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Am Beispiel von Situationseröffnungen eines Mitglieds einer Gruppe regelmäßiger Kioskbesucher
läßt sich zweierlei zeigen: Zum einen, daß sich ein Großteil des kommunikativen Repertoires, das
der Kioskgast während seines Schauplatzaufenthalts realisiert, bereits in den Situationseröffnungen
finden läßt. Dies gibt Anlaß zur Annahme, daß die Schauplatzeintritte - aus strukturanalytischer
Perspektive - ‘mikrostrukturelle Verdichtungen’ des Gesamtverhaltens darstellen. Zweitens zeigt die
Analyse dieser kommunikativen Formen, welche Bedeutung der Aufenthalt im Kiosk für diesen Gast
besitzt. Die Rekonstruktion des kommunikativen Verhaltens des Gastes und die darin zum Ausdruck
kommende Bedeutung werden in dem Konzept der ‘Präsenzfigur’ zusammengefaßt.
Anhand einer konversationsanalytischen Untersuchung wird eine unter männlichen Jugendlichen weit verbreitete Praktik aggressiven Sprechens, das sog. gissen“, dargestellt. Die Untersuchung der sequenziellen Organisation, der Teilnehmerkonstellation und der spezifischen semantischen und gestalterischen Eigenschaften von ,Diss-Scquenzen‘ zeigt, dass,Dissen1 zur spielerischen Herabsetzung des Opponenten vor einem w-groi/p-Publikum abzielt. Dabei zeigt sich eine charakteristische Doppelstruktur von Spaß und Ernst: Entgegen der offiziellen Modali- sierung der Aktivität als unernst, stellt ,Dissen* ein prominentes Verfahren zur Verhandlung von Charakter, Status und moralischen Ansprüchen in jugendlichen peer-groups dar.
Bisherige linguistische Studien zum mündlichen Erzählen beziehen sich vornehmlich auf die Beschreibung verbaler und vokaler Verfahren. Erzählen findet jedoch häufig unter den Bedingungen der zeitlich-räumlichen Ko-Präsenz der SprecherInnen statt, die den Gebrauch von körperlichen und materiellen Ressourcen ermöglicht. Der vorliegende einleitende Beitrag des Themenheftes modelliert Erzählen daher als körpergebundene und verkörperlichte Praktik, die es im Rahmen von interaktionalen und sequenzorientierten Analyseansätzen zu beschreiben gilt. Im Anschluss an die Darstellung von Entwicklungslinien der soziolinguistischen und interaktional-gesprächsanalytischen Untersuchung konversationellen Erzählens wird ein Überblick über bisherige Befunde zur multimodalen Ausgestaltung des Erzählens in der face-to-face-Interaktion gegeben. Abschließend werden grundlegende Fragestellungen skizziert, deren Beantwortung im Rahmen einer multimodalen Erzählanalyse die tatsächliche Alltagspraxis des Erzählens umfassender zu erschließen vermag.
Der vorliegende Beitrag setzt sich mit dem computergestützten Transkriptionsverfahren arabisch-deutscher Gesprächsdaten für interaktionsbezogene Untersuchungen auseinander. Zunächst werden wesentliche methodische Herausforderungen der gesprächsanalytischen Arbeit adressiert: Hinsichtlich der derzeitigen Korpustechnologie ermöglicht die Verwendung von arabischen Schriftzeichen in einem mehrsprachigen, bidirektionalen Transkript keine analysegerechte Rekonstruktion von Reziprozität, Linearität und Simultaneität sprachlichen Handelns. Zudem ist die Verschriftung von arabischen Gesprächsdaten aufgrund der unzureichenden (gesprächsanalytischen) Beschäftigung mit den standardfernen Varietäten und gesprochensprachlichen Phänomenen erschwert. Daher widmet sich der zweite Teil des Beitrags den bisher erarbeiteten und erprobten Lösungsansätzen ̶ einem stringenten, gesprächsanalytisch fundierten Transkriptionssystem für gesprochenes Arabisch.
Nach Bemerkungen zur Abgrenzung des Gegenstandes und einem kurzen Forschungsbericht zur Entwicklung der gesprächsanalytischen Forschung zu Beratung und verwandten Flandlungssituationen wird die gesprächsanalytische Vorgehensweise an einem einfachen Fallbeispiel demonstriert (Kap. 2) mit dem Ziel, das Erkenntnispotential bei der Aufdeckung von Handlungsstrukturen im Gespräch und damit verknüpfter inhärenter Probleme der Gesprächsführung zu verdeutlichen. Vor dem Hintergrund der ersten Verlaufsanalyse werden dann Kernstrukturen des Beratens systematisch dargestellt, insbesondere das Handlungsschema Beraten und die strukturellen Vorgaben für die sequenzielle Durchführung (Kap. 3). Schließlich werden ausgewählte Strategien des Gesprächshandelns von Ratsuchenden und Ratgebern dargestellt, mit denen diese versuchen, ihre Perspektive zur Geltung zu bringen, und die mit den Zielsetzungen und dem Rollenverständnis der Akteure, ihrem Selbstverständnis als Handelnde und ihrem Umgang mit spezifischen inhärenten Problemen des Beratungshandeln Zusammenhängen (Kap. 4). Als Materialgrundlage wird ein gemischtes Korpus von Beratungsgesprächen aus privaten und unterschiedlichen institutioneilen Kontexten benutzt (u.a. Studienberatung, ärztliche Beratung, kommunale Mieterberatung).
