Nomen überproportional häufig nicht mit einem Artikel besetzt ist, ist bei solchen Kombinationen mit einem potenziell hohen Lexikalisierungsgrad zu rechnen. Solche PWVs kann man als autonome Einheiten auffassen, und dementsprechend soll man sie auch als feste Wortverbindungen untersuchen. Die formale und inhaltliche Grundlage für das kontrastive Modell bildet das UWV-Modell (vgl. Steyer 2000, 2013) und das Konzept lexikalisch geprägter Muster (siehe Steyer in diesem Band). Im Folgenden wird diese Herangehensweise auf die Äquivalenzfindung im Sprachenpaar Deutsch (DE) - Slowakisch (SK) angewendet. Einen zentralen Stellenwert nimmt die Kontrastierung von Kollokationsfeldern, von rekurrenten lexikalischen Erweiterungsmustern und komplexeren Wortverbindungsmuster ein. Es handelt sich um ein monodirektional angelegtes Modell Deutsch -> Fremdsprache, die korpusbasierte kontrastive Aufbereitung und Beschreibung schließt jedoch eine Bi- oder auch Multidirektionalität nicht aus. Die komplexe Äquivalenzproblematik und die entsprechenden Konvergenzen und Divergenzen werden in diesem Beitrag anhand folgender ausgewählter Kontrastbereiche im Vergleich Deutsch -> Zielsprache Slowakisch diskutiert: a) Verhältnis des deutschen Lemmas zu seinem prototypischen Äquivalent bzw. den prototypischen Äquivalenten, b) Bedeutung(en) und Gebrauchsspezifika der PWVs, c) interne und externe Variabilität der zugrundeliegenden Muster der PWVs und ihrer äquivalenten PWV-Muster; d) typische Einbettungen der äquivalenten PWVs in Satzkonstruktionen und semantische Merkmale verbaler Satelliten.
This article targets a distinctive kind of root structures in German formed by minimally two phrases but lacking an overt verbal predicate like i.a. die Guten ins Tröpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen, jedem ein Bier or in den Müll mit dem Dreck. Certain instantiations of these patterns have been dubbed verblose Direktiva by Jacobs (2008) who provides an account in terms of construction grammar. Müller (2011), on the other hand, proposes an anti-passive analysis of the phenomenon. However, these apparent verbless root structures show conspicuous parallels in form and interpretation to another type of non-finite root structures in German, namely root infinitives. Both exclude an overt subject expression and both have a modal interpretation. Referring to these parallels, an analysis is elaborated which employs a empty verbal category. The overt consituents, then, are hosted by the (possibly extended) projection of the empty verb. Furthermore, this analysis captures a broader range of data, in particular instances formed by concatenated NPDAT-NPAKK or NPAKK-PP.
Eine Wörterbuchforschung für das Sprachenpaar Deutsch-Spanisch an der Schnittstelle zwischen Phraseologie und Konstruktionsgrammatik existiert bislang praktisch nicht. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, einen Beitrag zur Schließung dieser Lücke zu leisten, und zwar am Beispiel der „Idiomatik Deutsch-Spanisch" (IDSP) (Schemann et al. 2013). Die Phraseologieforschung befasst sich zwar schon lange mit nicht-kompositionalen Konstruktionen (die heterogen benannt werden z.B. Satzmuster, Phraseoschablonen, Phrasem- Konstruktionen, Schemata), die empirische Fundierung ist aber eher noch unsystematisch und bezogen auf die Lexikografie eher noch im Anfang begriffen. Es wird zum einen gezeigt, welchen großen Stellenwert solchen Mustern in der „Idiomatik Deutsch-Spanisch" (ebd.) zukommt. Zum anderen wird ein Vorschlag unterbreitet, mit dem die im Wörterbuch verzeichneten Phraseme und Muster unter einer dem Aspekt verfestigter Muster und Schemata klassifiziert und gruppiert werden können.
The paper is concerned with the filling of the right edge of a German clause with different constituents: subconstituents of the clause, arguments and modifiers of the NP, appositions and right-dislocated elements. It is argued that these different ways of filling the right edge come about in quite different ways. Subconstituents of the clause are base generated at the right edge in syntax. Constituents of the NP and appositions get to the right edge postsyntactically, i.e., they are linearised there only in the phonological component. Finally, the appearance of right-dislocated constituents is the result of two well-established deletion processes operating on two adjacent clauses.
The different mechanisms allow us to understand differences these elements show regarding positioning inside the right edge, binding and intonation. An important empirical generalisation put forward in the IDS-grammar can be captured. The grammar's controversial assumption that the right edge comprises a part which is disintegrated in between two syntactically integrated parts can be shown to be superfluous.
In current corpuslinguistic investigations, especially the collection of linguistic data and the frequency of linguistic phenomena (i.e. in the "linguistic matter") is in the center of interest of morphological discussions. This paper argues in favor of taking also morphological "antimatter" in account, i.e. surveying the structure of words containing morphological restrictions which cannot be proven systematically. With recourse to Popper's falsificationism and starting with prominent restrictions in the morphology of German, the article discusses theoretical consequences and chances for morphological theory with special emphasis on morphological change, i.e. when antimatter becomes matter and vice versa.
Constructionist approaches to grammar do not draw a clear distinction between lexicon and grammar, as generative "words and rules" accounts do. Rather, they conceptualize grammar and lexicon as a continuum of constructions of greater or lesser complexity and abstraction. In this paper, i explore the implications of this paradigm shift for the applied discipline of grammaticography. If we abandon the distinction between grammar and lexicon, should we also abandon the distinction between grammar, books and dictionaries? Drawing on a case study on the treatment of verbless constructions in the "IDS-Grammatik", it is argued that constructions should play a greater role in grammar books, but that grammar books still need to provide access to general principles of grammar.
