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Neographeme wie Genderstern und Doppelpunkt werden zunehmend verwendet, um Personen unabhängig von ihrem Geschlecht einzubeziehen. Der Beitrag beleuchtet diese Sonderzeichen aus semantischer, typographischer und grammatischer Sicht, vergleicht sie mit anderen Typogrammen und diskutiert ihren Morphemstatus. Auch ihre metapragmatische Leistung der sprecherseitigen Verortung kommt in den Blick. In Bezug auf die Rezeption werden aus kognitionslinguistischer Perspektive die Lesbarkeit und die Funktionstüchtigkeit des Sterns betrachtet. Lesenden, die mit der Form vertraut sind, gelingt der Wortzugriff mühelos, und der Genderstern elizitiert inklusive mentale Repräsentationen. Diese Analysen und Befunde sprechen für die grundsätzliche Möglichkeit, Neographeme in die Sprache zu integrieren.
Olaf Scholz gendert. Eine Analyse von Personenbezeichnungen in Weihnachts- und Neujahrsansprachen
(2022)
Schlagzeilen wie die in unserer Überschrift blieben im Januar 2022 aus. Dabei enthielt die erste Neujahrsansprache von Olaf Scholz kein einziges generisches Maskulinum, sondern Doppelformen (Mitbürgerinnen und Mitbürger, Expertinnen und Experten), geschlechtsabstrahierende Ausdrücke (Eltern, Familien, Geimpfte, Menschen) und Personalisierungen bzw. Umschreibungen wie uns allen, es haben sich 60 Millionen […] impfen lassen, oder ich möchte allen danken. Die Rede nutzt somit durchgängig verschiedene Formen geschlechtergerechter Sprache, wohl aber so unauffällige Formen, dass dies keine mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Nebenbei: Dies zeigt, dass es bei den hitzigen öffentlichen Diskussionen rund um das Thema nicht um alle Formen geschlechtergerechter Sprache geht, sondern eigentlich nur um bestimmte Formen, wie z.B. die Verwendung des Gendersterns. Wir stellen hier einige Beobachtungen basierend auf einem annotierten Korpus von Ansprachen vor, die Sie selbst anhand einer Online-App nachvollziehen können.