The concept "Präsenzfigur" combines conversation analysis and objektive Hermeneutik to show how language structure and social meaning are related. The concept concentrates on the local sensitivity of interactional structures. Empirical data are not taken to show the realization of
context free general structures (e.g. turn taking, conditional relevance). Context sensitivity is analysed both as document and result of the selectivity, inherent in the participants’ activities in contributing to the local construction of social organization according to their dominant orientations as participants. For empirical analysis a four step modell (including maximal and minimal contrast) is proposed.
Dieser Aufsatz befasst sich mit Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Archivierung und öffentlichen Bereitstellungen von gesprächsanalytischen Daten (Audio- bzw. Videoaufnahmen und deren Transkriptionen) stellen. Er gibt zunächst einen Überblick über die Forschungsperspektiven, die eine verbesserte Praxis der Datenm•chivierung flir die Gesprächsforschung bieten würde, und nennt dann einige der wesentlichen Probleme, die in der derzeitigen Praxis der Schaffung solcher Archive im Wege stehen können. Anschließend werden vorhandene Lösungsansätze vorgestellt, die helfen können, diese Probleme zu überwinden.
Der kommunikative soziale Stil der "türkischen Powergirls", einer Migrantinnengruppe aus Mannheim
(2006)
Der folgende Beitrag basiert auf der ethnografisch-soziolinguistischen Untersuchung einer Gruppe türkischstämmiger Migrantinnen der zweiten Generation in Mannheim, den „türkischen Powergirls“. Im Zentrum der Untersuchung steht der kommunikative Stil der Gruppe, wie er sich in Auseinandersetzung mit der Lebenswelt der Mitglieder und mit relevanten Anderen herausgebildet hat. Stil wird als Index für das kulturelle Selbstverständnis der Gruppe konzeptualisiert und stilistische Veränderungen, die im Laufe des Gruppenentwicklungsprozesses beobachtbar sind, werden als Ergebnis der Auseinandersetzung mit veränderten Lebensbedingungen und als Indiz für ein verändertes kulturelles Selbstbild gefasst. In dem Beitrag werden nach einer kurzen Charakteristik des kommunikativen Stils der Gruppe die deutschtürkischen Mischungen als salientes Stilmerkmal fokussiert und unter strukturellen und funktionalen Aspekten beschrieben.
Der Beitrag hat zwei Schwerpunkte: Zum einen wird die interaktive Struktur einer 12 Sekunden dauernden Pause und deren soziale Bedeutung in einem spezifischen Kontext aus gesprächsanalytischgesprächsrhetorischer Perspektive analysiert. Damit wird ein interaktives Phänomen zum Gegenstand der Untersuchung, das – aus triftigen Gründen und in motivierter Weise – in der bisherigen gesprächsanalytischen Forschung einen eher peripheren Stellenwert besaß: der temporäre Verzicht der Interaktionsbeteiligten auf verbalen Ausdruck. Zum anderen wird diese Abwesenheit von Verbalität zum Anlass genommen, einen Aspekt zu thematisieren, der sich meines Erachtens auf die künftige Entwicklung der Gesprächsanalyse gravierend auswirken wird: die Tatsache, dass die empirische Grundlage gesprächsanalytischer Untersuchungen immer häufiger aus audiovisuellen Daten besteht. Diese „visuelle Revolution“, die durch die technologische Entwicklung in Form problemlos einsetzbarer Videokameras angestoßen wird, hat weit reichende Konsequenzen für die Theorie, Methodologie und Methode eines Analyseansatzes, der sich bislang und programmatisch bei der Analyse interaktiver Ordnungsstrukturen primär auf Verbalität konzentriert hat.
Dieser Beitrag widmet sich der Analyse des Zusammenspiels sprachlich-hörbarer und sichtbar-kinesischer Praktiken, die beim alltäglichen Erzählen eingesetzt werden. Im Rahmen einer konversationsanalytisch basierten Untersuchung von Videoaufnahmen deutscher Alltagsgespräche wird die Bandbreite alltäglicher narrativer Praktiken in der face-to-face-Kommunikation aufgezeigt. Dies erfolgt exemplarisch anhand zweier Beispiele, in denen Einstieg, Ausgestaltung sowie Beendigung der Erzählung unter unterschiedlichen sequentiellen und multimodalen Bedingungen vollzogen werden. Die Untersuchung unterstreicht einerseits die Indexikalität alltäglicher narrativer Praktiken, andererseits die Notwendigkeit einer interaktionalen Narratologie, die diese Praktiken als Produkt sprachlicher, verkörperter und räumlicher Ressourcen sowie der Zusammenarbeit mehrerer Teilnehmer analysiert und konzeptualisiert.
Dieser Aufsatz gibt einen Überblick über EXMARaLDA, ein System aus Datenmodell, Datenformaten und Software-Werkzeugen zum computergestützten Erstellen und Analysieren von Kmpora gesprochener Sprache. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der Nutzung der verschiedenen Softwarewerkzeuge- ein Patiitur-Editor zum Erstellen von Transkriptionen, ein Corpus-Manager zum Erstellen und Verwalten von Korpora und ein Suchwerkzeug zum Auswerten solcher Korpora- für gesprächsanalytische Zwecke.