This paper shows how experimental methods can advance syntactic description and syntactic theory. The empirical domain is the order of verbs in German verb clusters containing a modal verb in the perfect. Such clusters are special insofar as prescriptive grammar requires the finite verb to appear in cluster-initial instead of cluster-final position (e.g., hat lesen müssen 'has read must' instead of lesen müssen hat 'read must has'). Contrary to this requirement, experiments show that native speakers accept the auxiliary also in later positions as long as it precedes the modal verb. The acceptability data are corroborated by corpus data and experimental data from language production. The relevance of the experimental data for syntactic theory are discussed.
The linear analysis of sentences is part of every grammatical description of German, often based on the theory of 'Topologische Felder' ('topological fields'). According to this theory, German sentences are composed of so-called 'Felder' ('fields') that can be filled by differents kinds of syntactic expressions. One widespread assumption is that some of the fields can be left empty, depending on the kind of sentence, another widespread assumption is that some of the fields are only optional. We will show that not all kinds of empty positions or fields which are adopted in different versions of topological theories are motivated. But this seems to be essential if we take the theory of topological fields serious. The following is an attempt of clarification.
The paper provides a survey about grammatical variation in German and discusses the consequences for grammar books: How can they describe systematic differences between several varieties as well as the core system of German as an individual language? Proceeding from the differentiation between extra- and intralinguistic explanations for grammatical variation and from theoretic considerations on the notion of 'system' the paper discusses different possibilities of modeling the relationship between system and variation. It argues for a modular concept with a core system that provides the option of internal variation and modular systems that contain grammatical phenomena which are specific for certain varieties.
The paper attempts to bridge the gap between semantics and the conceptualization and teaching of grammar at secondary school exemplarily concerning German demonstratives dies- and jen-. I show that existing accounts of these demonstratives in reference grammars and school books are far from being satisfactory, whilst at least for dies-, if not for jen-, there exist comprehensive linguistic analyses. I adapt these to offer a semantic analysis for jen- using corpus data from modern German with pronominal and adnominal jen-, and propose a didactically applicable category of 'shared mental space' of the speaker and the hearer for the demonstratives: I argue that speakers use demonstrative reference to anchor the referent inside resp. outside their and the hearers' shared mental space.
Unserdeutsch (Rabaul Creole German) entstand um 1900 an einer katholischen Missionsstation in Vunapope auf der Insel New Britain im Bismarck-Archipel. Seine dominante Substratsprache ist Tok Pisin, das melanesische Pidgin-Englisch, seine Superstratsprache Deutsch. Der Aufsatz versucht das sprachliche Superstrat von Unserdeutsch näher zu bestimmen, d. h. die Frage zu beantworten, welches Deutsch von den Missionaren in Vunapope um 1900, am Ort und zum Zeitpunkt der Entstehung von Unserdeutsch, gesprochen wurde. Zu diesem Zweck werden die als Superstrattransfer aus dem Deutschen erklärbaren, regional markierten linguistischen Strukturmerkmale in Unserdeutsch untersucht und im geschlossenen Sprachgebiet sprachgeografisch lokalisiert. Ergänzt wird diese linguistische Evidenz durch extra- und metalinguistische Evidenz aus einschlägigen, zeitgenössischen Quellen. Die Ergebnisse deuten auf ein vorwiegend nordwestdeutsch-westfälisch geprägtes, insgesamt jedoch heterogenes, standardnahes sprachliches Superstrat hin und widerlegen somit frühere diesbezügliche Aussagen in der einschlägigen Fachliteratur. Und sie zeigen zugleich auch, dass die Analyse von kolonialen und sonstigen Auswanderervarietäten, besonders von solchen, die – wie Unserdeutsch – im Laufe ihrer späteren Geschichte den Kontakt zum sprachlichen Mutterland vollständig verloren haben, zur Rekonstruktion historischer Mündlichkeit wertvolle Daten liefern kann.
Der folgende Beitrag befasst sich mit Phänomenen, die sich eher am Rande der festen Wortverbindungen befinden, aber eben dort, wo die (Pseudo-)Freiheit trügerisch ist und für manche Sprecher/Schreiber zum Handicap werden kann. Fremdsprachenlerner, die sich der Grenzen ihrer Freiheit bewusst sind und dann Wörterbücher heranziehen, stoßen nämlich bei der Suche nach Definitionen oder nach dem „passenden Wort" meistens auf Ungenauigkeiten oder Gleichsetzungen, die ihnen den Eindruck einer oft unübersichtlichen, arbiträren oder gar chaotischen Lage vermitteln und ihnen jedenfalls selten aus dem Labyrinth der Synonymie heraushelfen. Ich möchte hier an einigen adjektivischen Beispielen zeigen, wie dieses Labyrinth aussieht und für den Wörterbuchnutzer bald zum Teufelskreis wird, um dann auf einige Parameter der Adjektiv-Nomen-Verbindungen einzugehen. Meine Ausgangshypothese ist, dass im Zeitalter der großen Korpora Wörterbücher sich auch bei der Beschreibung der einzelnen Lexeme unbedingt auf den heutigen konkreten Gebrauch stützen sollen, d.h. dass sowohl die Präferenzen der Wortverbindungen bei der Bedeutungsbeschreibung als auch ihre Usualität bei den angeführten Beispielen zu berücksichtigen sind. Durch die Untersuchung einiger Problemfälle werden abschließend mögliche Auswege aufgezeigt.