Der vorliegende Artikel diskutiert die ethnographische Forschung in der Jugendsoziologie und problematisiert ihre Grenzen und Reichweite. Auf der Grundlage der Kritik der bisherigen Forschungspraxis wird ein Vorschlag zur konzeptionell-methodischen Neuorientierung ethnographischer Jugendforschung entwickelt. Die Diskussion geht nicht von einer theoriegeleiteten Perspektive aus, sondern befragt einschlägige Untersuchungen unter methodischem Blickwinkel. Dabei wird deutlich, daß die Forscher der Sicht der Akteure verhaftet bleiben, da ihr Datenmaterial aus den rekonstruierenden Darstellungen der Alltagspraxis durch die Akteure besteht (= Sekundärdatenstatus), nicht aber aus Dokumentationen der Alltagspraxis selbst. Die Forschung ist also noch nicht bei der Alltagspraxis der Akteure angekommen. Dies zeigt sich insbesondere am Beispiel des sog. Jugendsoziologischen Interviews. Als Alternative werden theoretische und methodische Konturen einer Ethnographie jugendlicher Kommunikationskulturen auf gesprächsanalytischer Basis umrissen. Abschließend wird die Fruchtbarkeit dieser Forschungsperspektive für traditionelle und neuartige jugendsoziologische Fragestellungen diskutiert.
Die Konversationsanalyse ist aufgrund ihrer empirischen und gegenstandsfundierten Methodologie vielen anderen Ansätzen der Erforschung von Gesprächen überlegen. Diese Überlegenheit hat jedoch einen gravierenden Mangel: Die Konversationsanalyse verfügt über keine adäquate Interpretationstheorie und ignoriert deshalb, wie grundlegend die Wissensvoraussetzungen des Analytikers und ihr Einsatz für Prozess und Resultate konversationsanalytischer Untersuchungen sind. Am Beispiel ethnographischen Wissens wird gezeigt, an welchen systematischen Stellen spezifische Hintergrundwissensbestände genutzt werden können, um zu einer adäquateren konversationsanalytischen Auswertung zu gelangen. Abschließend wird diskutiert, welchen Prüfkriterien der Einsatz ethnographischen Wissens bei der Konversationsanalyse zu genügen hat.
Das Forschungs- und Lehrkorpus für GesprochenesDeutsch (FOLK) ist ein Korpus des gesprochenen Deutsch in natürlichen sozialen Interaktionen, das seit 2008 in der Abteilung Pragmatik am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim aufgebaut wird. FOLK besteht aus Audio- und Videoaufzeichnungen natürlicher Gespräche aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen (private, institutionelle und öffentliche Interaktionsdomäne), die durch Transkription, weitere Annotationen und Metadaten-Dokumentation für korpusgestützte Analysen erschlossen und zur wissenschaftlichen Nutzung bereitgestellt werden. FOLK wird auf vielfältige Weise für Untersuchungen zum gesprochenen Deutsch genutzt, insbesondere in der Gesprächsforschung, der Korpuslinguistik und anwendungsorientierten Zweigen der Linguistik.
Ausschnitte des Arzt-Patient-Gesprächs „Frau Erle“ werden aus einer linguistisch-gesprächsrhetorischen Perspektive analysiert. Das Interesse liegt auf dem Zusammenhang zwischen der im Gesprächsverlauf erkennbaren Interaktionsdynamik zwischen Arzt und Patientin, der kognitiven Organisation der Problemsachverhalte auf Seiten der Patientin und Besonderheiten ihres Formulierungsverhaltens, insbesondere der Manifestation einer Detaillierungssperre und ihrer Lockerung bzw. Überwindung.
GAIS – GesprächsAnalytisches InformationsSystem. Ein hypermediales Lernsystem zur Gesprächsforschung
(2002)
Der vorliegende Beitrag stellt das vom BMBF geförderte Projekt GAIS (GesprächsAnalytisches InformationsSystem) vor, welches am Institut für Deutsche Sprache (IDS) entwickelt wird. GAIS ist ein hypermediales und didaktisch aufbereitetes Lernsystem zur Gesprächsanalyse für Einsteiger und Experten. Durch die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade ist es sowohl für Lehrende als auch für Lernende konzipiert. GAIS bietet eine Plattform, die Theorie, Praxis, Beispiele, Links, Anwendungen und Literatur zur Gesprächsforschung bündelt. Nutzer können diese Informationen rezipieren, ihre Kenntnisse überprüfen und mit technischen Werkzeugen eigene Analysen erstellen.
Genau tritt im aktuellen Sprachgebrauch nicht nur in seiner klassischen Bedeutung als Adjektiv oder Adverb auf, sondern wird auch als Fokus- bzw. Gradpartikel sowie Gesprächspartikel verwendet. Bisherige Beschreibungen haben sich nur in geringem Maße und unter Verwendung heterogener Begriffe mit seinem interaktionalen Gebrauch auseinandergesetzt. In diesem Beitrag werden mit Hilfe eines sequenziellen und multimodalen Ansatzes verschiedene interaktionale Verwendungen von genau in Videoaufnahmen deutscher Alltagsgespräche untersucht. Ausgehend von seiner Funktion als Gradpartikel wird genau sowohl als redebeitragsinterne Bestätigungspartikel in Wortfindungsprozessen als auch als responsive Bestätigungspartikel eingesetzt. Da genau häufig das Ende eines Verstehensprozesses bzw. einer Wissensverhandlung markiert, könnte allgemeiner die Bezeichnung des Intersubjektivitätsmarkers in Erwägung gezogen werden. Aus dem responsiven, bestätigenden Gebrauch heraus entsteht eine stärker sequenzschließende und sequenzstrukturierende Funktion von genau, woraus sich auch der zunehmende Gebrauch dieses Lexems als rein diskursstrukturierende Partikel innerhalb eines Redezugs erklären könnte.