In diesem Beitrag werden Ergebnisse einer Studie präsentiert, die im Rahmen meines Habilitationsprojektes zu Somatismen des Deutschen mit der Konstituente Hand durchgeführt wurde. Das Projekt insgesamt ist korpusbasiert, qualitativ orientiert und verfolgt im Kern semantische Interessen. Empirische Grundlage für die Studien ist das Schriftspracharchiv W des IDS (Institut für Deutsche Sprache). Ziel der insgesamt über 20 Projektstudien ist jeweils die korpusbasierte Beschreibung der Bedeutungsentfaltung phraseologischer Einheiten in der Verwendungsbreite und nicht die Reduktion auf die Übersetzung einer als eine Bedeutung oder gar DIE Bedeutung wiedergebenden Paraphrase in formalsprachliche oder formalsymbolische Beschreibungsabstraktionen. In die Breite zu gehen bedeutet, die beschreibungsmäßig häufig verborgenen, aber im konkreten Sprachgebrauch jeweils sich zeigenden semantischen Feinheiten der untersuchten Einheiten ins Zentrum der Analyse zu stellen. Dafür ist es notwendig, die jeweilige Einheit zunächst überhaupt zu identifizieren (über welche Einheit wird geredet) und ihre formseitigen Manifestationen zu erfassen (welche strukturellen Verfestigungen liegen vor). Anschließend werden über die Beschreibung der Kotexte dieser Einheiten in Belegkorpora die an formseitige Ausprägungen gekoppelten Pfade der Bedeutungsentfaltung - ausgehend von einer ermittelten Ausgangsbedeutung - nachgezeichnet. Auf diese Weise können auch Bedeutungsaspekte eingeholt werden, die als bloße Konnotationen oder Modifikationen zu randständig, als Kernbedeutung zu unhandlich und als semantischer Mehrwert zu uneigenständig konzipiert sind. Es handelt sich um wesentliche Bedeutungszüge der untersuchten Einheiten und Aufgabe der Studien ist es, diese Aspekte durch Kopplung an verschiedene formseitige Ausprägungen gebrauchsangemessen erfassen und beschreiben zu können.
Diskursmarker
(2018)
deiktischer Ausdruck
(2018)
Codeswitching
(2018)
Bedeutungszusammenhang
(2018)
Äußerung
(2018)
Funktion
(2018)
Frame
(2018)
figurative Bedeutung
(2018)
Einwortäußerung
(2018)
mentales Lexikon
(2018)
lexikalische Variation
(2018)
lexical frame
(2018)
lexical configuration
(2018)
konzeptuelle Basisebene
(2018)
Konzeptualisierung
(2018)
kognitive Lexikologie
(2018)
Heckenausdruck
(2018)
Wer trägt die Schuld am Ersten Weltkrieg? Wer trägt die Schuld am für Deutschland und andere Staaten folgenschweren Ausgang des Kriegs? … Fragen wie diese sind und bleiben aktuell. Die vorliegende Arbeit gibt keine Antworten auf diese Fragen. Sie versucht hingegen aufzudecken, welche sprachlichen, d. h. lexikalischen Strategien Akteure in den frühen wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten dieser Zeit wählen, um ihren Mentalitäten, ihrem Denken, Fühlen, Wollen/Sollen im Akt des Schuldzuschreibens oder Schuld-von-sich-Weisens Ausdruck zu verleihen. Die Analyse und Darstellung der heterogenen Mentalitäten der verschiedenen Akteure zeigt, wie komplex das Konzept »Schuld« (nicht nur) im zeitlich-thematischen Rahmen des Ersten Weltkriegs ist und warum die zuvor exemplarisch aufgeführten Fragen nicht an Aktualität verlieren.
Null subjects (NSs) have been a central research topic in generative syntax ever since the 1980s. This chapter considers the situation of German NSs both from a dialectological and from a diachronic perspective and attempts to reconstruct a direct line concerning the licensing conditions of pro-drop from Old High German (OHG) through Middle High German (MHG) and Early New High German (ENHG) to current dialects of New High German (NHG). Particularly, we will argue that German changed from a consistent, yet asymmetric pro-drop language to a partial, but symmetric one. In order to demonstrate that this development took place and the steps involved, we survey the existing empirical evidence and introduce new data.
Cette contribution s'intéresse aux co-constructions d'un tour de parole en interaction, plus spécifiquement, à la manière dont la complétion d'un énoncé de la part d'un co-participant est ensuite réceptionnée par le locuteur dont le tour a été complété. Malgré l'intérét certain porté par l'analyse conversationnelle et la linguistique interactionnelle à la co-énonciation, l'évaluation de cette pratique par le premier locuteur n’a pas fait l’objet d’analyses approfondies. Dans ce qui suit, nous nous focalisons plus particulièrement sur les pratiques interactionnelles qui permettent aux participants de valider une co-construction. Ce travail est issu du projet ANR SPIM (« L'imitation dans la parole »), dans le cadre duquel nous nous sommes interrogée sur la fonction de l'hétéro-répétition (le fait de répéter un énoncé d'un autre locuteur ou une partie de celui-ci, opposée à l'auto-répétition) dans des séquences de co-construction d'un tour de parole. Dans la partie analytique, nous contrastons deux possibilités de validation d'une complétion collaborative, à savoir l'acquiescement simple (« oui ») et l'hétéro-répétition simple. Sur la base d’enregistrements vidéo de conversations naturelles, nous montrons que ces deux pratiques ne valident pas la complétion collaborative de la même manière, mais qu'elles permettent aux locuteurs d’évaluer finement le caractère plus ou moins adéquat des éléments co-construits.