This paper argues for the need of training doctors in order to improve their skills of listening to patients and of conducting the interaction with them. It argues for applied discourse analysis as an approach to medical discourse which provides for the soundest empirical basis for developing training schedules. The article shortly reviews the basic procedures and stocks of knowledge which are proper to applied discourse analysis. It then turns to the improvement of doctors' skills of active listening to the patient of and analyzing his/her communicative displays, e.g. regarding emotions, subjective theories of illness and identity concerns of his/her sufferings. Finally, aspects of the improvement for doctors' communicative skills are discussed, e.g. enhancing the comprehensibility of doctors' turns at talk, the management of the patients' participation in medical dialogue and the formulation of questions.
Der Beitrag stellt eine aktualisierte Version des Gesprächsanalytischen Transkriptionssystems(GAT) dar. Nachdem GAT seit seiner Erstvorstellung im Jahr 1998 in der Gesprächsforschung eine breite Verwendung gefunden hat, war es nun an der Zeit, es aufgrund der bisherigen Erfahrungen und im Hinblick auf neue Anforderungen an Transkriptionen vorsichtig zu überarbeiten. Dieser Text stellt
das aktualisierte GAT 2-Transkriptionssystem mit allen seinen alten und neuen Konventionen dar, versucht bekannte Zweifelsfälle zu klären und bekannte Schwächen der ersten Version zu beheben. GAT 2 gibt detaillierte Anweisungen zum Erstellen gesprächsanalytischer Transkriptionen auf drei Detailliertheitsstufen, dem Minimal-, Basis- und Feintranskript, sowie neue Vorschläge zur Darstellung komplexerer Phänomene in Sonderzeilen. Zudem wurden für GAT 2 einige zusätzliche Hilfsmittel entwickelt, die im Anhang kurz vorgestellt werden: das Online-Tutorial GAT-TO sowie der Transkriptionseditor FOLKER.
Der Einsatz des Computers zur Transkription natürlicher Gespräche ist in der Praxis zwar weit verbreitet, die schnelle Weiterentwicklung der Computertechnologie hat aber dazu geführt, dass verschiedene Systeme oft scheinbar zusammenhangslos nebeneinander stehen, ohne dass ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede Gegenstand einer umfassenden theoretischen Betrachtung wären. Der vorliegende Aufsatz will einen Beitrag zu einer solchen theoretischen Betrachtung der Gesprächstranskription auf dem Computer liefern, indem er einerseits einige grundlegende Überlegungen zu diesem Thema anstellt, andererseits einige allgemeine Aspekte der Konzeption und Umsetzung des Systems EXMARaLDA, das am SFB "Mehrsprachigkeit" an der Universität Harnburg entwickelt wird, beschreibt.
Die Fallanalyse untersucht vier Gesprächsausschnitte und verdeutlicht ihren Aufbau aus funktionalen Einheiten. Sie beschreibt die bei ihrer Produktion angewandten Formulierungsverfahren und leitet so die in den Gesprächsbeiträgen vorfindbaren grammatischen Besonderheiten (u.a. Korrekturen, Verbspitzenstellung, „elliptische“ Äußerungsformate) aus den Produktionsbedingungen gesprochener Sprache sowie den Zwecken ihrer situationsspezifischen Verwendung her. Zentral für die Analyse ist, das Bedeutungspotenzial zu bestimmen, das – neben dem sukzessiven Aufbau der verbalen Bedeutung – durch die Art und Weise der Hervorbringung der Äußerungen (z.B. Formulierungsschwierigkeiten, Pausen, Intonation) kommuniziert wird. Die grammatische Struktur wird damit als eine Ressource zur Interpretation der Gesprächsbeiträge genutzt.
Industrielle Prozessmodellierung als kommunikativer Prozess. Eine Typologie zentraler Probleme
(2011)
Der Beitrag diskutiert mündliche Interaktionen als Bestandteil industrieller Prozessmodellierungsmethoden unter dem Aspekt der dabei auftretenden kommunikativen Probleme und ihrer systematisierenden Darstellung. Die vorgestellte Typologie stützt sich auf die gesprächsanalytische Auswertung authentischer Daten einer Feldstudie, in der die Methodik der industriellen Prozessmodellierung in einem Unternehmen exemplarisch durchgeführt wurde. Die Methodik ist kommunikationsintensiv; sie enthält ein breites Spektrum mündlich, schriftlich und grafisch-symbolisch zu bearbeitender Aufgaben. Die ermittelten Probleme ihrer Bearbeitung lassen sich drei Bereichen zuordnen: vorhabensbezogene, arbeitsorganisationsbezogene und kommunikationsbezogene Probleme. Jeder Bereich umfasst Untertypen von Problemen, die aus dem Vollzug sprachlich-kommunikativer Handlungen resultieren und/oder sich sprachlich manifestieren. Zwei weitere Problembereiche – Transformations- und Multimodalitätsprobleme – werden genannt, aber nicht ausführlich behandelt. Die Ergebnisse der Studie werden für die Gestaltung von Kommunikationstrainings für Ingenieure genutzt.