Since Lerner coined the notion of delayed completion in 1989, this recurrent social practice of continuing one’s speaking turn while disregarding an intermediate co-participant’s utterance has not been investigated with regard to embodied displays and actions. A sequential approach to videotaped mundane conversations in German will explain the occurrence and use of delayed completions. First, especially in multi-party and multi-activity settings, delayed completions can result from reduced monitoring and coordinating activities. Second, recipients can use intra-turn response slots for more extended responsive actions than the current speaker initially projected, leading to delayed completion sequences. Finally, delayed completions are used for blocking possibly misaligned co-participant actions. The investigation of visible action illustrates that delayed completions are a basic practice for retrospectively managing co-participant response slots.
Grußwort
(2018)
Grußwort/Welcome address
(2018)
“To cleanse and at the same time enrich your mother tongue is the task of the brightest people.”
With this quote Goethe, the famous German poet, seemed to have described the work of EFNIL today. But is our task really that easy? Do we “cleanse” our language by deleting superfluous elements? Do we not lose the rich abundance of a language in so doing? Or is Goethe asking for other languages to be prevented from influencing his mother tongue? Would this even be feasible in a globalised world?
Rudi Carrell, a famous entertainer on German TV, once said:
“When I came to Germany I only spoke English. But the German language contains so many English words nowadays that I am now fluent in German!”
His opinion is probably shared by many people learning German.
My daily job is to support around 100,000 schools abroad that offer German as a foreign language. We ask ourselves daily: which German language should we be offering young people today? The classical German of literature? Or practical German which will enable young people to join the workforce of many German companies worldwide? And most of all: how do we motivate young people to learn German? Or any other foreign language?
Yes, English, French, German, Spanish – these languages are in competition in many schools. But the most important fact is: the benefit lies in learning a foreign language, no matter which. Because by learning a foreign language we start to understand foreign cultures and other people. And THAT is what matters.
Im Kontext des Essens und seiner Zubereitung, der Speisen und ihres Verzehrs, akzentuiert das Wort Gericht, dass es sich bei der gesellschaftlich üblichen Form von Nahrungsaufnahme um eine spezifisch ausgeformte soziale Praxis handelt. In diesem Handlungs- und Interpretationskontext wird mit dem Wort Gericht hervorgehoben, dass eine auf bestimmte Weise zubereitete („zugerichtete“) Speise als relevanter Teil einer Mahlzeit zu gelten hat. Wie bei solchen Alltagspraktiken nicht unüblich, ist die Verwendung dieses Worts nicht scharf von anderen Benennungen in diesem Kontext zu trennen, von denen die Praktiken des Essens nicht so sehr über die „Zurichtung“, sondern z.B. über die Abfolge (z.B. Hauptspeise, Gang usw.) geleistet werden. Allerdings ist mit dem Angerichtetsein, das im Wort Gericht steckt, doch auch immer seine Angemessenheit angedeutet, etwas, was es mit dem gleichlautenden juristischen Wort verbindet – und zu mancherlei textueller Verbindung führt.
Der CorpusExplorer v2.0 ist eine frei verfügbare Software zur korpushermeneutischen Analyse und bietet über 45 unterschiedliche Analysen/Visualisierungen für eigenes Korpusmaterial an. Dieser Praxisbericht gibt Einblicke, zeigt Fallstricke auf und bietet Lösungen an, um die tägliche Visualisierungsarbeit zu erleichtern. Zunächst wird ein kurzer Einblick in die Ideen gegeben, die zur Entwicklung des CorpusExplorers führten, einer korpuslinguistischen Software, die nicht nur vielfältige Forschungsansätze unterstützt, sondern auch mit einem Fokus auf die universitäre Lehre entwickelt wird. Der Mittelteil behandelt einen der vielen Fallstricke, die im Entwicklungsprozess auftraten: Effizienz-/Anpassungsprobleme – bzw.: Was passiert, wenn Visualisierungen an neue Begebenheiten angepasst werden müssen? Da diese Lösung Teil des CorpusExplorers v2.0 ist, wird abschließend darauf eingegangen, wie unterschiedliche Visualisierungen zu denselben Datensätzen sich auf die Rezeption/Interpretation von Daten auswirken.
Präpositionalphrasen
(2018)
Wortarten
(2018)
Konnektoren
(2018)
Zwischen Instanz und Dudenhausen. Der Duden heute – Einblicke in die moderne Verlagslexikografie
(2018)
Mit diesem Artikel möchte ich einen Überblick über die gegenwärtige Situation und die Herausforderungen geben, vor denen der traditionsreiche Dudenverlag steht, der als Imprint des Verlags Bibliographisches Institut GmbH seit 137 Jahren Wörterbücher, Grammatiken und andere Titel zum Thema deutsche Sprache publiziert. Der Umzug des Verlags von Mannheim nach Berlin im Jahr 2013 war ein tiefer Einschnitt in der Verlagsgeschichte, nach dem es galt und gilt, den Verlag wirtschaftlich wieder zu stabilisieren und Perspektiven für die Zukunft aufzuzeigen.
In diesem Beitrag diskutieren wir einen neuen Ansatz zur Erarbeitung von Wörterbüchern, bei dem eine große Zahl Freiwilliger gemeinsam ein Online-Wörterbuch entwickelt. Wir charakterisieren zunächst die wesentlichen Eckpunkte dieses nutzergetrieben-kollaborativen Vorgehens und diskutieren den aktuellen Stand der Forschung. Wir untersuchen Struktur, Dynamik und Zusammensetzung von kollaborativ erarbeiteten Wortschätzen und diskutieren, welches Innovationspotenzial in kollaborativen Wörterbüchern steckt und ob professionell erstellte Wörterbücher durch den neuen Ansatz obsolet werden.
Die Polysemie satzeinbettender Prädikate spielt eine wichtige Rolle fur deren Einbettungsverhalten. Konkret wird gezeigt, dass Polysemie mit struktureller Ambiguität als Kontroll- vs. Anhebungsverb assoziiert sein kann (Beispiel drohen/versprechen) und dass NEG-Raising auf bestimmte Lesarten eines polysemen Verbs beschränkt sein kann. Des Weiteren wird beleuchtet, welche Faktoren die syntaktische Flexibilität satzeinbettender Prädikate, d.h. das Einbettungspotenzial bzgl. der wichtigsten Satzkomplementtypen des Deutschen, begünstigen und welche Rolle dabei Umdeutungen (z.B. von bedauern zu 'mit Bedauern äußern'), die Polysemie induzieren, spielen. Alle betrachteten Phänomene deuten darauf hin, dass sie S-Selektion (semantische Selektion) eine zentrale Rolle in der Satzeinbettung spielt.
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie Konstruktionen in der Konstruktionsgrammatik klassifiziert werden. Da es in der Konstruktionsgrammatik keine klare Trennung von Lexikon und Grammatik gibt, zeigt dieser Beitrag, wie die Methoden der Konstruktionsgrammatik und Frame-Semantik angewendet werden können, um eine einheitliche Beschreibung von Phänomenen im Spannungsfeld zwischen Lexikon und Grammatik zu erreichen. Darüber hinaus will dieser Beitrag auf empirische Probleme aufmerksam machen, die bei der Klassifikation von Konstruktionen anhand von Korpusdaten auftreten können.
In diesem Aufsatz diskutiere ich verschiedene Lexikonkonzepte. Ich gehe aus von der Frage, was überhaupt zum Lexikon gehört (nur idiosynkratische Elemente oder auch regelmäßig ableitbare). Ich betrachte verschiedene Grammatiktheorien und erläutere, wie diese die Frage der Valenzalternationen beantwortet haben und warum es bei Weiterentwicklungen der Theorien Änderungen gab (z.B. die Wiederaufnahme der lexikalischen Repräsentation der Valenz nach Kategorialgrammatik-Art in der HPSG, nach phrasalen Ansätzen in der GPSG). Ich gehe der Frage nach, ob man Lexikon und Grammatik abgrenzen kann oder ob es sinnvoll ist, von einem Kontinuum zu sprechen, wie das in der Konstruktionsgrammatik üblich ist. Dazu werden Ansätze aus der GPSG, der TAG und der HPSG diskutiert. Ein letzter Abschnitt des Aufsatzes ist etwas formaler. Hier geht es um verschiedene Formalisierungen von Lexikonregeln und den Vergleich mit Ansätzen im Rahmen des Minimalistischen Programms, die statt Lexikonregeln leere Köpfe verwenden. Vererbungsbasierte Ansätze zur Beschreibung von Valenzalternationen werden als dritte Möglichkeit diskutiert und verworfen.
Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie sich der Begriff der Produktivität konstruktionsgrammatisch fassen lässt und zu welchen neuen Einsichten ein solches Verständnis von Produktivität führt. Zu diesem Zweck werden einige Aspekte von Produktivität diskutiert und auf das konstruktionsgrammatische Konzept eines Netzwerks von sprachlichen Mustern bezogen. Während Produktivität typischerweise als globale Eigenschaft eines Wortbildungsmusters verstanden wird, erlaubt die Konstruktionsgrammatik eine differenziertere Sicht. Am Beispiel englischer Partizipialkomposita wird illustriert, dass verschiedene Teile eines Konstruktionsnetzwerks unterschiedlich produktiv sein können, und dass Produktivität in niedrigen Ebenen des Netzwerks nicht mit der Produktivität höherer Netzwerkknoten gleichzusetzen ist.
Deutsche Partikelverben repräsentieren eine äußerst produktive Klasse von komplexen Verben im Lexikon, die sich durch idiosynkratische Eigenschaften auf der Syntax-Semantik-Schnittstelle auszeichnet: Zum einen sind die abtrennbaren Partikeln extrem ambig. Zum anderen entstehen durch die Komposition von Partikel und Basisverb in Abhängigkeit von der semantischen Klasse des Basisverbs (reguläre) Verschiebungen bezüglich der Argumentstruktur und des Grades der Kompositionalität des Partikelverbs. In diesem Artikel stelle ich eine breite Auswahl von kognitiven und computerlinguistischen Studien vor, die verschiedene Perspektiven auf das Zusammenspiel von semantischen Verbklassen, Partikel-Bedeutungen sowie Argumentstruktur und Kompositionalität von Partikelverben ermöglichen.