Dieser Artikel schlägt eine Reflexion vor über die möglichen Konvergenzen zwischen einerseits einer linguistischen Betrachtungsweise der wissenschaftlichen Interaktion, welche empfänglich für die „analytische Mentalität“ der ethnomethodologisch beeinflussten Konversationsanalyse ist, und andererseits einer Betrachtungsweise der wissenschaftlichen Praktiken, wie sie von den social studies of science befürwortet wird, zu denen die ethnomethodologischen Untersuchungen der wissenschaftlichen Arbeit auf zentrale Weise beigetragen haben. Die nun folgende Überlegung wird nicht auf abstrakte Art vollzogen werden, sondern auf der Grundlage von empirischen Daten, bei denen es sich um Tonband- und Videoaufnahmen von Interaktionen zwischen Forschern bei der Ausübung ihrer alltäglichen wissenschaftlichen Arbeit handelt. Die analysierten Transkriptionsauszüge werden es uns ermöglichen, die grundsätzlichen Anfangsüberlegungen, die unserer Analysepraxis zugrunde liegen, konkret aufzuzeigen; wir werden unsere Aufmerksamkeit besonders auf diejenigen Methoden lenken, mittels derer die Interaktionspartner eines ersten Sprechers nach der Äußerung seiner Proposition mit dem Gespräch fortfahren, um diese erste Proposition anzunehmen, zu verändern oder abzulehnen. Eine solche empirische Durchmusterung wird es uns erlauben, die Art zu verdeutlichen, wie die interaktionalen Praktiken der Forscher in den Entstehungsprozess des wissenschaftlichen Wissens, in das Erscheinen von Argumenten, Thesen und Ideen eingreifen, die sich entweder durchsetzen und stabilisieren können oder aber die, im Gegenteil, instabil und kontrovers bleiben, d.h. die es schaffen oder umgekehrt es gerade nicht schaffen, sich in Wissensobjekten herauszukristallisieren.
Das Interview ist nach wie vor das beliebteste sozialwissenschaftliche Verfahren des Datengewinns. Ökonomie der Erhebung, Vergleichbarkeit und die Möglichkeit, Einsicht in Praxisbereiche und historisch-biografische Dimensionen zu erhalten, die der direkten Beobachtung kaum zugänglich sind, machen seine Attraktivität aus. Zugleich mehren sich Kritiken, die seine Leistungsfähigkeit problematisieren, indem sie auf die begrenzte Reichweite der Explikationsfähigkeiten der Befragten, die Reaktivität der Erhebung oder die Differenz zwischen Handeln und dem Bericht über Handeln verweisen. Im Beitrag wird zwischen Ansätzen, die das Interview als Text, und solchen, die es als Interaktion verstehen, unterschieden. Nach dem Text-Verständnis werden Interviews unter inhaltlichen Gesichtspunkten analysiert und als Zugang zu einer vorgängigen sozialen oder psychischen Wirklichkeit angesehen. Das Interaktions-Verständnis versteht Interviews dagegen als situierte Praxis, in welcher im Hier und Jetzt von InterviewerInnen und Befragten gemeinsam soziale Sinnstrukturen hergestellt werden. Anhand ubiquitärer Phänomene der Interviewinteraktion – Fragen, Antworten und die Selbstpositionierung von InterviewerInnen und Befragten – werden Praktiken des interaktiv-performativen Handelns im Interview dargestellt. Ihre Relevanz für die Interviewkonstitution und ihre Erkenntnispotenziale für die Interviewauswertung werden aufgezeigt. Es wird dafür plädiert, die interaktive Konstitutionsweise von Interviews empirisch zu erforschen und methodisch konsequent zu berücksichtigen.
In diesem Beitrag befassen sich die Autoren mit der zentralen Ausgangsbedingung von Gesprächen, in denen es darum geht, Regelungen für Konfliktsituationen herbeizuführen - nämlich mit dem Umstand, dass die Kontrahenten durch Interessengegensätze und durch vorausgegangene Streitvorkommnisse zueinander positioniert sind. Diese Ausgangsbedingung problematisieren sie an empirischen Materialien aus dem Bereich der vor- bzw. außergerichtlichen Streitschlichtung.
Dieser Beitrag diskutiert das Verhältnis des soziolinguistischen Konzepts der Kontextualisierung
von Sprache, so wie es Gumperz entwickelt hat, und vergleichbaren Überlegungen im konversationsanalytischen Forschungszusammenhang. Die soziolinguistische Kontextualisierungsvorstellung wird hinsichtlich ihrer zentralen Theoriebestandteile, ihrer theoretisch-methodischen Homogenität und ihrer Gegenstandsspezifik diskutiert und in bezug auf diese Aspekte mit Kontext- und Kontextualisierungsentwürfen der Konversationsanalyse kontrastiert. Dabei werden die exklusiv suprasegmentale Kontextualisierungskonzeption von Auer und der rhetorik-analytische Kontextualisierungsentwurf von Kallmeyer/Schmitt als konversationsanalytische Adaptionsmöglichkeiten und Neukonzeptionen des originär soziolinguistischen Grundgedankens dargestellt.