Die Sprachverarbeitung beim Übersetzen unterliegt zwei gegenläufigen Forderungen: der ausgangstextbasierten Äquivalenzforderung und der funktionalistischen Zielpublikumsorientierung. So können Übersetzungen mehr oder weniger wie eine Kopie des Ausgangstextes in einer anderen Sprache wirken, je nachdem wie wörtlich oder frei übersetzt wurde. Dieses Entscheidungskontinuum lässt sich mit dem Entropiebegriff operationalisieren. Je höher die Entropie, desto mehr Übersetzungsvarianten gibt es fur einen ausgangssprachlichen Ausdruck. Welche Rolle hierbei das mentale Lexikon spielt und inwiefern die Entropie die kognitiven Prozesse beim Übersetzen beeinflusst, kann durch experimentelle Forschung untersucht werden. In einer ersten Studie haben wir den Einfluss des mentalen Lexikons auf die Übersetzungsentropie und dessen Entwicklungspotenzial bei Studierenden am Beispiel von Kognaten untersucht. Die zweite Studie belegt den Zusammenhang zwischen Entropie und der kognitiven Belastung am Beispiel verschiedener Wortarten. Durch die Datentriangulation von produkt- und prozessbasierten Ergebnissen lassen sich spezifische Verwendungsmuster ableiten.
Der Beitrag ist ein Plädoyer fur die Verwendung von Barsalou-Frames in einem neuen formalen Ansatz in der Semantik. Als Anwendungen werden illustriert: die Framerepräsentation der lexikalischen Bedeutung von Nomen, Verben und Adjektiven; die Modifikation von Nomen durch Adjektive; die Modellierung der Ableitung deverbaler Nomen und der Bedeutung von N-N-Komposita; das Zusammenspiel von syntaktischer und semantischer Komposition in Frames, die beide Strukturebenen integrieren; die Einbettung eines Satzes in einen Äußerungskontext in der Bezugswelt. Das besondere Potenzial des Frameansatzes ist darin begründet, dass er modellieren kann, wie Information zusammengeführt wird - sowohl innerhalb einer Beschreibungsebene als auch ebenenubergreifend.
Nomen werden vermeintlich früher erworben als Verben, da sie dem Noun Bias zufolge konzeptuell einfacher sind. In Studien zum frühen Wortschatzerwerb spielen Verben folglich häufig keine prominente Rolle. Am Beispiel des Deutschen zeigt dieser Beitrag auf, wie sich die Verbbedeutung entwickelt. Dem hier vertretenen Ansatz des Event Structural Bootstrapping zufolge erschließen Kinder sich die Verbbedeutung durch eine Fokussierung auf den Endzustand. Daher spielen telische Verben fur den frühen Spracherwerb eine zentrale Rolle. Ergebnisse aus verschiedenen Spracherwerbsstudien zur Produktion und zur Interpretation von Verben bestätigen, dass deutschsprachige Kinder eine klare Endzustandsorientierung zeigen. Dass Verben und deren Semantik früher erworben werden als bis dato angenommen, spricht gleichzeitig gegen einen starken Noun Bias.
Dieser Beitrag liefert eine Skizze eines gebrauchsbasierten integrativen soziokognitiven Modells des dynamischen Lexikons. Das Modell besteht aus drei Kernkomponenten: Handlungen in der aktuellen Sprachverwendung, kognitiven Prozessen und sozialen Prozessen. Die Komponenten des Modells werden zunächst einzeln beschrieben und dann zusammengefügt. Es wird gezeigt und anhand von zwei Beispielen illustriert, wie das Modell durch die systematische Beschreibung der Interaktion zwischen diesen Komponenten gleichzeitig Stabilität und Struktur sowie Variation und Wandel im Lexikon vorhersagt.
This paper argues that a lectometric approach may shed light on the distinction between destandardization and demotization, a pair of concepts that plays a key role in ongoing discussions about contemporary trends in standard languages. Instead of a binary distinction, the paper proposes three different types of destandardization, defined as quantitatively measurable changes in a stratigraphic language continuum. The three types are illustrated on the basis of a case study describing changes in the vocabulary of Dutch in The Netherlands and Flanders between 1990 and 2010.
Der Beitrag thematisiert Eigenschaften der strukturellen, thematischen und partizipativen Dynamik kollaborativ erzeugter lexikalischer Netzwerke am Beispiel von Wiktionary. Ausgehend von einem netzwerktheoretischen Modell in Form so genannter Mehrebenennetzwerke wird Wiktionary als ein skalenfreies Lexikon beschrieben. Systeme dieser Art zeichnen sich dadurch aus, dass ihre inhaltliche Dynamik durch die zugrundeliegende Kollaborationsdynamik bestimmt wird, und zwar so, dass sich die soziale Struktur der entsprechenden inhaltlichen Struktur aufprägt. Dieser Auffassung gemäß führt die Ungleichverteilung der Aktivitäten von Lexikonproduzenten zu einer analogen Ungleichverteilung der im Lexikon dokumentierten Informationseinheiten. Der Beitrag thematisiert Grundlagen zur Beschreibung solcher Systeme ausgehend von einem Parameterraum, welcher die netzwerkanalytische Betrachtung von Wiktionary als Big-Data-Problem darstellt.
In Studien zu pädiatrischer Interaktion wird immer wieder die niedrige Redebeteiligung der jungen Patient/innen, deren Leiden in den ärztlichen Gesprächen verhandelt werden, herausgestellt. In einigen triadisch-pädiatrischen Erstkonsultationen, die sich in mehreren Punkten signifikant von dyadischen Erstgesprächen unterscheiden, ist allerdings die Beteiligung der Patient/innen deutlich höher. Eine Kombination aus quantitativer und konversationsanalytischer Untersuchung von Erstkonsultationen in der pädiatrischen Praxis zeigt, dass der Aufforderung zur Beschwerdenschilderung dabei eine entscheidende Bedeutung zukommt, weswegen der Formulierung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Doch die herausfordernde Situation birgt nicht nur Stolpersteine, sondern kann auch von allen Interaktionspartner/innen als strategisches Mittel eingesetzt werden. Eine interaktive Relevanz haben überdies elterliche Initiativen. An mehreren Beispielen wird gezeigt, welche erheblichen Konsequenzen eine Nicht-Bearbeitung oder eine nicht ausreichende Bearbeitung für die jeweilige Interaktion hat.
Verbalkomplex
(2018)
La guida turistica
(2018)
Who understands Low German today and who can speak it? Who makes use of media and cultural events in Low German? What images do people in northern Germany associate with Low German and what is their view of their regional language?
These and further questions are answered in this brochure with the help of representative data collected in a telephone survey of a total of 1,632 people from eight federal states (Bremen, Hamburg, Lower Saxony, Mecklenburg-West Pomerania and Schleswig-Holstein as well as Brandenburg, North Rhine-Westphalia and Saxony-Anhalt).
Valenz und Dependenz. Theorie und Praxis. Festschrift für Professor Ulrich Engel zum 90. Geburtstag
(2018)
Aus der etwas apophtegmatischen Formulierung des Titels lässt sich die Behauptung ableiten, eine Grammatik der politischen Sprache gebe es nicht. Das kann nun dreierlei heißen: Zum ersten könnte gemeint sein, es gebe keine politische Sprache - womit sich die Frage nach ihrer Grammatik a fortiori erübrigt. Weniger voraussetzungsreich und daher unmittelbar plausibler erscheint ein Verständnis, nach der es zwar eine politische Sprache gebe, diese aber keine eigene Grammatik habe. Vielleicht ist auch die dritte Lesart nur eine spezifischere Interpretation dieser zweiten Lesart: Es sei gar nicht so wichtig, was der Terminus „politische Sprache“ genau bedeute und was ihm in einer wahrscheinlichen Wirklichkeit entspreche. Auf jeden Fall sei sprachliches Interagieren im politischen Raum ein Spezialfall öffentlichen Agierens (unter spezifischen gesellschaftlichen/politischen Konstellationen) insgesamt und zeige daher entsprechende grammatische Präferenzen. Wir wollen in diesem Beitrag Argumente für diese letzte Position versammeln.
„[…] die Partei soll weg. Aber sonst soll sich nicht viel am Regierungssystem ändern. Man hat an sich nichts gegen das Hakenkreuz und auch nichts gegen Hitler, wiewohl die Kritik jetzt Hitler keineswegs noch immer ausnimmt. Oft heißt es: ,Er hats a net zusammenbracht.‘" (Deutschlandberichte II, 896)
Dieser Bericht vom August 1935 gibt die Haltung der Bevölkerung zum NS-Regime mit in diesem Fall dialektal gefärbter Alltagssprache wieder. Unter anderem Texte wie dieser sind Grundlage eines Projekts, dessen Konzeption im Folgenden vorgestellt wird. Der Projektplan sieht eine kulturlinguistische Verortung des Gegenstands ‚Sprachliche Sozialgeschichte 1933 bis 1945‘ vor. Die Umsetzung des kulturlinguistischen Zugangs richtet sich auf zwei Kernideen, die eine Idee ist die der Perspektivendifferenz - wir werden unsere Analysen nach Akteuren unterschieden anlegen. Die zweite Kernidee orientiert die Analysen an dem anthropologischen Leitkonzept des Authentischen. Dieses Forschungskonzept werde ich im Folgenden erläutern.
Einleitung
(2018)
Based on the empirical data of 97 fourth-graders from three districts of Braunschweig in Germany, this paper investigates the possibility of changing semantic frames in multilingual communities. The focus of study is the verb field of self-motion. In a free-sorting task involving 52 verbs, Turkish-speaking students, in particular, placed the verbs schleichen (‘to sneak’) and kommen (‘to come’) in the same group. When explaining the perceived similarity they also used the word schleichen (‘to sneak’), in a specific grammatical construction that is not found in Standard German. This paper suggests that semantic frames may change along with grammatical constructions when typologically distinct languages come into close contact.
Der vorliegende Beitrag thematisiert zwei unterschiedliche Forschungsergebnisse aus der Auswertung des Korpus »Deutsch heute«. Im ersten Teil wird in einem lautsystematischen Aufriss die phonetische Variation, wie sie sich in der Vorleseaussprache der österreichischen Schülerinnen in den Korpusdaten manifestiert, dargestellt. Ein zweiter Teil des Beitrags präsentiert metasprachliche Äußerungen aus sprachbiographischen Interviews, die Einblicke in sprachbezogene Kategorien und Konzepte der jungen Österreicherinnen geben und Rückschlüsse auf Spracheinstellungen zulassen. Die Schülerinnen bestätigen nicht nur verschiedene Facetten des für Österreich anzunehmenden diaglossischen Verhältnisses der Varietäten durch ihren Formengebrauch, sondern auch in metasprachlichen Aussagen, die einen hohen Grad der Bewusstheit des eigenen Sprachgebrauchs sowie der formalen wie auch soziosymbolischen Unterschiede der Varietäten erkennen lassen.