Kommunikation gewinnt in allen gesellschaftlichen Bereichen eine immer größere Bedeutung. Auf den Begriff gebracht wird dies mit dem Stichwort der ›Versprachlichung der Gesellschaft‹. Auch in der Wirtschaft wächst das Bewusstsein dafür, dass die Produktion von Waren und das Erbringen von Dienstleistungen mit vielfältigen kommunikativen Prozessen verbunden sind und dass der Anteil von Kommunikation im Rahmen wirtschaftlicher Leistungen immer größer wird. Kommunikation hat sich zu einer zentralen Produktivkraft entwickelt, und entsprechend wird Kommunikationsfähigkeit für Management und Mitarbeiter auf allen Ebenen zunehmend zur Schlüsselqualifikation. Die Sprachwissenschaft, zu deren Gegenstand die Analyse von Kommunikationsprozessen und die Verbesserung von Kommunikationsfähigkeit gehört, hat lange Zeit die Wirtschafts- und Unternehmenskommunikation ignoriert und dieses Gebiet Psychologen, Betriebswirtschaftlern und Kommunikationstrainern überlassen. Erst mit der neuen Forschungsrichtung der Gesprächsanalyse, die Strukturen und Probleme von Gesprächen aus allen Bereichen der Gesellschaft untersucht, ist auch die Wirtschaft wieder ins Blickfeld der Sprachwissenschaft gerückt. Sehr schnell war dabei klar, dass man keine Aussagen über die Wirtschaftskommunikation machen kann (und dass es auch keine Fachsprache der Wirtschaft gibt) – dazu sind Wirtschaft und Unternehmen zu vielgestaltig –, sondern dass einzelne Gesprächsformen untersucht werden müssen, die unternehmensübergreifend vorkommen.
Kommunikation gewinnt in allen gesellschaftlichen Bereichen eine immer größere Bedeutung. Auf den Begriff gebracht wird dies mit dem Stichwort der ›Versprachlichung der Gesellschaft‹. Auch in der Wirtschaft wächst das Bewusstsein dafür, dass die Produktion von Waren und das Erbringen von Dienstleistungen mit vielfältigen kommunikativen Prozessen verbunden sind und dass der Anteil von Kommunikation im Rahmen wirtschaftlicher Leistungen immer größer wird. Kommunikation hat sich zu einer zentralen Produktivkraft entwickelt, und entsprechend wird Kommunikationsfähigkeit für Management und Mitarbeiter auf allen Ebenen zunehmend zur Schlüsselqualifikation. Die Sprachwissenschaft, zu deren Gegenstand die Analyse von Kommunikationsprozessen und die Verbesserung von Kommunikationsfähigkeit gehört, hat lange Zeit die Wirtschafts- und Unternehmenskommunikation ignoriert und dieses Gebiet Psychologen, Betriebswirtschaftlern und Kommunikationstrainern überlassen. Erst mit der neuen Forschungsrichtung der Gesprächsanalyse, die Strukturen und Probleme von Gesprächen aus allen Bereichen der Gesellschaft untersucht, ist auch die Wirtschaft wieder ins Blickfeld der Sprachwissenschaft gerückt. Sehr schnell war dabei klar, dass man keine Aussagen über die Wirtschaftskommunikation machen kann (und dass es auch keine Fachsprache der Wirtschaft gibt) – dazu sind Wirtschaft und Unternehmen zu vielgestaltig –, sondern dass einzelne Gesprächsformen untersucht werden müssen, die unternehmensübergreifend vorkommen.
Der Beitrag schlägt das Konzept der 'Positionierung' als Instrument zur empirischen Erforschung narrativer Identitäten auf der Basis von autobiographischen Erzählungen vor. Es wird dafür argumentiert, dass die Perspektive der Positionierung einen materialgestützten und materialadäquaten Zugang zu Prozessen der Identitätskonstitution in mündlichen Stegreiferzählungen bietet, da es die identitätsrelevanten darstellerischen wie performativen Handlungen von Erzählern zu rekonstruieren erlaubt. Dabei wird zwischen verschiedenen Ebenen und Bezügen unterschieden: Selbst- und Fremdpositionierungen, Positionierungen dargestellter Figuren innerhalb der Erzählzeit und von Erzähler und Zuhörern in der erzählten Zeit sowie die Relation zwischen erzählenden und erzähltem Ich. Diese Differenzierungen erlauben nicht nur eine detaillierte Rekonstruktion unterschiedlicher Facetten und Verfahren der Herstellung narrativer Identität, sie eröffnen auch psychologisch und soziologisch aufschlussreiche Einblicke in die Relationen zwischen Identitätsentwürfen auf den verschiedenen Ebenen.
This paper attempts a critique of the notion of 'dialogue' in dialogue theory as espoused by Linell, Markova, and others building on Bakhtin’s writings. According to them, human communication, culture, language, and even cognition are dialogical in nature. This implies that these domains work by principles of other-orientation and interaction. In our paper, we reject accepting other-orientation as an a priori condition of every semiotic action. Instead, we claim that in order to be an empirically useful concept for the social sciences, it must be shown if and how observable action is other-oriented. This leads us to the following questions: how can we methodically account for other-orientation of semiotic action? Does other-orientation always imply interaction? Is every human expression oriented towards others? How does the other, as s/he is represented in semiotic action, relate to the properties which the other can be seen to exhibit as indexed by their observable behavior? We study these questions by asking how the orientation towards others becomes evident in different forms of communication. For this concern, we introduce ‘recipient design’, ‘positioning’ and ‘intersubjectivity’ as concepts which allow us to inquire how semiotic action both takes the other into account and, reflexively, shapes him/her as an addressee having certain properties. We then specifically focus on actions and situations in which other-orientation is particularly problematic, such as interactions with children, animals, machines, or communication with unknown recipients via mass media. These borderline cases are scrutinized in order to delineate both limits and constitutive properties of other-orientation. We show that there are varieties of meaningful actions which do not exhibit an orientation towards the other, which do not rest on (the possibility of) interaction with the other or which even disregard what their producer can be taken to know about the other. Available knowledge about the other may be ignored in order to reach interactional goals, e. g. in strategical interactions or for concerns of socialization. If semiotic action is otherorientated, its design depends on how the other is available to and matters for their producer. Other-orientation may build on shared biographical experiences with the other, knowledge about the other as an individual and close attention to their situated conduct. However, other-orientation may also rest on (stereo-)typification with respect to institutional roles or group membership. In any case, others as they are represented in semiotic action can never be just others-as-such, but only othersas-perceived-by-the-actor. We conclude that the strong emphasis which dialogue theories put on otherorientation obscures that other-orientation is neither universal in semiotic action, that it must be distinguished from an interactive relationship, and that the ways in which the other figures in semiotic actions is not homogeneous in any of its most general properties. Instead, there is a huge variation in the ways in which the other can be taken into account. Therefore close scrutiny of how the other precisely figures in a certain kind of semiotic action is needed in order to lend the concept of ‘other-orientation’ empirical substance and a definite sense.