Die Normen des »Hochdeutschen« sind entstanden als Festlegungen für eine geschriebene öffentliche Sprachform. In den letzten Jahrzehnten richten sich die Sprecherinnen und Sprecher auch im Mündlichen an dieser Norm aus. Gleichzeitig gibt es dadurch mehr Situationen, in denen standardnahes Sprechen als normal gilt. Damit das angemessen bewältigt werden kann, muss diese Sprachform typische Merkmale des Sprechens aufweisen, Merkmale, die traditionell zum Beispiel eher in regionaler Form vorlagen. Um den beiden Bedingungen - Standardnähe und gesprochene Natürlichkeit - gerecht zu werden, entwickelt sich ein Gebrauchsstandard, der durch eine Bandbreite von (auch regionalen) Optionen gekennzeichnet ist. Um diesen Gebrauchsstandard, seine Randbedingungen, seine Ausgestaltung, aber auch seinen theoretischen Status geht es in dem vorliegenden Beitrag.
Sprachpurismus ist eine Form der Sprachkritik, die sich die 'Reinhaltung‘ der Sprache zum obersten Ziel gesetzt hat. Unter Reinhaltung ist zunächst die Zurückdrängung fremdsprachlicher Einflüsse vor allem im Bereich der Lexik zu verstehen, aber auch Versuche der Herausbildung eines Standards und der Entwicklung einer Hochsprache bzw. Nationalsprache sind Gegenstände des Purismus. Sprachpurismus kann individuell als auch institutionell sein. Die ersten institutionellen Versuche zur Reinhaltung des Deutschen gehen auf die Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts zurück. Diachron betrachtet hat sich der Fokus des Purismus auf unterschiedliche Aspekte der Sprache und der Sprachverwendung gerichtet; gemeinsam ist allen puristischen Bestrebungen, dass sie in der Regel gesellschaftlich an ein Erstarken des Nationalgefühls gekoppelt sind. Trotz institutioneller Bestrebung und im Gegensatz zu anderen Sprachen ist für das Deutsche der Purismus keine Form der Sprachpolitik, also nicht staatlich gelenkt.
Einleitung
(2018)
Einleitung
(2018)
In dem vorliegenden Handbuchband wird Sprachpurismus als eine Kritik am Sprachgebrauch und als eine Kritik an verschiedenen Strukturen und Elementen einer Sprache verstanden. Es wird sprachvergleichend aufgezeigt, in welchen Sprachkonstellationen Sprachpurismus in der Vergangenheit sowie heute von Bedeutung ist und inwiefern die einzelnen Sprachkulturen von sprachpuristischen Aktionen betroffen waren bzw. sind. Außerdem wird auf wichtige Akteure und auf spezifische diskursive Zusammenhänge der einzelnen Sprachräume eingegangen.
In dem vorliegenden Handbuchband werden aus sprachkritischer Sicht Standardisierungsprozesse im Deutschen, Englischen, Französischen, Italienischen und Kroatischen behandelt sowie Instanzen und Bereiche der Standardisierung verglichen. Hierbei geht es sowohl um Aspekte der Diachronie, welche die Herausbildung von Normen für die geschriebene und gesprochene Sprache betreffen, als auch um synchrone Gesichtspunkte wie aktuelle plurizentrische Normtendenzen, Fragen der Orthographie und der Kodifizierung.
Psychotherapy talk is characterized by epistemic, emotional and professional asymmetries of knowledge, which are continuously adjusted to by the participants in joint process of negotiation. Adjustment is based on structural features of communication: the fundamental sequentiality of verbal interaction, i.e. interrelated succession of utterances of at least two interlocutors, provides for and guarantees the achievement of intersubjectivity and therapeutic efficiency. Solution-oriented questions as a rhetorical practice serve to produce forward-looking awareness, expansion of knowledge and reorganization of knowledge on the patient’s side as well as an increased ability to act. These processes become apparent not only locally in the immediate context of solution-oriented questions but also globally in the course of the interaction as a whole. The data for this research consists of psychodiagnostic interviews conducted according to the concept and manual of the Operationalized Psychodynamic Diagnostics (OPD Task Force 2009).
Ausgehend von der engelschen Ergänzungstypologie soll in dem Beitrag die Leistung der Expansivergänzung für valenztheoretisch fundierte Verbanalysen in Verbindung mit bestimmten Verbsubklassen genauer untersucht werden. Eine ausführliche Darstellung der Begriffsgeschichte und der Abgrenzungsproblematik zeigt die Notwendigkeit auf, die semantischen, morpho-syntaktischen und funktionalen Kriterien zur Begriffsbestimmung für inter- und intralinguale Studien integrativ zu erfassen.
Ulrich Engel hat mit seinen Publikationen zur deutschen Grammatik, zur Verbvalenz und zur kontrastiven Linguistik große Wirkung auf die internationale germanistische Linguistik ausgeübt. Weniger bekannt ist, dass er mit seinem Werk auch andere linguistische Teildisziplinen beeinflusst hat, die davon bis heute profitieren. Dependenzielle Ansätze spielen bei der maschinellen Syntaxanalyse mittlerweile eine zentrale Rolle, und bei der Entwicklung von Systemen zur maschinellen Übersetzung haben Engels Arbeiten ebenfalls ihre Spur hinterlassen. Der Aufbau von Sprachressourcen in Gestalt von „Baumbanken“ kann auf Engels Grammatikkonzeption zurückgreifen, und auch zur neuerlich florierenden Konstruktionsgrammatik bestehen klare Bezüge. Im Beitrag werden diese weniger bekannten Einwirkungen von Engels Werk in andere Bereiche dargestellt und in ihrer andauernden Aktualität gewürdigt.