In diesem Artikel wird aus einer konservationsanalytischer Perspektive untersucht, wie in der letzten Stunde der psychoanalytischen Behandlung »Amalie« die Aufgabe des Abschiednehmens interaktiv thematisiert und ausgehandelt wird. Anhand von drei zentralen Interaktionssequenzen wird rekonstruiert, wie die Patientin den Abschied systematisch de-thematisiert. Sie benutzt unterschiedliche Verfahren der Selbstpositioniernng und der Fremdpositionierung des Therapeuten zur Legitimierung ihrer Verweigerung der Bearbeitung und zur Negierung der Relevanz des Abschieds. Darüber hinaus löst sie die Aufgabe des Abschieds, indem sie ihn symbolisch aufhebt durch die Behauptung einer mentalen Verschmelzung mit dem Therapeuten, die den bevorstehenden Verlust der Realbeziehung irrelevant mache.
This paper focuses on so called syntactic projection phenomena in the German language. This term from the German Gesprächsforschung is used to define the fact that an utterance or part of it foreshadows another one. This paper aims at pointing out how such projection phenomena are consciously exploited for rhethorical purposes. This will be observed on the basis of excerpts from the Stuttgart 21 mediation talks. The linguistic analysis carried out in this paper will focus on syntactic projection phenomena involving the use of causal adverbial connectives deshalb and deswegen.
Der Beitrag diskutiert - aus der Perspektive sozialer Welten - die Frage des Zusammenhangs zwischen den Deutungsmustern und Wissensbestanden, deren sich Migranten bedienen, und den Formen ihrer sozialen Teilhabe. Die empirische Analyse stützt sich auf „intra-ethnische“ Interaktionsprozesse in der sozialen Welt eines „türkischen“ Fußballvereins in Mannheim. Es wird gezeigt, dass sich im untersuchten Fall ethnische Selbstorganisation und Integration auf spezifische Weise paaren. Zu den Strukturmerkmalen dieser lokalen sozialen Welt zählen insbesondere ihre Einbettung in eine Vielzahl unterschiedlicher Kontexte und ihre interne Differenzierung. Des Weiteren ist die alltagspragmatische Verwendung "türkischer" Kulturmuster und der universalistische Charakter der symbolischen Legitimationen in der Alltagsphilosophie der Vereinsangehörigen zu nennen. Schließlich ist die Dominanz von Handlungsanforderungen und Deutungen aus der Fußballwelt gegenüber solchen aus dem „ethnischen“ Milieu sowie die Infragestellung der Kategorien „deutsch“ und „türkisch“ kennzeichnend für die untersuchte Sozialwelt.
Ĉlánek popisuje lingvistické prostředky oznaĉující a popisující proţívání a emoce v němĉině. V první ĉásti jsou představeny konceptualizace proţívání a emocí, druhá ĉást popisuje detailně lingvistické prostředky. Poslední ĉást se zabývá některými problémy spojenými s vytvořením lexikonu emoĉních slov.
Stellungnahme zu Wolfgang Schneiders Artikel "Annotate in Transkriptionen aus DV-technischer Sicht"
(2002)
Tagungsbericht : 6. Arbeitstreffen »Linguistische Pragmatik« (ALP) am IDS vom 25. bis
26.2.2002
(2002)
Während die Relevanz von Patientenerzählungen und therapeutischen Deutungen für den Therapieprozess viel diskutiert wird, wird den therapeutischen Fragen weniger Beachtung geschenkt. In diesem Artikel wird dafür argumentiert, therapeutische Fragen als potenziell veränderungsrelevante Verfahren der gemeinsamen Konstruktion von Erzählungen zu betrachten. Therapeutische Fragen sind maieutisch ausgerichtet, das heißt sie regen den Patienten an, von sich aus die Erzählung zu expandieren und dabei zu psychologisch relevanten Deutungen des Erzählten zu gelangen. Therapeuten scheinen in ihren Reaktionen auf Patientenerzählungen der Präferenzreihenfolge Produktion von Continuern (Fortsetzungssignalen) Schweigen Fragen Deuten zu folgen. Sie greifen also erst zur selbstproduzierten Deutung, wenn der Patient von sich aus keine produziert. Diese Präferenzreihenfolge der Therapeutenreaktionen reflektiert eine Präferenz für die Selbstdeutung des Patienten, die maieutisch, das heißt durch sokratisches Fragen, unterstützt wird.
Tollpatschig interviewen oder interviewt werden – Kurzvideos im ukrainischen und deutschen Fernsehen
(2016)
Kurzinterviews im Fernsehen stellen nicht nur für die kontrastive Medienlinguistik, sondern auch für die Gesprächsanalyse, Textsortenlinguistik und Pragmatik einen aufschlussreichen Gegenstand dar, besonders wenn es sich um kommunikative Abweichungen handelt. Der Beitrag stellt die Klassifizierung der Abweichungen bzw. der Deviationen in den Fernsehinterviews in Bezug auf die Kommunikation und die Sprache vor. Dabei werden die Kommunikationsdeviationen vom Standpunkt des Adressanten, des Kommunikationsprozesses, des gegenseitigen Verständnisses und des Adressaten sowie sprachliche Abweichungen betrachtet. Im Beitrag werden gemeinsame und unterschiedliche Merkmale der Deviationen in ukrainischen und deutschen Kurzinterviews im Fernsehen festgestellt, was zur Erarbeitung eines Modells der Deviationen und zu einer tieferen kontrastiven Untersuchung beider Sprachen verhilft.
Verbale Interaktion
(1992)
Probleme der Semantik von Prädikaten psychischen Erlebens werden seit langem in Linguistik, Psychologie, Medizin und Sprachphilosophie diskutiert, sind aber bisher nur selten zum Gegenstand einer Untersuchung anhand authentischer Kommunikation über psychisches Erleben geworden. Anhand des Anamnesegesprächs Frau Trecker wird untersucht, welche Konzeptualisierung von Schmerzen Ärztin und Patientin kommunikativ realisieren. Dabei zeigt sich, daß die Ärztin Schmerzen als isolierbare Größen psychischen Empfindungserlebens exploriert, während die Patientin Schmerzen als kontextbezogenpraxisrelevante Phänomene, die sich in beobachtbaren Konsequenzen zeigen, darstellt. Die Studie zeigt, wie diese diskrepanten Semantiken von Schmerz zu Verständigungsproblemen führen und diskutiert sie im Zusammenhang medizinisch-professioneller Diagnosepraktiken und -ziele einerseits und der Selbstdarstellung von Frau Trecker als Patientin andererseits. Abschließend werden die methodischen Strategien, die in diesem Fall zur Rekonstruktion der kommunikativ zum Ausdruck gebrachten Semantiken von Schmerzen verwendet wurden, resümiert.
The contribution deals with the interactive structure of doctor-patient-communication. After a short discussion about the relevance of doctor-patient-communication within the public health policy, an outline is given on the medical and linguistic research on doctor-patient-communication in Germany. Basic features of conversations and the conversation analytic methodology are presented then. Conversation analyses of doctor-patient-communication reveal five main interactive components which are discussed in detail. Finally, some considerations concerning implementation of linguistic research in medical practice are discussed.
Der Begriff der „Gattung“ wird in der Soziologie und der Sprachwissenschaft als Sammelbegriff für verfestigte, (sprachlich) ähnliche Muster mit repetitiver Frequenz zur Lösung verwandter kommunikativer Probleme gefasst (z.B. unterschiedliche moralische Gattungen, vgl. Bergmann/Luckmann (Hg.) 1999). Wenig Aufmerksamkeit wurde bislang den Gemeinsamkeiten und Unterschieden – also den Abgrenzungsmöglichkeiten – von prototypischen zu weniger prototypischen Vertretern einzelner Gattungsfamilien zuteil. Im vorliegenden Beitrag beschreiben wir anhand von authentischen Daten die sogenannten „Gassigespräche“ als spontane Kommunikation des Alltags von Hundebesitzer/innen. Außerhalb der Sprachwissenschaft werden diese primär als Hyponym des Hyperonyms „Small Talk“ subsumiert. Wir versuchen zunächst unter gattungsanalytischen Gesichtspunkten die obligatorischen und fakultativen Einheiten um ein – sofern es denn überhaupt existiert – prototypisches Zentrum von Small-Talk zu gruppieren. Anhand eines paradigmatischen Falls beschreiben wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf andere Gattungen, die sich im Spektrum der Alltagsgespräche – oder auch darüber hinaus – ansiedeln. Wir plädieren in der Diskussion dafür, Gattungsfamilien als mehr oder weniger verfestigte Muster mit teils wiederkehrenden Merkmalen zu sehen, die ihre Eigenschaften in Form und Funktion teilen können.
Anästhesiologische Aufklärungsgespräche sind obligatorischer, rechtlich vorgeschriebener Bestandteil der Operationsvorbereitung. Ärzte sind dabei verpflichtet, eine Reihe von Formalia einzuhalten, um die Einwilligung der Patienten rechtlich abzusichern. Ziele solcher Gespräche sind, narkoserelevante Informationen zum Gesundheitszustand zu ermitteln, ausreichend zu informieren und Verständnis zu sichern, eine Entscheidung über das Narkoseverfahren zu treffen und schließlich die wirksame Zustimmung einzuholen. Zur Sicherung des Verständnisses sind die aufklärenden Anästhesisten gehalten, Patienten Fragerechte anzubieten. Im Beitrag wird zunächst das Handlungsschema dieses Interaktionstyps rekonstruiert, um auf dieser Grundlage zu analysieren, wie Ärzte durch Platzierung, Sequenzierung und Formulierungsweise die Patienten er- oder entmutigen, Frageangebote wahrzunehmen. Es zeigt sich, dass Ärzte den Patienten zwar regelmäßig die Möglichkeit zu Fragen anbieten, dies aber oft gesprächsstrukturell ungünstig platzieren und durch ihre Formulierungsweise und andere Eigenschaften konterkarieren. Grundlage der Untersuchung bilden 18 Gespräche, die im Prämedikationszentrum einer großen Universitätsklinik geführt wurden.